Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Komplexe Mietrechtsfall: Rechte und Pflichten bei der Wohnungsübergabe erkennen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Mindestanforderungen gelten für die Rückgabe einer Mietwohnung?
- Wann darf ein Vermieter die Rücknahme einer Mietwohnung verweigern?
- Welche Rolle spielt das Übergabeprotokoll bei der Wohnungsrückgabe?
- Was sind die rechtlichen Folgen einer verschmutzten Wohnungsrückgabe?
- Wie bindend sind Vereinbarungen zur Wohnungsrückgabe in einem gerichtlichen Vergleich?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht München I
- Datum: 17.07.2023
- Aktenzeichen: 14 S 4563/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Mietrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Vermieter, der eine Umzugskostenbeihilfe in Höhe von 7.500 Euro nicht zahlen möchte. Er argumentiert, dass die Wohnung nicht im vereinbarten besenreinen Zustand zurückgegeben wurde.
- Beklagter: Der Mieter, der die Wohnung vertragsgemäß zum 15.08.2022 räumte und die Umzugskostenbeihilfe einfordert. Er führt an, dass im Übergabeprotokoll keine Mängel vermerkt seien.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Ein gerichtlicher Räumungsvergleich hatte festgelegt, dass der Beklagte seine Wohnung bis spätestens 30.09.2022 zu räumen hat und der Kläger im Gegenzug eine Umzugskostenbeihilfe von 7.500 Euro zahlt. Die Wohnung wurde am 15.08.2022 geräumt, jedoch stritten die Parteien über deren Zustand bei Rückgabe.
- Kern des Rechtsstreits: Ist die Zahlung der Umzugskostenbeihilfe an den besenreinen Zustand der zurückgegebenen Wohnung gebunden, obwohl sie rechtzeitig geräumt wurde?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Berufungsgericht sieht keine Erfolgsaussicht für die Berufung des Klägers gegen die Entscheidung des Amtsgerichts, welches die Klage abwies. Es wird angeregt, die Berufung zurückzunehmen.
- Begründung: Die Kammer bestätigte, dass die rechtzeitige Räumung und Herausgabe der Wohnung den Anspruch auf Zahlung der Umzugskostenbeihilfe erfüllt, unabhängig vom Zustand der Mietsache. Aufgrund vorherrschender BGH-Rechtsprechung darf der Vermieter die Rückgabe nicht aufgrund des Zustands verweigern; etwaige Mängel sind nur im Schadensersatz geltend zu machen.
- Folgen: Der Kläger muss die Umzugskostenbeihilfe zahlen. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg und eine Rücknahme wird angeregt, um Verfahrenskosten zu sparen. Das Urteil ist eine Bestätigung der BGH-Rechtsprechung zum Mietrecht.
Komplexe Mietrechtsfall: Rechte und Pflichten bei der Wohnungsübergabe erkennen
Die Übergabe von Mieträumen ist ein sensibler Bereich im Mietrecht, der sowohl für Vermieter als auch für Mieter zahlreiche rechtliche Herausforderungen mit sich bringt. Besonders heikel wird es, wenn Wohnungen in einem verwahrlosten oder stark renovierungsbedürftigen Zustand übergeben werden. Der Gesetzgeber hat klare Regelungen geschaffen, die die Rechte und Pflichten beider Parteien bei der Wohnungsübergabe definieren.
Die mietrechtlichen Aspekte einer Wohnungsübergabe umfassen wichtige Kernelemente wie den Zustand des Mietraums, mögliche Mängel und die Renovierungspflicht des Vermieters. Ein sorgfältig erstelltes Übergabeprotokoll kann spätere Konflikte vermeiden und bildet die Grundlage für etwaige Ansprüche auf Mietminderung oder Schadensersatz. Der folgende Fall zeigt exemplarisch, wie komplex solche Situationen sein können und welche rechtlichen Konsequenzen entstehen können.
