Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Mietschulden beglichen, trotzdem Kündigung? Ein Gerichtsurteil beleuchtet die Grenzen des Räumungsanspruchs
- Der Auslöser: Streit um Mietzahlungen und Modernisierungsarbeiten
- Die erste Kündigung und die Frage der erheblichen Rückstände
- Die überraschende Wendung: Vollständige Zahlung noch vor der Klage
- Die Entscheidung des Landgerichts: Kündigung wirksam, aber keine Räumung!
- Die Frage des Verschuldens: Ein genauerer Blick
- Der entscheidende Punkt: Rechtsmissbrauch durch die Vermieterin (§ 242 BGB)
- Keine weitere Prüfung durch höhere Gerichte
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was passiert, wenn ich meine Miete nicht oder nicht vollständig bezahle?
- Kann ich die Miete kürzen, wenn meine Wohnung Mängel hat oder Modernisierungsarbeiten durchgeführt werden?
- Was bedeutet eine Kündigung wegen Mietrückständen und wie kann ich sie noch abwenden?
- Kann der Vermieter die Räumung verlangen, selbst wenn ich alle Mietrückstände beglichen habe?
- Unter welchen Umständen kann eine Räumung trotz wirksamer Kündigung als unfair gelten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 65 S 45/18 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Berlin
- Datum: 28.06.2018
- Aktenzeichen: 65 S 45/18
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Mietrecht, Allgemeines Zivilrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Vermieterin, die die Räumung der Wohnung von ihrem Mieter begehrte.
- Beklagte: Der Mieter, der sich gegen die Räumung der Wohnung wehrte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis wegen Zahlungsrückständen. Der Mieter begründete die Rückstände mit einer Mietminderung aufgrund umfangreicher Modernisierungsarbeiten an der Wohnung. Unstreitig beglich der Mieter nach Erhalt der Kündigung, aber vor Klageerhebung, alle ausstehenden Mieten und zahlte zusätzlich Mieten im Voraus.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob ein Vermieter einen Räumungsanspruch aus einer wirksam ausgesprochenen ordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs durchsetzen kann, wenn der Mieter nach Ausspruch der Kündigung, aber vor Klageerhebung, nicht nur alle Rückstände beglichen, sondern auch Mieten im Voraus gezahlt hat, sodass der Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB der Durchsetzung entgegensteht.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Vermieterin gegen das Urteil des Amtsgerichts, das den Räumungsanspruch abgewiesen hatte, wurde auf ihre Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- Begründung: Obwohl das Mietverhältnis durch die Ordentliche Kündigung der Vermieterin wirksam beendet wurde, stand der Durchsetzung des Räumungsanspruchs der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegen. Der Mieter hatte vor Klageerhebung alle Mietrückstände beglichen und Mieten im Voraus gezahlt. Dies zeigte die Bereitschaft des Mieters, zu vertragsgerechtem Verhalten zurückzukehren.
- Folgen: Die Klage der Vermieterin auf Räumung der Wohnung hatte keinen Erfolg. Der Mieter konnte die Wohnung behalten. Eine Revision wurde nicht zugelassen.
Der Fall vor Gericht
Mietschulden beglichen, trotzdem Kündigung? Ein Gerichtsurteil beleuchtet die Grenzen des Räumungsanspruchs
Viele Mieterinnen und Mieter kennen die Sorge: Was passiert, wenn man mit der Miete in Rückstand gerät? Und Vermieter fragen sich oft, welche Rechte sie haben, wenn Zahlungen ausbleiben. Ein Urteil des Landgerichts Berlin zeigt, dass die Sache komplizierter sein kann, als man denkt – selbst wenn eine Kündigung eigentlich wirksam war.
Der Auslöser: Streit um Mietzahlungen und Modernisierungsarbeiten

Im Mittelpunkt des Falles stand eine Vermieterin, die von ihrem Mieter die Räumung seiner Wohnung forderte. Der Grund: Der Mieter hatte über mehrere Monate hinweg seine Miete in Höhe von 297,00 € nicht oder nicht vollständig bezahlt. Konkret ging es um die Monate November und Dezember 2016 sowie Februar, März und April 2017. Zwar hatte der Mieter im Januar 2017 eine größere Summe überwiesen, die einen Teil der Schulden tilgte, doch danach blieben die Zahlungen erneut aus. Die Vermieterin sprach daraufhin am 7. April 2017 eine ordentliche Kündigung aus. Das ist eine Kündigung, die das Mietverhältnis nach Ablauf einer gesetzlichen Frist beendet, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse nachweisen kann – wie zum Beispiel erhebliche Mietrückstände (§ 573 Bürgerliches Gesetzbuch, kurz BGB).
Doch wie kam es überhaupt zu den Zahlungsrückständen? Der Mieter argumentierte, dass er von September bis Ende November 2016 gar keine Miete zahlen musste. Er berief sich auf eine Mietminderung nach § 536 Absatz 1 Satz 1 BGB. Dieser Paragraph besagt, dass ein Mieter die Miete kürzen darf, wenn die Wohnung Mängel hat, die ihre Nutzbarkeit einschränken. Im konkreten Fall waren umfangreiche Modernisierungsarbeiten in der Einzimmerwohnung des Mieters durchgeführt worden. Diese Arbeiten, so der Mieter, hätten die Wohnung in diesem Zeitraum komplett unbewohnbar gemacht. Dass er während eines Teils dieser Zeit verreist war und die Wohnung ohnehin nicht „benötigte“, sei unerheblich. Das Gesetz knüpfe die Mietminderung an die Tauglichkeit der Wohnung, nicht an den tatsächlichen Gebrauch durch den Mieter. Zusätzlich beklagte der Mieter weitere Mängel, wie ein lange stehendes Gerüst und eine defekte Klingel- und Briefkastenanlage.
