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Studenten-WG – Anspruch auf Mieteraustausch?

Mieterwechsel in Studenten-WG: Landgericht Berlin lehnt Anspruch ab

Das Landgericht Berlin hat in seinem Urteil vom 17.10.2023, Az.: 67 S 83/23, die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Mitte angenommen und die Klage der Mieter abgewiesen. Die Mieter hatten einen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zu einem Mieterwechsel geltend gemacht, der jedoch weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart wurde noch sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergibt. Das Gericht stellte klar, dass ein Anspruch auf Mieterwechsel gesetzlich nicht vorgesehen und eine entsprechende Vertragsauslegung nicht gerechtfertigt ist.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 67 S 83/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Die Berufung der Beklagten wurde angenommen und die Klage der Mieter abgewiesen.
  2. Ein Anspruch auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel war weder vereinbart noch gesetzlich vorgesehen.
  3. Die Interessen der Beklagten wurden bei der ergänzenden Auslegung des Mietvertrags nicht hinreichend berücksichtigt.
  4. Ein „typisch-studentisches WG-Leben“ begründet keinen Anspruch auf Mieterwechsel.
  5. Ergänzende Vertragsauslegung führt nicht zur Annahme eines Anspruchs auf Mieterwechsel.
  6. Die Identität der Mieter spielt für den Vermieter eine Rolle, frühere Zustimmungen zu Mieterwechseln haben keine bindende Wirkung für die Zukunft.
  7. Ein Anspruch auf Mieterwechsel kann nicht aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) hergeleitet werden.
  8. Die Kosten des Rechtsstreits sind von den Klägern als Gesamtschuldner zu tragen.

WG-Mieterwechsel: Kein genereller Anspruch auf Zustimmung des Vermieters

Wohngemeinschaft Studenten
(Symbolfoto: Monkey Business Images /Shutterstock.com)

In deutschen Großstädten sind Wohngemeinschaften (WGs) weit verbreitet, insbesondere bei Studenten. Doch wie sieht es rechtlich aus, wenn Mieter einer WG einen Mieterwechsel planen und die Zustimmung des Vermieters benötigen? Laut aktueller Rechtsprechung haben Mieter einer Wohngemeinschaft keinen generellen Anspruch auf Zustimmung ihres Vermieters zu künftigen Mieterwechseln.

In einigen Fällen kann es jedoch zu einer Zustimmungspflicht des Vermieters kommen, wenn die Wohngemeinschaft bereits bei Vertragsabschluss als solche vereinbart wurde und die Mieterwechsel üblich sind. Es ist jedoch zu beachten, dass der Vermieter einen Mieterwechsel ablehnen kann, wenn ein in der Person des Neu-Mieters liegender wichtiger Grund vorliegt.

In einem konkreten Fall, in dem sieben Mieter einer Studenten-WG die Vermieterin auf Zustimmung zu einem Austausch von vier Mietern verklagten, entschied der BGH, dass es keinen generellen Anspruch auf Mieteraustausch bei WGs gibt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Mieter einer Wohngemeinschaft in der Regel keinen Anspruch auf Zustimmung ihres Vermieters zu künftigen Mieterwechseln haben. Es ist jedoch möglich, dass in bestimmten Fällen, wie bei häufigen Mieterwechseln in Studenten-WGs, eine Zustimmungspflicht des Vermieters besteht.

In diesem Zusammenhang könnte ein konkretes Urteil aus dem Mietrecht von besonderem Interesse sein. Es zeigt, wie Gerichte in solchen Fällen entscheiden und welche rechtlichen Herausforderungen sich für Mieter und Vermieter ergeben.

Wenn Sie Fragen zu einem ähnlichen Fall haben, wo es um Mieteraustausch in einer Wohngemeinschaft geht, fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Im Zentrum eines bemerkenswerten Rechtsstreits stand die Frage, ob Mitglieder einer Studenten-WG in Berlin einen Anspruch auf Mieteraustausch gegenüber ihrem Vermieter geltend machen können. Die Kläger, bestehend aus den Bewohnern einer Wohngemeinschaft, verlangten die Zustimmung des Vermieters zum Austausch eines Mieters, was zu einer intensiven rechtlichen Auseinandersetzung führte.