Der Fall vor Gericht
Vermieter muss Umzugsbeihilfe trotz Verschmutzung zahlen – Landgericht München I bestätigt Zahlungsverpflichtung

Die Rückgabe einer Mietwohnung in verschmutztem Zustand berechtigt einen Vermieter nicht dazu, die im Räumungsvergleich vereinbarte Umzugskostenbeihilfe zurückzuhalten. Dies entschied das Landgericht München I in einem Beschluss vom 17. Juli 2023.
Räumungsvergleich mit Umzugsbeihilfe unter Bedingungen
Die Parteien hatten in einem gerichtlichen Vergleich vom 3. Dezember 2021 vereinbart, dass der Mieter die Wohnung bis zum 30. September 2022 räumen und herausgeben sollte. Der Vermieter verpflichtete sich im Gegenzug zur Zahlung einer Umzugskostenbeihilfe in Höhe von 7.500 Euro, sofern die Räumung und Herausgabe fristgerecht erfolgte. Im Vergleich wurde festgelegt, dass der Mieter keine Schönheitsreparaturen schuldet, sondern eine Rückgabe in besenreinem Zustand genügt.
Streit um Wohnungszustand bei Rückgabe
Der Mieter übergab die Wohnung am 15. August 2022 und damit fristgerecht. Bei der Übergabe wurde ein von beiden Parteien unterschriebenes Rückgabeprotokoll erstellt. Der Vermieter verweigerte jedoch die Zahlung der vereinbarten Umzugskostenbeihilfe. Er begründete dies damit, dass die Wohnung nicht im vereinbarten besenreinen Zustand übergeben worden sei. So seien großflächige Spinnweben in den Zimmerecken vorhanden gewesen, das Spülbecken mit Rost und Schmutz befüllt und die Toilette sowie Badewanne stark verkalkt gewesen. Auch der Fußboden sei in allen Räumen mit einer dicken Schmutzschicht überzogen gewesen.
Zustand der Wohnung unerheblich für Zahlungspflicht
Das Landgericht München I bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies die Berufung des Vermieters zurück. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei es grundsätzlich ohne Bedeutung, in welchem Zustand sich die Mietsache bei der Rückgabe befinde. Selbst wenn die Räume in verwahrlostem oder nicht vertragsgemäßem Zustand überlassen würden, stelle dies keine Vorenthaltung dar. Der Vermieter könne zwar bei Verschlechterungen oder Veränderungen der Mietsache Schadensersatz verlangen, sei aber nicht zur Ablehnung der Rücknahme berechtigt. Die Nichterfüllung der Reinigungspflicht stelle lediglich eine Schlechterfüllung und keine Nichterfüllung der Rückgabepflicht dar.
Rechtliche Bewertung der Rückgabepflicht
Das Gericht stellte klar, dass für das Entstehen des Anspruchs auf die Umzugskostenbeihilfe allein die fristgerechte Räumung und Herausgabe entscheidend sei. Die Herausgabepflicht sei bereits dadurch erfüllt worden, dass der Mieter dem Vermieter den unmittelbaren Besitz an der Mietsache verschafft habe. Dies sei durch die Übergabe am 15. August 2022 geschehen. Auch eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien zum Zustand der Mietsache bei Rückgabe führe zu keiner Abweichung von dieser Rechtsprechung. Der Vermieter müsse daher die vereinbarte Umzugskostenbeihilfe zahlen.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Das Urteil verdeutlicht, dass bei einem gerichtlichen Vergleich über die Rückgabe einer Mietwohnung die vereinbarte Zahlung einer Umzugskostenbeihilfe nur von der fristgerechten Räumung und Herausgabe abhängt, wenn dies ausdrücklich so festgelegt wurde. Kleinere Abweichungen vom vereinbarten ‚besenreinen Zustand‘ rechtfertigen nicht die Verweigerung der Zahlung, solange die Hauptpflicht der Räumung erfüllt wurde. Besonders wichtig ist die genaue Dokumentation des Zustands bei der Übergabe durch ein von beiden Parteien unterzeichnetes Übergabeprotokoll.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Mieter oder Vermieter sollten Sie bei Räumungsvergleichen besonders auf die schriftliche Formulierung der Bedingungen für Zahlungen achten. Wurde eine Wohnung fristgerecht zurückgegeben und ein Übergabeprotokoll erstellt, können später behauptete Mängel die vereinbarte Zahlung nicht mehr verhindern. Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, ist es wichtig, den Zustand der Wohnung bei der Übergabe detailliert im Protokoll festzuhalten und dieses von beiden Seiten unterschreiben zu lassen. Bei Vereinbarungen über Umzugskostenbeihilfen sollten die Bedingungen für die Zahlung klar und eindeutig formuliert werden.
