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Mieterhöhungsverlangen – ortsübliche Vergleichsmiete

AG Stuttgart – Az.: 37 C 1909/17 – Urteil vom 27.07.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettomiete für die Wohnung im 2. Obergeschoss rechts des Gebäudes V. Str. … in … Stuttgart auf monatlich 738 € netto zuzüglich Betriebskosten ab dem 01.03.2017 zuzustimmen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger als Gesamtschuldner in Höhe von 32 % und die Beklagte in Höhe von 68 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Vollstreckungsgläubiger durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 1.000 € abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird bis zum 16.06.2017 auf 1.188,00 €, ab dem 16.06.2017 auf 1.428,00 €, ab dem 18.07.2017 auf 1176,00 € und ab dem 04.08.2017 auf 936,00 € festgesetzt.

Die gestaffelte Streitwertfestsetzung ergibt sich aus der Klageerweiterung vom 16.06.2017, sowie den beiden übereinstimmenden Teilerledigungserklärungen in der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2017 und schriftsätzlich am 04.08.2017.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Abgabe einer Willenserklärung zur Zustimmung zur Mieterhöhung. Die Beklagte hat eine Wohnung im zweiten Obergeschoss des Gebäudes V. Straße …, … Stuttgart von den Klägern angemietet. In einem Vergleich vor dem Landgericht Stuttgart (Az.: 4 S 317/14; vorgelegt in Anl. K1) haben die Parteien vereinbart, dass die Miete ab dem 1.3.2014 auf monatlich 660,00 € netto zuzüglich Betriebskosten erhöht wird. Mit Schreiben vom 21.12.2016 wurde die Beklagte von Klägerseite aufgefordert, einer Mieterhöhung von 660 € auf 759 € zuzüglich Betriebskosten ab dem 1.3.2017 zuzustimmen (Anl. K2). Das Mieterhöhungsverlangen wurde unter Bezugnahme auf den Mietspiegel der Stadt Stuttgart für die Jahre 2015/2016 begründet. Ein Exemplar des Mietspiegels war dem Mieterhöhungsverlangen jedoch nicht beigefügt. Die Beklagte hat, vertreten durch den Mieterverein Stuttgart, mit Schreiben vom 3.5.2017, den Prozessbevollmächtigten der Kläger zugegangen am 04.05.2017 (Bl. 29 der Akten), einer Mieterhöhung ab 1.3.2017 auf 720,00 € netto zugestimmt, eine weitere Erhöhung jedoch abgelehnt.

Die Kläger tragen vor, das Mieterhöhungsverlangen halte alle formellen Kriterien ein und stufe die Wohnung in den Mietspiegel der Stadt Stuttgart ein. Es sei insbesondere nicht erforderlich, dass ein Exemplar des Mietspiegels dem Verlangen beigefügt würde, wenn dieser gegen eine geringe Schutzgebühr erworben werden könne. Der geltend gemachte Quadratmeterpreis liege unterhalb des Mittelwertes, so dass die Klage inhaltlich begründet sei. Die Wohnung verfüge über eine komfortable Sanitärausstattung, habe eine Badewanne mit Duschmöglichkeit und ein modernes WC. Der Küchenboden, wie auch der Badboden seien gefliest; im Bad seien auch die Wände im üblichen Maße gefliest. Es handele sich zudem um eine helle Wohnung, bei der auch eine Mitbenutzung des Gartens inbegriffen sei. In den weiteren Räumen habe der Vermieter einen hochwertigen Teppichboden gestellt. Die Beklagte sei über die Zustimmung hinaus verpflichtet einen Betrag von 240,00 € an die Kläger zu zahlen, da sie der Mieterhöhung auf 720,00 € zum 1.3.2017 zugestimmt habe, den erhöhten Mietzins jedoch für die Monate März bis Juni 2017 nicht entrichtet habe.

