Wegen der befürchteten unbilligen Benachteiligung durch tieffrequente Geräusche zog ein Miteigentümer gegen den WEG-Beschluss zur Installation einer Klimaanlage vor Gericht. Die Klage stützte sich auf drohende tiefe Brummtöne, doch das Gericht sah die Benachteiligung vor der tatsächlichen Inbetriebnahme nicht als beweisbar an.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann gilt die Genehmigung einer Klimaanlage durch die WEG als unbillige Benachteiligung?
- Muss die Eigentümergemeinschaft vor der Abstimmung ein Lärmprognose-Gutachten einholen?
- Wie weise ich Lärmbelästigung durch eine noch nicht installierte Klimaanlage nach?
- Welche Rechte habe ich gegen tieffrequente Brummgeräusche aus der Nachbarwohnung?
- Was kann ich tun, wenn die installierte Klimaanlage in der WEG doch zu laut ist?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 14 S 3411/23 WEG | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Nürnberg-Fürth
- Datum: 03.05.2024
- Aktenzeichen: 14 S 3411/23 WEG
- Verfahren: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Immissionsschutzrecht
- Das Problem: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft erlaubte den Einbau eines Split-Klimageräts an der Fassade. Eine Eigentümerin befürchtete, dass das Gerät tiefe Brummgeräusche erzeugen würde, die aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme unzumutbar seien.
- Die Rechtsfrage: Muss die Eigentümergemeinschaft die Installation eines Klimageräts ablehnen, wenn ein Miteigentümer befürchtet, er werde unzumutbar durch noch nicht messbare tieffrequente Geräusche belästigt?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht wies die Klage ab, weil die befürchtete Belästigung vor dem Einbau nicht nachweisbar war. Die Gemeinschaft musste kein Gutachten einholen, da wissenschaftlich anerkannte Methoden zur Vorhersage solcher Geräusche fehlen.
- Die Bedeutung: Eine Baugenehmigung in der Eigentümergemeinschaft darf nicht aufgrund von Lärmbefürchtungen verweigert werden, solange diese nicht nach wissenschaftlichen Standards vorhergesagt werden können. Betroffene können sich erst wehren, wenn das Gerät tatsächlich läuft und unzumutbare Störungen verursacht.
Der Fall vor Gericht
Warum landete die Genehmigung einer Klimaanlage überhaupt vor Gericht?
Manchmal fühlt sich das Recht an wie ein Zirkelschluss. Eine Wohnungseigentümerin wollte die Installation einer Klimaanlage vier Stockwerke über ihr verhindern. Ihre Sorge: Tiefe Brummtöne könnten ihre Gesundheit beeinträchtigen.

Um den Beschluss der Eigentümergemeinschaft zu kippen, musste sie vor Gericht eine „Unbillige Benachteiligung“ belegen. Das Problem war ein juristisches Henne-Ei-Problem: Einen unzumutbaren Lärm kann man erst messen, wenn das Gerät läuft. Doch wenn es erst einmal läuft, ist der Beschluss längst umgesetzt. Das Landgericht Nürnberg-Fürth musste klären, wie man mit einer Gefahr umgeht, die man erst beweisen kann, wenn sie bereits Realität geworden ist.
Die Ausgangslage war alltäglich. Der Eigentümer der Penthouse-Wohnung im achten Stock wünschte sich ein Split-Klimagerät. Die Eigentümerversammlung stimmte im November 2022 mehrheitlich zu. Der Beschluss war detailliert: Ein bestimmtes Modell mit maximalen Schalldruckpegeln, die Montage an einer verdeckten Stelle an der Westfassade, schwingungsgedämpfte Sockel zur Körperschallentkopplung und eine klare Rückbaupflicht. Ein scheinbar sauberer Kompromiss. Doch die Eigentümerin zweier Wohnungen im zweiten und vierten Stock sah das anders. Sie zog gegen den Beschluss vor Gericht.
Wann liegt eine unbillige Benachteiligung durch Klimaanlagen-Lärm vor?
Die Eigentümerin stützte ihre Anfechtungsklage auf das Wohnungseigentumsgesetz. Jede bauliche Veränderung, die die Wohnanlage grundlegend umgestaltet oder einen Miteigentümer ohne dessen Zustimmung unbillig benachteiligt, kann für ungültig erklärt werden (§ 20 Abs. 4 WEG). Ihre Argumentation hatte zwei Stoßrichtungen. Erstens würde die Außeneinheit das optische Erscheinungsbild stören und Nachahmer auf den Plan rufen. Dieses Argument wischte das Gericht schnell vom Tisch. Die vorgesehene Anbringungsstelle sei von außen kaum einsehbar, eine grundlegende Umgestaltung der Fassade fand nicht statt.
