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Verpfändung Sparguthaben des Mieters als Mietkaution – Einziehungsberechtigung des Vermieters

AG Berlin-Mitte – Az.: 9 C 89/11 – Urteil vom 04.05.2011

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten Unterlassung der Auszahlung eines Guthabens aus seiner Spareinlage bei der Beklagten an die Hausverwaltung seiner ehemaligen Vermieter.

1.

a)

Verpfändung Sparguthaben des Mieters als Mietkaution - Einziehungsberechtigung des Vermieters
Symbolfoto: Von Palatinate Stock/Shutterstock.com

Der Kläger als Mieter und die Eheleute … als Vermieter schlossen unter dem 11. September 2002 einen schriftlichen Mietvertrag über eine Wohnung (= Blatt 34 bis 40 der Akten). Diesbezüglich hatte der Kläger den Vermietern eine Sicherheit zu einem Betrag von 1.770,00 Euro zu bestellen, unter Anderem in Form einer Spareinlage, die den Vermietern zu verpfänden war (= § 16 Ziffern 1. und 2. des aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren des Amtsgerichtes Mitte zum dortigen Geschäftszeichen … (im Folgenden: einstweiliges Verfügungsverfahren) bekannten Mietvertrages (= Blatt 39 der dortigen Akten beziehungsweise hier in der Aktenlasche)).

Der Kläger richtete am 30. Oktober 2002 ein solche Spareinlage bei der Beklagten ein und verpfändete seinen Auszahlungsanspruch daraus gegen Letztgenannte an seine damaligen Vermieter (= Blatt 55 der Akten des einstweiligen Verfügungsverfahrens beziehungsweise hier in der Aktenlasche).

b)

In der entsprechenden “Verpfändungserklärung”, die von dem Kläger unterschrieben wurde, hieß es unter Anderem(= am angegebenen Ort):

“Der Vermieter kann ohne Nachweis der Fälligkeit der Ansprüche aus dem Mietverhältnis unter Vorlage der über die Spareinlage ausgestellten Urkunde Auszahlung des verpfändeten Guthabens von der Bank nach Maßgabe der für das Sparkonto geltende Bedingungen verlangen. Die Bank wird den Mieter hiervon unterrichten. Sie wird die Auszahlung bei Fälligkeit des Sparguthabens, nicht jedoch vor Ablauf von vier Wochen nach dem Versand der Mitteilung an den Mieter vornehmen. Auf diese Weise soll dem Mieter Gelegenheit gegeben werden, mögliche Gegenrechte gegenüber dem Vermieter geltend zu machen.”

Die Beklagte erklärte darin (= am angegebenen Ort):

“Wir bestätigen hiermit, von vorstehender Verpfändungserklärung Kenntnis genommen (…) zu haben. Mit unserem AGB-Pfandrecht treten wir hinter das zugunsten des Vermieters bestellte Pfandrecht zurück (…).”

c)

Das Mietverhältnis zwischen dem Kläger und seinen Vermietern wurde zum 30. September 2010 beendet.

d)

Die Hausverwaltung der ehemaligen Vermieter des Klägers verlangte von der Beklagten mit Schreiben vom 26. Januar 2011 die Auszahlung aus der Spareinlage des Klägers bei der Beklagten in Höhe von 894,46 Euro. Dies teilte die Beklagten dem Kläger mit Schreiben vom 31. Januar 2011 mit und kündigte darin an, den erforderten Betrag innerhalb von vier Wochen auszuzahlen. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben seiner späteren Verfahrensbevollmächtigten vom 09. Februar 2011 Widerspruch und forderte die Beklagte vergeblich auf, diese Auszahlung einstweilen zu unterlassen und ihm gegenüber dies bis zum 11. Februar 2011 verbindlich zu erklären (= Blatt 56 bis 57 der Akten).

