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Mietminderung bei permanentem ruhestörendem Lärm aus Nachbarwohnung

Mietminderung bei chronischem Lärm aus Nachbarwohnung: 10% Minderung zulässig

Das Landgericht Berlin bestätigte, dass permanent ruhestörender Lärm aus einer Nachbarwohnung einen Mietmangel darstellt. Dem Kläger wurde das Recht zugesprochen, die Bruttowarmmiete um 10 % zu mindern, wenn die Ruhestörungen außerhalb der Zeiten von 6 Uhr morgens und 22 Uhr abends auftreten. Das Urteil hebt die Bedeutung des Rechts auf Ruhe in Wohngebäuden hervor und stellt klar, dass übermäßige Lärmbeeinträchtigungen nicht hinzunehmen sind.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 63 S 236/14   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Bestätigung eines Mietmangels: Permanent ruhestörender Lärm wird als Mietmangel anerkannt.
  2. Mietminderung: Der Kläger darf die Miete um 10 % mindern.
  3. Zeitliche Einschränkung: Die Regelung gilt für Lärm außerhalb von 6 Uhr bis 22 Uhr.
  4. Definition von Ruhestörungen: Lärm durch Streiten, Schreien, Poltern etc. wird als Störung gewertet.
  5. Abgrenzung zu normalen Geräuschen: Übliche Geräusche eines Mehrfamilienhauses müssen hingenommen werden.
  6. Beweisführung: Die Beeinträchtigung wurde durch ein Lärmprotokoll und Zeugenaussagen bestätigt.
  7. Kostenverteilung im Rechtsstreit: Kostenverteilung zwischen Kläger und Beklagtem gemäß Urteil.
  8. Vorläufige Vollstreckbarkeit: Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Ruhestörung Mietminderung
(Symbolfoto: Andrii Iemelianenko /Shutterstock.com)

Eine Mietminderung bei permanentem ruhestörendem Lärm aus der Nachbarwohnung ist möglich, wenn die Wohnqualität durch den Lärm erheblich beeinträchtigt wird. Laut Mietrecht ist dies beispielsweise der Fall, wenn die Nachtruhe regelmäßig gestört wird und der Mieter nicht mehr durchschlafen kann oder wenn die laute Musik des Nachbarn beim Arbeiten stört. Um eine Mietminderung geltend zu machen, müssen Sie Ihren Vermieter über den Lärm informieren und ihn zur Behebung des Mangels auffordern. Eine Mietminderung ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Vermieter nicht reagiert oder keine ausreichenden Maßnahmen ergreift, um den Lärm zu reduzieren.

Die Höhe der Mietminderung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Dauer des Mangels, der betroffenen Räume und der Beeinträchtigung der Wohnqualität. Es ist wichtig, den Lärmpegel und die Häufigkeit der Störungen zu dokumentieren, um Ihre Ansprüche auf eine Mietminderung zu untermauern. In einigen Fällen kann auch eine Mediation oder ein Schlichtungsverfahren helfen, den Lärmstreit mit dem Nachbarn beizulegen.

Im folgenden Beitrag wird ein konkretes Urteil des Landgerichts Berlin (LG Berlin) zum Thema Mietminderung bei permanentem ruhestörendem Lärm aus der Nachbarwohnung vorgestellt und besprochen. Dabei werden die rechtlichen Herausforderungen und die Entscheidung des Gerichts näher beleuchtet.

Der Weg zur Mietminderung: Ein Fall von ruhestörendem Lärm

In einem bemerkenswerten Rechtsstreit hat das Landgericht (LG) Berlin entschieden, dass ein Mieter seine Bruttowarmmiete um 10 % mindern darf, wenn er von permanentem, ruhestörendem Lärm aus einer Nachbarwohnung betroffen ist. Dieses Urteil, Az.: 63 S 236/14, datiert vom 6. Februar 2015, stellt eine Abänderung und Neufassung eines früheren Urteils des Amtsgerichts Charlottenburg dar. Der Fall begann, als der Kläger, gestört von anhaltendem Lärm aus der Nachbarwohnung, eine Mietminderung geltend machte. Der Lärm, charakterisiert durch Streiten, Schreien, Poltern und ähnliche Geräusche, war nicht nur sporadisch, sondern eine nahezu tägliche Beeinträchtigung, oft auch zu Ruhezeiten vor 6 Uhr morgens und nach 22 Uhr abends.