Die erste Kündigung und die Frage der erheblichen Rückstände
Schon vor der Kündigung vom April 2017 hatte die Vermieterin eine frühere Kündigung am 14. Februar 2017 ausgesprochen. Das Gericht stellte jedoch fest, dass der dieser Kündigung zugrunde liegende Rückstand, selbst wenn man die Argumente des Mieters nicht voll berücksichtigte, zu gering gewesen wäre. Er hätte maximal 216,37 € betragen und damit nicht das für eine Kündigung erforderliche Gewicht gehabt.
Anders sah es bei der Kündigung vom 7. April 2017 aus. Der hier zugrunde liegende Mietrückstand war zwar ebenfalls geringer, als die Vermieterin behauptete, aber er überschritt – selbst unter Berücksichtigung der weiterhin bestehenden Mängel – deutlich die Grenze von zwei Monatsmieten. Damit war die sogenannte Erheblichkeitsschwelle des § 573 Absatz 2 Nummer 1 BGB erreicht. Dieser Paragraph erlaubt eine ordentliche Kündigung, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat, wozu eben auch erhebliche Mietrückstände zählen. Der Rückstand war sogar so hoch, dass er eine fristlose Kündigung nach § 543 Absatz 2 Nummer 3 Buchstabe b) BGB gerechtfertigt hätte. Eine solche Kündigung beendet das Mietverhältnis sofort, ohne Einhaltung einer Frist. Allerdings war eine solche fristlose Kündigung hier nicht mehr wirksam, denn der Mieter hatte eine sogenannte Schonfristzahlung geleistet. Nach § 569 Absatz 3 Nummer 2 BGB wird eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs unwirksam, wenn der Mieter alle Rückstände spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage zahlt.
Die überraschende Wendung: Vollständige Zahlung noch vor der Klage
Das Amtsgericht, die erste Instanz in diesem Rechtsstreit, hatte die Räumungsklage der Vermieterin abgewiesen. Es ging davon aus, dass den Mieter kein Verschulden an den Rückständen traf, da er die Sach- und Rechtslage bezüglich der Mietminderung falsch, aber nicht vorwerfbar eingeschätzt habe. Mit dieser Einschätzung war die Vermieterin nicht einverstanden und legte Berufung ein, wodurch der Fall vor das Landgericht kam.
Und nun passierte etwas Entscheidendes: Nachdem der Mieter die Kündigung vom 7. April 2017 erhalten hatte und noch bevor die Vermieterin am 9. Mai 2017 die Räumungsklage bei Gericht einreichte, tat der Mieter – inzwischen anwaltlich beraten – etwas Bemerkenswertes. Am 25. April 2017 zahlte er nicht nur sämtliche bis dahin aufgelaufenen Mietrückstände (bis einschließlich April), sondern überwies darüber hinaus auch die Mieten für die Monate Mai und Juni 2017 im Voraus.
Die Entscheidung des Landgerichts: Kündigung wirksam, aber keine Räumung!
Das Landgericht Berlin wies die Berufung der Vermieterin zurück. Das bedeutet, die Entscheidung des Amtsgerichts, die Räumungsklage abzuweisen, blieb bestehen. Die Vermieterin musste die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Aber warum diese Entscheidung, wenn die Kündigung vom 7. April doch eigentlich wirksam war?
Das Gericht stellte zunächst klar, dass die ordentliche Kündigung vom 7. April 2017 durchaus form- und fristgerecht ausgesprochen worden war. Auch lag im Zeitpunkt der Kündigung ein berechtigtes Interesse der Vermieterin an der Beendigung des Mietverhältnisses vor, nämlich die erheblichen Mietrückstände. Der Mieter hatte seine Pflicht zur Mietzahlung schuldhaft verletzt.
Die Frage des Verschuldens: Ein genauerer Blick
Das Landgericht widersprach der Ansicht des Amtsgerichts, dass der Mieter unverschuldet gehandelt habe. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum, also ein Irrtum über die Rechtslage, für den man nichts kann, liegt laut ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur sehr selten vor. Dafür hätte der Mieter die Rechtslage sorgfältig prüfen und bei Anwendung der üblichen Sorgfalt nicht mit einer anderen gerichtlichen Beurteilung rechnen dürfen. Eine bloß „unübersichtliche“ Rechtslage reicht nicht aus, um die Sorgfaltsanforderungen herabzusetzen. Der Mieter hätte beispielsweise eine gerichtliche Klärung suchen oder seine Miete unter Vorbehalt zahlen können. Das Gericht war der Ansicht, dass der Mieter bei sorgfältiger Prüfung hätte erkennen müssen, dass seine Einschätzung zur Mietminderung nicht in vollem Umfang zutreffend war (z.B. die Annahme einer 100%igen Mietminderung über einen so langen Zeitraum oder das Versäumnis, Mängel klar zu benennen, wenn man deswegen Zahlungen zurückhält). Somit lag eine Schuldhafte Pflichtverletzung des Mieters vor.