Die Kläger beantragen ursprünglich die Zustimmung der Beklagten ab dem 01.03.2017 einen neuen Mietzins i.H.v. 759,00 € netto zu bezahlen. Im Rahmen einer Klageerweiterung am 16.6.2017 beantragten die Kläger die Zahlung von 240,00 € von der Beklagten an die Kläger. Nachdem die Beklagte den Betrag von 240,00 € gezahlt hat, wurde mit Schriftsatz vom 1.8.2017 (Bl. 42 der Akten), bei Gericht eingegangen am 04.08.2017, der Rechtsstreit auch im Hinblick auf diesen Klageantrag für erledigt erklärt. Da die Beklagte einer Mieterhöhung auf 720,00 € zugestimmt hat, wurde die Klageforderung insoweit in der mündlichen Verhandlung vom 18.7.2017 übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Kläger beantragen zuletzt,

Die Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettomiete für die Wohnung im zweiten Obergeschoss rechts des Gebäudes V. Straße … in Stuttgart auf nunmehr 759 € netto zuzüglich Betriebskosten ab dem 1.3.2017 zuzustimmen.

Die Beklagte beantragt, die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt vor, die Klage sei bereits unbegründet, da eine außergerichtliche Teilzustimmung auf 720 € netto ab dem 1.3.2017 erteilt wurde und die restliche Mieterhöhungsforderung unrechtmäßig sei. Die Wohnung sei ins Baujahr vor 1915 einzuordnen, habe eine einfache Ausstattung und die Lage Innen zwei bei einer Flächenkategorie von 70-110 m2, so dass ein Mittelwert von 8,25 € bestehe. Der überwiegende Bodenbelag sei PVC und die Etagenheizung beheize nicht sämtliche Räume. Die Begründetheit des Erhöhungsverlangens sei insbesondere am Mietspiegel 2017/2018 zu messen, da die Wirksamkeit der Erhöhung zum Zeitpunkt der Gültigkeit dieses Mietspiegels greife.

Es wurde Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 1.9.2017 (Blatt 52-54 der Akten) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnis des Gutachtens wird auf dieses (Bl. 65-87 der Akten) Bezug genommen. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.7.2017 (Bl. 35-39 der Akten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im zugesprochenen Umfang begründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Stuttgart ist gemäß der §§ 29 Buchst. A Abs. 1 ZPO, 23 Nr. 2 Buchst. A GVG für Streitigkeiten aus Mietverhältnissen über Wohnraum am Belegenheitsort der Mietsache streitwertunabhängig ausschließlich zuständig.

Die im Schriftsatz vom 14.6.2017 erklärte Klageerweiterung ist gemäß § 263 ZPO sachdienlich, da sie eine nicht erfolgte Mietzahlung aufgrund erteilter Zustimmung zur klageweise begehrten Mieterhöhung, und damit eine mit dem ursprünglichen Streitstoff in Zusammenhang stehende Forderung betrifft, sodass die bis dahin erlangten Prozessergebnisse auch zur Entscheidung über die erweiterte Klage herangezogen werden können.

II.

Die Klage ist im zugesprochenen Umfang begründet. Das Mieterhöhungsverlangen ist formell ordnungsgemäß (hierzu unter 1), materiell jedoch nur teilweise begründet (hierzu unter 2).

Hinsichtlich der Begründetheit des Mieterhöhungsverlangens kommt es auf die ortsübliche Vergleichsmiete zum Zeitpunkt des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens an (BGH, NJW 2017, 2679, Rn. 18). Zugegangen ist das Mieterhöhungsverlangen unstreitig am 24.12.2016 und damit im Gültigkeitszeitraum des Mietspiegels 2015/2016, so dass es bei der Bestimmung der ortsübliche Vergleichsmiete auf diesen Mietspiegel ankommt. Hierauf basierend wurde gemäß Beweisbeschluss vom 08.08.2017 ein Sachverständigengutachten zur Eingruppierung der Ortsüblichkeit anhand des Mietspiegels aus den Jahren 2015/2016 eingeholt. Es ist jedoch aufgrund der Preissteigerung bei Wohnraummieten eine Stichtagszuschlag zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Mieterhöhung festzusetzen, sofern eine aufgrund der zeitlichen Differenz zum ersten Gültigkeitszeitpunkt des geltenden Mietspiegels erfolgte Mietpreissteigerung kompensiert werden muss. Die Festsetzung des Stichtagszuschlags liegt dabei im richterlichen Ermessen (BGH, aaO, Rn. 25).

1.

