Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Baulärm vor dem Schlafzimmer: Muss man das als Mieter einfach hinnehmen?
- Baulärm Tag für Tag: Wie der Streit um die Miete begann
- 40% weniger Miete oder normale Stadtgeräusche? Die Argumente im Detail
- Lärm ist nicht gleich Lärm: Was musste das Gericht klären?
- Das Urteil: Weniger Miete, aber nicht so viel wie erhofft
- Warum das Gericht so entschied: Eine genaue Betrachtung der Gründe
- Wer zahlt was? Die Kostenentscheidung des Gerichts
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann darf ich als Mieterin oder Mieter meine Miete wegen Baulärms mindern?
- Welche Nachweise sind notwendig, um eine Mietminderung wegen Baulärms durchzusetzen?
- Was muss ich bei der Höhe der Mietminderung aufgrund von Baulärm beachten?
- Muss ich als Mieterin oder Mieter jeden Baulärm hinnehmen, wenn ich in einer Großstadt wohne?
- Welche Schritte sollte ich unternehmen, bevor ich meine Miete mindere?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 28 C 6191/18 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: AG Nürnberg
- Datum: 12.12.2018
- Aktenzeichen: 28 C 6191/18
- Verfahrensart: Zivilprozess
- Rechtsbereiche: Mietrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung. Sie forderte die Rückzahlung überzahlter Mieten aufgrund von Lärmbeeinträchtigungen durch eine Großbaustelle und verlangte eine Mietminderung von 40 % für mehrere Monate.
- Beklagte: Die Beklagte ist die Vermieterin der Wohnung. Sie bestritt die Auswirkungen der Bauarbeiten auf die Wohnung und bot lediglich kulanzhalber eine Mietminderung von 10 % an, da Bauarbeiten in einer Großstadtlage erwartbar seien.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung, deren Umgebung seit Sommer 2017 von umfangreichen Bauarbeiten einer Großbaustelle betroffen ist. Sie dokumentierte die Lärmbelästigungen detailliert und zahlte die Miete ab November 2017 unter dem Vorbehalt einer Mietminderung.
- Kern des Rechtsstreits: Zentral war die Frage, ob der Mieterin aufgrund der erheblichen Lärmbeeinträchtigungen durch die Baustelle ein Anspruch auf Mietminderung und Rückzahlung überzahlter Mieten zusteht und in welcher Höhe eine solche Minderung angesichts der konkreten Umstände gerechtfertigt ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht verurteilte die Beklagte, an die Klägerin 793,85 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden zwischen den Parteien entsprechend ihres Obsiegens und Unterliegens aufgeteilt.
- Begründung: Die Miete war gemindert, da die Lärmbelästigung durch die nahegelegene Großbaustelle einen Mangel darstellte, der nicht als erwartbarer Lückenschluss angesehen werden konnte. Das Gericht sah eine pauschale Mietminderung von 10 % für Großbaustellen als gegeben an und erhöhte diese aufgrund der vorgelegten detaillierten Dokumentation der Klägerin für bestimmte Monate auf 25 % bzw. 30 %.
- Folgen: Die Vermieterin muss einen Großteil der von der Mieterin geforderten überzahlten Mieten zurückzahlen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung abgewendet werden kann.
Der Fall vor Gericht
Baulärm vor dem Schlafzimmer: Muss man das als Mieter einfach hinnehmen?
Wer kennt es nicht? Plötzlich wird neben dem eigenen Zuhause eine Baustelle eingerichtet. Presslufthämmer dröhnen, Bagger rangieren, und Lastwagen fahren früh am Morgen lärmend vorbei. Für viele stellt sich dann die Frage: Muss ich die volle Miete zahlen, obwohl meine Wohnqualität so stark beeinträchtigt ist? Genau um diese Frage ging es in einem Fall vor dem Amtsgericht Nürnberg. Eine Mieterin fühlte sich durch eine Großbaustelle so gestört, dass sie einen Teil ihrer Miete zurückforderte.
Baulärm Tag für Tag: Wie der Streit um die Miete begann

Die Klägerin, nennen wir sie Frau M., bewohnt seit 1993 eine Wohnung im zweiten Obergeschoss eines Hauses in Nürnberg. Ihre Vermieterin ist die Beklagte, eine Immobiliengesellschaft. Die monatliche Gesamtmiete betrug bis November 2017 genau 426,57 Euro und stieg ab Dezember 2017 auf 475,43 Euro. Im Sommer 2017 änderte sich die gewohnte Ruhe in der Nachbarschaft drastisch: In unmittelbarer Umgebung der Wohnung von Frau M. begannen umfangreiche Bauarbeiten. Ein altes Produktions- und Verwaltungsgebäude sowie ein Wohnhaus wurden abgerissen. An ihrer Stelle sollten drei neue Häuser mit Eigentumswohnungen und einer Tiefgarage entstehen – eine typische Großbaustelle also.
Frau M. begann ab August 2017, die Bauaktivitäten und den damit verbundenen Lärm akribisch zu dokumentieren. Ab November 2017 zahlte sie ihre Miete nur noch unter Vorbehalt. Was bedeutet „unter Vorbehalt“? Es heißt, sie zahlte zwar den vollen Betrag, signalisierte aber gleichzeitig ihrer Vermieterin, dass sie einen Teil davon für ungerechtfertigt hält und möglicherweise zurückfordern wird. Sie war der Meinung, dass eine Mietminderung – also eine Verringerung der Miete – von 40 % für die Monate November 2017 bis Mai 2018 angemessen sei. Das ergab eine Forderung von insgesamt 1.311,65 Euro.