2.

a)

Auf Antrag des hiesigen Klägers und dortigen Antragstellers hat der hiesige Vorsitzende in dem einstweiligen Verfügungsverfahren am 18. Februar 2011 eine entsprechende einstweilige Unterlassungs-Verfügung durch entsprechenden Beschluss erlassen (= Blatt 18 bis 19 der hiesigen Akten).

b)

Gegen diese einstweilige Verfügung hat die hiesige Beklagte und dortige Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt.

c)

Die dortige einstweiligen Verfügung ist sodann mit Urteil des Amtsgerichtes Mitte durch den hiesigen Vorsitzenden vom 04. Mai 2011 aufgehoben und der Antrag des hiesigen Klägers und dortigen Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die hiesige Beklagte und dortige Verfügungsbeklagte abgewiesen worden.

3.

Der Kläger beantragt, die Beklagte hat es zu unterlassen den Betrag in Höhe von 894,46 Euro an die … auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, aufgrund der “Verpfändungserklärung” berechtigt zu sein, den in Rede stehenden Geldbetrag aus dem Spareinlage des Klägers an die Hausverwaltung dessen ehemalige Vermieter auszahlen zu dürfen. Dazu beruft sich insbesondere auf das Urteil des Oberlandesgerichtes Karlsruhe vom 13. Oktober 2009, Geschäftszeichen: 19 U 88/09.

4.

Für den Sach- und Streitstand insoweit im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die gerichtlichen Hinweise an den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04. Mai 2011 (= Blatt 41 der Akten) sowie auf das gerichtliche Protokoll vom selben Tage (= am angegebenen Ort) verwiesen.

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Klage war abzuweisen, weil sie sich als unbegründet erweist.

1.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch darauf, es (dauerhaft) zu unterlassen, Geld aus seiner Spareinlage bei ihr an die Hausverwaltung seiner ehemaligen Vermieter auszuzahlen, nämlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

a)

Die folgt insbesondere nicht aus § 241 Absatz 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 1282 Absatz 1 Satz 1 BGB, weil die Beklagte der Hausverwaltung der ehemaligen Vermieter des Klägers den erforderten Geldbetrag gemäß §§ 700 Absatz 1; 488 Absatz 1 Satz 1; 1273, 1204 Absatz 2, 1284 BGB in Verbindung mit der “Verpfändungserklärung” vom 30. Oktober 2002 (sowie in Verbindung mit § 164 Absatz 1 BGB) auszahlen muss (vergleiche Oberlandesgericht Karlsruhe, am angegebenen Ort, Ziffer II., zitiert nach BeckRS 2010, 48517).

(1)

Zwar darf der Pfandgläubiger einer Forderung von dem Schuldner der verpfändeten Forderung nach §§ 1282 Absatz 1 Satz 1 und 2; 1228 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit §§ 1273; 1204 Absatz 2 BGB erst nach Fälligkeit der zukünftigen Forderung, wegen der die andere Forderung verpfändet wurde, die verpfändete Forderung von dem Schuldner der verpfändeten Forderung einziehen und auch nur insoweit, wie dies zur Befriedigung des Pfandgläubigers erforderlich ist.

(2)

Indes hat der Kläger als Forderungsverpfänder seiner Auszahlungsforderung gegen die Beklagten aus seiner Spareinlage bei ihr mit seinen ehemaligen Vermietern im Sinne des § 1284 BGB eine von §§ 1282 Absatz 1 Satz 1 und 2; 1228 Absatz 2 Satz 1 BGB abweichende Vereinbarung mit der “Verpfändungserklärung” geschlossen – wozu es hier nämlich für die Fälligkeit des Einziehungsrechtes der ehemaligen Vermieter des Klägers beziehungsweise deren Hausverwaltung als Pfandgläubigers genügt, dass

“(sie) ohne Nachweis der Fälligkeit der Ansprüche aus dem Mietverhältnis unter Vorlage der über die Spareinlage ausgestellten Urkunde Auszahlung des verpfändeten Guthabens von der Bank nach Maßgabe der für das Sparkonto geltende Bedingungen verlangen (können).”

(vergleiche auch Oberlandesgericht Karlsruhe, am angegebenen Ort, Ziffer II. 3.)

Diese Voraussetzungen sind hier durch das Schreiben der Hausverwaltung der ehemaligen Vermieter an die Beklagte vom 26. Januar 2011 auch erfüllt (§§ 495; 286 Absatz 1 Satz 1 ZPO).