Das Mieterhöhungsverlangen ist gemäß § 558 Buchst. A BGB formell ordnungsgemäß. Es ist insbesondere in Textform abgefasst und unter Bezugnahme auf den Mietspiegel der Stadt Stuttgart von 2015/2016 begründet. Zwar steht zur tatrichterlichen Überzeugung fest, dass das Mieterhöhungsverlangen aufgrund der fehlenden Beifügung eines Exemplars des zugrunde gelegten Mietspiegels formell unwirksam ist (hierzu unter a.). Dies ist im Streitfall jedoch nicht entscheidungserheblich, da die Beklagte dem Mieterhöhungsverlangen unter Einordnung der Wohnung in die Kategorien des Mietspiegels teilweise zugestimmt hat, sodass von einer Kenntnis der Beklagten vom Mietspiegel auszugehen ist (hierzu unter b.).

a.

Grundsätzlich gilt, dass ein Vermieter, der sich zur Begründung auf einen Mietspiegel beruft, den Mietspiegel seinem Verlangen nur dann nicht beifügen muss, wenn dieser allgemein zugänglich ist (Börstinghaus in Schmidt-Futterer, 13. Aufl., § 558 Buchst. A BGB, Rn. 34). Dem streitgegenständlichen Mieterhöhungsverlangen wurde ein Exemplar des Mietspiegels der Stadt Stuttgart gerade nicht beigelegt, sondern nur darauf hingewiesen, dass ein Exemplar kostenpflichtig erworben werden kann. Dies spricht grundsätzlich dafür, dass das vorliegende Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam ist, da der Mieter zunächst eine Vermögensdisposition tätigen muss, um die Begründetheit des Mieterhöhungsverlangens überprüfen zu können, indem er den Mietspiegel kostenpflichtig erwirbt (vergleiche Börstinghaus aaO). Es steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass es für einen Mieter nicht zumutbar ist, zunächst eine Gebühr von 6,50 € zu entrichten und sich selbst darum zu kümmern, ein Exemplar des Mietspiegels zu erhalten, um die Berechtigung einer von Vermieterseite verlangten Forderung zu überprüfen. An der Einschätzung des Gerichts ändert auch die von Klägerseite angesprochene entgegenstehende BGH-Rechtsprechung nichts. Zwar hat der BGH mit Hinweisbeschluss unter dem Az. VIII ZR 231/09 und unter Verweis auf weitere Entscheidungen hierzu festgestellt, dass ein Mietspiegel auch dann allgemein zugänglich ist, wenn er gegen eine geringe Schutzgebühr von privaten Vereinigungen an jedermann abgegeben wird und damit ein Mietspiegel im der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall, nicht beiliegen muss, um zu einer formellen Ordnungsgemäßheit des Mieterhöhungsverlangens zu kommen. Ausführungen dazu, bis zu welchem Betrag von einer geringen Schutzgebühr auszugehen ist, werden vom BGH jedoch nicht getroffen. Bei den vom BGH entschiedenen Fällen war der Mietspiegel entweder schon im Internet frei zugänglich oder die Schutzgebühr zur Erlangung des Mietspiegels betrug 3 Euro. Schon hieraus ergibt sich, dass der vorliegende Fall anders liegt, da der Mietspiegel der Stadt Stuttgart nicht im Internet zu frei zugänglich ist und eine Schutzgebühr von 6,50 € zur Erlangung des Mietspiegels fällig wird, was mehr als das Doppelte als im vom BGH entschiedenen Fall ist. Nach tatrichterliche Überzeugung kann es einem Mieter nicht zugemutet werden, eine Vermögensdisposition in jeglicher Höhe zu tätigen, um damit zu überprüfen, ob die von Vermieterseite verlangte Miete ortsüblich ist. Insbesondere steht zur tatrichterlichen Überzeugung fest, dass es einem Mieter nicht zumutbar sein kann, zunächst 6,50 € zur Erlangung des Mietspiegels aufzuwenden. Hierin kann keine geringe Schutzgebühr mehr gesehen werden. Vielmehr muss der Vermieter all das vortragen, was dazu notwendig ist, dass der Mieter das Mieterhöhungsverlangen verstehen und nachprüfen kann. Nichts anderes gebietet im Übrigen § 253 ZPO im Rahmen einer Klageschrift; auch hier hat der Kläger all das vorzutragen, was zur Begründung seines Anspruches notwendig ist.

b.