Der Streitpunkt: Mieteraustausch in einer Studenten-WG

Die klagenden Mieter begehrten die Zustimmung der Beklagten zum Austausch eines WG-Mitglieds, wobei der ursprüngliche Mietvertrag im Jahr 2010 zwischen den ursprünglichen Mietern und der Beklagten geschlossen wurde. Über die Jahre hinweg kam es zu mehreren Nachträgen des Mietvertrages, die Änderungen in der Zusammensetzung der Mieter betrafen. Das Amtsgericht gab der Klage der Mieter statt, indem es argumentierte, dass ein Anspruch auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel sich zwar nicht direkt aus dem Mietvertrag ergibt, aber aus einer ergänzenden Vertragsauslegung abzuleiten sei.

Berufung und rechtliche Bewertung

Die Beklagte legte gegen dieses Urteil Berufung ein, mit der Begründung, dass das Amtsgericht die Interessen des Vermieters nicht ausreichend berücksichtigt habe. Sie argumentierte, dass ein Recht auf Mieterwechsel signifikante Nachteile für den Vermieter bedeuten würde, insbesondere wenn dieses Recht nicht explizit im Mietvertrag verankert ist. Die Berufung fand beim Landgericht Berlin Anklang, welches das Urteil des Amtsgerichts aufhob und die Klage der Mieter abwies. Das Landgericht betonte, dass weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Vereinbarung zwischen den Parteien bestand, die den Mietern einen Anspruch auf Zustimmung zum Mieterwechsel gewähren würde.

Kern der rechtlichen Auseinandersetzung

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall lag in der Auslegung des Mietvertrags und der Anwendung des § 535 BGB in Verbindung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben. Das Gericht musste bewerten, inwiefern die Absichten der ursprünglichen Vertragsparteien, die einen typisch studentischen WG-Lebensstil anstrebten, eine Basis für einen Anspruch auf Mieteraustausch darstellen könnten. Die Entscheidung des Landgerichts verdeutlicht, dass ohne konkrete vertragliche Vereinbarungen oder deutliche Anhaltspunkte, die auf einen solchen Anspruch hindeuten, ein Mieteraustausch nicht einfach durchgesetzt werden kann.

Die Entscheidung des Landgerichts Berlin

Das Landgericht Berlin folgte der Argumentation der Beklagten und stellte klar, dass ein Anspruch auf Mieterwechsel weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart wurde und auch nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung hergeleitet werden kann. Die vorherige Zustimmung der Beklagten zu Mieterwechseln in der Vergangenheit schuf kein Präjudiz für zukünftige Fälle. Ebenso wenig konnte ein solcher Anspruch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben abgeleitet werden.

Fazit: Das Landgericht Berlin hat entschieden, dass Mieter einer WG ohne explizite vertragliche Vereinbarung oder deutliche Anhaltspunkte, die einen solchen Anspruch unterstützen, keinen Anspruch auf Zustimmung des Vermieters zu einem Mieterwechsel haben.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was versteht man unter einem Mieteraustausch in einer Wohngemeinschaft?

Unter einem Mieteraustausch in einer Wohngemeinschaft (WG) versteht man den Wechsel eines oder mehrerer WG-Mitglieder, wobei ein neuer Mieter an die Stelle des ausscheidenden tritt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen solchen Austausch können je nach Gestaltung des Mietvertrags variieren.

Verschiedene Mietvertragskonstellationen

  • Hauptmieter mit Untermietern: In diesem Fall vermietet der Hauptmieter Zimmer an die anderen WG-Mitglieder weiter. Bei einem Mieterwechsel muss der Hauptmieter die Zustimmung des Vermieters einholen, um den Mietvertrag auf den Nachfolger zu ändern
  • Gemeinschaftlicher Mietvertrag (GbR): Wenn alle WG-Mitglieder gemeinsam als Mieter auftreten, müssen sie auch gemeinsam für die Mietkaution aufkommen. Bei einem Mieterwechsel zerbricht die GbR, und es ist eine Vertragsänderung mit Zustimmung des Vermieters erforderlich.
  • Einzelmietverträge: Jedes WG-Mitglied hat einen eigenen Mietvertrag mit dem Vermieter. In diesem Fall ist eine Haftung der anderen Mieter für die Kaution eines ausscheidenden Mieters ausgeschlossen.

