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Mietwohnung – unerlaubte Gebrauchsüberlassung an Dritte – Wer ist Dritter

Amtsgericht München: Urteil zur unerlaubten Gebrauchsüberlassung

Das Amtsgericht München wies eine Klage auf Räumung einer Mietwohnung ab, bei der es um die unerlaubte Gebrauchsüberlassung an Dritte ging. Die Kläger konnten nicht nachweisen, dass eine unberechtigte Überlassung vorlag, und die Beklagten hatten plausible Gründe für die vorübergehende Aufnahme von Familienangehörigen. Das Gericht berücksichtigte familiäre Bindungen und die Notsituation der zusätzlichen Bewohner.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 419 C 6699/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Klageabweisung: Das Gericht wies die Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung ab.
  2. Gebrauchsüberlassung an Dritte: Im Fokus stand die Frage, ob die Überlassung der Wohnung an weitere Familienmitglieder unerlaubt war.
  3. Familienangehörige als „Dritte“: Das Gericht betrachtete engere Familienangehörige nicht zwangsläufig als „Dritte“ im Sinne des Mietrechts.
  4. Keine Überbelegung: Trotz fünf Personen in einer 75 m² großen Wohnung sah das Gericht keine Überbelegung.
  5. Kündigungsgründe: Die von den Klägern angeführten Kündigungsgründe, wie Überbelegung und unerlaubte Gebrauchsüberlassung, wurden als nicht stichhaltig angesehen.
  6. Familiäre Notsituation: Die vorübergehende Aufnahme von Familienmitgliedern aufgrund einer Notsituation wurde anerkannt.
  7. Verhaltensbedingte Verstöße: Einige Vorwürfe gegen die Beklagten bezüglich Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz wurden diskutiert, aber sie beeinflussten das Urteil nicht wesentlich.
  8. Kosten des Rechtsstreits: Die Kläger wurden verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Rechtliche Auseinandersetzung um Mietwohnung in München: Kern des Konflikts

Das Amtsgericht München beschäftigte sich mit einer rechtlichen Auseinandersetzung, die sich um die Räumung einer Mietwohnung drehte. Im Mittelpunkt stand der Vorwurf der unerlaubten Gebrauchsüberlassung an Dritte. Die Kläger, Vermieter der Wohnung, forderten von den Beklagten, einem Mieterpaar, die Räumung und Herausgabe der etwa 75 m² großen 3-Zimmer-Wohnung, da sie behaupteten, die Wohnung sei unberechtigt an die Enkel und die Schwiegertochter der Mieter überlassen worden.

Chronologie des Falls: Vom Mietvertrag zur Klage

Die Wohnung wurde ursprünglich 2010 an die Beklagten vermietet. Später kamen die Schwiegertochter und Enkelkinder der Beklagten als Mitbewohner hinzu. Nachdem die Schwiegertochter und ihr Ehemann, die in einer anderen Wohnung des gleichen Anwesens lebten, ihre Miete nicht zahlten, wurden sie gekündigt. Die Familie zog daraufhin zu den Beklagten. Die Kläger forderten das Ende der Gebrauchsüberlassung und erhoben letztlich Klage auf Räumung, da sie keine Zustimmung zur Aufnahme weiterer Personen erteilt hatten und eine Überbelegung der Wohnung geltend machten.

Gerichtsentscheidung: Abweisung der Klage

Das Gericht wies die Klage ab und entschied, dass die Aufnahme der Familienangehörigen keinen Verstoß gegen das Mietrecht darstelle. Insbesondere wurde festgestellt, dass Enkel und Schwiegertochter der Mieter nicht als „Dritte“ im Sinne des Mietrechts angesehen werden. Zudem wurde keine Überbelegung der Wohnung festgestellt, da die Größe und Raumaufteilung der Wohnung als angemessen für fünf Personen erachtet wurden.

Schlüsselaspekte des Urteils: Familienbande und Wohnraumnutzung

Das Gericht betonte die Bedeutung von Familienbanden und die Notwendigkeit, in bestimmten Situationen Familienmitglieder aufzunehmen. Es wurde hervorgehoben, dass die Aufnahme der Schwiegertochter und der Enkelkinder in einer Notsituation erfolgte und dass die Kläger keine ausreichenden Gründe für eine Kündigung vorbringen konnten. Darüber hinaus wurden die von den Klägern geltend gemachten Verstöße gegen Corona-Bestimmungen als nicht kündigungsrelevant angesehen.

Der Fall illustriert die Komplexität des Mietrechts, insbesondere im Hinblick auf die Frage, wer als „Dritter“ gilt und welche Rechte Vermieter bei der Gebrauchsüberlassung ihrer Mietwohnungen haben. Das Urteil zeigt, dass die Gerichte bereit sind, die sozialen und familiären Umstände bei der Beurteilung von Mietstreitigkeiten zu berücksichtigen, und stellt eine wichtige Orientierungshilfe für ähnliche Fälle dar.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was definiert eine unerlaubte Gebrauchsüberlassung im Mietrecht und welche Konsequenzen kann sie nach sich ziehen?

Eine „unerlaubte Gebrauchsüberlassung“ im Mietrecht bezeichnet die Situation, in der ein Mieter seine gemietete Wohnung oder Teile davon ohne die erforderliche Erlaubnis des Vermieters an Dritte überlässt. Dies kann sowohl die vollständige Weitervermietung als auch die teilweise Untervermietung umfassen. Laut § 540 Abs. 1 BGB ist der Mieter ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen.