Welche Beeinträchtigungen machte Frau M. geltend? Ihre Schlafzimmerfenster, so erklärte sie, lägen nur etwa 20 Meter Luftlinie von der Baustelle entfernt. Die Straße direkt vor ihrem Schlafzimmer wurde von schweren Baustellenfahrzeugen wie Lastwagen, Betonmischern und Baggern als Zufahrt genutzt. Die Arbeiten begannen oft schon um 6:20 Uhr morgens. Frau M. konnte den Lärm bis mindestens 15:00 Uhr bestätigen, da sie dann üblicherweise zur Arbeit ging. Zusätzlich wurde ab dem 23. April 2018 die Straße direkt vor ihrem Schlafzimmer aufgerissen, was weiteren Lärm durch Bagger und LKWs verursachte. Frau M. gab sogar an, dass manchmal bis nachts um 23:00 Uhr und gelegentlich auch samstags gearbeitet wurde. Um ihre Forderungen zu untermauern, legte sie detaillierte Aufzeichnungen der Lärmbelästigungen von September 2017 bis April 2018 vor. Da die Vermieterin die geforderte Summe nicht zurückzahlte, zog Frau M. vor Gericht.
40% weniger Miete oder normale Stadtgeräusche? Die Argumente im Detail
Vor Gericht beantragte Frau M. also, ihre Vermieterin zur Zahlung von 1.311,65 Euro plus Zinsen zu verurteilen. Zinsen sind eine Art Entschädigung dafür, dass man sein Geld später erhält. Die Höhe der Zinsen wird oft als „Prozentpunkte über dem Basiszins“ angegeben, wobei der Basiszins ein offizieller Zinssatz ist, der regelmäßig angepasst wird. „Rechtshängigkeit“ bedeutet den Zeitpunkt, ab dem die Klage dem Gegner offiziell zugestellt wurde.
Die Vermieterin hingegen forderte, die Klage abzuweisen. Sie bestritt, dass die Bauarbeiten die Wohnung von Frau M. so stark beeinträchtigten. Schließlich liege die Wohnung ja nicht direkt neben der Baustelle. Obwohl sie aus Kulanz – also aus reiner Freundlichkeit und ohne eine rechtliche Verpflichtung anzuerkennen – eine Mietminderung von 10 % anbot, war sie der Ansicht, generell nichts zurückzahlen zu müssen. Ihr Hauptargument: In einer Großstadt müsse man immer mit Bauarbeiten rechnen. Insbesondere wenn bei Einzug in eine Wohnung in der Nähe noch Baulücken – also unbebaute Grundstücke zwischen Häusern – vorhanden sind, sei es erwartbar, dass diese irgendwann geschlossen werden. Die von Frau M. vorgelegte Dokumentation sei außerdem nicht ausreichend, um nachzuvollziehen, wann denn kein Lärm stattgefunden habe. Und selbst wenn man von einer Großbaustelle ausgehe, sei eine Minderung von 40 % viel zu hoch.
Lärm ist nicht gleich Lärm: Was musste das Gericht klären?
Das Gericht stand nun vor mehreren Fragen. Die zentrale Frage war: Hatte Frau M. überhaupt einen Anspruch auf Mietminderung wegen des Baulärms? Und falls ja: In welcher Höhe war eine Minderung gerechtfertigt? Musste sie den Lärm als typisches Großstadtrisiko hinnehmen, oder war die Belästigung so außergewöhnlich, dass sie ihre Miete kürzen durfte? Und wie genau waren ihre Lärmprotokolle zu bewerten?
Das Urteil: Weniger Miete, aber nicht so viel wie erhofft
Das Amtsgericht Nürnberg fällte am 12. Dezember 2018 sein Urteil. Die Vermieterin wurde verurteilt, an Frau M. 793,85 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Das war zwar weniger, als Frau M. gefordert hatte, aber immerhin ein deutlicher Betrag.
Die Kosten des Rechtsstreits – also die Gerichtsgebühren und Anwaltskosten – wurden geteilt: Die Vermieterin musste 61 % tragen, Frau M. 39 %. Warum diese Aufteilung? Das Gericht orientiert sich dabei daran, wer zu welchem Anteil gewonnen bzw. verloren hat. Da Frau M. nicht die volle Summe zugesprochen bekam, musste sie auch einen Teil der Kosten tragen.
Das Urteil wurde für „vorläufig vollstreckbar“ erklärt. Das bedeutet, Frau M. könnte die Zahlung von der Vermieterin verlangen, auch wenn diese noch Berufung einlegen würde. Allerdings könnten beide Seiten die Vollstreckung durch eine „Sicherheitsleistung“ – eine Art Kaution – in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor selbst Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der „Streitwert“, also der Wert, um den gestritten wurde, wurde auf 1.311,65 Euro festgesetzt. Dieser Wert ist wichtig für die Berechnung der Gerichts- und Anwaltsgebühren.