Der Kern ihres Angriffs war der zweite Punkt – die unbillige Benachteiligung. Sie argumentierte nicht mit dem hörbaren Lärm. Die im Beschluss genannten Werte von 48 bis 49 Dezibel lagen unstrittig innerhalb der Grenzwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm). Ihr Fokus lag auf etwas Subtilerem: tieffrequente Geräusche. Sie befürchtete tiefe Brummtöne, die sich negativ auf ihre Migräne und den Tinnitus ihres Ehemanns auswirken könnten. Zur Untermauerung legte sie Berichte des Umweltbundesamts und des Robert-Koch-Instituts vor, die auf die gesundheitliche Relevanz solcher Schallimmissionen hinweisen. Ihr Standpunkt war klar: Die bloße Möglichkeit dieser unsichtbaren Störung sei bereits eine unzumutbare Härte.
Musste die Eigentümergemeinschaft vorab ein Gutachten einholen?
Hier lag der strategische Dreh- und Angelpunkt des Falles. Die Klägerin warf der Eigentümergemeinschaft vor, blindlings entschieden zu haben. Angesichts der bekannten Risiken von niederfrequentem Schall hätte die Gemeinschaft vor der Abstimmung ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Nur so hätte eine fundierte Lärmprognose für ihre Wohnung im vierten Stock erstellt werden können. Ohne diese Prüfung sei der Beschluss fehlerhaft, weil er auf einer unzureichenden Informationsgrundlage beruhe.
Die Eigentümergemeinschaft sah das komplett anders. Sie hatte sich an die Fakten gehalten. Das genehmigte Gerät überschreitet keine offiziellen Grenzwerte. Für tieffrequenten Schall gäbe es keine speziellen gesetzlichen Regelungen, die hier verletzt wären. Die von der Klägerin zitierten Studien würden selbst auf eine unsichere wissenschaftliche Datenlage hinweisen. Auf Basis vager Befürchtungen und „wenig gesicherter Erkenntnisse“ könne man einem Eigentümer eine sinnvolle Modernisierung nicht verwehren. Die Gemeinschaft hatte zudem mit der Auflage einer schwingungsgedämpften Montage des Klimageräts bereits Vorkehrungen getroffen, um die Übertragung von Körperschall zu minimieren.
Wie löste das Gericht das Henne-Ei-Problem der Lärmprognose?
Das Landgericht Nürnberg-Fürth bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies die Berufung zurück. Die Richter erkannten das Dilemma der Klägerin, sahen aber keine Möglichkeit, ihr im Rahmen der Anfechtungsklage zu helfen. Ihre Begründung ist eine Lektion über die Grenzen der Beweisbarkeit.
Der entscheidende Punkt war die fehlende wissenschaftliche Grundlage für eine Prognose. Das Gericht stellte fest, dass es keine anerkannten und normierten Verfahren gibt, um die Belastung durch tieffrequente Geräusche einer noch nicht installierten Anlage zuverlässig vorherzusagen. Ein Sachverständiger könnte schlicht keine seriöse Aussage treffen. Er müsste spekulieren. Ein Gerichtsverfahren dient aber der Anwendung von Recht auf Basis beweisbarer Fakten – es ist kein Forschungslabor. Ohne ein taugliches Beweismittel war die behauptete Benachteiligung nicht mehr als eine Befürchtung. Eine reine Befürchtung reicht nicht aus, um einen Mehrheitsbeschluss zu kippen.
Das Gericht betonte, dass die Klägerin damit nicht schutzlos gestellt ist. Ihr Fehler war der Zeitpunkt. Die Anfechtungsklage war ein präventiver Schlag, der ins Leere ging. Der richtige Weg, so das Gericht, ist der nachträgliche Rechtsschutz. Sollte die Klimaanlage nach der Inbetriebnahme tatsächlich unzumutbare Schallimmissionen in ihrer Wohnung verursachen, stehen ihr alle Türen offen. Sie kann dann auf Beseitigung oder Unterlassung klagen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG in Verbindung mit § 1004 BGB). Dann gäbe es eine reale Geräuschquelle, die ein Sachverständiger messen und bewerten kann. Der ursprüngliche Genehmigungsbeschluss würde einer solchen Klage nicht im Wege stehen, denn er gestattet nur den Betrieb im Rahmen des Zumutbaren.