Benötigen Sie Hilfe?
Streit um die Rückgabe Ihrer Mietwohnung?
Die Übergabe einer Mietwohnung kann oft zu Unstimmigkeiten mit dem Vermieter führen, insbesondere wenn es um den Zustand der Wohnung und die Zahlung von Umzugsbeihilfen geht. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte als Mieter zu wahren und Unsicherheiten bei der Wohnungsrückgabe zu vermeiden.
Eine klare Regelung im Räumungsvertrag und ein detailliertes Übergabeprotokoll sind entscheidend, um spätere Streitigkeiten zu verhindern. Wir helfen Ihnen, die notwendigen Schritte einzuleiten und Ihre Interessen gegenüber dem Vermieter durchzusetzen.
Sprechen Sie mit unseren erfahrenen Rechtsanwälten und lassen Sie sich individuell beraten. Wir stehen Ihnen zur Seite und finden gemeinsam die optimale Lösung für Ihre Situation.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Mindestanforderungen gelten für die Rückgabe einer Mietwohnung?
Nach § 546 BGB muss die Mietwohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses zurückgegeben werden. Die Rückgabe umfasst zwei wesentliche Elemente: Die vollständige Räumung der Wohnung und die Übergabe sämtlicher Schlüssel.
Grundlegende Rückgabepflichten
Die Wohnung muss in dem Zustand zurückgegeben werden, der dem vertragsgemäßen Gebrauch entspricht. Dies bedeutet:
- Die Wohnung muss vollständig geräumt sein, einschließlich aller Nebenräume wie Keller oder Dachboden
- Sämtliche Schlüssel müssen persönlich übergeben werden – ein Einwurf in den Briefkasten genügt nicht
- Die Wohnung muss besenrein übergeben werden, das heißt grobe Verschmutzungen müssen beseitigt und Spinnweben entfernt sein
Renovierungspflichten
Eine Renovierungspflicht besteht nur dann, wenn:
- Dies wirksam im Mietvertrag vereinbart wurde
- Die Wohnung überdurchschnittlich stark abgenutzt wurde
Ungewöhnliche Farbgestaltungen (etwa rot oder schwarz) müssen vor der Rückgabe beseitigt werden.
Zeitpunkt der Rückgabe
Die Rückgabe muss spätestens am ersten Werktag nach Ende des Mietverhältnisses erfolgen. Eine verspätete Rückgabe kann zu einer Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen Miete führen.
Dokumentation des Zustands
Bei der Übergabe sollte ein Übergabeprotokoll erstellt werden, das den Zustand der Wohnung dokumentiert. Der Vermieter muss Mängel innerhalb von 2-3 Arbeitstagen nach der Übergabe rügen.
Eine Verweigerung der Rücknahme durch den Vermieter ist nicht zulässig, auch wenn die Wohnung Mängel aufweist. In diesem Fall gerät der Vermieter in Annahmeverzug, was negative Konsequenzen für ihn haben kann.
Wann darf ein Vermieter die Rücknahme einer Mietwohnung verweigern?