Warum das Gericht so entschied: Eine genaue Betrachtung der Gründe
Das Gericht erklärte, dass die Klage von Frau M. zulässig und größtenteils begründet sei. Sie konnte die Rückzahlung von 793,85 Euro verlangen, weil ihre Miete für den strittigen Zeitraum gemindert war. Das ergibt sich aus § 536 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dieser Paragraph besagt vereinfacht: Hat eine gemietete Sache einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch erheblich mindert, muss der Mieter für die Zeit des Mangels nur eine angemessen herabgesetzte Miete zahlen. Ein solcher „Mangel“ kann auch erheblicher Baulärm sein.
Großbaustelle bestätigt, aber kein erwartbarer Lückenschluss
Das Gericht schaute sich die von Frau M. eingereichten Fotos, die Beschreibungen und auch Bilder von Google Maps genau an. Es kam zu dem Schluss: Ja, es handelt sich um eine Großbaustelle. Aber – und das war ein wichtiger Punkt – es handelte sich nicht um einen für Frau M. bei Einzug erwartbaren „Lückenschluss“. Die Vermieterin hatte ja argumentiert, Frau M. hätte damit rechnen müssen. Das Gericht sah das anders. Auf den Bildern war erkennbar, dass an der Stelle vor dem Abriss bereits ein Vorderhaus stand, das die Baulücke schloss und ähnlich hoch war wie die Nachbarhäuser. Die flacheren Fabrikationsräume lagen erst im nicht einsehbaren Hinterhof. Das Gericht betonte: Von Mietern kann nicht verlangt werden, bei Einzug die Umgebung und sogar Hinterhöfe auf mögliche zukünftige Baustellen zu untersuchen. Da der Baulärm für Frau M. also unerwartet kam und eine erhebliche Belästigung darstellte, lag ein Mangel der Mietsache vor, der zu einer Mietminderung berechtigt.
Die Höhe der Mietminderung: Eine Frage der Details
Obwohl Frau M. grundsätzlich Recht bekam, erhielt sie nicht die vollen 40 % Minderung. Das Gericht erklärte, dass Mieter laut ständiger Rechtsprechung – das sind Entscheidungen, die Gerichte immer wieder ähnlich treffen – schon ohne ganz genaue Dokumentation oft einen Anspruch auf 10 % Mietminderung haben, wenn eine nahegelegene Großbaustelle besteht. Da Frau M. aber sehr detaillierte Aufzeichnungen vorgelegt hatte, ging das Gericht von einer höheren Minderung aus. Besonders stark gewichtete das Gericht die Monate, in denen direkt unter Frau M.s Schlafzimmerfenster an der Straße gearbeitet wurde oder Bau-LKWs in Schlange standen.
Das Gericht berücksichtigte aber auch Zeiträume mit weniger Lärm. So fand laut Frau M.s eigenen Angaben zwischen dem 12. und 19. Februar 2018 wegen Frost keine Bauarbeiten statt. Ebenso ging das Gericht davon aus, dass über die Weihnachtsfeiertage ab dem 24. Dezember 2017 kein vergleichbarer Baulärm auftrat.
Aufgrund der Bilder und der Beschreibungen hielt das Gericht in den Monaten November 2017 sowie Januar, März und April 2018 eine Minderung von 30 % der Bruttomiete für angemessen. In den übrigen Monaten, für die Frau M. klagte (Dezember 2017 und Februar 2018), schätzte das Gericht die Beeinträchtigung wegen des teilweisen Aussetzens des Baulärms auf 25 % der Bruttomiete. Wichtig war hier auch: Die Vermieterin hatte den Baulärm nicht „substantiiert bestritten“. Das bedeutet, sie hatte nicht konkret und nachvollziehbar dargelegt, warum der Lärm nicht so schlimm gewesen sein soll oder wann genau kein Lärm stattgefunden habe. Ein einfaches „Es war nicht so schlimm“ reicht vor Gericht oft nicht aus.
Eine höhere Minderung als die zugesprochenen Sätze gab es aber nicht. Frau M. hatte zwar argumentiert, dass sie nachts arbeite und vormittags schlafen müsse, was den Lärm für sie besonders schlimm mache. Das Gericht berücksichtigte dies jedoch nicht stärker. Die Begründung: Die meisten Menschen arbeiten tagsüber, und daher ist dies auch die übliche Arbeitszeit auf Baustellen. Dieser Umstand führt nicht automatisch zu einer höheren Mietminderungsquote.
Die genaue Berechnung der Rückzahlung
Das Gericht rechnete dann die einzelnen Beträge aus:
- November 2017: 30 % von 426,57 € = 127,97 €
- Dezember 2017: 25 % von 475,43 € = 118,86 €
- Januar 2018: 30 % von 475,43 € = 142,63 €
- Februar 2018: 25 % von 475,43 € = 118,86 €
- März 2018: 30 % von 475,43 € = 142,63 €
- April 2018: 30 % von 475,43 € = 142,63 €
Zusammengerechnet ergibt das 793,58 Euro. Das Gericht rundete diesen Betrag auf 793,85 Euro auf.