Weil diese Frage – der Umgang mit der prognostischen Unsicherheit bei tieffrequentem Schall – von grundsätzlicher Bedeutung für viele Eigentümergemeinschaften ist, ließ das Gericht die Revision zum Bundesgerichtshof zu.
Die Urteilslogik
Reine Befürchtungen einer Gesundheitsbeeinträchtigung durch tieffrequente Geräusche genügen nicht, um einen baulichen Modernisierungsbeschluss der Eigentümergemeinschaft erfolgreich anzufechten.
- Gutachtenpflicht bei unsicherer Datenlage: Eigentümergemeinschaften müssen kein vorlaufendes Gutachten zu Lärmemissionen beauftragen, wenn die wissenschaftliche Grundlage fehlt, um eine verlässliche Lärmprognose für noch nicht installierte Anlagen zu erstellen.
- Unzumutbare Benachteiligung beweisen: Um einen Mehrheitsbeschluss erfolgreich anzufechten, müssen Miteigentümer eine unbillige Benachteiligung anhand beweisbarer Fakten darlegen; die Berufung auf vage, unsichere Risiken genügt nicht.
- Der richtige Zeitpunkt für Rechtsschutz: Miteigentümer nehmen den wirksamen Rechtsschutz gegen faktische Schallimmissionen erst nach Inbetriebnahme der Anlage wahr, indem sie auf Beseitigung oder Unterlassung klagen, statt präventiv den Genehmigungsbeschluss anzufechten.
Die gerichtliche Überprüfung von Modernisierungen verlangt beweisbare Fakten und eine klare Unterscheidung zwischen präventiver Sorge und tatsächlicher Störung.
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Experten Kommentar
Angst vor tiefer Frequenz ist verständlich, aber eine bloße Befürchtung kann einen Mehrheitsbeschluss in der WEG nicht kippen. Das Gericht zieht eine klare rote Linie: Die Gemeinschaft muss kein Gutachten für Risiken einholen, die wissenschaftlich noch nicht messbar oder prognostizierbar sind, nur um eine Modernisierung zu verhindern. Für Eigentümer bedeutet das, dass die Genehmigung eines Split-Klimageräts nur schwer präventiv zu blockieren ist, wenn die Basiswerte stimmen. Wer die Anbringung verhindern will, muss von vornherein die Nichteinhaltung offizieller Normen belegen, statt auf vage gesundheitliche Bedenken zu spekulieren. Der tatsächliche Rechtsschutz beginnt erst, wenn das Gerät läuft und der gemessene Lärm die Zumutbarkeit überschreitet.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann gilt die Genehmigung einer Klimaanlage durch die WEG als unbillige Benachteiligung?
Die Genehmigung einer Klimaanlage durch die Wohnungseigentümergemeinschaft stellt nur dann eine unbillige Benachteiligung dar, wenn die Beeinträchtigung objektiv unzumutbar ist. Dies setzt voraus, dass die Geräuschentwicklung über bloße Befürchtungen hinausgeht und Ihre Gesundheit objektiv gefährdet. Eine reine Befürchtung reicht juristisch nicht aus, wenn das genehmigte Gerät normgerecht ist und offizielle Lärmgrenzwerte einhält.
Ästhetische Bedenken gegen das optische Erscheinungsbild weisen Gerichte meist schnell ab. Dies gilt besonders, wenn die Klimaanlage verdeckt montiert wird und keine grundlegende Fassadenveränderung entsteht. Entscheidend sind die tatsächlichen Lärmemissionen. Hält das genehmigte Gerät die Schalldruckpegel gemäß der TA-Lärm ein, spricht dies zunächst stark gegen eine sofortige Unbilligkeit des WEG-Beschlusses.
Ein potenzieller Angriffspunkt ist der Nachweis einer Gefahr durch tieffrequenten Körperschall. Sollten Sie unter Tinnitus oder Migräne leiden, kann dieser unterschätzte Lärm unzumutbar sein. Allerdings muss die Benachteiligung bewiesen werden. Da es keine anerkannten Verfahren gibt, um tieffrequenten Schall einer noch nicht installierten Anlage zuverlässig zu prognostizieren, ist dieser Nachweis typischerweise erst nach der Inbetriebnahme möglich.