Rechtliche Grundlagen und Urteile

  • Kein automatischer Anspruch: Allein die Bezeichnung als WG reicht nicht aus, um einen Anspruch auf Mieterwechsel zu begründen.
  • Interessengerechte Vertragsauslegung: Wenn der Mietvertrag keine Regelung zum Austausch einzelner Mieter enthält, muss durch eine interessengerechte Vertragsauslegung ermittelt werden, ob ein Anspruch auf Mieterwechsel besteht. Dies erfordert konkrete Anhaltspunkte, die über die bloße Vermietung an eine WG hinausgehen.
  • Zustimmungspflicht des Vermieters: In bestimmten Fällen kann ein Anspruch auf Zustimmung zum Mieterwechsel bestehen, insbesondere wenn der Vermieter bei Vertragsschluss wusste, dass die Mieter eine WG betreiben wollen und daher ein Interesse an der Aufnahme neuer Mitglieder haben könnten.
  • Einzelfallentscheidung: Die konkreten Umstände des Mietverhältnisses und der Mietvertrag selbst sind entscheidend, um zu einer richtigen Entscheidung zu gelangen.
  • BGH-Urteil: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ohne eine vertragliche Regelung eine interessengerechte Vertragsauslegung erforderlich ist, um festzustellen, ob ein Anspruch auf Mieterwechsel besteht.

Praktische Hinweise

  • Vermieterzustimmung: In der Regel ist die Zustimmung des Vermieters für einen Mieterwechsel erforderlich. Dies gilt sowohl für die Aufnahme eines neuen Mieters als auch für das Ausscheiden eines bestehenden Mieters aus dem Mietvertrag.
  • Vertragsklauseln: Es ist ratsam, bereits bei Vertragsschluss mögliche Regelungen für den Austausch von WG-Mitgliedern zu treffen, um spätere Unklarheiten zu vermeiden.
  • Widerspruchsrecht des Vermieters: Selbst wenn ein Anspruch auf Mieterwechsel besteht, kann der Vermieter diesem widersprechen, wenn ein wichtiger Grund in der Person des neuen Mieters vorliegt.

Zusammenfassend hängt die Möglichkeit eines Mieteraustauschs in einer WG von den spezifischen Vereinbarungen im Mietvertrag und den Umständen des Einzelfalls ab. Vermieter und Mieter sollten sich über die Bedingungen und das Vorgehen bei einem Mieterwechsel im Klaren sein und dies idealerweise vertraglich festhalten.


Das vorliegende Urteil

LG Berlin – Az.: 67 S 83/23 – Urteil vom 17.10.2023

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14.03.2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte, Az. xxxxx, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die klagenden Mieter begehren mit ihrer Klage die Verurteilung der Beklagten, dem Ausscheiden des Klägers zu 3) aus dem Mietvertrag über eine Wohnung in der xxxx Straße 80c, xxxx Berlin, sowie der Aufnahme von Herrn xxx xxxx in den Mietvertrag zuzustimmen.

Mit Mietvertrag vom 24.09.2010 unterzeichneten die ursprünglichen Mieter sowie die Beklagte einen Mietvertrag über die streitgegenständliche Wohnung, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. I/6-9 d.A.). In der Folge kamen drei Nachträge zu dem Mietvertrag wegen Änderungen der Vertragspartner auf Mieterseite zustande.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Anspruch der Kläger auf Zustimmung der Beklagten zu einem Mieterwechsel zwar nicht ausdrücklich aus dem Mietvertrag folge. Ein solcher ergebe sich aber gemäß § 535 BGB i.V.m. dem Mietvertrag vom 24.09.2010 im Wege ergänzender Vertragsauslegung.

