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Große Umschläge passen nicht in Briefkasten – Vermieters muss nachrüsten

AG Frankfurt/Main, Az.: 33 C 3463/15, Urteil vom 09.03.2016

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Frankfurt am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2016 für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, auf eigene Kosten den zur Wohnung der Klägerin in der Liegenschaft ……… gehörenden Briefkasten durch einen Briefkasten auszutauschen, der es zulässt, das auch DIN A 4 Briefumschläge vollständig eingeworfen werden können, so dass sie nicht mehr herausragen und nicht geknickt oder in sonstiger vergleichbarer Weise in ihrer Breite, Länge oder Dicke verkleinert werden müssen. Weiter hat der Briefkasten derart gestaltet zu sein, dass ein Hineingreifen bei Verschluss nicht möglich ist, so dass Unbefugte an der Herausnahme von Postsendungen gehindert sind.

Große Umschläge passen nicht in Briefkasten – Vermieters muss nachrüstenDer Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar und zwar

a) hinsichtlich der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500 Euro

b) hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Mieterin, der Beklagte Vermieter einer 1,5 Zimmerwohnung in der Liegenschaft ………. Die monatliche Nettomiete beträgt 560 Euro. Hinsichtlich des Rechtsverhältnisses der Parteien wird auf die zur Akte gereichte Kopie des Mietvertrages vom 30.03.2011 (Bl. 4-9 d.A.) verwiesen. Der zur Wohnung gehörende Briefkasten befindet sich von außen zugänglich – gemeinsam mit den übrigen Briefkästen der Liegenschaft – in einer Briefkastenanlage, die mit der Haustür ein einziges Bauteil darstellt. In den Briefkasten können unterlagen mit der Größe DIN A 4 bzw. C 4 Briefumschläge unstreitig eingeworfen werden, wenn diese dünn sind. Zwischen den Parteien steht im Streit, ob auch dickere C 4 Briefumschläge eingeworfen werden können. Unstreitig kann Post, wenn es sich um große Umschläge oder Zeitungen handelt, aus dem Briefkasten wieder entnommen werden, wenn sie von außen erreichbar sind. Der Beklagte hatte vorgerichtlich versucht, anlässlich einer Eigentümerversammlung zu erreichen, dass für die Klägerin ein gesonderter Briefkasten an der Hauswand angebracht wird. Diesen Antrag hat die Wohnungseigentümerversammlung einstimmig abgewiesen. Der Austausch eines einzelnen Briefkastens in der Briefkastenanlage ist zwar möglich, allerdings nicht gegen einen tieferen Kasten.

Die derzeit gültige „Briefkastennorm“ (DIN EN 13724) sieht u.a. vor:

„1. ….

2. Ausweisung von 2 verschiedenen Einwurf Größen: 325-400 mm (Quereinwurf), 230-280 mm (Längseinwurf),…

3. Entnahmesicherungen gegen unbefugtes Entnehmen.“

Die Klägerin behauptet, ihr seien in der Vergangenheit wichtige Unterlagen aus dem Briefkasten entwendet worden. Sie habe insoweit auch Strafantrag gestellt und verweist diesbezüglich auf die zur Akte gereichte Kopie der Strafanzeige vom 10.05.2015 (Bl. 10 d.A.). Die Klägerin behauptet, der Briefkasten entspreche nicht der DIN EN 13724. Der Einwurf Schlitz am streitgegenständlichen Briefkasten weise aber nur eine Breite von 22,9 cm auf.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, auf eigene Kosten den zur Wohnung der Klägerin in der Liegenschaft ……… gehörenden Briefkasten durch einen Briefkasten auszutauschen, der es zulässt, das auch DIN A 4 Briefumschläge vollständig eingeworfen werden können, so dass sie nicht mehr herausragen und nicht geknickt oder in sonstiger vergleichbarer Weise in ihrer Breite, Länge oder Dicke verkleinert werden müssen. Weiter hat der Briefkasten derart gestaltet zu sein, dass ein Hineingreifen bei Verschluss nicht möglich ist, so dass Unbefugte an der Herausnahme von Postsendungen gehindert sind.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, der Briefkasten entspreche der Norm, da er eine Höhe von 32 cm, eine Breite von 26 cm und eine Tiefe von 8 cm habe. Es habe in der Vergangenheit nie Beschwerden hinsichtlich der Post gegeben, C 4 Umschläge könnten problemlos eingeworfen werden. Der Beklagte ist der Ansicht, der Austausch der gesamten Tür und Briefkastenanlage wegen des von der Klägerin behaupteten Postdiebstahls überschreite die Opfergrenze.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2016 (Bl. 25-26 d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gem. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB einen Anspruch auf Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand. Dieser umfasst – neben dem eigentlichen Mietgegenstand, der Wohnung – die Zurverfügungstellung eines Briefkastens, der eine ordnungsgemäße Postzustellung ermöglicht.

Unerheblich ist, dass die Klägerin die Wohnung im Jahr 2011 mit dem jetzt vorhandenen Briefkasten angemietet hat und dieser somit dem Zustand bei Vertragsabschluss entspricht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Frage, wie groß der Briefkasten ist, zunächst einmal bei der Anmietung einer Wohnung eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Dies hat zur Folge, dass der mangelhafte Briefkasten als solcher allein durch Anmietung der Wohnung nicht akzeptiert wurde (vgl. hierzu Amtsgericht Charlottenburg, Az. 27 C 262/00; Landgericht Berlin, MM 1990,261).

Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass dünne C 4 Briefumschläge durchaus in den Briefkasten eingeworfen werden können. Darüber hinaus kann dahingestellt bleiben, ob dies auch für dickere Umschläge bzw. Zeitschriften gilt. Der vom Beklagten zur Verfügung gestellte Briefkasten entspricht nicht der DIN EN 13724, welche die Anforderungen an einen Briefkasten hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Postzustellung festgelegt.

Zum einen hat der Beklagte zugestanden, dass auch bereits eingeworfene Umschläge oder Zeitungen, die durch die Klappe des Briefkastens erreichbar sind, wieder entnommen werden können. Dieser Zustand ist von der Klägerin nicht hinzunehmen. Der Vermieter ist verpflichtet, jedem Mieter im Haus einen funktionstüchtigen Briefkasten zur Verfügung zu stellen. Dieser muss nicht nur geeignet sein, normale Briefe – bis zu einem Format C 4 – aufzunehmen. Er muss darüber hinaus nach den Anforderungen der DIN EN 13724 eine Entnahmesicherung gegen unbefugtes Entnehmen aufweisen. Der Beklagte hat in der Klageerwiderung vom 05.01.2016 zugestanden, dass größere Briefumschläge bei einem von außen zugänglichen Briefkasten „natürlich“ entnommen werden könnten, soweit sie erreichbar seien. Damit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der streitgegenständliche Briefkasten keinen Entnahmeschutz enthält bzw. der Briefkasten nicht so tief ist, dass größere Briefumschläge – auch wenn sie zunächst ganz in den Briefkasten eingeworfen worden sind – nicht wieder entnommen werden können. Dahingestellt bleiben kann, ob der Klägerin tatsächlich wichtige Steuerunterlagen aus dem Briefkasten entnommen worden sind. Die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung eines vertragsgemäßen Gebrauchs entsteht nicht erst, wenn ein Schaden der Klägerin bereits eingetreten ist, sondern unabhängig von einem konkreten Vorfall.

Darüber hinaus hat die Klägerin vom Beklagten unbestritten und somit gem. § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden vorgetragen, dass der Einwurf Schlitz des streitgegenständlichen Briefkastens lediglich eine Größe von 22,9 cm aufweist. Soweit der Beklagte vorgetragen hat, die Breite des Briefkastens betrage 26 cm, ist dieser Vortrag unerheblich. Hinsichtlich der Einwurfmöglichkeit kommt es nicht auf die gesamte Breite des Briefkastens, sondern auf die Breite des Einwurf Schlitzes an. Die insoweit einschlägige DIN EN 13724 sieht vor, dass der Einwurf Schlitz bei einem Längseinwurf eine Breite von mindestens 23 cm aufweist. Damit genügt der Briefkasten auch unter diesem Gesichtspunkt nicht den Anforderungen eines vertragsgemäßen Gebrauchs.

Ebenfalls unerheblich ist, dass die Klägerin diesen Mangel über einen Zeitraum von 4 Jahren hinweg nicht angezeigt, sondern sich erst im Mai 2015 an den Beklagten gewandt hat. Der Anspruch des Mieters auf Erfüllung des Mietvertrags bleibt bestehen, selbst wenn der Mieter den Mangel bei Abschluss des Mietvertrags kannte; § 536b BGB ist insoweit nicht einschlägig.

Zu Unrecht verweist der Beklagte darauf, das er bereits vergeblich versucht hat, einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung über die Anbringung eines gesonderten Briefkastens für die Klägerin zu erreichen. Die fehlende Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft macht die Verpflichtung des Beklagten, einen ordnungsgemäßen Briefkasten anzubringen, nicht gemäß § 275 Abs. 1 BGB unmöglich. Der Beklagte kann die Wohnungseigentümergemeinschaft notfalls verklagen, der Anbringung eines Briefkastens zuzustimmen. Nur das Vorhandensein eines funktionstüchtigen Briefkastens entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne von § 21 Abs. 4 WEG entspricht, auf die jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch hat.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Anspruch der Klägerin auch nicht verwirkt, weil der Austausch der gesamten Tür und Briefkastenanlage die Opfergrenze überschreitet. Der Beklagte verkennt, dass es hier neben der Möglichkeit des Austausches der gesamten Tür und Briefkastenanlage durchaus die Möglichkeit gibt, einen gesonderten Briefkasten für die Klägerin anzubringen. Soweit es hierfür eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf, ist der Beklagte wie oben dargelegt notfalls verpflichtet, eine Zustimmung gerichtlich herbeizuführen.

Der Klage war von daher stattzugeben.

Als unterlegene Partei hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

Die Berufung war zuzulassen, da der Beklagte durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist und die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 511 Abs. 4 ZPO).

Der Streitwert wird auf 408 Euro festgesetzt (§ 41 Abs. 5 S. 1 GKG: Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung in Höhe von 5 % monatlich).

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