Obwohl auch die Vermieterin sich nicht immer tadellos verhalten hatte (die Modernisierungsarbeiten waren teilweise nicht abgeschlossen), erreichte die Pflichtverletzung des Mieters mit dem erneuten Ausbleiben jeglicher Zahlungen von Februar bis April 2017 das für eine Kündigung relevante Gewicht.
Der entscheidende Punkt: Rechtsmissbrauch durch die Vermieterin (§ 242 BGB)
Obwohl also die ordentliche Kündigung an sich wirksam war, konnte die Vermieterin ihren Räumungsanspruch nicht durchsetzen. Der Grund dafür liegt im sogenannten Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dieser Paragraph, oft auch als Grundsatz von „Treu und Glauben“ bezeichnet, ist ein fundamentaler Rechtsgrundsatz. Er besagt vereinfacht gesagt, dass niemand ein Recht ausüben darf, wenn dies unter den besonderen Umständen des Falles grob unfair, schikanös oder widersprüchlich wäre.
Aber wie kommt das hier ins Spiel? Die Schonfristzahlung des Mieters machte zwar, wie erwähnt, eine etwaige fristlose Kündigung unwirksam, aber sie führt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht automatisch dazu, dass auch eine gleichzeitig ausgesprochene ordentliche Kündigung unwirksam wird. Es gibt keine allgemeine Regel, dass ein Ausgleich der Mietrückstände innerhalb der Schonfrist die Durchsetzung einer ordentlichen Kündigung immer verhindert.
Jedoch können besondere Umstände des Einzelfalls dazu führen, dass die Durchsetzung des Räumungsanspruchs eben doch rechtsmissbräuchlich ist. Solche Umstände können sich aus dem Verhalten der Parteien nach Erhalt der Kündigung ergeben, insbesondere wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es erneut zu Zahlungsrückständen kommen wird.
Und genau solche besonderen Umstände sah das Gericht hier als gegeben an. Der Mieter hatte – und das ist der springende Punkt – noch bevor die Vermieterin überhaupt Klage auf Räumung eingereicht hatte, nicht nur alle Mietrückstände vollständig beglichen, sondern sogar die Mieten für die kommenden zwei Monate im Voraus gezahlt. Was bedeutet das konkret? Der Mieter hat damit, so das Gericht, sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er gewillt und in der Lage ist, zu seinem früheren, im Wesentlichen vertragsgerechten Zahlungsverhalten zurückzukehren und die Interessen der Vermieterin zu respektieren. Dieses Verhalten erlaubte die positive Prognose, dass es nicht erneut zu Zahlungsrückständen kommen würde.
Vor diesem Hintergrund wäre es nach Ansicht des Gerichts rechtsmissbräuchlich von der Vermieterin gewesen, trotz dieser vollständigen Zahlung und der Vorauszahlungen weiterhin auf der Räumung der Wohnung zu bestehen. Das Interesse der Vermieterin an der Beendigung des Mietverhältnisses war durch das Verhalten des Mieters so stark entkräftet worden, dass die Durchsetzung des an sich bestehenden Räumungsanspruchs als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet wurde.
Keine weitere Prüfung durch höhere Gerichte
Das Landgericht ließ die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zu. Eine Revision ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Entscheidung von einem höheren Gericht auf Rechtsfehler überprüft werden kann. Sie wird nur zugelassen, wenn der Fall grundsätzliche Bedeutung hat oder es zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung notwendig ist. Das Gericht sah hier aber eine Einzelfallentscheidung auf Grundlage bereits geklärter Rechtsfragen, sodass eine Überprüfung durch den Bundesgerichtshof nicht erforderlich war. Die Entscheidung des Landgerichts ist damit endgültig.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass Mieter auch nach einer wirksamen Kündigung wegen Mietrückständen ihre Wohnung behalten können, wenn sie schnell und vollständig zahlen. Der Mieter hatte monatelang seine Miete nicht bezahlt und erhielt zu Recht eine Kündigung, zahlte aber noch vor der Gerichtsverhandlung alle Schulden plus zwei Monate im Voraus. Das Gericht entschied, dass es unfair wäre, wenn der Vermieter trotz dieser vollständigen Zahlung und der klaren Bereitschaft des Mieters zur ordnungsgemäßen Zahlung weiterhin die Räumung fordern dürfte. Die Entscheidung macht deutlich, dass schnelles und umfassendes Handeln nach einer Kündigung den Verlust der Wohnung verhindern kann, selbst wenn die Kündigung rechtlich korrekt war.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was passiert, wenn ich meine Miete nicht oder nicht vollständig bezahle?
Wenn Sie Ihre Miete nicht oder nicht vollständig zahlen, kann das weitreichende Konsequenzen haben, die bis zum Verlust der Wohnung führen können. Das deutsche Mietrecht sieht hierfür klare Regeln vor.
Mietrückstand und Mahnung
Die Miete ist in der Regel zum Beginn des Monats fällig. Wenn die Zahlung nicht pünktlich und in voller Höhe auf dem Konto des Vermieters eingeht, entsteht ein Mietrückstand. Ein Vermieter kann dann zunächst eine Mahnung verschicken, um Sie an die ausstehende Zahlung zu erinnern. Auch wenn eine Mahnung rechtlich nicht immer zwingend erforderlich ist, bevor weitere Schritte eingeleitet werden, ist dies oft der erste Schritt.