In der vorliegenden Konstellation entspreche es regelmäßig einer interessengerechten Auslegung des Vertrags, den Mietern einen Anspruch auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel zuzusprechen. Ein wichtiger Grund in der Person des neu eintretenden Mieters liege nicht vor. Wegen der Einzelheiten der Begründung, der weiteren tatsächlichen Feststellungen im ersten Rechtszug sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen (Bl. 123-130 d.A.).

Die Beklagte hat gegen das ihr am 15.03.2023 zugestellte Urteil mit am 22.03.2023 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach erfolgter Fristverlängerung um einen Monat mit am 15.06.2023 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte rügt mit der Berufung im Wesentlichen, das Amtsgericht habe in seiner Entscheidung bei der ergänzenden Auslegung des Mietvertrages die Interessen der Beklagten nicht hinreichend berücksichtigt. Für den Vermieter habe ein Recht zum Mieterwechsel grundsätzlich im Vergleich zur gesetzlichen Lage erhebliche Nachteile.

Es könne daher nicht allein aus dem beachtenswerten Interesse der Mieter an einem unkomplizierten und jederzeit möglichen Mieterwechsel auf eine entsprechende vertragliche Vereinbarung geschlossen werden.

Sie beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Mitte vom 14.03.2023 zum Aktenzeichen xxx abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 28.09.2023 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist begründet.

1. Den Klägern steht kein Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zu einem Mieterwechsel zu. Ein solcher ist weder zwischen den Parteien ausdrücklich oder konkludent vereinbart worden noch ergibt er sich im Wege ergänzender Vertragsauslegung aus dem Mietvertrag vom 24.09.2010 oder aus § 242 BGB.

a) Wie das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausführt, ergibt sich ein Anspruch der Kläger auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel nicht ausdrücklich und unmittelbar aus dem Mietvertrag vom 24.09.2010, da dieser keine Regelungen diesbezüglich beinhaltet.

b) Eine konkludente Vereinbarung zwischen den Parteien dahingehend, dass den Klägern ein Anspruch auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel zustehen soll, ist ebenfalls nicht gegeben und wird auch von den Klägern nicht vorgetragen.

Insoweit kann der Vortrag der Kläger zu dem Zustandekommen des Mietvertrages zwischen den ursprünglichen Mietern und der Beklagten als wahr unterstellt werden.

Die ursprünglichen Mieter wollen dem Vertreter der Beklagten mitgeteilt haben, dass sie für ihr Studium bzw. für den Zivildienst nach Berlin ziehen wollten und ein „typisch-studentisches WG-Leben“ anstrebten. Die Kläger haben aber nicht vorgetragen, dass die Beklagte – in welcher Art und Weise auch immer – zu erkennen gegeben hätte, nicht nur mit der Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung durch die ursprünglichen Mieter als Wohngemeinschaft einverstanden zu sein, sondern auch mit zukünftigen Wechseln in der Mieterstruktur.

Bei den Ausführungen, wonach zu einem „typischen WG-Leben“ „naturgemäß“ auch kurzfristige Lebensumplanungen und mithin auch Mieterwechsel gehören würden, wie in dem nachgelassenen Schriftsatz der Kläger vom 11.10.2023 vorgetragen, handelt es sich nicht um eine dem Beweis zugängliche Tatsache, für die die angebotenen Zeugen zu hören gewesen wären. Vielmehr stellt dies eine reine Behauptung ohne konkreten Zusammenhang mit den vorgetragenen Gesprächen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Mietvertrags dar.

c) Der von den Klägern geltend gemachte Anspruch lässt sich auch nicht aus § 535 BGB i.V.m. dem Mietvertrag vom 24.09.2010 im Wege ergänzender Vertragsauslegung herleiten.