Die Konsequenzen einer unerlaubten Gebrauchsüberlassung können gravierend sein. Der Vermieter hat das Recht, bei einer unbefugten Untervermietung eine fristlose Kündigung auszusprechen. Zudem kann der Vermieter den Mieter auf Unterlassung verklagen, wenn dieser trotz Abmahnung den vertragswidrigen Gebrauch fortsetzt. In einigen Fällen kann der Vermieter auch Ansprüche auf Herausgabe gegen den Untermieter geltend machen.

Es gibt allerdings auch Situationen, in denen der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung hat, das nach Abschluss des Mietvertrags entstanden ist. In solchen Fällen kann der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung verlangen, wie es § 553 BGB vorsieht. Ein berechtigtes Interesse kann beispielsweise vorliegen, wenn der Mieter durch die Untervermietung seine Wohnkosten reduzieren möchte. Verweigert der Vermieter die Erlaubnis ohne triftigen Grund, kann der Mieter auf Erlaubniserteilung klagen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine unerlaubte Gebrauchsüberlassung zu einer fristlosen Kündigung führen kann und der Mieter bei einer unbefugten Untervermietung rechtliche Schritte seitens des Vermieters riskiert. Der Mieter sollte daher immer die Zustimmung des Vermieters einholen, bevor er die Wohnung oder Teile davon an Dritte überlässt.

In welchen Fällen werden Personen als „Dritte“ im Sinne des § 540 BGB angesehen und welche Ausnahmen gibt es?

Gemäß § 540 BGB ist eine Person als „Dritter“ definiert, wenn der Mieter den Gebrauch der Mietsache dieser Person überlässt, insbesondere durch Weitervermietung. Dies kann ohne die Erlaubnis des Vermieters unzulässig sein.

Es gibt jedoch Ausnahmen zu dieser Regel. Eine wichtige Ausnahme ist in § 553 BGB festgelegt, der eine Ergänzung zu § 540 BGB darstellt. Nach dieser Vorschrift hat der Mieter von Wohnraum gegen den Vermieter einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis, wenn er einen Teil seiner Wohnung einem Dritten zum selbständigen Gebrauch überlassen will. Dieses berechtigte Interesse kann zum Beispiel in der Erzielung von Untermieteinnahmen bestehen, um die Miete zu zahlen, wenn der Mieter zeitweilig an einem anderen Ort lebt.

Es gibt jedoch auch Fälle, in denen der Vermieter die Erlaubnis verweigern kann. Wenn in der Person des Dritten ein triftiger Ablehnungsgrund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann, muss der Vermieter nicht zustimmen. Ein weiterer Ausschlussgrund für den Anspruch auf Überlassungserlaubnis kann sein, dass das Überlassungsinteresse des Mieters zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits latent vorhanden war.

Es ist auch zu beachten, dass der Mieter ein dem Dritten bei dem Gebrauch zur Last fallendes Verschulden zu vertreten hat, auch wenn der Vermieter die Erlaubnis zur Überlassung erteilt hat.

Eine unerlaubte Gebrauchsüberlassung kann zur Kündigung des Mietverhältnisses führen. Es ist daher ratsam, vor der Überlassung des Gebrauchs an Dritte die Erlaubnis des Vermieters einzuholen und sich über die rechtlichen Konsequenzen im Klaren zu sein.

Wie wird eine Überbelegung einer Mietwohnung rechtlich definiert und bewertet?

Eine Mietwohnung gilt als überbelegt, wenn mehr Personen in ihr wohnen, als laut Wohnflächenberechnung erlaubt ist. Diese Berechnung wird in Deutschland nach der Raumzahl durchgeführt, die angibt, wie viele Quadratmeter Wohnfläche pro Person erforderlich sind.

Es gibt keine festen Maßstäbe, ab wann eine Wohnung als überbelegt gilt, aber es gibt einige Richtlinien und Faustregeln. Eine allgemein anerkannte Regel ist, dass für jede Person in der Wohnung etwa 8 bis 10 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung stehen sollten. Einige Gerichte und Wohnungsaufsichtsgesetze der Bundesländer gehen davon aus, dass für jede mindestens 6 Jahre alte Person eine Wohnfläche von mindestens 10 qm und für jede noch nicht 6 Jahre alte Person eine Wohnfläche von mindestens 6 qm vorhanden sein sollte.

Die Überbelegung einer Wohnung kann sowohl für die Mieter als auch für den Vermieter negative Folgen haben. Für den Vermieter kann eine Überbelegung eine Verletzung der Mietvertragsbedingungen darstellen, da er das Recht hat, die Wohnung nur an die Personen zu vermieten, die im Mietvertrag genannt wurden. Wenn der Vermieter von der Überbelegung erfährt, kann er das Mietverhältnis unter Umständen fristlos kündigen, sofern die Überbelegung trotz Abmahnung weiterhin vorliegt und eine erhebliche Verletzung der Vermieterrechte verursacht.

Für Mieter, die in einer überbelegten Wohnung leben, besteht die Pflicht, sich um eine neue, größere Wohnung zu bemühen. Sollte eine Kündigung wegen Überbelegung erfolgen, kann der Mieter diese unter bestimmten Umständen zurückweisen, beispielsweise wenn die Überbelegung durch minderjährige Kinder verursacht wurde. In diesem Fall könnte der Mieter sich auf Artikel 6 des Grundgesetzes berufen, der besagt, dass die Familie und damit die Kinder einem besonderen Schutz unterliegen.