Der Vermieter darf die Rücknahme einer Mietwohnung grundsätzlich nicht verweigern. Nach § 546 BGB ist der Mieter verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. Diese Rückgabepflicht korrespondiert mit der Pflicht des Vermieters zur Rücknahme.
Keine Verweigerung bei mangelhafter Reinigung
Selbst wenn die Wohnung nicht oder nur ungenügend gereinigt wurde oder andere Mängel aufweist und damit nicht dem vertragsgemäßen Zustand entspricht, darf der Vermieter die Rückgabe bzw. die Entgegennahme der Schlüssel nicht verweigern. Eine Verweigerung der Rücknahme führt dazu, dass der Vermieter in Annahmeverzug gerät.
Folgen des Annahmeverzugs
Wenn der Vermieter die Rücknahme unberechtigt verweigert, hat dies für ihn nachteilige Konsequenzen:
- Eine Haftung des Mieters wegen verspäteter Rückgabe ist ausgeschlossen
- Die kurze Frist für die Mängelrüge beginnt trotz verweigerter Rücknahme zu laufen
- Der Vermieter kann keine Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB verlangen
Rechtmäßiges Vorgehen bei Mängeln
Statt die Rücknahme zu verweigern, kann der Vermieter bei Mängeln:
- Eine angemessene Frist (in der Regel 14 Tage) für die Ausführung notwendiger Arbeiten setzen
- Nach Ablauf der Frist die Arbeiten auf Kosten des Mieters durch eine Ersatzfirma durchführen lassen
- Die Kaution für die Beseitigung der Mängel verwenden
Wenn der Vermieter die Schlüssel nicht annimmt, hat der Mieter die Möglichkeit, diese per Einschreiben an den Vermieter zu senden. Dies gilt als ordnungsgemäße Rückgabe der Wohnung.
Welche Rolle spielt das Übergabeprotokoll bei der Wohnungsrückgabe?
Rechtliche Bedeutung
Das Übergabeprotokoll dient als verbindliches Beweisdokument für den Zustand der Wohnung bei der Übergabe. Es wird als negatives Schuldanerkenntnis ausgelegt, wodurch beide Parteien bestätigen, dass nur die aufgelisteten Mängel und Schäden in der Wohnung bestehen und gleichzeitig auf alle weiteren Ansprüche verzichten.
Notwendige Inhalte
Ein vollständiges Übergabeprotokoll muss folgende Elemente enthalten:
- Grunddaten: Namen und Adressen der Beteiligten, Anschrift der Wohnung, Datum der Übergabe
- Zustandsbeschreibung: Detaillierte Dokumentation von Mängeln und Schäden für jeden Raum
- Technische Daten: Zählerstände für Strom, Wasser und Heizung
- Schlüsselübergabe: Art und Anzahl der übergebenen Schlüssel
Rechtliche Konsequenzen
Die Unterschrift unter dem Übergabeprotokoll hat weitreichende Folgen:
Bei Unterzeichnung:
- Der dokumentierte Zustand gilt als von beiden Parteien anerkannt
- Nachträglich festgestellte, nicht dokumentierte Mängel können grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden
- Ausnahme: Verdeckte Mängel, die bei der Übergabe nicht erkennbar waren
Bei Verweigerung der Unterschrift:
- Es besteht keine gesetzliche Pflicht zur Unterzeichnung
- Die Wohnungsrückgabe ist auch ohne unterschriebenes Protokoll wirksam, sobald die Schlüssel übergeben wurden
- Eine alternative Beweissicherung durch Fotos und neutrale Zeugen wird empfohlen
Besonderheiten bei Verwahrlosung
Bei Übergabe einer verwahrlosten Wohnung durch den Vermieter sollten Sie:
- Den Zustand besonders detailliert dokumentieren
- Fotografische Beweise anfertigen
- Einen neutralen Zeugen zur Übergabe hinzuziehen
- Alle festgestellten Mängel konkret und präzise beschreiben
Was sind die rechtlichen Folgen einer verschmutzten Wohnungsrückgabe?