Wer zahlt was? Die Kostenentscheidung des Gerichts
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits stützt sich auf § 92 der Zivilprozessordnung (ZPO). Die ZPO ist quasi das Regelbuch für Gerichtsverfahren in Zivilsachen (also Streitigkeiten zwischen Privatpersonen oder Unternehmen). Dieser Paragraph regelt, dass die Kosten geteilt werden, wenn jede Partei teils gewinnt und teils verliert. Da Frau M. einen Teil ihrer Forderung durchsetzen konnte, aber eben nicht die volle Summe, mussten beide Seiten anteilig die Kosten tragen. Die Regelungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden sich in den §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO; sie ermöglichen es dem Gewinner, das Urteil umzusetzen, schützen aber auch den Verlierer unter bestimmten Umständen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt klar: Mieter müssen extremen Baulärm nicht einfach hinnehmen und können ihre Miete berechtigt kürzen – auch wenn sie in einer Großstadt wohnen. Entscheidend ist, dass der Lärm für den Mieter bei Einzug nicht vorhersehbar war und die Wohnqualität erheblich beeinträchtigt. Eine genaue Dokumentation der Lärmbelästigung zahlt sich aus, da das Gericht dadurch eine höhere Mietminderung von bis zu 30% zusprach statt der üblichen 10% bei undokumentierten Großbaustellen. Das Urteil stärkt die Position von Mietern gegenüber unzumutbarem Baulärm und zeigt gleichzeitig, dass Gerichte realistische Minderungsquoten ansetzen, die sowohl die tatsächliche Belastung als auch normale Großstadtgegebenheiten berücksichtigen.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann darf ich als Mieterin oder Mieter meine Miete wegen Baulärms mindern?
Als Mieterin oder Mieter können Sie Ihre Miete wegen Baulärms mindern, wenn dieser Lärm die Nutzung Ihrer Wohnung erheblich beeinträchtigt. Die gesetzliche Grundlage dafür ist § 536 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dieser Paragraph regelt, dass die Miete gemindert ist, wenn die gemietete Sache – in diesem Fall Ihre Wohnung – bei Übergabe oder während der Mietzeit einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert.
Wann Baulärm als Mangel gilt
Nicht jeder Baulärm berechtigt zur Mietminderung. Entscheidend ist, ob der Lärm über das ortsübliche Maß hinausgeht und die Wohnqualität massiv beeinträchtigt.
- Erhebliche Beeinträchtigung: Stellen Sie sich vor, der Lärm ist so intensiv oder lang anhaltend, dass er Sie am Schlafen hindert, das Arbeiten im Homeoffice unmöglich macht oder die Unterhaltung in der Wohnung stark erschwert. Solche Beeinträchtigungen, die über das normale Maß hinausgehen, können einen Mangel darstellen.
- Normaler Lärm in der Stadt: In einer belebten Stadt gehören gewisse Geräusche, darunter auch zeitweiliger Baulärm, zum allgemeinen Lebensrisiko. Das bedeutet, dass nicht jeder Lärm, der Sie stört, sofort eine Mietminderung rechtfertigt. Kurzfristige oder geringfügige Lärmbelästigungen müssen in der Regel hingenommen werden. Ein Beispiel wäre der Lärm einer kurzzeitigen Reparatur an einer Straße oder der Aufbau eines Weihnachtsmarktes.
Die Bedeutung der Vorhersehbarkeit
Ein wichtiger Faktor bei der Beurteilung, ob Baulärm einen Mangel darstellt, ist die Vorhersehbarkeit des Lärms zum Zeitpunkt des Einzugs.
- Lärm war beim Einzug bekannt: Wenn Sie eine Wohnung anmieten und wissen, dass in unmittelbarer Nähe bereits eine Großbaustelle existiert oder ein Bauvorhaben offensichtlich geplant ist, kann es schwierig sein, später eine Mietminderung wegen des Lärms zu fordern. Man geht dann davon aus, dass Sie die Wohnung in Kenntnis dieser Umstände gemietet haben und der Lärm als Teil des vertragsgemäßen Zustands akzeptiert wurde.
- Lärm tritt unerwartet auf: Beginnt jedoch eine Baustelle lange nach Ihrem Einzug, ohne dass dies vorhersehbar war, und führt der Baulärm zu einer erheblichen Beeinträchtigung Ihrer Wohnqualität, dann kann dies einen Mangel darstellen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Höhe der möglichen Mietminderung von der Schwere der Beeinträchtigung abhängt. Die Miete kann nur um den Betrag gemindert werden, um den der Wert der Wohnung durch den Mangel objektiv gemindert ist. Das bedeutet, wenn der Lärm beispielsweise nur wenige Stunden am Tag und das nur an einigen Tagen auftritt, ist die Minderung geringer, als wenn die Wohnung wochenlang durchgehenden, massiven Lärm ausgesetzt ist, der die Nutzung der Räume unmöglich macht.
Welche Nachweise sind notwendig, um eine Mietminderung wegen Baulärms durchzusetzen?
Wenn Sie als Mieterin oder Mieter eine Mietminderung wegen Baulärms durchsetzen möchten, ist es entscheidend, die Erheblichkeit der Lärmbelästigung und die Beeinträchtigung der Wohnqualität nachzuweisen. Ein Mietmangel, der zur Minderung berechtigt, liegt vor, wenn der tatsächliche Zustand der Wohnung vom vertraglich vereinbarten Zustand abweicht. Erheblicher Baulärm kann einen solchen Mangel darstellen.
Der wichtigste Nachweis in solchen Fällen ist ein detailliertes Lärmprotokoll. Dieses Protokoll dient dazu, die Dauer, Intensität und Art der Lärmbelästigung zu dokumentieren und so vor Gericht oder gegenüber dem Vermieter die Beeinträchtigung objektiv darzulegen. Ein gut geführtes Lärmprotokoll ist ein zentrales Beweismittel.