Fordern Sie schriftlich Einsicht in das technische Datenblatt des genehmigten Klimageräts, um alle Angaben zu Schalldruckpegeln und Körperschall für eine mögliche spätere Beseitigungsklage zu sichern.
Muss die Eigentümergemeinschaft vor der Abstimmung ein Lärmprognose-Gutachten einholen?
Nein, die Eigentümergemeinschaft (WEG) ist in der Regel nicht verpflichtet, vor der Genehmigung einer Klimaanlage ein Lärmprognose-Gutachten einzuholen. Die WEG darf sich zunächst auf die technischen Daten des Herstellers stützen. Ist das Gerät so konzipiert, dass es die offiziellen Grenzwerte der TA-Lärm einhält, erfüllt die Gemeinschaft ihre Sorgfaltspflicht. Eine solche Vorab-Prognose ist juristisch oft Spekulation.
Die Anforderung, ein aufwendiges Gutachten einzuholen, entfällt, wenn keine offensichtlichen Anhaltspunkte für eine unzumutbare Lärmbelästigung vorliegen. Gerichte verlangen beweisbare Fakten, nicht spekulative Annahmen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth stellte in einem vergleichbaren Fall fest, dass es keine anerkannten und normierten Verfahren gibt, um die Belastung durch Geräusche einer noch nicht installierten Anlage zuverlässig vorherzusagen.
Dieser Mangel an wissenschaftlich fundierter Vorhersagemöglichkeit schützt die WEG vor einer Anfechtungsklage, die auf einer angeblich unzureichenden Informationsgrundlage beruht. Weil tieffrequenter Schall erst nach der Installation und im konkreten Betrieb messbar wird, kann die WEG nicht verpflichtet werden, auf Basis vager Befürchtungen teure Gutachterkosten zu tragen. Der Beschluss kann daher nicht allein wegen der fehlenden Prognose für ungültig erklärt werden.
Prüfen Sie stattdessen, ob der gefasste Beschluss bereits Vorkehrungen zur Minderung von Körperschall enthält, beispielsweise die Nutzung schwingungsgedämpfter Sockel.
Wie weise ich Lärmbelästigung durch eine noch nicht installierte Klimaanlage nach?
Der Nachweis einer unzumutbaren Lärmbelästigung durch eine Anlage, die noch nicht läuft, ist juristisch extrem schwierig. Gerichte akzeptieren keine spekulativen Prognosen oder bloße Befürchtungen als taugliches Beweismittel. Dies führt zum sogenannten Henne-Ei-Problem: Der reale Lärm kann erst gemessen werden, wenn die Anlage installiert ist und in Betrieb genommen wurde.
Wenn Sie eine Anfechtungsklage gegen den WEG-Beschluss einreichen, versuchen Sie einen präventiven Rechtsschutz, der in der Regel ins Leere läuft. Juristen benötigen für einen negativen Beschluss gegen den Eigentümer faktische Beweise für eine unbillige Benachteiligung. Die bloße Zitierung von Studien zur Gefahr tieffrequenten Schalls reicht nicht aus, um die Unzumutbarkeit dieses spezifischen Gerätes an diesem Standort zu belegen.
Verzichten Sie darauf, ein teures privates Gutachten zu beauftragen, das Lärm auf Basis von Bauplänen prognostizieren soll. Gerichte lehnen solche Spekulationen über tieffrequenten Körperschall als untaugliches Beweismittel ab. Die Richter klassifizieren die behauptete Belästigung ohne taugliches Messverfahren schlicht als Befürchtung. Solche reinen Befürchtungen reichen nicht aus, um einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft erfolgreich anzufechten.
Warten Sie die tatsächliche Installation ab und sichern Sie alle Protokolle und Kommunikationen der WEG als Basis für eine spätere, wesentlich erfolgversprechendere Beseitigungsklage.
Welche Rechte habe ich gegen tieffrequente Brummgeräusche aus der Nachbarwohnung?
Wenn tieffrequente Geräusche Ihre Lebensqualität massiv beeinträchtigen, liegt Ihr wirksamstes Recht im nachträglichen Rechtsschutz. Sie müssen nicht hinnehmen, dass eine genehmigte Anlage Ihre Wohnung unzumutbar beschallt. Sobald das Gerät in Betrieb ist und die störenden Immissionen tatsächlich auftreten, können Sie juristisch dagegen vorgehen. Der Schlüssel liegt in der konkreten Messung der aktuellen Belastung durch tieffrequenten Lärm.