Auf die Beifügung des Mietspiegels kommt es vorliegend ausnahmsweise aus anderen Gründen im Ergebnis nicht an, da zur tatrichterlichen Überzeugung feststeht, dass die Beklagte ihre Wohnung in die Kategorien des Mietspiegels einordnen konnte und dies auch getan hat, sodass der Beklagten die Überprüfung der klägerseits geforderten Miete möglich war. Diese Überzeugung ergibt sich daraus, dass die Beklagte, vertreten durch den Mieterverein, mit Schreiben vom 3.5.2017 ihre Wohnung in die Kategorien des Mietspiegels eingeordnet und eine Teilzustimmung zur Mieterhöhung unter Zurückweisung der übrigen Mieterhöhung abgegeben hat. Diese Teilzustimmung wird mit einer konkreten Einordnung der streitgegenständlichen Wohnung in die Kategorien des Mietspiegels begründet. Daraus wird ersichtlich, dass der Beklagten eine Einordnung der Wohnung in den Mietspiegel möglich war.

Weitere Bedenken gegen die formell Ordnungsmäßigkeit des Mieterhöhungsverlangens bestehen nicht.

2.

Das Mieterhöhungsverlangen ist in dem zugesprochenen Umfang begründet.

Die Kläger haben einen Anspruch auf Zustimmung zur Erhöhung der Kaltmiete um weitere 18 € pro Monat auf insgesamt 738,00 € pro Monat (8,53 €/Quadratmeter).

Die Voraussetzung des § 558 BGB sind erfüllt. Die Miete ist seit dem 1.3.2014 nicht erhöht wurden und damit seit mehr als 15 Monaten gemäß § 558 Abs. 1 S. 1 BGB unverändert. Weitere Mieterhöhungsverlangen nach diesem Zeitpunkt hat es nicht gegeben. Auch die Kappungsgrenze i.H.v. 15 % gemäß § 558 Abs. 3 S. 2 BGB i.V.m. der Kappungsgrenzenverordnung Baden-Württemberg ist eingehalten. Die Miete von 738,00 € pro Monat ist nicht mehr als 15 % höher, als die ursprünglich geforderte Miete von 660,00 €.

a.

Das Gericht folgt bei der Zugrundelegung des ortsüblichen Mietzinses pro Quadratmeter von 8,34 € den zutreffenden und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Die ausführliche und sorgfältige Begutachtung der Wohnung und der Lage lassen fehlerhafte gutachterliche Schlussfolgerung nicht erkennen. Der Sachverständige begutachtet die streitgegenständliche Wohnung gemäß dem Beweisbeschluss des Amtsgericht Stuttgart vom 8.8.2017 und geht hierbei auf alle aufgeworfenen Fragen ein. Der Sachverständige bezieht in seine Begutachtung die Lage, den Umfang, den Zuschnitt und auf die Ausstattung der Wohnung sowie Wohnräume außerhalb der abgeschlossenen Wohnung mit ein. Damit beschäftigt sich der Sachverständige ausführlich mit der Beweisfrage sowie dem zu Grunde liegenden Sachverhalt und lässt erkennbar keine Punkte unberücksichtigt, so dass sein Gutachten die Beweisfrage vollständig abdeckt. Das Gutachten folgt dabei einer inneren Logik und kann aufgrund des Ortstermins in der Wohnung der Beklagten auf die richtigen Erkenntnisquellen gestützt werden.

Insbesondere folgt das Gericht den Einschätzung des Sachverständigen auch hinsichtlich der Abweichung vom Mittelwert. Hat eine Wohnung besondere Ausstattungsmerkmale in positiver oder negativer Weise, kann eine Abweichung vom Mittelwert der im Mietspiegel vorgegebenen Spanne angemessen sein. Gemäß dem Mietspiegel der Stadt Stuttgart von 2015/2016 können vor allem besondere Lage- oder Ausstattungsmerkmale eine Abweichung vom Mittelwert erlauben. Gerade die vom Sachverständigen durchgeführten Abzüge für die Geschosslage und den Zuschnitt der Wohnung hinsichtlich dem Ausbau der Veranda, hält das Gericht für angemessen, da es den Wohnwert der Wohnung reduziert und in den übrigen Kategorien des Mietspiegels keine gesonderte Berücksichtigung findet. Hinsichtlich des Zuschlag aufgrund der besonderen Nachfrage solcher Wohnhäuser gemessen an Ausstattung und Alter, erscheint ein Zuschlag zum Mittelwert für das Gericht ebenfalls angemessen. Hierbei schließt sich das Gericht der sachverständigen Kenntnis des Begutachters an, der eine über dem Durchschnitt liegende Nachfrage für Wohnungen dieser Art bescheinigt.

b.