Außerordentliche fristlose Kündigung
Die gravierendste Folge ist die Möglichkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung durch den Vermieter. Eine solche Kündigung kann ausgesprochen werden, wenn:
- Sie für zwei aufeinanderfolgende Monate die Miete gar nicht oder nur zu einem nicht unerheblichen Teil bezahlen. Der nicht unerhebliche Teil bedeutet, dass der offene Betrag mehr als eine Monatsmiete betragen muss.
- Sich über einen längeren Zeitraum (mehr als zwei Monate) ein Mietrückstand in Höhe von mindestens zwei Monatsmieten ansammelt.
Wichtig ist: Eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs wird unwirksam, wenn Sie die gesamte ausstehende Miete bis spätestens zwei Monate nach Zustellung der Räumungsklage vollständig bezahlen oder eine öffentliche Stelle (z.B. das Sozialamt) diese Summe für Sie übernimmt. Diese Regelung wird als Schonfrist bezeichnet.
Klage auf Zahlung und Räumung
Bleibt die Zahlung aus und erfolgt eine Kündigung, kann der Vermieter eine Klage auf Zahlung der Miete und eine Räumungsklage einreichen. Ziel der Räumungsklage ist es, einen gerichtlichen Titel zu erhalten, der den Vermieter berechtigt, die Wohnung räumen zu lassen.
Wenn das Gericht dem Vermieter Recht gibt, erhalten Sie eine Räumungsfrist, innerhalb derer Sie die Wohnung verlassen müssen. Halten Sie diese Frist nicht ein, kann der Vermieter einen Gerichtsvollzieher beauftragen, die Wohnung zwangsweise zu räumen. Das bedeutet, dass Ihre Sachen aus der Wohnung entfernt werden und die Schlösser ausgetauscht werden.
Weitere finanzielle Folgen
Neben dem Verlust der Wohnung können weitere Kosten auf Sie zukommen:
- Verzugszinsen: Auf die ausstehende Miete fallen in der Regel Verzugszinsen an.
- Mahngebühren: Der Vermieter kann unter Umständen Mahngebühren fordern.
- Gerichts- und Anwaltskosten: Wenn es zu einer Klage kommt, müssen Sie im Falle einer Niederlage die Gerichtsgebühren und die Anwaltskosten des Vermieters tragen.
- Kosten der Zwangsräumung: Die Kosten für die Räumung der Wohnung durch den Gerichtsvollzieher sind ebenfalls vom Mieter zu tragen und können sehr hoch sein.
Für Sie bedeutet das, dass das Nichtzahlen der Miete nicht nur zum Verlust der Wohnung führen kann, sondern auch erhebliche finanzielle Belastungen nach sich zieht. Die Ernsthaftigkeit der Situation sollte keinesfalls unterschätzt werden.
Kann ich die Miete kürzen, wenn meine Wohnung Mängel hat oder Modernisierungsarbeiten durchgeführt werden?
Ja, eine Mietminderung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich, sowohl bei Mängeln als auch bei Modernisierungsarbeiten. Allerdings sind die Bedingungen und die damit verbundenen Risiken für Sie als Mieterin oder Mieter sehr wichtig zu verstehen.
Mängel in der Wohnung
Wenn Ihre Mietwohnung einen Mangel aufweist, der ihre Gebrauchstauglichkeit erheblich mindert, kann Ihr Anspruch auf Mietzahlung um den Betrag gemindert sein, um den der Wert der Wohnung durch den Mangel objektiv gemindert ist. Dies ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 536 BGB) geregelt.
- Was ist ein Mangel? Ein Mangel liegt vor, wenn die Wohnung nicht den Zustand hat, der vertraglich vereinbart wurde, oder nicht für den gewöhnlichen Gebrauch geeignet ist. Beispiele sind eine defekte Heizung im Winter, Schimmelbefall, ein undichtes Dach oder dauerhafter Lärm, der von der Bausubstanz ausgeht und nicht durch den Mieter verursacht wurde.
- Wichtige Voraussetzungen für eine Mietminderung bei Mängeln:
- Mängelanzeige: Sie müssen den Mangel Ihrem Vermieter unverzüglich anzeigen (§ 536c BGB). Der Vermieter muss die Möglichkeit erhalten, den Mangel zu beheben. Ohne diese Anzeige können Sie die Miete in der Regel nicht mindern. Dokumentieren Sie die Anzeige (z.B. per Einschreiben).
- Erheblichkeit des Mangels: Der Mangel muss die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung tatsächlich und nicht nur unerheblich beeinträchtigen. Eine kurzfristig ausgefallene Glühbirne im Treppenhaus ist in der Regel kein Grund zur Minderung, ein Heizungsausfall im Winter hingegen schon.
- Dauer des Mangels: Die Minderung ist nur für die Zeit möglich, in der der Mangel tatsächlich besteht.
- Die Höhe der Mietminderung: Es gibt keine festen Prozentsätze. Die Höhe richtet sich nach dem Grad der Beeinträchtigung. Wenn zum Beispiel die Warmwasserversorgung über Wochen ausfällt, ist die Beeinträchtigung größer als bei einem kurzzeitigen Ausfall der Klingel. Die Minderung bezieht sich dabei auf die Bruttomiete, also Kaltmiete plus Nebenkosten.
- Risiken einer unberechtigten Minderung: Wenn Sie die Miete mindern, aber später festgestellt wird, dass der Mangel nicht erheblich war oder Sie ihn nicht korrekt angezeigt haben, handelt es sich um Mietrückstände. Bei einer bestimmten Höhe dieser Rückstände (in der Regel zwei Monatsmieten) kann der Vermieter Ihnen fristlos kündigen. Die Beweislast für das Vorhandensein und die Erheblichkeit des Mangels liegt bei Ihnen.