Was ein Lärmprotokoll enthalten sollte
Für die Wirksamkeit eines Lärmprotokolls ist es wichtig, dass es so präzise und vollständig wie möglich ist. Jede einzelne Lärmepisode sollte darin festgehalten werden. Stellen Sie sich vor, Sie müssten anhand dieses Protokolls jemandem die Situation genau erklären.
Ein solches Protokoll sollte folgende Informationen umfassen:
- Datum und genaue Uhrzeit: Wann begann der Lärm, wann endete er? Festhalten von Start- und Endzeit ist essenziell.
- Dauer: Wie lange dauerte die Lärmbelästigung jeweils an?
- Art des Lärms: Beschreiben Sie die Art des Geräusches (z.B. Bohren, Hämmern, Kreissägen, laute Musik, Schimpfen, Lastwagenverkehr, Betonmischer). Je spezifischer, desto besser.
- Intensität/Lautstärke: Beschreiben Sie die Lautstärke subjektiv, aber nachvollziehbar. Beispiele hierfür sind Formulierungen wie „sehr laut“, „Gespräche waren unmöglich“, „Fernsehen bei normaler Lautstärke nicht mehr verständlich“, „durchdringend“, „Vibrationen spürbar“.
- Betroffene Räume: In welchen Räumen Ihrer Wohnung war der Lärm deutlich zu hören oder störend? War es im Schlafzimmer, Wohnzimmer, in der gesamten Wohnung?
- Auswirkungen auf die Nutzung: Welche konkreten Beeinträchtigungen ergeben sich aus dem Lärm? Konnten Sie nicht schlafen, arbeiten, lernen oder sich entspannen?
- Ggf. Zeugen: Wenn andere Personen (z.B. Besucher, Nachbarn) den Lärm ebenfalls bezeugen können, sollten deren Namen und Kontaktdaten vermerkt werden. Dies kann die Glaubwürdigkeit des Protokolls zusätzlich stärken.
Ein Lärmprotokoll sollte über einen ausreichend langen Zeitraum geführt werden, um eine wiederkehrende und nicht nur einmalige Belästigung zu dokumentieren.
Ergänzende Beweismittel
Neben dem Lärmprotokoll können auch weitere Nachweise hilfreich sein, um Ihre Situation zu belegen:
- Fotos oder Videos: Diese können die Ursache des Lärms, wie eine Baustelle direkt vor dem Fenster oder die Art der Bauarbeiten, bildlich festhalten. Ein Video kann in begrenztem Maße auch die Geräuschkulisse erfassen, ist jedoch technisch oft schwer als alleiniger Lärmnachweis zu verwenden. Sie dienen jedoch als zusätzliche Veranschaulichung der Situation.
- Schriftverkehr: Dokumentieren Sie, dass Sie den Vermieter über den Baulärm und die daraus resultierende Beeinträchtigung schriftlich informiert haben. Die Mängelanzeige ist eine wichtige Voraussetzung für die Mietminderung. Bewahren Sie Kopien Ihrer Schreiben und Nachweise über den Versand (z.B. Einwurfeinschreiben) auf.
Die Gesamtheit dieser Nachweise – insbesondere ein sorgfältig geführtes Lärmprotokoll – hilft Ihnen dabei, die Grundlage für eine mögliche Mietminderung wegen Baulärms transparent und nachvollziehbar darzulegen.
Was muss ich bei der Höhe der Mietminderung aufgrund von Baulärm beachten?
Die Höhe der Mietminderung aufgrund von Baulärm ist stets vom Einzelfall abhängig und es gibt keine pauschalen Prozentsätze oder feste Tabellenwerte. Jeder Fall wird individuell geprüft, da die Auswirkungen von Baulärm auf die Wohnqualität stark variieren können. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Gerichte bei der Bemessung der Minderung eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen.
Einflussfaktoren auf die Höhe der Mietminderung
Für die Bemessung der Mietminderung sind verschiedene Umstände entscheidend. Stellen Sie sich vor, wie stark Ihr Alltag in der Wohnung tatsächlich beeinträchtigt wird. Die wichtigsten Punkte, die die Höhe beeinflussen, sind:
- Intensität des Lärms: Wie laut ist der Baulärm objektiv? Ist er so aufdringlich, dass Gespräche kaum möglich sind oder das normale Wohnen massiv gestört wird? Hier geht es um die messbare oder zumindest objektiv wahrnehmbare Lautstärke.
- Dauer und Häufigkeit: Wie lange und wie oft tritt der Lärm auf? Handelt es sich um stundenlangen, durchgehenden Lärm an mehreren Tagen pro Woche oder um kurzzeitige, seltene Spitzen? Je länger und häufiger die Störung, desto höher kann die Beeinträchtigung sein.
- Art des Lärms: Welche Art von Geräuschen verursacht die Baustelle? Ein gleichmäßiges Rauschen eines Krans kann anders bewertet werden als lautes Hämmern, Bohren oder Sprengungen, die als wesentlich störender empfunden werden.
- Betroffene Tageszeiten: Lärm, der während der üblichen Ruhezeiten auftritt (insbesondere nachts, am Wochenende oder an Feiertagen), wird in der Regel als gravierender angesehen als Lärm während der normalen Arbeitszeiten am Tag. Gerade der Schlaf oder die Wochenendruhe sind besonders schützenswert.