Es ist zu beachten, dass die genauen Bedingungen und Konsequenzen von Überbelegung von Fall zu Fall variieren können und es daher ratsam ist, sich bei Bedarf rechtlichen Rat einzuholen.


Das vorliegende Urteil

AG München – Az.: 419 C 6699/22 – Urteil vom 24.11.2022

In dem Rechtsstreit wegen Räumung und Forderung erlässt das Amtsgericht München aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2022 folgendes Endurteil

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 7.320,00 festgesetzt.

Tatbestand

Die Kläger verlangen von den Beklagten die Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung.

Mit Mietvertrag vom 21.04.2010 (Anlage K1) vermieteten die Kläger ab dem 01.05.2010 an den Beklagten zu 1 die streitgegenständliche etwa 75 m2 große 3 Zimmer Wohnung. Die Kaltmiete betrug zuletzt 610 Euro.

Vereinbarungsgemäß wurde die Wohnung seit Mietbeginn durch den Beklagten zu 1 sowie dessen Ehefrau die Beklagte zu 2 genutzt.

Mit einem weiteren Mietvertrag vom 21.04.2010 vermieteten die Kläger eine Wohnung im 4. OG desselben Anwesens wie die streitgegenständliche Wohnung an die Beklagte zu 3, bei der es sich um die Schwiegertochter der Beklagten zu 1 um zu 2 handelt, sowie deren Ehemann, bei dem es sich um den Sohn der Beklagten zu 1 und 2 handelt. Dieser Mietvertrag begann am 01.06.2010 zu laufen.

Vereinbarungsgemäß wohnten in dieser Wohnung die Beklagte zu 3 ihr Ehemann sowie die beiden gemeinsamen mittlerweile volljährigen Kinder, die Beklagten zu 4 und 5. Dieses Mietverhältnis wurde seitens der Kläger mit Schreiben vom 20.11.2020 und 05.12.2020 aufgrund von Zahlungsrückständen in Höhe von zuletzt 3.432,65 Euro nach ergebnisloser Abmahnung zum Ausgleich fristlos gekündigt. Unter dem Aktenzeichen 425 C 23472/20 erging am 26.04.2021 vom Amtsgericht München ein 2. Versäumnisurteil auf Räumung und Herausgabe gegen die Beklagte zu 3 und ihren Ehemann (Anlage K7). Anlässlich des am 09.07.2021 daraufhin stattfindenden Räumungstermins erklärte der Ehemann der Beklagten zu 3 den Klägern, dass er in eine städtische Unterkunft umziehen werde und seine Frau die Beklagte zu 3 sowie die beiden gemeinsamen Kinder, die Beklagten zu 4 und 5 bei den Großeltern, den hiesigen Beklagten zu 1 zu 2 untergekommen sind.

Mit Schreiben vom 10.11.2021 (Anlage K 10) forderten die Kläger die Beklagten zu 1 und zu 2 auf die weitere Gebrauchsüberlassung an die Beklagten zu 3- 5 zu unterlassen. Dieser Aufforderung kamen die Beklagten zu 1 und 2 nicht nach. Mit anwaltlichen Schreiben vom 03.12.2021 mahnten die Kläger die Beklagten zu 1 und 2 sodann wegen unerlaubter Gebrauchsüberlassung an Dritte ab und forderten diese darüber hinaus auf, die unzulässige Gebrauchsüberlassung an Dritte unverzüglich, spätestens aber bis 31.12.2021 zu beenden (Anlage K 11).

Mit anwaltlichen Schreiben vom 20.12.2021 ließen die Beklagten den Klägern gegenüber erklären, dass ein dauerhafter Einzug der Beklagten zu 3-5 weder gewollt noch geplant sei und ein Auszug erfolgen würde, sobald eine neue Wohnung gefunden sei. Zudem unterbreiteten die Beklagten zu Einzug zu 2 den Klägern das Angebot auf Erhöhung des Mietzinses um 300 Euro, was von den Klägern mit Schreiben vom 21.12.2021 (Anlage K 14) abgelehnt wurde.

Mit rechtsanwaltlichen Schreiben vom 07.02.2022 (Anlage K 18) erklärten die Kläger den Beklagten gegenüber die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des streitgegenständlichen Mietverhältnisses. Die Kündigung wurde insbesondere auf die Gebrauchsüberlassung der streitgegenständlichen Wohnung an die Beklagten zu 3- 5 gestützt ohne Einholung und Erteilung der diesbezüglichen Zustimmung seitens der Kläger, sowie auf die durch die Gebrauchsüberlassung entstehende Überbelegung der streitgegenständlichen Wohnung.

Die Kläger tragen im Wesentlichen vor.

die dauerhafte Gebrauchsüberlassung an die Beklagten zu 3- 5 sei mangels Zustimmung der Kläger unzulässig gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Zumal von den Beklagten zu 1 und 2 noch nicht einmal die formelle Zustimmung zur dauerhaften Mitnutzung der Mietsache beantragt worden sei.

Genehmigungspflichtig sei die Aufnahme sonstiger Verwandter dies gelte bereits für den Bruder eines Mieters nicht privilegierte Personen seien solche die mit dem Mieter verschwägert seien überdies falle die Wohnung nicht in den Schutzbereich einer Ehewohnung. Bei der Beklagten zu 3 handele es sich nicht um die leibliche Tochter der Beklagten zu 1 und zu 2 sondern um deren Schwiegertochter und damit um eine nicht privilegierte Personen im Sinne der §§ 540,553 BGB.