Der juristische Weg führt über die Klage auf Beseitigung oder Unterlassung des Störers, in der Regel des verursachenden Eigentümers. Die Grundlage dafür bildet § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG in Verbindung mit § 1004 BGB. Diese Vorschriften ermöglichen es Ihnen, die unzumutbare Beeinträchtigung Ihres Sondereigentums abzuwehren. Der entscheidende Vorteil: Nun existiert eine messbare Schallquelle. Ein Sachverständiger kann die Geräusche direkt am laufenden Gerät erfassen, wodurch Sie das Problem der fehlenden Beweisbarkeit überwinden.
Der ursprüngliche Genehmigungsbeschluss der Eigentümergemeinschaft steht einer solchen Klage nicht entgegen. Dieser Beschluss gestattet den Betrieb des Geräts implizit nur im Rahmen der gesetzlichen Zumutbarkeit. Beauftragen Sie daher einen spezialisierten Sachverständigen, der explizit Körperschall und niedrige Frequenzen misst, da hier die Gesundheitsrelevanz liegt. Sollten die Messungen eine Unzumutbarkeit belegen, können Sie die Beseitigung der Störung verlangen – etwa den Rückbau der Anlage oder die technische Nachrüstung einer optimierten Schalldämpfung.
Führen Sie ein extrem detailliertes Lärmprotokoll, das genaue Zeiten und Auswirkungen der tiefen Brummgeräusche dokumentiert, um Ihre Beweisführung zu stärken.
Was kann ich tun, wenn die installierte Klimaanlage in der WEG doch zu laut ist?
Wenn die installierte Klimaanlage unzumutbaren Lärm verursacht, ist der Zeitpunkt für die Anfechtung des ursprünglichen WEG-Beschlusses vorbei. Sie benötigen nun den nachträglichen Rechtsschutz, um den störenden Betrieb zu stoppen oder Nachbesserungen zu erzwingen. Ihr Angriffspunkt ist nicht die Genehmigung der Anlage, sondern die aktuelle, konkrete Lärmbelästigung. Das effizienteste Vorgehen ist eine direkte Klage gegen den störenden Eigentümer.
Starten Sie eine Beseitigungs- oder Unterlassungsklage direkt gegen den Betreiber der Anlage. Die Klage stützt sich auf § 1004 BGB, der Ihnen einen Anspruch auf Unterbindung unzumutbarer Immissionen gibt. Der ursprüngliche Genehmigungsbeschluss steht dieser Klage nicht im Weg, weil er den Betrieb nur im Rahmen der gesetzlichen Zumutbarkeit gestattet. Entscheidend ist der tatsächliche rechtswidrige Betrieb des Geräts, der die Grenzen der Rücksichtnahme überschreitet.
Die Beweisführung muss objektiv erfolgen, da subjektives Empfinden nicht ausreicht. Beauftragen Sie einen anerkannten Sachverständigen, die tatsächlichen Schalldruckpegel in Ihrer Wohnung zu messen. Der Fokus liegt oft auf dem schwer fassbaren, tieffrequenten Schall, der Vibrationen überträgt und gesundheitliche Probleme auslösen kann. Bei einem Erfolg zwingt das Gericht den Eigentümer zur Nachrüstung der Klimaanlage, etwa durch bessere Dämpfer oder optimierte Körperschallentkopplung, oder im Extremfall zum Rückbau.
Suchen Sie umgehend einen Fachanwalt für Wohnungseigentumsrecht auf, um eine Liste spezialisierter Sachverständiger für Schallmessungen zu erhalten und sofort nachweisbare Fakten zu schaffen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Anfechtungsklage
Eine Anfechtungsklage ist das juristische Werkzeug, mit dem ein Wohnungseigentümer versucht, einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft für ungültig erklären zu lassen, weil er fehlerhaft oder rechtswidrig ist. Juristen nutzen diese Klageform, um die Einhaltung des Gesetzes zu überprüfen, wobei sie meist innerhalb einer kurzen Frist von einem Monat nach der Versammlung beim zuständigen Gericht erhoben werden muss.
Beispiel: Nachdem die Eigentümerversammlung der Montage der Klimaanlage zugestimmt hatte, reichte die Klägerin ihre Anfechtungsklage ein, um den Beschluss wegen unbilliger Benachteiligung zu kippen.