Mietminderung bei Modernisierungsarbeiten
Bei Modernisierungsarbeiten gelten besondere Regeln, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 555b, § 555c, § 536 Abs. 1a BGB) festgelegt sind.
- Duldungspflicht: Wenn es sich um eine echte Modernisierung handelt, die zum Beispiel den Gebrauchswert der Wohnung nachhaltig erhöht, Energie oder Wasser einspart oder neue Wohnflächen schafft, müssen Sie diese Arbeiten als Mieterin oder Mieter in der Regel dulden. Beispiele sind der Anbau eines Balkons oder die Installation einer energieeffizienteren Heizungsanlage.
- Ankündigung: Der Vermieter muss Ihnen die Modernisierungsmaßnahme mindestens drei Monate vorher schriftlich ankündigen. Diese Ankündigung muss bestimmte Informationen enthalten, wie Art, Umfang, Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeiten sowie die erwartete Mieterhöhung.
- Besondere Regelung für energetische Modernisierung: Bei Modernisierungsmaßnahmen, die eine energetische Verbesserung der Wohnung zum Ziel haben (z.B. neue Fenster, Dämmung), ist Ihr Recht auf Mietminderung für die ersten drei Monate der Arbeiten ausgeschlossen (§ 536 Abs. 1a BGB). Das bedeutet, Sie können in dieser Zeit Ihre Miete wegen der Beeinträchtigungen durch die Arbeiten nicht mindern.
- Wann eine Minderung dennoch möglich ist:
- Nach den ersten drei Monaten: Ist die energetische Modernisierung noch nicht abgeschlossen und beeinträchtigt Ihre Wohnung weiterhin erheblich, kann eine Minderung ab dem vierten Monat wieder möglich sein.
- Keine energetische Modernisierung oder Instandsetzung: Der Minderungsausschluss gilt nicht für reine Instandsetzungsarbeiten (Reparaturen, die den ursprünglichen Zustand wiederherstellen) oder für Modernisierungen, die nicht dem Zweck der energetischen Verbesserung dienen. Bei solchen Arbeiten kann eine Mietminderung von Beginn an möglich sein, wenn die Gebrauchstauglichkeit erheblich beeinträchtigt ist (z.B. durch starken Baulärm, Schmutz oder Wasserausfall über längere Zeit).
- Härtefall: In besonderen Härtefällen kann ein Mieter die Duldung einer Modernisierung auch verweigern, wenn die Maßnahme für ihn, seine Familie oder den Haushalt eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten würde. Dies muss aber schriftlich und fristgerecht gegenüber dem Vermieter erklärt werden.
Generelle Empfehlungen für Sie:
- Dokumentation: Halten Sie Mängel und Beeinträchtigungen genau fest (Datum, Uhrzeit, Fotos, Zeugen).
- Kommunikation: Informieren Sie Ihren Vermieter stets schriftlich und bewahren Sie Kopien auf.
- Vorsicht bei der Minderungshöhe: Schätzen Sie den Minderungsbetrag nicht willkürlich. Überlegen Sie sich genau, wie stark Ihre Nutzung der Wohnung beeinträchtigt ist.
Es ist wichtig, diese grundlegenden Regeln zu kennen, um Ihre Rechte als Mieterin oder Mieter zu wahren und gleichzeitig Risiken zu vermeiden.
Was bedeutet eine Kündigung wegen Mietrückständen und wie kann ich sie noch abwenden?
Wenn Sie als Mieter Ihre Miete nicht oder nicht vollständig zahlen, kann der Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen das Mietverhältnis kündigen. Eine Kündigung wegen Mietrückständen bedeutet, dass der Vermieter den Mietvertrag beendet, weil Sie Ihren finanziellen Pflichten aus dem Mietvertrag, nämlich der pünktlichen und vollständigen Mietzahlung, nicht nachgekommen sind.
Was eine Kündigung wegen Mietrückständen bedeutet
Grundsätzlich gilt: Mietrückstände sind eine erhebliche Pflichtverletzung des Mieters. Das Gesetz unterscheidet hierbei hauptsächlich zwei Arten von Kündigungen, die in diesem Zusammenhang ausgesprochen werden können:
- Die fristlose Kündigung: Diese Kündigung beendet das Mietverhältnis sofort, ohne eine Kündigungsfrist. Sie ist möglich, wenn der Mieter mit der Miete für zwei aufeinanderfolgende Monate in Verzug ist. Das bedeutet, er hat über den gesamten Zeitraum die Miete nicht oder nur teilweise gezahlt, und der Rückstand erreicht die Höhe von mindestens zwei Monatsmieten. Eine fristlose Kündigung ist auch möglich, wenn der Rückstand über einen längeren Zeitraum entsteht, aber in Summe die Höhe von zwei Monatsmieten erreicht. Für den Vermieter muss das Festhalten am Mietvertrag in diesem Fall unzumutbar sein.
- Die ordentliche Kündigung: Diese Kündigung beendet das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Kündigungsfrist. Sie kann ebenfalls wegen Mietrückständen ausgesprochen werden, selbst wenn diese nicht ausreichen, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen, aber dennoch eine erhebliche Vertragsverletzung darstellen. Auch hier ist die genaue Höhe der Rückstände und die Dauer des Verzugs entscheidend.