Die Wohnung muss grundsätzlich in dem Zustand zurückgegeben werden, in dem sie bei Mietbeginn übernommen wurde. Eine verschmutzte Wohnungsrückgabe kann verschiedene rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen:
Reinigungskosten und Schadenersatz
Der Vermieter kann die Kosten für eine notwendige Reinigung von der Kaution einbehalten. Wenn die Verschmutzung über die normale Abnutzung hinausgeht, muss der Mieter für die Beseitigung aufkommen.
Bei starken Verschmutzungen oder Vermüllung können sogar Substanzschäden entstehen, die Schadenersatzansprüche begründen. Besonders kritisch wird es, wenn durch die Verschmutzung bereits Schäden wie Schimmelbildung oder Wasserflecken entstanden sind.
Auswirkungen auf die Kautionsrückzahlung
Der Vermieter darf die Kaution oder einen angemessenen Teil davon einbehalten, wenn die Wohnung nicht im vertragsgemäßen Zustand zurückgegeben wird. Die Höhe des einbehaltenen Betrags muss dabei den tatsächlichen Kosten für die Beseitigung der Verschmutzung entsprechen.
Beweislast und Dokumentation
Der Vermieter muss beweisen, dass die Schäden bei der Rückgabe vorhanden waren. Dafür ist es wichtig, den Zustand der Wohnung im Übergabeprotokoll zu dokumentieren. Werden bei der Wohnungsrückgabe keine Mängel festgehalten, kann der Vermieter später keinen Ersatz mehr verlangen.
Normale Abnutzung vs. übermäßige Verschmutzung
Normale Gebrauchsspuren und übliche Abnutzungen muss der Vermieter akzeptieren. Als übermäßige Verschmutzung gelten beispielsweise:
- Stark verschmutzte Sanitäranlagen mit hartnäckigen Ablagerungen
- Fett- und Ölverschmutzungen an Wänden
- Vermüllung der Wohnräume
Wenn die Wohnung nur „besenrein“ übergeben werden muss, sind lediglich grobe Verschmutzungen zu beseitigen. Eine aufwendige Grundreinigung ist dann nicht erforderlich.
Wie bindend sind Vereinbarungen zur Wohnungsrückgabe in einem gerichtlichen Vergleich?
Vereinbarungen zur Wohnungsrückgabe in einem gerichtlichen Vergleich sind rechtlich bindend und vollstreckbar. Wenn Sie als Mieter oder Vermieter einem solchen Vergleich zustimmen, verpflichten Sie sich, die darin festgelegten Bedingungen einzuhalten.
Rechtliche Grundlage und Wirkung
Ein gerichtlicher Vergleich hat eine Doppelnatur. Er ist sowohl ein privatrechtlicher Vertrag als auch eine Prozesshandlung. Als Vertrag regelt er die materiell-rechtlichen Streitfragen zwischen den Parteien. Als Prozesshandlung beendet er unmittelbar das gerichtliche Verfahren.
Gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist ein gerichtlicher Vergleich ein Vollstreckungstitel. Das bedeutet, wenn Sie die vereinbarten Bedingungen zur Wohnungsrückgabe nicht einhalten, kann die andere Partei direkt die Zwangsvollstreckung einleiten, ohne erst ein Urteil erwirken zu müssen.
Interpretationsspielraum und Grenzen
Trotz der hohen Verbindlichkeit gibt es in manchen Fällen einen gewissen Interpretationsspielraum. Wenn die Formulierungen im Vergleich nicht eindeutig sind, kann es zu Auslegungsfragen kommen. In solchen Fällen wird das Gericht den Vergleich nach den üblichen Auslegungsregeln interpretieren.
Stellen Sie sich vor, im Vergleich steht, dass die Wohnung „besenrein“ übergeben werden soll. Was genau darunter zu verstehen ist, könnte im Einzelfall strittig sein. Hier würde das Gericht im Zweifel die übliche Verkehrsauffassung heranziehen.
