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Baumfällarbeiten als Betriebskosten umlegbar?

AG Grimma, Az.: 2 C 928/16, Urteil vom 20.10.2017

In dem Rechtsstreit wegen Forderung hat das Amtsgericht Grimma im schriftlichen Verfahren am 20.10.2017 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 96,41 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Tatbestand entfällt gemäß § 313 a ZPO.

Entscheidungsgründe:

I.

Baumfällarbeiten als Betriebskosten umlegbar?
Foto: Mirage3/Bigstock

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang unbegründet. Die Klägerin kann von den Beklagten Betriebskosten für das Jahr 2015 für durchgeführte Baumfällarbeiten nicht verlangen, §§ 535, 566 BGB.

Am 17.1.2017 schlossen die Parteien einen Mietvertrag betreffend das Anwesen …… in Grimma.

Im Termin vom 11.8.2017 wurde dem Gericht eine Karte von Google Maps vorgelegt, auf welcher der gefällte Baum noch zu sehen ist. Beide Parteien erklärten übereinstimmend, dass es sich bei der Abholzungsmaßnahme um diesen Baum gehandelt hat und der Baum zu diesem Zeitpunkt gesund war.

Zwischen den Parteien ist die Umlage von Betriebskosten vereinbart. Insbesondere ist auch § 1 Abs. 1 Satz 1 Betriebskostenverordnung vereinbart.

Dort ist folgendes geregelt:

Die Kosten der Gartenpflege.

Hierzu gehören die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen, …

Beide Parteien streiten darum, ob die Kosten der Baumfällung und Neupflanzung aperiodisch anfallende Gartenpflegekosten darstellen und damit umgelegt werden können.

Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass der Baum schon jahrelang vorher auf dem Anwesen stand.

Die Beurteilung derartiger Kosten ist in der Rechtssprechung uneinheitlich entschieden. Der Klägerin ist zuzugestehen, dass das Amtsgericht Schöneberg und das Amtsgericht Düsseldorf Entscheidungen zu Gunsten der Umlage der Kosten getroffen haben.

Das Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.7.2002, Az. 33 C 6544/02 erklärt:

… Nach dieser Regelung sind auch die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen umlagefähig. Ansatzfähig sind dabei die gesamten Kosten, die für die Pflege und Unterhaltung einer Gartenfläche anfallen. Hierzu gehören auch die Kosten für die im Rahmen der Gartenpflege durchgeführte Beseitigung durch Alter, Witterungs- oder Umwelteinflüsse abgängiger Bäume. Anderes gilt dann, wenn ein Baum nicht zur Pflege des Gartens, sondern deshalb entfernt wird, weil sich die Bewohner des Nachbarhauses wegen Sicht- und Lichtmangels beschwert haben.

Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese hat in seiner Entscheidung vom 14.1.2015, Az. 531 C 227/13 entschieden Fällkosten für die Kastanie

Insoweit fehlt es bereits an der Erfüllung des Betriebskostenbegriffs. Gegen die Umlagefähigkeit von Fällkosten sprechen insbesondere schutzwürdige Interessen des Mieters. Das Entstehen derartiger meist hoher Kosten ist für den Mieter überraschend und nicht kalkulierbar. Aufgrund der jahrzehntelangen Lebensdauer von Bäumen muss ein Mieter nicht damit rechnen plötzlich und unvorhersehbar in einem Jahr mit derartigen Kosten belastet zu werden. Das im konkreten Fall das Mietverhältnis bereits über Jahrzehnte dauert ändert an dieser Rechtsauffassung nichts. Insbesondere sind Baumfällkosten nicht mit regelmäßig wiederkehrenden Kosten, wie zum Beispiel die Öltankreinigung alle 5 Jahre vergleichbar. Hier ist für den Mieter vorhersehbar, dass er maximal im ersten Mietjahr mit Tankreinigungskosten für 5 Jahre belastet wird.

… Das Amtsgericht Grimma geht davon aus, dass sowohl die Baumfällkosten als auch die Kosten für die Ersatzpflanzung nicht unter § 1 Abs. 1 Satz. 1 Betriebskostenverordnung fallen.

Das Fällen von Bäumen führt in durchschnittlichen Mietergärten nicht zu laufenden entstehenden Kosten im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Betriebskostenverordnung. Das Merkmal der laufenden Entstehung setzt zwar nicht voraus, dass die Kosten jährlich entstehen, es genügt auch ein mehrjähriger Turnus, erforderlich ist jedoch, dass sie relativ regelmäßig anfallen. Das ist bei Baumfällkosten nicht der Fall, denn Bäume werden in der Regel mehrere Jahrzehnte alt. Das Fällen von Bäumen ist eine außergewöhnliche Maßnahme, die sich nicht in den Rahmen üblicher Gartenpflegearbeiten einfügt.

Das Merkmal der „laufenden Entstehung“ verlangt, dass nur solche Kosten auf den Mieter umgelegt werden, die für ihn überschaubar und erwartbar sind. Das sind Baumfällkosten nicht.

§ 2 Nr. 10 Betriebskostenverordnung regelt, dass ausnahmsweise auch regelmäßig anfallende Instandsetzungsmaßnahmen als umlegbare Betriebskosten angesehen werden können. Wegen des Ausnahmecharakters ist § 2 Nr. 10 Betriebskostenverordnung jedoch eng auszulegen.

Das Fällen von Bäumen wird dabei nicht erfasst. Auf den Mieter können nur solche Unkosten umgelegt werden, die dem Erhalt der bestehenden Bepflanzung dienen. Auch eine Umgestaltung des Gartens ist nicht erfasst. Dies ist im hier vorliegenden Fall aber so erfolgt, denn es wurde ein Baum gefällt und eine Ersatzpflanzung durchgeführt.

Damit sind auch die Kosten der Neupflanzung nicht mitumfasst.

Die Klage war daher abzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

III.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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