Überdies sei die streitgegenständliche Wohnung durch die unzulässige Gebrauchsüberlassung überbelegt. Die Überbelegung ergebe sich urkundlich aus dem Schreiben der Landeshauptstadt München, Amt für Wohnen und Migration vom 22.11.2021 (Anlage K 12) in dem für 4 Personen eine Wohnungsgröße von 4 Wohnräumen festgesetzt werde. In der streitgegenständlichen Wohnung verteilten sich dagegen 5 Erwachsene aus 2 Haushalten auf 2 Schlafräume, was die Überbelegung der derzeitigen Wohnsituation anschaulich verdeutliche. Da es sich bei den Beklagten zu 4 und 5 um Heranwachsende handele, sei der einschlägigen Rechtsprechung nach, ein eigenes Zimmer für jeden der beiden notwendig. Im Übrigen gehe mit der Überbelegung eine zur Größe der Wohnung unverhältnismäßige Beanspruchung des Wasserverbrauchs insbesondere auch des Warmwasser Wasserverbrauchs wegen der teilweisen flächenmäßigen Umlegung – 30 % Wohnfläche 70 % Verbrauch nach Zähler – des Gemeinschaftsstroms, der Liftbenutzung, der Müllnutzung sowie der Hausreinigung einher. Dies wiederum gehe in unzumutbarer Weise zulasten der übrigen Hausbewohner die zum einen kostenmäßig unverhältnismäßig mehr belastet zum anderen in der Nutzung der Gemeinschaftseinrichtungen beeinträchtigt würden. Im Übrigen seien die Gemeinschaftseinrichtungen, insbesondere auch die Heiz- und Warmwasseranlage für eine solche übermäßige Nutzung kapazitätsmäßig nicht ausgelegt.

Überdies bestehe ein persönlicher Einwand gegen die Gebrauchsüberlassung an die Beklagte zu 3, da diese selber ehemalige Mieterin der Kläger im gleichen Anwesen war und ihr Mietverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt worden sei. Den Klägern sei es nicht zumutbar die Beklagte zu 3 nun im Rahmen der streitgegenständlichen Gebrauchsüberlassung in der streitgegenständlichen Wohnung zu dulden.

Kündigungsgrund ihr gegenüber sei zum einen der Zahlungsverzug zum anderen aber auch schwere Verstöße gegen die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes (Corona) gewesen. Durch die Verstöße hätten die Beklagten zu 1-3 sowie der Ehemann der Beklagten zu 3 die Gesundheit der übrigen Hausbewohner gefährdet.

Hintergrund sei, dass die von einer Coronainfektion Betroffenen Beklagten zu 1 und 2 Besuche der Beklagten zu 3 und ihres Ehemannes geduldet hätten. Überdies hätte die Beklagte zu 3 es, anstatt der Räumungsaufforderung des Klägers außergerichtlich nachzukommen auf einen Rechtsstreit ankommen lassen und durch Prozesshandlungen, wie das in Kauf nehmen eines 1. Versäumnisurteils, die Einlegung eines Einspruchs hiergegen und das erneute Nichterscheinen zum Einspruchstermins, eine zeitliche Verzögerung der Durchsetzung des Räumungs- und Herausgabeanspruchs der Kläger bewirkt. Diese verhaltensbezogenen Verstöße wirkten sich auch auf die Zumutbarkeit der Zustimmung zur Gebrauchsüberlassung aus. Bis zum heutigen Tag seien weder Wohnungsschlüssel noch Briefkastenschlüssel von der Beklagten zu 3 vollständig zurückgegeben worden und die dazu überlassene Wohnung, sei mit Beschädigungen und zum Teil in einem verwahrlosten Zustand an die Kläger herausgegeben worden.

Auch die Beklagten zu 1 zu 2 hätten gegen Coronaschutzauflagen verstoßen. Trotz angeordneter Quarantäne hätten die Beklagten zu 1 und 2 die Beklagten zu 3 und deren Ehemann in den Wohnräumlichkeiten empfangen und überdies einen Mitarbeiter der Firma ### ohne ihn zuvor auf die vorliegende Quarantänesituation hinzuweisen.

Schließlich hätten die Beklagten die Kläger über mehrere Wochen im Ungewissen gelassen, ob die beanstandete Gebrauchsüberlassung an Dritte beendet worden sei. Das Vertrauensverhältnis der Parteien sei so stark geschädigt, dass unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für die Kläger nicht mehr zumutbar gewesen sei.

Die Kläger beantragen

1. Die Beklagten werden verurteilt die im 3. OG des Anwesens ### München befindliche Wohnung, Wohnung Nummer., bestehend aus 3 Zimmern, einer Küche, einem Bad/WC und im Keller im Kellergeschoss befindlichen Kellerabteil zu räumen und zusammen mit den Schlüsseln an die Kläger herauszugeben.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 979,61 Euro an die Kläger zu bezahlen.

3. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens.

Hilfsweise beantragen die Kläger die Beklagten zu 1 und 2 werden verurteilt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung in das Ermessen des Gerichts zu stellen des Ordnungsgeldes bis zu 250.000 ersatzweise Ordnungshaft es zu unterlassen, den Beklagten zu 3,4 und 5 die Wohnung im 3. OG des Anwesen ### München, Wohnung Nummer ### zum Gebrauch insbesondere auch zum Mitgebrauch zu überlassen.