- Grad der Beeinträchtigung der Wohnqualität: Können Sie bestimmte Räume nicht mehr nutzen? Ist das Schlafen unmöglich geworden? Müssen Sie Fenster dauerhaft geschlossen halten, obwohl es heiß ist? Die Frage ist, wie stark die Nutzbarkeit Ihrer Wohnung als Wohnraum tatsächlich eingeschränkt ist.
- Lage der Wohnung zur Baustelle: Befindet sich Ihre Wohnung direkt an die Baustelle angrenzend, oder ist sie durch andere Gebäude oder eine größere Entfernung vom direkten Lärm abgeschirmt? Eine direkte Nachbarschaft führt in der Regel zu einer höheren Beeinträchtigung.
Persönliche Empfindlichkeiten spielen keine Rolle
Ein wichtiger Punkt ist, dass persönliche Empfindlichkeiten bei der Bemessung der Mietminderung grundsätzlich keine Rolle spielen. Wenn Sie beispielsweise aufgrund von Nachtschicht tagsüber schlafen müssen und dadurch stärker vom Baulärm betroffen sind als andere Mieter, rechtfertigt dies in der Regel keine höhere Minderung. Maßstab ist immer die objektive Beeinträchtigung eines „Durchschnittsmieters“, also einer Person mit einer normalen Lärmempfindlichkeit und einem üblichen Tagesablauf.
Muss ich als Mieterin oder Mieter jeden Baulärm hinnehmen, wenn ich in einer Großstadt wohne?
Als Mieterin oder Mieter in einer Großstadt müssen Sie nicht jeden Baulärm bedingungslos hinnehmen. Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen den alltäglichen Geräuschen einer Stadt und einer Baulärmbelästigung, die das übliche und zumutbare Maß übersteigt.
Baulärm als Mangel der Mietsache
Im Mietrecht wird eine Wohnung dann als Mangel betrachtet, wenn ihr Zustand negativ von dem abweicht, was vertraglich vereinbart wurde oder was der Mieter nach den Umständen erwarten konnte. Während normale Stadtgeräusche wie Verkehrslärm oder Sirenen zum üblichen Leben in einer Großstadt gehören und in der Regel hingenommen werden müssen, kann starker Baulärm einen solchen Mangel darstellen.
Entscheidend ist hierbei, ob der Baulärm die Nutzung der Wohnung erheblich beeinträchtigt. Stellen Sie sich vor, Sie ziehen in eine Wohnung ein, die ruhig gelegen ist, und erst Monate später beginnt nebenan eine große, lärmintensive Baustelle, die Ihnen beim Einzug nicht bekannt oder ersichtlich war. In solchen Fällen, wo der Baulärm unvorhersehbar und erheblich ist, kann er einen Mangel darstellen.
Für Sie bedeutet das: Ein Baulärm wird dann zum Mangel, wenn er über das im Mietvertrag oder im Allgemeinen erwartbare Maß hinausgeht und die Wohnqualität spürbar mindert.
Wann Baulärm über das übliche Maß hinausgeht
Ob Baulärm über das übliche Maß hinausgeht und damit einen Mangel darstellt, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Lautstärke und Art des Lärms: Ist der Lärm so intensiv (z.B. durch Bohr-, Hammer- oder Sägearbeiten), dass er das Schlafen, Arbeiten oder die normale Kommunikation in der Wohnung massiv stört?
- Dauer der Belästigung: Handelt es sich um eine kurzfristige Störung oder zieht sich der Lärm über Wochen, Monate oder sogar Jahre hinweg?
- Tageszeiten: Lärm, der außerhalb der üblichen Arbeitszeiten (z.B. sehr früh morgens, spät abends oder am Wochenende) auftritt, wird oft als unzumutbarer empfunden.
- Ortsüblichkeit: Auch in einer Großstadt gibt es Grenzen für die Lärmbelastung. Ein gewisses Maß an Baulärm ist zwar dort eher zu erwarten als auf dem Land, aber eine dauerhafte und massive Beeinträchtigung durch eine konkrete Baustelle geht oft über das ortsübliche Maß hinaus.
Was ein Mangel bedeuten kann
Wenn Baulärm einen Mangel darstellt, kann dies grundsätzlich die Rechte des Mieters beeinträchtigen. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Beurteilung, wann Baulärm als Mangel gilt und wie erheblich die Beeinträchtigung ist, stets vom jeweiligen Einzelfall abhängt. Es gibt keine pauschalen Regeln oder festen Prozentwerte für eine mögliche Beeinträchtigung. Wichtig ist, den Lärm genau zu dokumentieren, also wann, wie lange und in welcher Intensität die Geräuschbelästigung auftritt.
Welche Schritte sollte ich unternehmen, bevor ich meine Miete mindere?
Mängelanzeige: Die Grundlage der Mietminderung
Bevor eine Miete aufgrund von Mängeln gemindert werden kann, ist es entscheidend, dem Vermieter den Mangel unverzüglich und schriftlich mitzuteilen. Dies wird auch als Mängelanzeige bezeichnet. Der Hintergrund ist einfach: Der Vermieter muss von dem Problem wissen und die Möglichkeit erhalten, es zu beheben. Stellt sich ein Mangel ein, wie zum Beispiel ein Heizungsausfall oder ein undichtes Fenster, informieren Sie den Vermieter darüber, sobald Sie den Mangel bemerken.