Durchsetzungsmöglichkeiten
Wenn Sie als Vermieter feststellen, dass der Mieter die im Vergleich vereinbarten Bedingungen zur Wohnungsrückgabe nicht einhält, haben Sie folgende Möglichkeiten:
- Zwangsvollstreckung: Sie können direkt einen Gerichtsvollzieher beauftragen, die Räumung durchzusetzen.
- Schadensersatz: Entstehen Ihnen durch die Nichteinhaltung des Vergleichs Schäden, können Sie diese geltend machen.
- Ordnungsgeld: In bestimmten Fällen kann das Gericht ein Ordnungsgeld gegen die säumige Partei verhängen.
Besonderheiten bei verwahrlostem Zustand
Wenn Sie als Vermieter die Wohnung in einem verwahrlosten Zustand übergeben haben, könnte dies Auswirkungen auf die Durchsetzbarkeit des Vergleichs haben. Der Mieter könnte argumentieren, dass die Rückgabeverpflichtung unter diesen Umständen unzumutbar ist.
In einem solchen Fall wäre zu prüfen, ob der verwahrlost Zustand bei Abschluss des Vergleichs bereits bekannt war und ob er im Vergleich berücksichtigt wurde. War dies nicht der Fall, könnte der Mieter unter Umständen eine Anpassung des Vergleichs verlangen oder sogar dessen Aufhebung beantragen.
Beachten Sie: Die Bindungswirkung eines gerichtlichen Vergleichs ist sehr stark. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei arglistiger Täuschung oder Wegfall der Geschäftsgrundlage, kann ein Vergleich angefochten oder aufgehoben werden.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Räumungsvergleich
Ein gerichtlich geschlossener Vertrag zwischen Mieter und Vermieter, der einen Rechtsstreit beendet. Darin werden die Bedingungen für die Beendigung des Mietverhältnisses festgelegt, wie z.B. Räumungstermine oder finanzielle Vereinbarungen. Geregelt in §§ 779 ff. BGB. Ein Räumungsvergleich ist für beide Parteien bindend und vollstreckbar. Beispiel: Ein Vermieter und Mieter einigen sich vor Gericht darauf, dass der Mieter bis zu einem bestimmten Datum auszieht und dafür eine Abfindung erhält.
Besenreiner Zustand
Bezeichnet den Minimalstandard für die Sauberkeit einer Wohnung bei der Rückgabe an den Vermieter. Die Räume müssen besenrein, also ausgefegt und von grobem Schmutz und Abfällen befreit sein. Dies bedeutet nicht, dass die Wohnung grundgereinigt sein muss. Geregelt durch die Rechtsprechung, nicht im Gesetz. Beispiel: Ausgefegt, leere Schränke, keine Müllreste – aber Spinnweben oder leichte Verschmutzungen sind zulässig.
Umzugskostenbeihilfe
Eine finanzielle Unterstützung, die der Vermieter dem Mieter für den Umzug zahlt. Meist wird diese im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oder Räumungsvergleichs vereinbart. Die Zahlung ist an bestimmte Bedingungen geknüpft, wie z.B. die fristgerechte Räumung. Basiert auf der Vertragsfreiheit (§ 311 BGB). Ein typisches Beispiel ist die Zahlung eines vereinbarten Betrags als Anreiz für eine vorzeitige einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses.
Herausgabe (im Mietrecht)
Die tatsächliche Übergabe der Mieträume an den Vermieter, wodurch dieser wieder die volle Verfügungsgewalt erhält. Geregelt in § 546 BGB. Die Herausgabe erfolgt durch Rückgabe aller Schlüssel und Räumung von persönlichen Gegenständen, sodass der Vermieter ungehinderten Zugang hat. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen des Zustands der Wohnung besteht nicht. Zur Herausgabe gehört auch die Anfertigung eines Übergabeprotokolls.