Die Beklagten beantragen kostenpflichtige Klageabweisung.

Die Beklagten tragen im Wesentlichen vor.

eine dauerhafte Gebrauchsüberlassung an die Beklagten zu 3- 5 liege schon begrifflich nicht vor, da die Beklagten zu 1 und 2 ebenfalls in der Wohnung wohnten.

Die Aufnahme von engen Verwandten Stelle im Übrigen keine unerlaubte Gebrauchsüberlassung an Dritte da. Die Schwiegertochter und die Enkelkinder seien nicht als sogenannte Dritte im Sinne des § 540 BGB anzusehen.

Auch liege keine Überbelegung der Wohnung vor, wenn eine 75 m2 große Wohnung von 5 Personen einer Familie bewohnt werde. Vor dem Hintergrund, dass die Rechtsprechung eine Wohnfläche von 10-12 m2 pro Person bei einer Familie als ausreichend ansehe, sei eine Überbelegung nicht ansatzweise zutreffend.

Überdies müsste selbst im Falle einer Überbelegung im Rahmen der Interessensabwägung des § 573 BGB zugunsten der Beklagten berücksichtigt werden, dass die Beklagten zu 1 und 2 ihren Enkeln und der Schwiegertochter verständlicherweise als Familie in dieser Notsituation helfen haben wollen und mussten.

Auch die persönlichen Einwände der Kläger gegen die Beklagten zu 3 führe nicht zu einer Unzumutbarkeit der Fortführung des Mietverhältnisses. Vertragspartner seien allein die Beklagten zu 1 und 2 welche die Mieten stets regelmäßig bezahlt haben. Zugunsten der Beklagten zu 1 und 2 sei zu berücksichtigen, dass sie seit vielen Jahren Mieter seien und sich nie etwas zuschulden kommen haben lassen, sowie dass sie in diese Situation geraten seien um ihrer Familie zu helfen.

Zum näheren Inhalt des Vorbringens und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2022 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Rechtsstreit ist zur Entscheidung reif.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 4.11.2022 und 15.11.2022 wären, soweit sie neue Tatsachenvortrag enthielten nach § 296a ZPO verspätet, boten im Übrigen aber keinen Grund für den Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung nach § 156 ZPO.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

A. Zulässigkeit der Klage

Die Klage ist vollumfänglich zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht München sachlich und örtlich zuständig, weil die Streitigkeit einem Mietverhältnis über eine in München gelegene Wohnung entspringt, §§ 29a Abs. 1 ZPO, 23 Nr. 2a GVG.

B. Begründetheit der Klage

Die Klage ist jedoch unbegründet, da den Klägern kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe aufgrund der Kündigungen vom 7.2.2022 gegen die Beklagten zu 1 -5 zusteht, weder aus § 985 BGB noch aus § 546 Abs. 1, Abs. 2 BGB.

I. Räumung und Herausgabe gegenüber dem Beklagten zu 1 und 2

Weder die fristlose noch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 7.2.2022 (Anlage K 18) konnten das Mietverhältnis zwischen den Kläger und dem Beklagten zu 1 und 2 beenden, da die Kündigungen zwar formell wirksam, jedoch materiell unwirksam sind, §§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2, 568 Abs. 1, 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, 573c BGB.

1. Außerordentlich fristlose Kündigung

Nach § 543 Abs. 1 S. 1 BGB kann jeder Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen, wobei nach Satz 2 ein wichtiger Grund dann vorliegen soll, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Für den hier relevanten Fall sieht § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB vor, dass ein wichtiger Grund insbesondere dann vorliegen soll, wenn der Mieter die Mietsache unbefugt einem Dritten überlässt. Die Kündigung wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB ist ein besonders geregelter Fall der Kündigung wegen vertragswidrigen Gebrauchs. Nach dieser Vorschrift, die für alle Mietverhältnisse gilt, kann der Vermieter kündigen, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache unbefugt einem Dritten überlässt. Die Vorschrift besteht aus zwei Tatbestandselementen, nämlich der unbefugten Gebrauchsüberlassung an einen Dritten als vertragswidrige Handlung des Mieters und der dadurch bedingten erheblichen Rechtsverletzung auf Vermieterseite als Handlungserfolg. Die Tatbestandselemente müssen kumulativ vorliegen (Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, BGB § 543 Rn. 143). Das Tatbestandsmerkmal der unbefugten Gebrauchsüberlassung an einen Dritten ist identisch mit demjenigen in § 540 Abs. 1 S. 1 BGB. In § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB wird mithin eine Konsequenz der unbefugten Gebrauchsüberlassung geregelt, nämlich die Möglichkeit der Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter (Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, BGB § 543 Rn. 144, 145).

a. Es ist in Rechtsprechung und Schrifttum aber anerkannt, dass der Mieter für die Aufnahme von nächsten Familienangehörigen, von zum Haushalt gehörenden Bediensteten und von Personen, die er zu seiner Pflege benötigt, grundsätzlich keiner Erlaubnis des Vermieters bedarf, diese Personen sind bereits nicht Dritte im Sinn des § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB (NJW 1998, 1324, beck-online; BGH NJW 1991, 1750/1751; BayObLGZ 1983, 285/288; 1990, 301/304 und 1995, 162/165; OLG Hamm RES II § 549 BGB Nr. 1; MünchKomm/VoelskowRn. 9, Staudinger/Emmerich Rn.6, Fischer- Dies-kau/ Pergande/ Schwender/Franke Wohnungsbaurecht Anm. 4, jeweils zu § 553 BGB; Schmidt-Futterer/Blank Wohnraumschutzgesetze, Emmerich/Sonnenschein Miete §§ 535, 536 BGB Rr. 22). Die Aufnahme von engen Angehörigen gehört mithin zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung und findet nur in einer Überbelegung ihre Grenze.