Für Sie bedeutet das:
- Schriftliche Form: Halten Sie die Mängelanzeige immer schriftlich fest. Das kann per Einwurfeinschreiben oder per E-Mail erfolgen. Dies dient als Nachweis, dass und wann Sie den Vermieter informiert haben.
- Detaillierte Beschreibung: Beschreiben Sie den Mangel genau (Was ist betroffen? Wo genau? Seit wann?). Wenn möglich, fügen Sie Fotos hinzu.
- Aufforderung zur Beseitigung: Fordern Sie den Vermieter auf, den Mangel innerhalb einer angemessenen Frist zu beheben. Was „angemessen“ ist, hängt von der Art und Dringlichkeit des Mangels ab. Bei einem kompletten Heizungsausfall im Winter ist die Frist sehr kurz, bei einem kleineren Schönheitsfehler länger.
Ein Mieter ist grundsätzlich nur dann zur Minderung berechtigt, wenn er den Mangel angezeigt hat. Die Mietminderung tritt dann in der Regel ab dem Zeitpunkt ein, zu dem der Vermieter von dem Mangel erfahren hat oder hätte erfahren müssen.
Zahlung unter Vorbehalt: Rechte wahren, Risiken vermeiden
Wenn ein Mangel vorliegt und Sie unsicher sind, wie hoch die Mietminderung ausfallen darf oder ob der Vermieter den Mangel beheben wird, ist die Zahlung unter Vorbehalt ein wichtiges Vorgehen. Dies schützt Sie davor, in Mietrückstand zu geraten und dadurch eine Kündigung des Mietverhältnisses zu riskieren.
Was bedeutet „Zahlung unter Vorbehalt“? Sie zahlen die Miete weiterhin in voller Höhe, teilen dem Vermieter jedoch gleichzeitig und schriftlich mit, dass diese Zahlung unter Vorbehalt der Rückforderung des zu viel gezahlten Mietanteils wegen des Mangels erfolgt.
Für Sie bedeutet das:
- Kein Mietrückstand: Sie erfüllen Ihre monatliche Zahlungspflicht vollständig, sodass keine Gefahr einer Kündigung wegen Mietschulden besteht.
- Wahrung des Minderungsrechts: Obwohl Sie die volle Miete zahlen, behalten Sie sich das Recht vor, den Anteil zurückzufordern, um den die Miete aufgrund des Mangels gemindert war. Diesen Anspruch können Sie später geltend machen.
- Formulierung: Fügen Sie bei der Mietüberweisung oder in einer gesonderten schriftlichen Mitteilung (z.B. per E-Mail oder Einschreiben) einen klaren Hinweis hinzu, etwa: „Zahlung der Miete für [Monat] in voller Höhe unter Vorbehalt der Rückforderung wegen [genaue Angabe des Mangels]„. Senden Sie diese Mitteilung idealerweise gleichzeitig mit der Mietzahlung oder kurz davor.
Dieses Vorgehen ist besonders sinnvoll, wenn die Höhe der Minderung noch unklar ist oder wenn Sie erst abwarten möchten, ob der Vermieter auf die Mängelanzeige reagiert.
Die Bedeutung der schriftlichen Kommunikation
Jeder Schritt im Zusammenhang mit Mängeln und Mietminderung sollte schriftlich erfolgen. Das reicht von der ersten Mängelanzeige über die Fristsetzung zur Mängelbeseitigung bis hin zur Ankündigung der Zahlung unter Vorbehalt.
Warum ist das so wichtig?
- Beweismittel: Im Falle eines Rechtsstreits haben Sie so einen Nachweis darüber, wann Sie welche Information an den Vermieter gesendet haben und welche Fristen gesetzt wurden. Mündliche Absprachen sind oft schwer zu beweisen.
- Klarheit: Schriftliche Mitteilungen vermeiden Missverständnisse zwischen Mieter und Vermieter.
- Dokumentation: Sie können eine klare Akte über den Verlauf der Kommunikation und der Mängelbeseitigung führen.
Bewahren Sie Kopien aller gesendeten Schreiben, E-Mails und gegebenenfalls Empfangsbestätigungen (z.B. Rückscheine von Einschreiben) sorgfältig auf.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Mangel der Mietsache
Ein Mangel der Mietsache liegt vor, wenn die gemietete Wohnung oder das gemietete Haus einen Zustand aufweist, der die Gebrauchstauglichkeit für den Mieter beeinträchtigt oder einschränkt. Nach § 536 BGB berechtigt ein solcher Mangel den Mieter, die Miete zu mindern, solange der Mangel besteht. Im Fall von Baulärm kann dieser als Mangel gelten, wenn der Lärm die Nutzung der Wohnung erheblich verschlechtert und über das ortsübliche Maß hinausgeht. Beispiel: Wenn die Schlafzimmerfenster aufgrund ständigen Baulärms nicht mehr zum Schlafen genutzt werden können, kann dies einen Mangel darstellen.