Unmittelbarer Besitz
Die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache, hier die Mietwohnung (§ 854 BGB). Der unmittelbare Besitzer hat die direkte physische Kontrolle über die Sache. Im Mietrecht geht der unmittelbare Besitz bei der Wohnungsübergabe vom Mieter auf den Vermieter über. Beispiel: Der Vermieter erhält durch die Schlüsselübergabe und Räumung den unmittelbaren Besitz an der Wohnung zurück.
Schlechterfüllung
Eine mangelhafte, aber nicht völlig ausbleibende Erfüllung einer vertraglichen Pflicht. Im Mietrecht bedeutet dies, dass die Hauptpflicht (z.B. Rückgabe der Wohnung) zwar erfüllt wird, aber nicht in der geschuldeten Qualität. Geregelt in §§ 281, 323 BGB. Beispiel: Die Wohnung wird zwar übergeben, aber nicht im vereinbarten Zustand. Dies berechtigt zu Schadensersatz, aber nicht zur Verweigerung der Rücknahme.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 522 Abs. 2 ZPO: Diese Vorschrift regelt die Voraussetzungen, unter denen ein Berufungsgericht eine eingereichte Berufung ohne mündliche Verhandlung zurückweisen kann. Insbesondere wird eine Rückweisung in Betracht gezogen, wenn die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet und keine grundsätzliche Bedeutung für die Rechtsprechung besitzt.
Im vorliegenden Fall beabsichtigt das Landgericht München I die Berufung aufgrund fehlender Erfolgsaussichten zurückzuweisen, da keine neue rechtliche Bedeutung oder Einheitlichkeit der Rechtsprechung notwendig ist. - § 546 BGB: Dieser Paragraph verpflichtet den Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses, die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zurückzugeben. Dabei ist eine besenreine Übergabe grundsätzlich ausreichend, sofern keine anderslautenden Vereinbarungen getroffen wurden.
Im Fall streiten die Parteien darüber, ob die Wohnung besenrein zurückgegeben wurde. Der Vergleich sieht vor, dass eine Rückgabe in besenreinem Zustand genügt, weshalb § 546 BGB hier maßgeblich ist. - § 535 BGB: Diese Vorschrift legt die grundlegenden Verpflichtungen von Vermieter und Mieter fest. Der Vermieter muss die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand erhalten, während der Mieter die Miete zahlt und die Mietsache pfleglich behandelt.
Der Vergleich zwischen den Parteien bezieht sich auf die Rückgabe der Wohnung und die damit verbundenen Pflichten, wodurch § 535 BGB die Basis für die vertraglichen Vereinbarungen bildet. - Vergleichsrecht nach § 779 ZPO: Nach dieser Vorschrift sind Vergleichsvereinbarungen, die während eines Rechtsstreits getroffen werden, für die Parteien bindend und haben bindende Wirkung gegenüber Dritten. Sie regeln die Rechte und Pflichten der Parteien zur Beendigung des Rechtsstreits.
Der im Fall geschlossene gerichtliche Räumungsvergleich verpflichtet beide Parteien zu bestimmten Handlungen, wie der Zahlung von 7.500 Euro gegen die Rückgabe der Wohnung, und § 779 ZPO sichert die Durchsetzbarkeit dieses Vergleichs. - § 523 BGB: Dieser Paragraph ermöglicht die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses aus wichtigem Grund, beispielsweise bei erheblichen Vertragsverletzungen. Eine Kündigung ist gerechtfertigt, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Im vorliegenden Fall könnte der Kläger die Nichterfüllung der Verpflichtung zur besenreinen Rückgabe der Wohnung als wichtigen Grund für die Geltendmachung der Zahlung der Umzugskostenbeihilfe ansehen, was auf § 523 BGB gestützt werden kann.
Das vorliegende Urteil
LG München I – Az.: 14 S 4563/23 – Beschluss vom 17.07.2023
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