Rechtliche Bewertung von Lärmbelästigung im Mietrecht

Die juristische Auseinandersetzung drehte sich im Kern um die Frage, inwieweit dauerhafte Ruhestörungen als Mangel der Mietsache zu bewerten sind. Das LG Berlin stützte sich in seinem Urteil auf § 536 Abs. 1 BGB, wonach ständige Ruhestörungen als Mietmangel zu betrachten sind. Interessant ist dabei die Unterscheidung zwischen sozial adäquaten Geräuschen, die im normalen Wohngebrauch in Mehrfamilienhäusern auftreten und daher hinzunehmen sind, und der übermäßigen Lärmbelästigung, wie sie im vorliegenden Fall vorlag. Das Gericht anerkannte, dass das Zusammenleben mehrerer Mieter gewisse Geräuschbelastungen mit sich bringt, betonte jedoch, dass die hier vorliegenden Störungen das übliche und vertragsgemäß hinzunehmende Maß deutlich überschritten.

Beweisführung und gerichtliche Beurteilung

Zentral für die Entscheidung des Gerichts waren die Beweisführung und die Beurteilung der Beeinträchtigung. Der Kläger legte ein Lärmprotokoll vor, das nahezu tägliche Störungen dokumentierte. Zusätzlich stützte sich das Urteil auf die Aussage einer Zeugin, die die Ruhestörungen bestätigte. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin wurde vom Gericht hervorgehoben, obwohl sie selbst von dem Lärm betroffen war. Ein wesentlicher Aspekt war hierbei, dass das subjektive Empfinden anderer Mieter, die sich nicht gestört fühlten, nicht berücksichtigt wurde. Es ging vielmehr um die objektive Beeinträchtigung in der Wohnung des Klägers.

Urteil des Landgerichts Berlin und seine Folgen

Das LG Berlin entschied, dass eine Mietminderung von 10 % angemessen sei. Diese Entscheidung berücksichtigte die Erheblichkeit der Störungen und deren Einfluss auf die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung. Die Kosten des Rechtsstreits wurden zwischen Kläger und Beklagtem aufgeteilt, wobei der Kläger auch einen Teil der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer zu tragen hatte.  Urteil unterstreicht die Wichtigkeit des Rechts auf ungestörten Wohnraum.

Das Urteil des Landgerichts Berlin hebt die Bedeutung des Rechts auf einen ungestörten Wohnraum hervor. Es zeigt auf, dass Mieter nicht hilflos gegenüber anhaltenden Ruhestörungen sind und setzt klare Richtlinien, unter welchen Umständen eine Mietminderung gerechtfertigt ist. Die Entscheidung betont, dass, während alltägliche Geräusche in einem Mehrfamilienhaus normal und zu erwarten sind, die Grenze dort zu ziehen ist, wo die Lärmbelästigung das Maß des Üblichen übersteigt und die Wohnqualität signifikant beeinträchtigt. Dieses Urteil bietet somit eine wichtige Orientierungshilfe für Mieter und Vermieter gleichermaßen, um die Balance zwischen den Rechten und Pflichten in einem Mietverhältnis in Bezug auf Lärmbelästigung zu finden.

Das LG Berlin setzt mit seinem Urteil ein klares Signal, dass ruhestörender Lärm in Nachbarwohnungen nicht toleriert werden muss und bietet betroffenen Mietern einen rechtlichen Rahmen für die Geltendmachung ihrer Ansprüche. Dieses Urteil könnte somit auch für zukünftige Fälle von Lärmbelästigung im Mietrecht richtungsweisend sein.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Wie wirkt sich Lärm aus einer Nachbarwohnung auf das Mietrecht aus?