Wer konkret von den nächsten Familienangehörigen „Dritter“ im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist, ist jedoch nicht abschließend geklärt. Unstreitig ist in diesem Zusammenhang, dass der Mieter berechtigt ist, dem Ehegatten und den gemeinsamen Kindern, sowie den Kindern des Ehegatten und den Stiefkindern Mitgebrauch an der Mietwohnung einzuräumen (OLG Hamm WuM 1997, 364). Diese Personen sind bereits nicht „Dritte“ im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Auf die Minderjährigkeit, die Erziehungsbedürftigkeit oder die wirtschaftliche Unselbständigkeit der Kinder kommt es hierbei nicht an. Maßgeblich ist allein die enge verwandtschaftliche Bindung (Schmidt-Futterer/Flatow, 15. Aufl. 2021, BGB § 540 Rn. 24).

Unstreitig ist auch, dass unter den zu dem Personenkreis zählenden Familienangehörigen allgemein jedenfalls nur „nahestehende“ oder „nächste Angehörige“ verstanden werden. Wo für Familienangehörige im Einzelnen die Grenze zu ziehen ist, ist allerdings nicht abschließend geklärt.

b. Es gilt damit die Frage zu beantworten, ob die hiesigen Beklagten zu 3- 5, die Enkelkinder der Mieter und deren Mutter, die Schwiegertochter der Mieter, überhaupt Dritte im Sinne des Gesetzes sind oder zu den engen Angehörigen gehören, deren Aufnahme zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung gehört.

Maßgeblich dafür, ob sie zu dem privilegierten Personenkreis gehören, ist die enge verwandtschaftliche Bindung (Schmidt-Futterer/Flatow, 15. Aufl. 2021, BGB § 540 Rn. 24). Es gibt Rechtsprechung, die ohne Weiteres auch die Enkel zu diesem nahestehenden Personenkreis dazugezählt (AG Wiesbaden Urt. v. 4.7.2011 – 93 C 4774/10, BeckRS 2012, 9940; LG Wuppertal MDR 1971, 49) sowie Rechtsprechung, die unter Umständen auch die Schwiegermutter des Mieters zu dem privilegierten Personenkreis gerechnet hat (LG Berlin, GE 1980, 660).

Für die Frage, wen der Mieter in die Mietwohnung aufnehmen darf, kommt es auf Inhalt und Zweck des Mietvertrages und gegebenenfalls auf seine Auslegung an (vgl. BGHZ 61, 227/233). Da dem hier streitgegenständlichen Mietvertrag keine explizite Abrede im Hinblick auf die Frage der Aufnahme der Enkelkinder und der Schwiegertochter der Beklagten entnommen werden kann, ist er gemäß den Grundsätzen von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte gem. § 157 BGB auszulegen (BayObLGZ 1983, 285/288 f.). Erscheint hiernach die Aufnahme von Personen in die Wohnung als gerechtfertigt, also vertragsgemäß, so ist für die Anwendung des § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB kein Raum. Dritte im Sinne dieser Bestimmung sind nämlich nur diejenigen Personen, die nicht schon nach dem Inhalt des Mietvertrages bestimmungsgemäß an dem Gebrauch der Mietsache teilhaben (vgl. BGHZ 61, 227/233).

Sinn und Zweck der Regelung des § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist es gerade den Vermieter davor zu schützen, dass ihm ein anderer Vertragspartner aufgedrängt wird, als der für den er sich entschieden hat. Es gilt daher die Frage zu beantworten, ob der Vermieter mit der Aufnahme der Enkelkinder und der Schwiegertochter der Mieter zu rechnen hatte. Nach den heutigen tatsächlichen Verhältnissen wird in der Regel zwar davon auszugehen sein, dass eine Wohnung für die Nutzung durch die sogenannte Kleinfamilie (vgl. Staudinger/Hübner 12. Aufl. Einl. zu §§ 1297 Rn. 6), d. h. den oder die Mieter sowie deren Ehegatten und Kinder angemietet wird. Die Frage der Aufnahme der Enkelkinder des oder der Mieter und der Schwiegertochter wird ohne besonderen Anlass in die Überlegungen der Vertragschließenden nicht ohne Weiteres einbezogen sein.

Andererseits existiert aber auch keine allgemeine Auffassung dahin, dass im Einzelfall – vergleichbar wie die Aufnahme der eigenen Eltern des Mieters im Einzelfall – die Aufnahme der Enkelkinder und der Schwiegertochter generell nicht zum Kreis derjenigen engsten Familienangehörigen zu rechnen ist, die gleichsam selbstverständlich die Wohnung mitbenützen dürfen. Vielmehr empfinden es zur Überzeugung des Gerichts mit großer Wahrscheinlichkeit große Teile der Bevölkerung als angemessen und selbstverständlich, die Enkelkinder und Schwiegertochter in die eigene Wohnung und damit in die engste Wohngemeinschaft aufzunehmen, wenn hierfür aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls Bedarf besteht und Platz vorhanden ist. Dies gilt umso mehr, als dass die Familie gem. Art 6 GG unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung steht.