Die Abwendung einer Kündigung durch Nachzahlung (Schonfristzahlung)
Für die fristlose Kündigung wegen Mietrückständen gibt es eine besondere Möglichkeit, diese unter Umständen unwirksam zu machen: die sogenannte Schonfristzahlung.
- Wie funktioniert die Schonfristzahlung? Wenn Sie nach Erhalt einer fristlosen Kündigung wegen Mietrückständen die vollständige ausstehende Miete bezahlen, wird die Kündigung unter bestimmten Voraussetzungen unwirksam. Dies gilt auch, wenn eine öffentliche Stelle (wie das Jobcenter oder Sozialamt) die Zahlung direkt an den Vermieter leistet.
- Wann muss gezahlt werden? Die Zahlung muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten erfolgen. Diese Frist beginnt nicht unbedingt mit dem Erhalt der Kündigung. Entscheidend ist der Zeitpunkt, zu dem eine Räumungsklage des Vermieters Ihnen zugestellt wird. Sollte der Vermieter keine Räumungsklage einreichen, sondern die Kündigung „nur“ zugestellt haben, beginnt die Schonfrist in der Regel mit dem Zugang der Kündigung.
- Wichtige Unterscheidung: Die Schonfristzahlung macht NUR die fristlose Kündigung unwirksam. Eine gleichzeitig oder separat vom Vermieter ausgesprochene ordentliche Kündigung bleibt bestehen, selbst wenn Sie die Rückstände innerhalb der Schonfrist zahlen. Der Vermieter kann also weiterhin auf dieser Basis die Beendigung des Mietverhältnisses verfolgen.
- Wie oft ist die Schonfristzahlung möglich? Diese Möglichkeit, eine fristlose Kündigung durch Nachzahlung abzuwenden, steht Ihnen grundsätzlich nur einmal innerhalb von zwei Jahren zur Verfügung. Das bedeutet, wenn Sie innerhalb von zwei Jahren erneut eine fristlose Kündigung wegen Mietrückständen erhalten, können Sie diese nicht noch einmal durch eine Schonfristzahlung unwirksam machen.
Für Sie als Mieter bedeutet dies: Sobald Sie eine Kündigung wegen Mietrückständen erhalten, ist schnelles Handeln wichtig, um Ihre Möglichkeiten zu prüfen und gegebenenfalls die ausstehenden Beträge zu begleichen. Die Kenntnis der genauen Bedingungen der Schonfristzahlung ist dabei entscheidend.
Kann der Vermieter die Räumung verlangen, selbst wenn ich alle Mietrückstände beglichen habe?
Ja, das ist unter bestimmten Umständen möglich. Für viele Mieter ist es oft unverständlich, warum eine Kündigung wirksam bleiben könnte, obwohl die Schulden beglichen sind. Das liegt daran, dass das Mietrecht zwischen verschiedenen Arten der Kündigung unterscheidet und die Zahlung nicht immer alle Kündigungsgründe beseitigt.
Die zwei Arten der Kündigung wegen Mietrückständen
Ein Vermieter kann das Mietverhältnis bei erheblichen Mietrückständen auf zwei Wegen beenden:
- Die fristlose Kündigung (sofortige Kündigung): Diese Kündigung beendet das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Frist, wenn Sie beispielsweise zwei Monatsmieten oder einen erheblichen Teil davon schulden. Der Vermieter kann die fristlose Kündigung aussprechen, weil ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar macht.
- Die ordentliche Kündigung (Kündigung mit gesetzlicher Frist): Zusätzlich zur fristlosen Kündigung kann der Vermieter auch eine ordentliche Kündigung aussprechen. Diese Kündigung beendet das Mietverhältnis erst nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist, die je nach Dauer des Mietverhältnisses variiert. Auch hier kann der Grund die Verletzung mietvertraglicher Pflichten, wie das Nichtzahlen der Miete, sein.
Die Wirkung der „Schonfrist“ bei Mietrückständen
Das Gesetz bietet eine „Schonfrist“. Das bedeutet, wenn Sie als Mieter die gesamten Mietrückstände innerhalb einer bestimmten Frist (oft bis zu zwei Monate nach Zustellung einer Räumungsklage) vollständig bezahlen, wird die fristlose Kündigung unwirksam. Das heißt, die sofortige Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund der Zahlungsrückstände ist abgewendet.
Wichtig ist jedoch: Diese „Schonfrist“ und die damit verbundene Unwirksamkeit der Kündigung bezieht sich ausschließlich auf die fristlose Kündigung.
Warum die Räumung trotzdem drohen kann
Hat der Vermieter neben der fristlosen Kündigung gleichzeitig auch eine ordentliche Kündigung wegen der gleichen Mietrückstände ausgesprochen, bleibt diese ordentliche Kündigung trotz der Zahlung innerhalb der Schonfrist bestehen. Das Mietverhältnis endet dann nicht sofort, sondern nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist der ordentlichen Kündigung.
Für Sie bedeutet das: Selbst wenn Sie die Mietrückstände nachgezahlt haben und die fristlose Kündigung dadurch unwirksam wurde, kann der Vermieter weiterhin die Räumung verlangen, wenn die ordentliche Kündigung wirksam ist und das Mietverhältnis aufgrund dieser ordentlichen Kündigung beendet wurde. Die Zahlung behebt hier zwar den akuten fristlosen Kündigungsgrund, aber nicht den Grund für die ordentliche Kündigung, die auf der Vertragsverletzung basiert.