Aufgrund der Umstände des Einzelfalls ist der ortsüblichen Vergleichsmiete ein Zuschlag im Sinne einer Stichtagsdifferenz hinzuzurechnen.

Das Gericht geht aufgrund der Zustellung des Mieterhöhungsverlangens am 24.12.2016, kurz vor Gültigkeit eines neuen Mietspiegels, gemäß § 287 ZPO, von der Notwendigkeit eines Stichtagszuschlages aus. Die Höhe des Stichtagszuschlags obliegt dem Ermessen des Tatrichters, welcher eine solche Höhe anhand aller zu beachtenden Umstände des Einzelfalls zu beurteilen hat (BGH, NJW 2017, 2679, Rn. 25). Ausschlaggebendes Bewertungskriterium im Streitfall ist zur Überzeugung des Gerichts die Zustellung des Mieterhöhungsverlangens am 24.12.2016 kurz vor Gültigkeit eines neuen Mietspiegels und damit am Ende der Gültigkeitsperiode des alten Mietspiegels. Im Rahmen der Erstellung des Mietspiegels 2017/2018 wurden bereits im April 2016 Stichproben erhoben. Damit fällt das Mieterhöhungsverlangen in einen Zeitraum, in welchem schon die Werte des neuen Mietspiegels erhoben waren, sodass die 2016 geltenden Mieten Vergleichsmaßstab für die Ortsüblichkeit nach dem neuen Mietspiegel 2017/2018 sind. Damit erscheint die Bewertung des Mieterhöhungsverlangens unter alleiniger Geltung des Mietspiegels 2015/2016 unangemessen. Um dies auszugleichen muss zur tatrichterlichen Überzeugung ein Stichtagszuschlag auf den Zeitpunkt der ersten Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens gemacht werden. Weiteres Entscheidungskriterium für die Hinzurechnung eines Stichtagszuschlags ist, dass der Gültigkeitszeitraum im Sinne des Wirksamwerdens der neuen Miete zu einem Zeitpunkt eintritt, in welchem ebenfalls bereits der neue Mietspiegel gilt.

Legt man den Mietpreisindex für Baden-Württemberg zu Grunde ist von einer Steigerung der Mieten vom Jahr 2016 ins Jahr 2017 von +1,7 % auszugehen. Berücksichtigt man die Beschlussvorlage der Landeshauptstadt Stuttgart hinsichtlich der Beschlussfassung über den neuen Mietspiegel für die Jahre 2017/2018 (GRDrs 936/2016), so ist von einem Anstieg der Mietpreise über den Zeitraum April 2014 bis April 2016 (Erhebungszeitraum des alten bis zum Erhebungszeitraum des neuen Mietspiegels) von 9,3 % auszugehen. Damit steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass die Mieten im Erhebungszeitraum angestiegen sind und damit ein alleiniges Abstellen auf den Mietspiegel 2015/2016 unangemessen ist. Aufgrund der nachträglich hohen Steigerung der Vergleichsmieten erscheint es für das Gericht insoweit sachgerecht einen Stichtagszuschlag vorzunehmen. Der von dem Sachverständige hierbei zugrunde gelegte Prozentsatz von 2,3 % erscheint insoweit gemäß § 287 ZPO zur tatrichterlichen Überzeugung angemessen.

c.