Die Beantwortung der Frage, ob die beiden Enkelkinder der Mieter sowie ihre Schwiegertochter, die Ehefrau des gemeinsamen Sohnes in Bezug auf den konkreten Mietvertrag Dritte im Sinn des § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB sind, hängt daher aus Sicht des Gerichts entscheidend von den näheren Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Größe der Wohnung, sowie deren Belegung und Eignung für die Aufnahme weiterer Personen. Die hier streitgegenständliche ca. 75 qm große 3 Zimmerwohnung ist sowohl von ihrer Größe als auch ihrem Zuschnitt- der Tatsache, dass drei Zimmer vorhanden sind- aus Sicht des Gerichts per se dafür geeignet einem Ehepaar (den Beklagten zu 1 und 2) einem Geschwisterpaar (den Beklagten zu 4 und 5) sowie deren Mutter (der Beklagten zu 3) Wohnraum zu gewähren. Zudem kommt die seitens der Beklagten zu 3 über ihre Prozessvertreterin in der mündlichen Verhandlung sehr glaubhaft geschilderte Unverschuldetheit, in die sie mit ihren beiden Kindern in die Situation der Wohnungslosigkeit geraten ist.

Zwar wurden diese besonderen Umstände seitens des Klägervertreters in Gänze bestritten. Der Kläger zu 2 gab aber im Termin zur mündlichen Verhandlung selbst informatorisch gegenüber dem Gericht an, dass er die Beklagte zu 3, zu dem Zeitpunkt als diese noch mit ihrem Ehemann ein eigenes Mietverhältnis mit den Klägern hatte, auf angelaufene Mietrückstände angesprochen habe und diese ihm gegenüber erklärt habe, dass sie keine Mietrückstände habe. Erst ihr Ehemann habe in dieser Situation dann sowohl ihr als auch dem Kläger gegenüber eingeräumt, dass sie Mietrückstände hätten. Die Angaben der Beklagten zu 3, sie habe von den Mietrückständen gar nichts gewusst und dass sie von ihrem Ehemann hierüber auch nicht informiert worden sei, wirken mithin glaubhaft und decken sich auch mit den Angaben des Klägers. Ein diesbezügliches klägerischen Bestreiten dagegen wirkt vor diesem Hintergrund geradezu widersprüchig. Auch der Umstand, dass der Ehemann der Beklagten zu 3, der Vater der Beklagten zu 4 und 5 selber nicht in die streitgegenständliche Wohnung der Beklagten zu 1 und 2 gezogen ist, obwohl er als leiblicher Sohn der Beklagten zu 1 und 2 unstreitig kein Dritter im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 wäre, da es auf die Minderjährigkeit die Erziehungsbedürftigkeit oder die wirtschaftliche Unselbständigkeit der Kinder nicht ankäme (Schmidt-Futterer/Flatow, 15. Aufl. 2021, BGB § 540 Rn. 24), lassen dem Gericht gegenüber die Angaben der Beklagten zu 3 glaubhaft erscheinen.

c. Das Gericht wertet den streitgegenständlichen Fall daher folgendermaßen: Die Beklagten zu 1 und 2 haben in einer konkreten Notsituation ihren engen Familienangehörigen, ihren leiblichen Enkelkindern sowie deren Mutter, ihrer Schwiegertochter, der Ehefrau ihres Sohnes, Unterkunft in ihrer 3 Zimmer Wohnung gewährt. Insbesondere vor dem Hintergrund des sehr angespannten Wohnungsmarktes in München und Umgebung entspricht es dem Gebot von Treu und Glauben gem. § 242 BGB unter Zugrundelegung der Verkehrssitte nach § 157 BGB, dass es den Beklagten zu 1 und 2 in dieser Situation gestattet gewesen sein musste, ihre nahestehende Familie, die über keine Wohnung verfügten in ihre mitaufzunehmen, ohne dass die 80 jährigen Beklagten zu 1 und 2, die den Klägern gegenüber unstreitig ihre Miete stets pünktlich und vollständig gegenüber gezahlt haben, der Kündigung ihres Mietverhältnisses ausgesetzt sind. Die Aufnahme hilfsbedürftiger enger Familienangehöriger, die so eng verwandt sind wie die eigenen Enkelkinder und deren Mutter, die Ehefrau des leiblichen Sohnes durch die Großeltern bzw. die Schwiegereltern ist aus Sicht des Gerichts auch aus sozialen Gründen dringend erwünscht, soweit die betreffende Wohnung den Platz hierfür bietet. Das Gericht wertet die Beklagten zu 3 bis 5 mithin nicht als Dritte im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

d. Durch die Aufnahme der genannten Personen ist auch keine Überbelegung eintreten. Für die Feststellung der Überbelegung gibt es keine allgemeingültigen Kriterien. In erster Linie ist das Verhältnis der Anzahl der Zimmer und der Größe der Räume zu der Anzahl der Bewohner maßgebend. Als Faustregel kann insoweit gelten, dass keine Überbelegung vorliegt, wenn auf jede erwachsene Person oder auf je zwei Kinder bis zum 13. Lebensjahr ein Raum von jeweils ca. 12 m2 entfällt (Schmidt-Futterer/Flatow, 15. Aufl. 2021, BGB § 540 Rn. 28 Blank/Börstinghaus § 540 BGB Rn. 33) oder bei der Unterbringung von Familien durchschnittlich 10 qm pro Person gegeben sind (Schmidt-Futterer § 535 BGB Rn. 581, AG München Endurteil v. 20.5.2015 – 415 C 3152/15, BeckRS 2016, 7507, beck-online). Vorliegend handelt es sich eben gerade um eine Familie.