Auch bei wiederholten Mietrückständen, die der Mieter immer wieder ausgleicht, kann dies unter Umständen zu einer wirksamen ordentlichen Kündigung führen, da hier eine grundsätzliche Störung des Vertrauensverhältnisses vorliegen kann, die über die einzelne Nichtzahlung hinausgeht. Es kommt immer auf den Einzelfall und die genauen Umstände der Kündigung an.
Unter welchen Umständen kann eine Räumung trotz wirksamer Kündigung als unfair gelten?
Obwohl eine Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter formal wirksam sein mag, kann die daraus folgende Forderung nach Räumung in Ausnahmefällen als unfair oder rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Dies ist ein wichtiger Grundsatz im deutschen Recht, verankert in § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der besagt, dass jedermann eine Leistung nach Treu und Glauben zu erbringen hat. Für die Ausübung von Rechten bedeutet das: Niemand darf seine Rechte so ausüben, dass es dem Gedanken der Redlichkeit und Fairness widerspricht.
Die Grenze des „rechtsmissbräuchlichen Verhaltens“
Der Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens ist eine sehr hohe Hürde und kommt nur in besonderen Ausnahmesituationen zum Tragen. Er dient als Korrektiv, um zu verhindern, dass ein eigentlich bestehendes Recht zur Schikane oder in einer widersprüchlichen Weise ausgeübt wird. Stellen Sie sich vor, jemand hat zwar das Recht, etwas zu tun, nutzt dieses Recht aber nur, um anderen zu schaden oder verhält sich dabei selbst inkonsequent.
Typische Situationen, in denen eine Räumung trotz wirksamer Kündigung als unfair gelten könnte, sind:
- Reine Schikane oder böswillige Absicht: Wenn der Vermieter die Kündigung und die folgende Räumung ausschließlich dazu nutzt, dem Mieter zu schaden, ohne dass er selbst ein legitimes, nachvollziehbares Interesse verfolgt. Das könnte der Fall sein, wenn die Kündigung nur aus Rache erfolgt und der Vermieter die Wohnung anschließend leer stehen lässt oder sie zu schlechteren Konditionen vermietet, nur um den unliebsamen Mieter loszuwerden. Es muss der deutliche Nachweis erbracht werden, dass es dem Vermieter nur um die Schädigung des Mieters geht.
- Widersprüchliches Verhalten: Wenn der Vermieter durch sein früheres Verhalten den Eindruck erweckt hat, er würde an der Kündigung nicht festhalten oder das Mietverhältnis fortsetzen wollen, und dann plötzlich doch die Räumung fordert. Ein Beispiel wäre, wenn der Vermieter nach einer wirksamen Kündigung über einen längeren Zeitraum ohne Vorbehalt weiterhin Mietzahlungen annimmt und sich so verhält, als würde das Mietverhältnis unverändert weiterlaufen, um dann plötzlich doch die Räumung zu verlangen.
- Extremer Härtefall in Verbindung mit einem geringen Interesse des Vermieters: Obwohl das deutsche Mietrecht spezielle Regelungen für Sozialklauseln und Härteeinwände bei der Kündigung vorsieht, kann auch darüber hinaus im Einzelfall eine Räumung als rechtsmissbräuchlich erscheinen, wenn die Folgen für den Mieter unzumutbar schwerwiegend wären und der Vermieter kein überzeugendes, eigenes Interesse an der sofortigen Räumung hat. Dies sind jedoch sehr seltene und nur in extrem gelagerten Konstellationen anerkannte Fälle, die über die üblichen Härteeinwände hinausgehen.
Das hohe Hürde und die Ausnahme
Für juristische Laien ist es wichtig zu verstehen: Der Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens ist kein Standardweg, um eine Räumung zu verhindern. Die Hürde dafür ist extrem hoch, und Gerichte prüfen solche Fälle mit größter Sorgfalt. Eine Räumung trotz wirksamem Kündigungsschreiben wird nur dann als unfair eingestuft, wenn die Ausübung des Räumungsrechts durch den Vermieter eine klare und schwerwiegende Verletzung des Prinzips von Treu und Glauben darstellt. Die individuellen Umstände des Einzelfalls sind hier entscheidend.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Ordentliche Kündigung
Eine ordentliche Kündigung ist eine Form der Beendigung eines Mietverhältnisses, bei der der Vermieter das Mietverhältnis unter Einhaltung einer gesetzlichen Kündigungsfrist beendet. Diese Kündigung ist nur zulässig, wenn der Vermieter ein sogenanntes berechtigtes Interesse nachweisen kann, zum Beispiel erhebliche Mietrückstände (§ 573 BGB). Im Gegensatz zur fristlosen Kündigung endet das Mietverhältnis hier nicht sofort, sondern erst nach Ablauf der Frist. Beispielhaft ist das Mietverhältnis, das der Vermieter etwa wegen wiederholtem Zahlungsverzug mit dreimonatiger Frist kündigt.
Erheblichkeitsschwelle
Die Erheblichkeitsschwelle bezeichnet im Mietrecht die Grenze, ab der Mietrückstände schwerwiegend genug sind, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Gemäß § 573 Absatz 2 Nummer 1 BGB gilt als erheblicher Mietrückstand meist ein Rückstand von mindestens zwei Monatsmieten. Erst wenn diese Schwelle überschritten wird, kann der Vermieter wirksam kündigen, selbst wenn der Mieter die Restsumme begleicht. Beispielhaft kann ein Vermieter nach mehrmonatigen ausstehenden Mietzahlungen von insgesamt zwei Monatsmieten oder mehr kündigen.
