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Mietminderung wegen Baustellenlärms in Nachbarschaft

AG Nürnberg – Az.: 28 C 6191/18 – Urteil vom 12.12.2018

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 793,85 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszins hieraus ab 10.09.2018 zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt 61 % der Kosten des Rechtsstreits, die Klägerin trägt 39 % der Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.311,65 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Rückzahlung überzahlter Mieten aufgrund einer Minderung wegen Baustellenlärms.

Die Klägerin ist Mieterin, die Beklagte Vermieterin der streitgegenständlichen Wohnung im 2. OG rechts in der …, … Nürnberg aufgrund schriftlichen Mietvertrags vom 18.05.1993. Die Gesamtmiete betrug bis einschließlich November 2017 426,57 Euro, ab Dezember 2017 475,43 Euro. Seit Sommer 2017 wird in der … ein Produktions- und Verwaltungsgebäude sowie ein Wohnhaus abgerissen und drei neue Häuser mit Eigentumswohnungen und Tiefgarage erbaut. Die Klägerin hat die Baustellentätigkeiten seit August 2017 dokumentiert und die Miete ab November 2017 unter dem Vorbehalt einer Mietminderung wegen der Beeinträchtigungen geleistet. Die Klägerin ist der Ansicht, daß eine Minderung in Höhe von 40 % für die Monate November 2017 bis Mai 2018, insgesamt daher 1.311,65 Euro angemessen sind.

Die Klägerin gibt an, daß sich ihre Schlafzimmerfenster in 20 Metern Luftlinie zur Baustelle befinden. Durch die direkt vor dem Schlafzimmer liegende Straße findet die Anfahrt der Baustellenfahrzeuge wie Lastwagen, Betonmischer, Bagger statt. In der Regel beginnt die Baustelle morgens um 6.20 Uhr. Die Klägerin kann Lärm bis bis 15.00 Uhr bestätigen, da sie um diese Zeit regelmäßig die Wohnung zu ihrer Arbeitsstelle hin verläßt. Seit 23.04.2018 wird zudem die …straße vor dem Schlafzimmer direkt aufgerissen, wodurch weitere Bagger und LKW’s Lärm verursachen. Die Klägerin behauptet auch, daß die Baustellentätigkeit bis nachts gegen 23.00 Uhr und teilweise auch am Samstag stattgefunden hätte. Die Klägerin legt Einzeldokumentationen von September 2017 bis 23.04.2018 vor. Eine Rückzahlung von Mieten ist nicht erfolgt.

Die Klägerin beantragt daher: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 1.311,65 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszins hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung.

Die Beklagte bestreitet die Auswirkungen auf die Wohnung der Klägerin, da diese nicht direkt neben der Baustelle liege. Aus Kulanz wurden 10 % Mietminderung angeboten. Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, daß sie keine Miete zurückzahlen muß, da in einer Großstadtlage die Klägerin von Bauarbeiten in ihrer Umgebung ausgehen müsse. Baulücken bei Einzug in eine Großstadtwohnung würden erwartbar machen, daß diese Baulücken später geschlossen würden. Aus der Dokumentation sei auch nicht nachvollziehbar, wann kein Lärm stattgefunden habe. Auch bei einer Einstufung als Großbaustelle sei eine Minderung in Höhe von 40 % viel zu hoch.

Bezüglich der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und größtenteils begründet.

I.

Die Klägerin kann von der Beklagten Miete in Höhe von 793,85 Euro für den streitgegenständlichen Zeitraum zurückfordern.

Mietminderung wegen Baustellenlärms in Nachbarschaft
(Symbolfoto:Tricky_Shark/Shutterstock.com)

m streitgegenständlichen Zeitraum war die Miete gemäß § 536 Abs. 1, Satz 1 BGB gemindert. Nach Auswertung der vorgelegten, ausgedruckten Bilder von Google Maps sowie der vorgelegten Fotos und der Beschreibungen geht das Gericht vom Vorliegen einer Großbaustelle aus. Es handelt sich dabei aber nicht um einen erwartbaren Lückenschluß, da für die Anwohner vor dem Abriss eine Lücke nicht erkennbar war. Die Aufnahmen ergeben, daß sich an Ort und Stelle zuvor ein lückenschließendes Vorderhaus in gleicher Höhe wie die Nachbarhäuser befunden hat. Erst im nicht einsehbaren Hinterhof haben sich die flacheren Fabrikationsräume befunden. Eine Nachforschungspflicht für die Mieter, in der Umgebung auch Hinterhöfe aufzusuchen, um nach eventuellen zukünftigen Baustellen mit Baulärm durch Lückenschluß zu suchen, ist nicht forderbar. Da deshalb die Lärmbelästigung unerwartet kam, hat die Klägerin einen Mangel erlitten und somit Anspruch auf eine Mietminderung.

Nach dem konkreten Sachvortrag kann die Klägerin allerdings nur eine Mietminderung in Höhe von 793,85 € fordern. Gemäß ständiger Rechtsprechung haben die Mieter bereits einen Anspruch auf 10 % Mietminderung aufgrund einer nahe gelegenen Großbaustelle ohne Dokumentation. Aufgrund der hier vorgelegten, teilweise sehr konkreten Dokumentation ist von einer erhöhten Mietminderung auszugehen. Als besonders störend sind die Monate zu berücksichtigen, in welchen zusätzlich direkt an der Straße unterhalb des Schlafzimmerfensters Bauarbeiten erfolgt sind, bzw. Bau-LKW’s in Schlange standen.

Es ist aufgrund des Klägervortrags davon auszugehen, daß in der Zeit zwischen 12.02. und 19.02.2018 aufgrund von Frost keine Bauarbeiten stattgefunden haben. Ebenso ist davon auszugehen, daß über die Weihnachtsfeiertage ab 24.12.2017 kein vergleichbarer Baulärm stattgefunden hat. Das Gericht hält daher aufgrund der vorgelegten Bilder und dem Sachvortrag in den Monaten November 17 sowie Januar, März und April 18 eine Minderung in Höhe von 30 % für angemessen. In den übrigen eingeklagten Monaten schätzt das Gericht die Einschränkung des Mietgebrauchs aufgrund teilweisen Aussetzens des Baulärms auf 25 % der Bruttomiete. Ein substantiiertes Bestreiten des Baulärmes oder ein substantiierter Vortrag über Zeiten ohne Lärm hat durch die Beklagtenseite nicht stattgefunden.

Es war keine höhere Minderungsquote anzusetzen. Das Vorbringen der Klägerin, nachts zu arbeiten und Vormittags schlafen zu müssen, kann nicht berücksichtigt werden. Die größten Teile der Bevölkerung arbeiten tagsüber, so dass dies auch die vorrangige Arbeitszeit bei Baustellen darstellt und nicht zu einer Erhöhung der Quote führt.

Für den Monat November 2017 waren daher 30 % von 426.57 €, für Januar, März und April 2018 30 % von 475,43 € und für Dezember 2017 und Februar 2018 je 25 % von 475,43 € anzusetzen, insgesamt 793,85 €.

II.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 92 ZPO.

III.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

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