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Formularmäßige Schönheitsreparaturklausel mit Anfangsrenovierungsklausel

LG Berlin, Az.: 63 S 199/12, Urteil vom 26.02.2013

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24. April 2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte – 2 C 40/11 – wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatbestandlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Der Klägerin stehen die mit der Berufung noch geltend gemachten Zahlungsansprüche von insgesamt 2.612,91 EUR nicht zu.

Formularmäßige Schönheitsreparaturklausel mit Anfangsrenovierungsklausel
Symbolfoto: Von Zerbor /Shutterstock.com

Soweit die Klägerin Schadensersatz wegen nicht fachgerecht durchgeführter Schönheits-reparaturen im Zusammenhang mit vom Beklagten vorgenommenen Maler- und Verputzarbeiten verlangt (553,87 EUR + 335,91 EUR + 595,41 EUR), bedarf es keiner abschließenden Entscheidung der Kammer, ob die Arbeiten vom Beklagten tatsächlich nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden sind.

Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen gemäß den §§ 280, 281 BGB scheitern bereits daran, dass die in § 11 Ziffer 1 des Mietvertrages enthaltene Schönheitsreparaturklausel unwirksam ist. Denn die Parteien haben in § 20 Nr. 1 des Mietvertrages in einem ausdrücklichen Nachtrag zu § 11 eine vom tatsächlichen Renovierungsbedarf unabhängige Verpflichtung des beklagten Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen bei Beginn des Mietverhältnisses vereinbart. Die Unwirksamkeit der Abwälzungsklausel in § 11 Ziffer 1 des Mietvertrages gemäß § 307 BGB ergibt sich aus dem sog. Summierungseffekt. Ein solcher liegt vor, wenn jeweils für sich unbedenkliche, aber inhaltlich zusammengehörige Klauseln in ihrer Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders führen. Das gilt selbst dann, wenn die zu prüfende Formularklausel mit einer Individualvereinbarung zusammentrifft, da bei der Prüfung einer Klausel nach § 307 BGB der gesamte Vertragsinhalt einschließlich seiner Individualteile zu würdigen ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 5. April 2006 – VIII ZR 163/05, NJW 2006, 2116 Tz. 16). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Durch die Kombination einer Verpflichtung zur Anfangs- oder Endrenovierung mit einer solchen zur Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen wird dem Mieter ein mit dem gesetzlichen Leitbild des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB unvereinbares Übermaß an Renovierungspflichten auferlegt (vgl. BGH, Urt. v. 6. April 2005 – XII ZR 308/02, NZM 2005, 504 (Endrenovierung); Kammer, Urt. v. 30. November 2007 – 63 S 116/07, GE 2008, 332 Tz. 5; Langenberg, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 538 Rz. 131)

An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn es sich bei § 20 Nr. 1 des Mietvertrages tatsächlich um eine Individualvereinbarung handelte. Denn beim Zusammentreffen einer für sich allein gesehen unbedenklichen, individuell vereinbarten Klausel mit anderen formularmäßig vereinbarten Klauseln des Vertrags und einem dadurch hervorgerufenen Summierungseffekt verbleibt es bei der Unwirksamkeit der Formularklausel (BGH, Urt. v. 18. März 2009 – XII ZR 200/06, NZM 2009, 397 Tz. 21). Lediglich die Individualabrede ist einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB entzogen (BGH, a.a.O., m.w.N.). Deren Wirksamkeit indes ist der Klägerin unbehelflich, da sie den Beklagten nicht wegen einer unterlassenen Anfangsrenovierung in Anspruch nimmt.

Der Klägerin steht auch ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB  wegen mangelhaft durchgeführter Schönheitsreparaturen nicht zu. Denn  ein solcher setzt im hier gegebenen Fall der Unwirksamkeit der Abwälzungsklausel voraus, dass die Durchführung der nicht geschuldeten  Arbeiten zusätzliche Schäden verursacht hat, so dass der Klägerin höhere Kosten hätten entstehen müssen, als wenn der Beklagte überhaupt keine Arbeiten durchgeführt hätte (BGH, Urt. v. 18. Februar 2009 – VIII ZR 166/08, NZM 2009, 313 Tz. 14). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, da die Klägerin lediglich die Kosten für die Nachbearbeitung geltend macht, nicht hingegen die Erstattung von Substanzschäden an der – zu Mietvertragsbeginn zudem unrenovierten – Wohnung.

Auf einen etwaigen Verstoß gegen § 20 Nr. 11 des Mietvertrages kann die Klägerin ihren Anspruch ebenfalls nicht stützen, da diese Regelung zwar die „vorschriftsmäßige“ Durchführung von Arbeiten verlangt, unter Zugrundelegung der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB davon allerdings nicht die Durchführung von Schönheitsreparaturen erfasst ist. Die Klausel betrifft allein vom Beklagten bei Mietvertragsbeginn geplante Umbaumaßnahmen, nicht hingegen die vorgenannten Arbeiten.