Mietminderung
Die Mietminderung ist das Recht des Mieters, die Miete zu verringern, wenn ein Mangel an der Mietsache vorliegt, der die Wohnqualität deutlich beeinträchtigt (vgl. § 536 BGB). Die Höhe der Minderung richtet sich nach dem Ausmaß der Beeinträchtigung und wird meist prozentual vom Mietbetrag bemessen. Sie ist nicht automatisch, sondern muss vom Mieter geltend gemacht und in der Regel dokumentiert werden, etwa durch ein Lärmprotokoll bei Baulärm. Beispiel: Bei dauerhaft starkem Baulärm kann ein Mieter seine Miete für einige Monate um 30 % reduzieren.
Zahlung unter Vorbehalt
Die Zahlung unter Vorbehalt bedeutet, dass ein Mieter die volle vereinbarte Miete zwar bezahlt, gleichzeitig aber erklärt, dass er sich das Recht vorbehält, einen Teil der Miete später zurückzufordern, etwa wegen eines Mangels an der Wohnung. Dieses Vorgehen schützt den Mieter vor einer möglichen Kündigung wegen Mietrückständen, während er seine Ansprüche wahrt. Die Erklärung sollte schriftlich erfolgen und den konkreten Grund für den Vorbehalt angeben. Beispiel: Ein Mieter zahlt die Miete weiter und informiert den Vermieter schriftlich, dass er wegen Baulärm einen Teil der Miete zurückfordern will.
Vorhersehbarkeit des Mangels (Baulärms)
Die Vorhersehbarkeit des Mangels beschreibt, ob der Mieter bei Einzug mit dem vorhandenen oder künftig zu erwartenden Zustand der Wohnung und Umgebung rechnen musste. Ist der Baulärm zum Zeitpunkt des Mietbeginns bereits bekannt oder erkennbar (z. B. bestehende Baustelle oder Planungen), trägt der Mieter das Risiko und kann später keine Mietminderung wegen dieses Lärms verlangen. Ist der Baulärm jedoch überraschend und erst nach Einzug entstanden, kann er einen Mangel darstellen, der eine Mietminderung rechtfertigt. Beispiel: Zieht jemand in eine ruhige Straße ein, und erst Monate später entsteht eine große Baustelle mit dauerhaftem Lärm, gilt der Lärm als unvorhersehbar.
Lärmprotokoll
Ein Lärmprotokoll ist eine schriftliche und möglichst genaue Dokumentation von Lärmbelästigungen, etwa durch Baulärm. Es soll Beginn, Ende, Dauer, Art und Intensität des Lärms sowie die betroffenen Räume und die Beeinträchtigung durch den Lärm festhalten. Solche Protokolle dienen als wichtiges Beweismittel, wenn ein Mieter eine Mietminderung geltend macht und vor Gericht seine Beeinträchtigung nachweisen muss. Beispiel: Ein Mieter notiert täglich von 6:20 bis 15:00 Uhr den Baulärm und beschreibt, wie dieser das Schlafen unmöglich machte.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Regelt den Anspruch auf Mietminderung, wenn die Mietsache einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch erheblich mindert. Der Mieter kann in solchen Fällen eine angemessen herabgesetzte Miete verlangen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Baulärm stellte für Frau M. einen Mangel der Wohnung dar, der ihre Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigte und damit einen Anspruch auf Mietminderung begründete.
- § 92 ZPO (Zivilprozessordnung): Bestimmt, dass bei teilweisem Erfolg im Zivilprozess die Kosten des Rechtsstreits geteilt werden können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da Frau M. nicht den vollen Betrag zugesprochen bekam, entschied das Gericht eine anteilige Kostenverteilung zwischen den Parteien.
- § 708 Nr. 11 ZPO, § 711 ZPO: Regeln die vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen und die Möglichkeit, durch Sicherheitsleistung die Vollstreckung abzuwenden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Urteil wurde vorläufig vollstreckbar erklärt, sodass Frau M. die Zahlung trotz möglicher Berufung sofort geltend machen konnte, zugleich aber beide Parteien bestimmte Sicherheiten leisten können.
- Grundsatz der zumutbaren Nutzung (§ 536 BGB in Verbindung mit herrschender Rechtsprechung): Mieter müssen übliche und erwartbare Beeinträchtigungen hinnehmen, etwa typische Stadtgeräusche oder erwartbare Bauarbeiten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass der Baulärm nicht als erwartbarer „Lückenschluss“ galt, weil die umliegenden Häuser bereits bestanden und die Baustelle daher nicht vorhersehbar war; somit wurde die Minderung anerkannt.
- Beweislast bei Mietminderung (Rechtsprechung zur Substantiierung): Der Mieter muss die Beeinträchtigung der Wohnung substantiiert darlegen und beweisen, z.B. durch Lärmprotokolle. Der Vermieter kann dann Einwendungen erheben, die ebenfalls konkret begründet sein müssen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Frau M. legte detaillierte Aufzeichnungen vor, während die Vermieterin den Baulärm nicht substantiiert bestritt, was dem Anspruch auf Mietminderung zum Teil den Weg ebnete.
- Grundsatz der Angemessenheit der Mietminderung (Rechtsprechung): Die Höhe der Mietminderung richtet sich nach dem Ausmaß der Gebrauchseinschränkung und kann zeitlich differenziert bewertet werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht bewertete die Lärmbelastung monatsweise unterschiedlich und sprach Frau M. deshalb keine vollständige, aber eine teilweise Minderung in unterschiedlicher Höhe zu.
Das vorliegende Urteil
AG Nürnberg – Az.: 28 C 6191/18 – Urteil vom 12.12.2018
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