Auch abzüglich Flächen wie Flur und Bad entsteht mithin bei der streitgegenständlichen 75 m2 großen Wohnung keine Überbelegung bei 5 Personen, auf die nach der genannten Rechtsprechung jeweils 10 m2 zu entfallen haben.

e. Nachdem die Enkel und die Schwiegertochter der Beklagten zu 1 und 2 mithin bereits nicht als Dritte im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB gewertet werden, kann es auf die Einwendung der Kläger ihr Vorbehalt liege in der Person der aufgenommenen Dritten, der Beklagten zu 3, nicht ankommen. Im Übrigen gab diese in der mündlichen Verhandlung wie bereits erörtert glaubhaft an, dass sie von dem Zahlungsverzug, der zu ihrer Kündigung geführt hat, in Unkenntnis war. Was die klägerseits vorgetragenen Verhalten der Beklagten zu 3 angeht, sich gegen den Räumungsanspruch zunächst verteidigt zu haben, dann aber nicht in der mündlichen Verhandlung erschienene zu sein und sich gegen das sodann ergangene Versäumnisurteil erneut verteidigt zu haben, mag für die Kläger zwar nachvollziehbarer Weise lästig gewesen sein, entspricht aber der vom Gesetz aus vorgesehenen und damit legitimen Ausübung von Rechten der Beklagten zu 3. Dies kann nicht zu ihren Lasten gewertete werden. Überdies ist festzustellen, dass Vertragspartner in dem streitgegenständlichen Mietverhältnis nach wie vor der Beklagte zu 1 ist und nicht die Beklagte zu 3. Die vollständige und fristgerechte Zahlung der monatlichen Miete an die Kläger schuldet mithin nach wie vor der Beklagte zu 1.

2. Eine angeblich unberechtigte Untervermietung kann nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB auch zur Grundlage einer ordentlichen Kündigung unter dem Gesichtspunkt einer schuldhaften Vertragspflichtverletzung gemacht werden, sofern insbesondere vor einer Untervermietung keine Zustimmung des Vermieters eingeholt wurde. Nachdem streitgegenständlich aber bereits keine unberechtigte Untervermietung an einen Dritten vorliegt, war die Einholung der vorherigen Zustimmung der Kläger auch nicht notwendig.

Eine Vertragsverletzung kann selbstverständlich dagegen in der unterlassenen Anzeigepflicht der (vorübergehenden) Aufnahme der Beklagten zu 3-5 liegen. Dieser Verstoß führt aus Sicht des Gerichts jedoch nicht zu einem kündigungsrelevanten Fehlverhalten. Es handelt sich dabei einerseits um einen lediglich formalen Verstoß, der am untersten Ende der Vorwerfbarkeit anzusiedeln ist und demnach keine ordentliche Kündigung rechtfertigen kann. Zum anderen ist dieser formale Verstoß nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles und Durchführung einer umfassenden Interessenabwägung (siehe auch unter 1 b-c) nicht geeignet, eine Beendigung des seit 2010 störungsfrei bestehenden Mietverhältnisses durch eine ordentliche und erst Recht fristlose Kündigung zu begründen.

3. Die klägerseits vorgetragenen und beklagtenseits bestrittenen Verstöße gegen die Corona- Kontakt- Beschränkungen reichen selbst als wahr unterstellt aus Sicht des Gerichts ebenfalls nicht aus um ein kündigungsrelevantes Fehlverhalten zu begründen, das zu einer wirksamen Kündigung des Mietverhältnisses führen würde.

4. Das Räumungsbegehren gegen die Beklagten zu 1 und 2 war mithin abzuweisen, da ein relevantes Mieterfehlverhalten das zur Grundlage einer fristlosen und ordentlichen Kündigung gemacht werden könnte, nicht vorliegt. Die Aufnahme der Enkelkinder und deren Mutter – den Beklagten zu 3-5 durch die Beklagten zu 1 und 2 stellt keine unberechtigte Gebrauchsüberlassung an Dritte dar, da es sich aus Sicht des Gerichts bei den Beklagten zu 3-5 nicht um Dritte im Sinne des Gesetzes handelt, der formale Verstoß der nicht erfolgten Anzeige an die Kläger rechtfertigt – ebensowenig wie die vorgeworfenen Verstöße gegen Corona Kontakt Beschränkungen – eine Kündigung des Mietverhältnisses.

II. Die Beklagten zu 3 bis 5 haben somit ein Recht zum Mitbesitz an der streitgegenständlichen Wohnung, weshalb die Räumungsklage ihnen gegenüber ebenfalls abzuweisen war.

IV. Mangels wirksamer Kündigung des streitgegenständlichen Mietverhältnisses schulden die Beklagte auch keine vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

V. Auch der hilfsweise gestellte Antrag der Kläger war mangels Rechtsgrund hierfür abzuweisen, da es sich bei den Beklagten zu 3-5 nach Auffassung des Gerichts bereits nicht um Dritte im Sinne des Gesetzes handelt und durch deren Aufnahme in die streitgegenständliche Wohnung auch keine Überbelegung eingetreten ist (s.o.).

C. Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

D. Streitwert

Der Streitwert einer Räumungsklage entspricht dem Jahresbetrag der Miete ohne Nebenkosten, § 41 Abs. 2, Abs. 1 GKG, hier also 12 * 610,- Euro, mithin insgesamt Euro 7.320,-.

 

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