Körperschallentkopplung
Körperschallentkopplung bezeichnet die technische Maßnahme, bei der feste Bauteile wie spezielle schwingungsgedämpfte Sockel verwendet werden, um die Übertragung von Vibrationen und Schwingungen in die Bausubstanz zu minimieren. Das Gesetz verlangt solche Vorkehrungen bei Lärmquellen, da diese Geräusche sonst als tieffrequenter Schall durch Wände und Decken wandern und die Bewohner unzumutbar belasten können.
Beispiel: Um die Übertragung tiefer Brummtöne in die tragenden Wände zu verhindern, enthielt der Beschluss der Eigentümergemeinschaft die Auflage, die Klimaanlage nur mit professioneller Körperschallentkopplung zu montieren.
Nachträglicher Rechtsschutz
Nachträglicher Rechtsschutz beschreibt den gerichtlichen Weg, den Betroffene erst dann einschlagen können, wenn eine konkrete Rechtsverletzung oder eine Störung – wie unzumutbarer Lärm – bereits tatsächlich eingetreten ist. Im Gegensatz zum präventiven Rechtsschutz dient diese Form dazu, bestehende, unzumutbare Zustände zu beseitigen oder eine Fortsetzung der Störung zu unterbinden, typischerweise durch eine Unterlassungsklage.
Beispiel: Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies die Klägerin darauf hin, dass ihr Fehler der Zeitpunkt war und sie den wirksamen Schutz erst über den nachträglichen Rechtsschutz erhalten würde, falls die Anlage wirklich störend wird.
Prognose
Die juristische Prognose ist die vorhersehbare Einschätzung eines Sachverständigen oder Richters, ob eine geplante Maßnahme zukünftig eine unzumutbare Beeinträchtigung verursachen wird. Gerichte verlassen sich nur auf Prognosen, wenn sie wissenschaftlich fundiert und durch normierte Verfahren gestützt sind, damit Entscheidungen nicht auf Spekulationen über zukünftige Schäden beruhen.
Beispiel: Weil für die Messung des tieffrequenten Schalls einer noch nicht installierten Klimaanlage keine taugliche Prognose erstellt werden konnte, wertete das Gericht die Bedenken der Klägerin lediglich als Befürchtung.
Schallimmissionen
Juristen sprechen von Schallimmissionen, wenn sie die tatsächliche Einwirkung von Geräuschen oder Lärm auf das eigene Grundstück oder die eigene Wohnung beurteilen müssen. Das Immissionsschutzrecht definiert klare Grenzwerte; werden diese Immissionen überschritten und sind sie unzumutbar, hat der Betroffene einen Anspruch auf Beseitigung der Störung.
Beispiel: Die Klägerin befürchtete, dass die unsichtbaren Schallimmissionen des genehmigten Klimageräts in ihrer Wohnung tiefe Brummtöne verursachen und gesundheitliche Probleme verstärken würden.
TA-Lärm
Die TA-Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) ist eine bundesweit geltende Verwaltungsvorschrift, die festlegt, welche maximalen Geräuschpegel in bestimmten Gebieten, beispielsweise reinen Wohngebieten, erlaubt sind. Diese technischen Grenzwerte dienen als objektive Messlatte dafür, wann eine Lärmbelästigung als öffentlich-rechtlich unzumutbar gilt und sind somit zentral für die Beurteilung zivilrechtlicher Nachbarschaftsstreitigkeiten.
Beispiel: Das Landgericht stellte fest, dass die im Beschluss genannten Dezibel-Werte der Klimaanlage unstrittig innerhalb der gesetzlichen Grenzwerte der TA-Lärm lagen.
Unbillige Benachteiligung
Eine unbillige Benachteiligung liegt im Wohnungseigentumsrecht vor, wenn ein Mehrheitsbeschluss einen Miteigentümer objektiv unzumutbar und über das normale Maß hinaus beeinträchtigt, ohne dass dieser die Zustimmung gegeben hat. Diese zentrale Klausel des WEG schützt Minderheiten davor, dass die Mehrheit willkürlich über ihre Rechte hinweggeht, wobei die Abwägung immer strengen Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen folgen muss.
Beispiel: Die Wohnungseigentümerin musste vor Gericht belegen, dass die Genehmigung der Klimaanlage für sie eine unzumutbare, unbillige Benachteiligung darstellte, um den WEG-Beschluss anfechten zu können.
Das vorliegende Urteil
LG Nürnberg-Fürth – Az.: 14 S 3411/23 WEG – Urteil vom 03.05.2024
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