Schonfristzahlung
Die Schonfristzahlung ist ein rechtlicher Schutzmechanismus nach § 569 Absatz 3 Nummer 2 BGB, der es Mietern ermöglicht, eine fristlose Kündigung wegen Mietrückständen unwirksam zu machen. Hierfür muss der Mieter die gesamten offenen Mietforderungen spätestens zwei Monate nach Zustellung der Räumungsklage vollständig begleichen. Dadurch wird die sofortige Beendigung des Mietverhältnisses verhindert, nicht jedoch die Wirksamkeit einer gleichzeitig ausgesprochenen ordentlichen Kündigung. Praktisch bedeutet das: Trotz fristloser Kündigung kann der Mieter durch schnelle Nachzahlung den sofortigen Wohnungsverlust abwenden.
Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB)
Der Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens wird genutzt, wenn jemand ein eigentlich bestehendes Recht so ausübt, dass dies gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (§ 242 BGB). Im Mietrecht kann das bedeuten, dass ein Vermieter die Räumungsklage trotz wirksamer Kündigung nicht durchsetzen darf, wenn dies in der besonderen Situation des Einzelfalls ungerecht oder schikanös wäre. Beispiel: Ein Mieter hat alle Rückstände vollständig bezahlt und für die Zukunft Mietzahlungen erbracht, die die Vermieterin dennoch auf Räumung verklagt; das Gericht kann hier rechtsmissbräuchliches Verhalten annehmen und die Räumung ablehnen.
Schuldhafte Pflichtverletzung
Eine schuldhafte Pflichtverletzung liegt vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten (z. B. Mietzahlung) vorsätzlich oder fahrlässig verletzt. Schuldhaft bedeutet hier, dass der Mieter entweder bewusst oder zumindest verantwortlich für das Fehlverhalten ist. Im vorliegenden Fall wurde dem Mieter ein Schuldvorwurf gemacht, weil er die Rechtslage bezüglich der Mietminderung nicht sorgfältig geprüft hat und trotz Kenntnis nicht gezahlt hat. Beispiel: Wenn ein Mieter glaubt, aufgrund von Baumaßnahmen keine Miete zahlen zu müssen, ohne dies juristisch sicher zu wissen, und dadurch Rückstände entstehen, kann dies eine schuldhafte Verletzung sein.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 573 Absatz 1 und 2 BGB (Kündigung wegen Mietrückständen): Dieser Paragraph regelt die ordentliche Kündigung von Mietverhältnissen durch den Vermieter bei berechtigtem Interesse, etwa erhebliche Mietrückstände, ab zwei Monatsmieten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Vermieterin stützte ihre ordentliche Kündigung auf diese Vorschrift, da der Mieter über einen längeren Zeitraum erhebliche Mietrückstände angesammelt hatte.
- § 536 Absatz 1 Satz 1 BGB (Mietminderung bei Mängeln): Diese Norm erlaubt dem Mieter, die Miete zu mindern, wenn die Tauglichkeit der Mietsache durch Mängel beeinträchtigt ist, unabhängig davon, ob der Mieter die Wohnung tatsächlich nutzt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Mieter berief sich auf Mietminderung wegen der umfangreichen Modernisierungsarbeiten, was die Berechtigung der Mietzahlung minderte und somit den Streit um die Rückstände anfachte.
- § 543 Absatz 2 Nummer 3 Buchstabe b BGB (Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzug): Diese Vorschrift ermöglicht dem Vermieter die fristlose Kündigung, wenn der Mieter mit zwei aufeinanderfolgenden Terminen mit der Miete in Verzug ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Trotz Erfüllung der Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung wurde diese aufgrund der Schonfristzahlung des Mieters unwirksam.
- § 569 Absatz 3 Nummer 2 BGB (Schonfristzahlung): Diese Bestimmung führt dazu, dass eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs unwirksam wird, wenn der Mieter die Mietrückstände spätestens zwei Monate nach Zustellung der Klage zahlt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die fristlose Kündigung der Vermieterin wurde durch die rechtzeitige vollständige Zahlung des Mieters innerhalb der Schonfrist unwirksam, sodass nur die ordentliche Kündigung übrig blieb.
- § 242 BGB (Treu und Glauben): Der Grundsatz von Treu und Glauben verbietet es, Rechte in einer Weise auszuüben, die gegen die Gebote von Fairness und sozialer Verantwortung verstößt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht sah in der vollständigen Rückzahlung plus Vorauszahlung eine positive Prognose des Mieters und bewertete die weitere Forderung der Vermieterin nach Räumung als rechtsmissbräuchlich.
- Rechtsprechung zum Verschulden bei Kündigungen wegen Mietrückständen: Ein unverschuldeter Rechtsirrtum über die Berechtigung einer Mietminderung ist nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn der Mieter mit der üblichen Sorgfalt das Risiko hätte erkennen können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht verneinte einen unverschuldeten Rechtsirrtum und somit auch das fehlende Verschulden des Mieters, was die Wirksamkeit der Kündigung grundsätzlich stützte.
Das vorliegende Urteil
LG Berlin – Az.: 65 S 45/18 – Urteil vom 28.06.2018
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