(3)

Des Weiteren ist die Beklagte ihrer Verpflichtung aus der “Verpfändungserklärung” gegenüber dem Kläger nachgekommen, ihm diese Erforderung mit Schreiben vom 31. Januar 2011 anzuzeigen und die angekündigte Auszahlung nicht vor Ablauf von vier Wochen vorzunehmen.

(4)

Entgegen der Auffassung des Klägers ist es nach dem eindeutigen Wortlaut der “Verpfändungserklärung” nicht erforderlich, dass seine ehemaligen Vermieter beziehungsweise deren Hausverwaltung entweder ihm oder aber der Beklagten eine Aufstellung über (angebliche) Gegenansprüche in Höhe des erforderten Geldbetrages vorlegen.

Zwar ist das Oberlandesgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom 18. August 2008, Geschäftszeichen: 8 W 34/08, dieser Auffassung (in: NZM 2009, 817) als auch in seinem Urteil vom 13. Oktober 2009 (= am angegebenen Ort, Ziffer II. 5. d)). Ein solcher Nachweis ist nach dem klaren Wortlaut der hiesigen (wie auch dortigen) “Verpfändungserklärung” aber nicht erforderlich – und würde auch nur die damit offensichtlich bezweckte, stark beschleunigte Befriedigungsmöglichkeit des Vermieters im Vergleich zu der gesetzlichen Lage aus §§ 1282 Absatz 1 Satz 1; 1228 Absatz 2 Satz 1 BGB wieder einschränken. Im Übrigen könnte dann der Mieter beziehungsweise das seine Spareinlage verwahrende Kreditinstitut dem Vermieter insbesondere entgegenhalten, dass eine solche Aufstellung nicht prüffähig und deswegen die Spareinlage (in Höhe des erforderten Betrages) nicht auszahlungsfähig ist.

(5)

Wegen der im konkreten Fall zwischen dem Kläger als ehemaligem Mieter und seinen ehemaligen Vermietern vereinbarten “Verpfändungserklärung” als gesetzlich zugelassene Abweichung von §§ 1282 Absatz 1 Satz 1, 1228 Absatz 2 Satz 1 BGB (§ 1284 BGB) braucht hier auch nicht entschieden zu werden, ob der Rechtsauffassung der Vorzug zu geben ist, dass – ohne eine solche “Verpfändungserklärung” – aus dem Wesen der Mietsicherheit folgt, dass sich der Vermieter aus ihr nach Beendigung des Mieterverhältnisses bei streitigen Ansprüchen gegen den Mieter sofort befriedigen darf (so zum Beispiel Oberlandesgericht Karlsruhe, jeweils am angegebenen Ort; Landgericht Berlin, GE 2007, 449 f.) oder aber erst nach entsprechender rechtskräftiger Feststellung dieser Ansprüche (so zum Beispiel Landgericht Halle, NZM 2008, 685; Amtsgericht Bremen, WuM 2007, 399).

(6)

Dies alles hat der hiesige Vorsitzende auch in seinem Urteil in dem einstweiligen Verfügungsverfahren (ebenfalls) vom 04. Mai 2011 bereits dargelegt.

(7)

Aber selbst nach seiner Rechtsauffassung könnte der Kläger von der Beklagte auch nicht dauerhaft verlangen, die Auszahlung des in Rede stehenden Betrages zu unterlassen: Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass seine ehemaligen Vermieter entsprechende Ansprüche gegen ihn haben aus dem beendeten Mietverhältnis (§ 551 Absatz 1 BGB) und dies – gegebenenfalls – zukünftig auch rechtskräftig festgestellt wird beziehungsweise der Kläger diese Ansprüche unstreitig stellt. Für diesen Fall würde sein zeitlich unbegrenzter beziehungsweise unbedingter Klageantrag aber zu weit gehen.

b)

Andere Anspruchsgrundlagen, die dem Kläger gegen die Beklagte zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht ersichtlich.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 Satz 1, 1. Halbsatz ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nummer 11, 2. Fall; 711 ZPO (in Verbindung mit § 511 Absatz 2 Nummer 1 ZPO).

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