Wie das Amtsgericht im Ausgangspunkt zutreffend ausführt, ist die Frage, ob sich aus dem Mietvertrag zwischen den Parteien und den Nachträgen auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ein Anspruch auf Zustimmung in künftige Mieterwechsel oder gar eine antizipierte Einwilligung hierzu ergibt, mittels Auslegung der auf den Abschluss des Mietvertrags und der Nachträge gerichteten Erklärungen der Parteien zu beantworten.

Diese Auslegung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist hierbei der wirkliche Wille der Parteien, wobei die Auslegung sich daran auszurichten hat, wie Treu und Glauben es mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern (§§ 133, 157 BGB). Geboten ist insbesondere eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung der auf den Vertragsabschluss bzw. auf die Nachtragsvereinbarungen gerichteten Willenserklärungen der Vertragsparteien, bei der neben allen Umständen des Einzelfalls auch die Gebote von Treu und Glauben zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urt. v. 27. April 2022 – VIII ZR 304/21, NJW 2022, 2030 Tz. 19 m.w.N., beck-online).

Dabei ist im Grundsatz zu berücksichtigen, dass das Gesetz ein Recht auf den Wechsel der Mieter auch im Fall einer Mietermehrheit nicht vorsieht. Ferner ist bei der Auslegung der zum Vertragsabschluss führenden Willenserklärungen zu berücksichtigen, dass es grundsätzlich den Mietern obliegt, für eine Vertragsgestaltung, die ihnen einen gesetzlich nicht vorgesehenen Mieterwechsel ermöglicht, Sorge zu tragen, da eine solche Vereinbarung regelmäßig vorwiegend in ihrem Interesse liegt (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 25, 32).

Vor dem Hintergrund der beschriebenen Interessenlagen genügt die Tatsache, dass ein Mietvertrag von mehreren Personen abgeschlossen wurde, die in der Wohnung zusammenleben wollen, für sich genommen nicht, um ohne konkrete Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen der Vertragsparteien von einer Vereinbarung eines Anspruchs der Mieter auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel oder gar von einer antizipierten Einwilligung hierzu auszugehen (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 36).

Allein das Zusammenwohnen mehrerer Personen und die Bezeichnung als Wohngemeinschaft besagen deshalb nichts darüber, ob nach dem Willen der Mieter die Mitbewohner jederzeit austauschbar sein sollen und hiermit auch zu rechnen ist. Es ist mithin entgegen der Ansicht der Kläger nicht „naturgemäß“, dass eine Wohngemeinschaft häufige Ab- und Zugänge ihrer Mitglieder zu verzeichnen hat. Erst recht muss ein Vermieter, der einen Mietvertrag mit mehreren Mietern abschließt, nicht ohne Weiteres damit rechnen, dass das Zusammenleben der Mieter nicht auf eine gewisse Konstanz und Dauer, sondern auf einen häufigen Wechsel der Bewohner angelegt ist (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 38).

In Betracht kommt eine derartige Auslegung nach den Umständen des Einzelfalls lediglich dann, wenn sowohl die Mieter als auch der Vermieter bei Vertragsabschluss ersichtlich davon ausgingen, dass sich häufig und in kurzen Zeitabständen ein Bedarf für eine Änderung der Zusammensetzung der in der Wohnung lebenden Personen ergeben kann, weil die Mieter voraussichtlich aufgrund ihrer persönlichen Lebensumstände bereits bei Vertragsabschluss absehbar nur für einen kurzen Zeitraum an dem jeweiligen Ort leben werden und eine vertragliche Bindung über diesen Zeitraum hinaus nicht eingehen wollen. Das kann insbesondere bei Studenten der Fall sein (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 41).

Gemessen an diesem Maßstab scheidet eine Auslegung des Mietvertrags, wonach den Mietern ein Recht zum Mieterwechsel zustehe, aus.