Schadensersatz wegen angeblich nicht fachgerechter Verschließung von Dübellöchern in Höhe von 47,36 EUR kann die Klägerin ebenfalls nicht verlangen. Das Anbringen der Dübellöcher ist nur dann eine Pflichtverletzung, wenn es in ungewöhnlichem Ausmaß oder erkennbar ohne Rücksicht auf die Belange des Vermieters durchgeführt wird (LG Berlin, Urt. v. 10. Januar 2002 – 61 S 124/01, NZM 2003, 512). Das indes trägt die Klägerin weder vor noch ist es sonstwie ersichtlich. Das Verschließen der Dübellöcher wäre vom Kläger davon ausgehend nur aufgrund einer wirksamen Abwälzung der Schönheitsreparaturlast geschuldet gewesen. Daran aber fehlt es. Die – nach Auffassung der Klägerin – nicht fachgerechte Verschließung der Dübellöcher hätte unter Zugrundelegung der obigen Erwägungen nur dann einen Schadensersatzanspruch der Klägerin zu begründen vermocht, wenn dadurch zusätzliche Substanzschäden verursacht worden wären. Solche aber macht die Klägerin nicht geltend, sondern die Kosten der Nachbearbeitung (vgl. BGH, Urt. v. 18. Februar 2009 – VIII ZR 166/08, NZM 2009, 313 Tz. 14).

Dementsprechend stehen der Klägerin auch die Kosten für die im Zusammenhang mit der Nachbearbeitung stehenden angeblichen Reinigungskosten von 159,80 EUR nicht zu.

Schadensersatzansprüche wegen entgangenen Mietzinses aufgrund unterlassener Anschlussvermietung im April 2010 in Höhe von 812,76 EUR stehen der Klägerin ebenfalls nicht zu. Unabhängig davon, ob der Klägerin insoweit die Beweiserleichterungen des § 252 Satz 2 BGB zu Gute kommen (vgl. dazu Langenberg, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, 4. Aufl. 2011, Kap. IV Rz. 87-88 m.w.N.), scheitert ein Ersatzanspruch bereits daran, dass die Klägerin die Wohnung im April 2010 noch überhaupt nicht weitervermieten wollte. Denn die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin ist dem erheblichen Gegenvorbringen des Beklagten, sie habe die Wohnung noch über neun Monate saniert und habe deshalb im April 2010 überhaupt noch nicht beabsichtigt, bereits weiterzuvermieten, nicht mit Beweisantritt entgegen getreten. Sie hat vielmehr selbst eingeräumt, sich nach Rückgabe der Wohnung zur Durchführung über die hier streitgegenständlichen Maßnahmen hinausgehender „umfassender Arbeiten“ entschlossen zu haben. Damit aber war nicht eine etwaige Pflichtverletzung des Beklagten bei der Durchführung – vertraglich ohnehin nicht geschuldeter – Schönheitsreparaturen kausal für die unterbliebene Anschlussvermietung, sondern ihr eigener Entschluss zur umfassenden Sanierung der Wohnung. Davon abgesehen wäre die angebliche Mietinteressentin B. ausweislich des Vortrags der Klägerin lediglich bereit gewesen, die Wohnung „nach … erforderlichen Malerarbeiten in den Bereichen der Wasserschäden sowie geringfügiger Rückbau- und Umbauarbeiten im Bad“ anzumieten. Auch diese waren nicht sämtlich von dem Beklagten geschuldet, so dass eine Kausalität der ihm zu Last gelegten Pflichtverletzungen für die unterbliebene Anschlussvermietung nicht gegeben ist.

Schließlich steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Zahlung weiterer 84,62 EUR sowie 23,16 EUR wegen einer beschädigten Tür- und Fensterscheibe zu. Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagte der Klägerin insoweit überhaupt dem Grunde nach schadensersatzpflichtig ist. Die vom Amtsgericht insoweit im Rahmen der Vorteilsausgleichung vorgenommene Schadensschätzung nach § 287 ZPO ist nicht zu beanstanden. Einerseits ist eine Vorteilsausgleichung auch bei Glasschäden zulässig (BGH, Urt. v. 29. Oktober 1970 – VIII ZR 14/69, VersR 1971, 157). Andererseits ist es überwiegend wahrscheinlich und damit für eine Schätzung ausreichend, dass schon zu DDR-Zeiten vorhandene Tür- und Fenstergläser nach über 20jährigem Gebrauch im Verhältnis zu neuwertigen Gläsern einem nicht unerheblichen Wertverlust unterliegen, den das Amtsgericht mit 25 % ermessensfehlerfrei bewertet hat.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97Abs. 1, 708 Nr. 10,713 ZPO. Gründe, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, bestanden nicht.

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