Lärm aus einer Nachbarwohnung kann die Wohnqualität erheblich beeinträchtigen und wird rechtlich als Mietmangel angesehen, wenn er über das sozialadäquate Maß hinausgeht und die Nutzung der Wohnung erheblich stört. Mieter haben dann das Recht, eine Mietminderung zu verlangen.

Rechtliche Grundlagen

Nach § 536 BGB besteht ein Recht auf Mietminderung, wenn die Wohnung aufgrund von Lärm nicht mehr vertragsgemäß nutzbar ist. Die Höhe der Mietminderung hängt von der Art, Dauer und Intensität der Ruhestörung ab.

Vorgehen bei Lärmbelästigung

  1. Kommunikation mit dem Verursacher: Zunächst sollte versucht werden, das Problem im Gespräch mit dem Lärmverursacher zu lösen.
  2. Mängelanzeige an den Vermieter: Sollte das Gespräch keine Lösung bringen, muss der Mangel dem Vermieter angezeigt werden. Ein Lärmprotokoll ist dabei hilfreich, aber nicht zwingend erforderlich.
  3. Mietminderung: Nach Ankündigung kann die Miete gemindert werden. Die Minderung sollte schriftlich angekündigt und begründet werden.
  4. Weitere Schritte: Bei anhaltender Lärmbelästigung können weitere rechtliche Schritte wie eine Abmahnung oder sogar eine fristlose Kündigung durch den Vermieter gegen den störenden Mieter erfolgen.

Was ist zumutbar?

  • Sozialadäquater Lärm: Gewisse Geräusche, wie Kinderlachen oder gelegentliches Hämmern, müssen hingenommen werden.
  • Ruhezeiten: In der Regel gelten Ruhezeiten von 22 Uhr bis 6 Uhr sowie sonn- und feiertags ganztägig.
  • Zimmerlautstärke: Geräusche in Zimmerlautstärke sind in der Regel zumutbar.

Was ist nicht zumutbar?

  • Übermäßiger Lärm: Ständiges Geschrei, laute Musik oder Handwerksarbeiten zu Ruhezeiten sind nicht hinnehmbar.
  • Nächtliche Ruhestörungen: Regelmäßige Störungen der Nachtruhe berechtigen zu einer Mietminderung.

Weitere Urteile und Beispiele

  • Mietminderung von 50%: Übermäßiger Lärm von Mitmietern.
  • Mietminderung von 10%: Lautes Poltern, Herumtrampeln und laute Musik vom Nachbarn.
  • Mietminderung von 20%: Erhebliche Lärmbelästigungen durch Nachbarfamilien im Haus.

Beweislast

Der Mieter trägt die volle Beweislast für die behauptete Lärmbelästigung. Dies kann durch Zeugen, Lärmprotokolle oder andere Beweismittel erfolgen.

Mieter müssen nicht alle Geräusche hinnehmen, die über die Wohnungs- oder Grundstücksgrenze dringen. Bei erheblicher Lärmbelästigung stehen ihnen Rechte zu, die von der Mängelanzeige über die Mietminderung bis hin zu weiteren rechtlichen Schritten reichen können.


Das vorliegende Urteil

LG Berlin – Az.: 63 S 236/14 – Urteil vom 06.02.2015

Auf die Berufung der Beklagten und deren Streithelfer wird – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen – das am 10. Juli 2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 235 C 64/14 – abgeändert und neu gefasst:

Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 7. April 2014 wird aufrechterhalten mit der Maßgabe, dass Ruhestörungen vor 6 Uhr und nach 22 Uhr zu unterbinden sind und dass festgestellt wird, dass der Kläger berechtigt ist, ab dem 1. November 2013 die Bruttowarmmiete von monatlich 706,23 EUR bis zur Beseitigung der sich aus dem Tenor zu 1. des o. g. Versäumnisurteils ergebenden Beeinträchtigungen um 10 % zu mindern.

Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat vorab die Kosten ihrer erstinstanzlichen Säumnis zu tragen, von den übrigen Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben der Kläger 54 % und die Beklagte 46 % zu tragen.

Der Kläger hat 54 % der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestands gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung der Beklagten und deren Streithelfer ist teilweise begründet.

Ohne Erfolg beanstanden die Beklagte und deren Streithelfer indes, dass das Amtsgericht die Beklagte gemäß § 535 Abs. 1 BGB verurteilt hat, im Wege der Mängelbeseitigung Ruhestörungen durch Lärmbelästigungen aus der Wohnung der Streithelfer zu unterbinden, jedoch betrifft dies nur die Zeiten vor 6.00 Uhr und nach 22.00 Uhr.

Das Amtsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ständige Ruhestörungen einen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB einer Wohnung darstellen. Dabei hat das Amtsgericht nicht übersehen, diese auch unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, dass aus dem Zusammenleben mehrerer Mieter in einem Mehrfamilienhaus sich zwangsläufig Beeinträchtigungen durch sozial adäquate Geräusche ergeben, die mit der Nutzung einer Wohnung üblicherweise verbunden, deshalb vertragsgemäß und von anderen Mietern hinzunehmen sind. Die Art der danach festgestellten Geräusche in Form von Streiten, Schreien, Poltern, Trampeln, Türenknallen, Fernsehen u.Ä. entspricht grundsätzlich einer üblichen Nutzung einer Wohnung, denn diese ergeben sich regelmäßig bei deren Gebrauch durch den Aufenthalt von mehreren Menschen, insbesondere auch von Kindern. Allerdings gilt das im vorliegenden Fall nicht für das Ausmaß der Beeinträchtigungen. Denn diese treten hier nicht, wie bei einer üblichen Nutzung einer Wohnung, gelegentlich auf, sondern ständig. Ausweislich des vom Kläger eingereichten Lärmprotokolls sind nahezu täglich Störungen zu verzeichnen. Hinzu kommt, dass die auch nicht nur vereinzelt bereits vor 6.00 Uhr und häufig auch nach 22.00 Uhr, teilweise auch noch nach 0.00 Uhr auftreten.

Unter diesen Umständen ist die Beurteilung des Amtsgerichts, dass es sich um eine über das übliche und als vertragsgemäß hinzunehmende Maß hinausgehende Beeinträchtigung handelt, nachvollziehbar. Die o. g. Ruhestörungen sind von der Zeugin Weiser in der vom Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme bestätigt worden. Mängel in der Beweiswürdigung sind nach Ansicht der Kammer nicht zu erkennen. Allein der Umstand, dass die Zeugin vom Lärm selbst betroffen ist, macht diese nicht unglaubwürdig. Soweit die Streithelfer nunmehr in der Berufungsinstanz erstmals ihrerseits Zeugen benennen, die sich von den Streithelfern nicht gestört fühlen, ist dies zum einen nicht substantiiert und geht nicht auf den Klägervortrag ein. Denn es kommt nicht auf das subjektive Empfinden anderer Mieter an und schließt vor allem nicht die in der Wohnung des Klägers zu vernehmenden Geräusche aus. Ferner ist dieses Vorbringen nach § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert, weil es bereits in I. Instanz hätte erfolgen können.

Die Berufung der Beklagten und deren Streithelferin hat indes in Bezug auf die vom Amtsgericht festgestellte Höhe der Minderung Erfolg.

Angesichts der oben festgestellten Beeinträchtigungen ist nur eine Minderung in Höhe von 10 % gerechtfertigt. Zwar überschreiten die Ruhestörungen die Erheblichkeitsschwelle im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB. Bei der Beurteilung des Maßes der Beeinträchtigung ist aber zu berücksichtigen, dass einerseits es sich der Art nach um übliche Geräusche aus einer anderen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus handelt und andererseits die Störungen Randbereich der besonders geschützten Nachtruhe auftreten. Nach allem erscheint danach die Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung des Klägers mit einer Minderungsquote von 10 % angemessen bewertet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100, 343 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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