Es fehlt schon an der Voraussetzung, dass beide Parteien – also auch die Beklagte – bei Vertragsschluss ersichtlich davon ausgingen, dass sich häufig und in kurzen Zeitabständen ein Bedarf für eine Änderung der Zusammensetzung der in der Wohnung lebenden Personen ergeben könne bzw. werde. Allein die Tatsache, dass die ursprünglichen Mieter für ihr Studium bzw. den Zivildienst nach Berlin gezogen sind, reicht hierfür nicht aus. Denn auch eine Wohngemeinschaft kann auf Konstanz und Dauer angelegt sein, jedenfalls für den oft nicht unerheblichen Zeitraum eines Studiums. Das gilt erst recht in Metropolen wie Berlin, in denen die Versorgung mit Wohnraum ausweislich einer landesrechtlichen MietenbegrenzungsVO besonders gefährdet und alternativer Wohnraum wegen der angespannten Lage des Wohnungsmarktes nur schwer zu beschaffen ist. Ferner ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der streitgegenständliche Mietvertrag mit den ursprünglichen Mietern als Mietermehrheit abgeschlossen wurde und nicht etwa mit einer Wohngemeinschaft als Vertragspartner.

Der bloße Verweis der Kläger, die ursprünglichen Mieter hätten der Beklagten gegenüber erklärt, ein „typisches WG-Leben“ führen zu wollen, reicht für die Annahme, auch die Beklagte sei von Änderungen in der Mieterstruktur ausgegangen, nicht aus. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte – selbst wenn ihr die Umstände der ursprünglichen Mieter bei Vertragsschluss bekannt waren – sich bewusst und ohne Vorbehalt in Kenntnis einer voraussichtlich zu erwartenden Fluktuation zu dem Mietvertragsabschluss entschieden hätte. Würde man dies im vorliegenden Fall annehmen, hätte dies zur Folge, dass praktisch in jedem Fall, in dem eine Wohnung an mehrere studentische Mieter vermietet würde, ein Anspruch auf Zustimmung zum Mieterwechsel vorliegen würde. Dieses Ergebnis ist von der gesetzgeberischen Wertung nicht gedeckt und lässt sich auch nicht mit einer ergänzenden Vertragsauslegung begründen.

Schließlich folgt auch aus den in der Vergangenheit erfolgten drei Fällen einer Zustimmung der Beklagten zu einem Mieterwechsel, nicht, dass es der Beklagten auf die Identität ihrer Mieter nicht ankäme und sie deshalb verpflichtet wäre, auch dem vorliegend beabsichtigten Mieterwechsel zuzustimmen. Den früheren Zustimmungen fehlt es schon an einer Aussagekraft hinsichtlich zukünftigen Entwicklungen. Zudem ist es nicht zwingend Ausdruck eines Desinteresses an der Person des Vertragspartners, wenn der Vermieter sich auf einen mieterseits gewünschten neuen Mieter einlässt, sondern darin kann auch ein Entgegenkommen gegenüber seinen Mietern liegen.

d) Ein Anspruch auf Zustimmung zu dem erneuten Mieterwechsel ergibt sich auch nicht aus § 242 BGB oder aus § 241 Abs. 2 BGB. Zwar entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass ein Mieter, der sich vorzeitig aus seinem Mietverhältnis lösen will, seine Entlassung aus dem Mietverhältnis im Einzelfall dann verlangen kann, wenn er dem Vermieter einen geeigneten und zumutbaren Ersatzmieter stellt und ein berechtigtes Interesse an der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses hat (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 63 m.w.N.).

Für den hier zu beurteilenden Fall, bei dem nicht die Entlassung aus dem Mietvertrag bei Stellung eines Ersatzmieters, sondern die Auswechslung von Mietern in einem fortbestehenden Mietverhältnis verlangt wird, ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots oder aus Treu und Glauben allerdings weder allgemein noch im vorliegenden Fall ein Anspruch auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel.

2. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10 Satz 1, 711 ZPO.

3. Gründe, die gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO Veranlassung gegeben hätten, die Revision zuzulassen, bestanden nicht. Es handelt sich um eine tatrichterliche Würdigung der Auslegung eines Mietvertrags. Hinsichtlich der Frage nach der ergänzenden Vertragsauslegung des Mietvertrags sind die einschlägigen und hier zugrunde gelegten Maßstäbe höchstrichterlich geklärt (vgl. BGH, a.a.O.).

 

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