Ein weiterer Zuschlag auf die ortsübliche Vergleichsmiete im Rahmen eines Zuschlags für Schönheitsreparaturen oder Instandhaltungskosten kann zur tatrichterlichen Überzeugung nicht erfolgen. Zu den Wohnwertmerkmalen hinsichtlich derer eine ortsübliche Vergleichsmiete gebildet wird gehört nach § 558 Abs. 2 BGB die Art, die Größe, die Ausstattung, die Beschaffenheit und die Lage der Wohnung. Der Einfluss von umgelegten Schönheitsreparaturen oder Instandhaltungsmaßnahmen ist weder gesetzlich vorgesehen, noch im Rahmen der Ausführungen zum Mietspiegel enthalten. Auch der BGH hat ein Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete aufgrund nicht um gelegter Schönheitsreparaturen abgelehnt (BGH, VIII ZR 181/07). Im vom BGH zu entscheidenden Fall wird die Umlage von Kosten der Schönheitsreparaturen, für den Fall abgelehnt, dass eine grundsätzlich zwischen den Parteien vereinbarte Schönheitsreparaturklausel unwirksam ist. Zwar ist vorliegend eine solche Klausel nicht vorgetragen, jedoch sind die vom BGH erarbeiteten Grundsätze auch auf den Fall anzuwenden, wenn von vorneherein eine Schönheitsreparaturklausel nicht bestand. Der BGH verneint einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete hinsichtlich nicht umgelegt der Schönheitsreparaturen damit, dass dies vom Gesetz nicht vorgesehen würde und auch dem Sinn und Zweck des § 558 BGB widerspreche (BGH aaO, juris Rn. 10 ff.). Das Gericht schließt sich diesbezüglich den überzeugenden Ausführungen des Bundesgerichtshofes an und macht sich diese zu eigen. Das Gesetz spezifiziert eindeutig, welche Merkmale einer Mieterhöhung zugrunde zu legen sind (§ 558 Abs. 2 BGB). Dabei bezieht sich das Gesetz auf klar bestimmbare und messbare Werte. Es ist dem Vermieter dabei unbenommen die Schönheitsreparaturen oder sonstige Instandsetzungsarbeiten auf den Mieter zu übertragen. Diese Möglichkeit des Vermieters kann jedoch die ortsübliche Vergleichsmiete nicht beeinflussen, da sie keinen geeigneten Vergleichswert bildet. Insoweit ist eine im Vorfeld nur schwerlich zu bestimmende Kostengröße für Schönheitsreparaturen nicht mit den übrigen Wohnwertmerkmalen des § 558 Abs. 2 BGB zu vergleichen. Vielmehr bietet eine solche Überwälzung keinerlei messbaren Wohnwert, der im Rahmen eines Vergleichs der umliegenden Wohnungsmieten messbar wäre.

Nichts anderes kann sich hinsichtlich der fehlenden Übernahme von Kleinreparaturen ergeben. Es kann dem Vermieter nicht zum Vorteil gereichen, wenn eine Umlage der Kleinreparaturen nicht vereinbart ist. Ein Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete aufgrund von nicht übertragenen Kleinreparaturen widerspricht, wie bei den Schönheitsreparaturen, Sinn und Zweck sowie Wortlaut des § 558 BGB (BGH, VIII ZR 83/07).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, § 91 Buchst. A Abs. 1 ZPO. Im Rahmen des streitig entschiedenen Teils der Zustimmungsklage waren die Kosten verhältnismäßig gem. § 92 Abs. 1 ZPO zu teilen. Hinsichtlich des im Termin zu mündlichen Verhandlung übereinstimmend erledigt erklärten Teils der Zustimmungsklage hat die Beklagte die Kosten zu tragen. Die Beklagte hat durch die insoweit ohne Einwendung erteilte Zustimmung zu verstehen gegeben, dass sie den Anspruch der Kläger als gegeben erachtet. Nach summarischer Prüfung wäre die Zustimmungsklage auf eine neue Nettomiete in Höhe von 720 € pro Monat zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses (Zustimmungserklärung der Beklagten durch den Mieterverein am 04.05.2017) begründet gewesen. Zudem hat die Beklagte auch die Kosten der Erledigung hinsichtlich der von Klägerseite erledigt erklärten Zahlungsklage zu tragen. Die Beklagte hat der dahingehenden Erledigungserklärung nicht widersprochen. Durch die Teilzustimmung zur Mieterhöhung war die Beklagte jedoch verpflichtet die höhere Miete ab 01.03.2017 zu zahlen, was unterblieben ist. Damit wäre die Zahlungsklage vor Eintritt der Erledigung ebenfalls zulässig und begründet gewesen, sodass die Kläger nach summarischer Prüfung obsiegt hätten.

Aufgrund der Erledigungserklärung entsteht bei der Terminsgebühr (Quote: 54 % zulasten der Kläger) insoweit eine andere Kostenquote als hinsichtlich der Gerichtskosten und der Verfahrensgebühren (Quote: 78,79 % zulasten der Beklagten). Kombiniert man beide Quoten im Verhältnis zu den Gesamtkosten erhält man die zugesprochene Quote.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.

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