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Kostenerstattung nach selbständigem Beweisverfahren: Wer trägt die Kosten?

Eine Mieterin in Berlin forderte vom Vermieter die Kostenerstattung nach selbständigem Beweisverfahren, das eine geringere Wohnfläche belegte. Trotz des klaren Gutachtens verweigerte der Vermieter die verbindliche Erklärung zur Wohnfläche – die Aufwendungen blieben allein beim Mieter hängen.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 64 S 85/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Berlin
  • Datum: 30.04.2025
  • Aktenzeichen: 64 S 85/23
  • Verfahren: Beschluss im Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Zivilprozessrecht

  • Das Problem: Eine Mieterin ließ wegen Zweifeln an der Richtigkeit die Wohnfläche durch ein gerichtliches Gutachten vermessen. Sie forderte danach vom Vermieter, die geringere Fläche verbindlich anzuerkennen und die vollen Kosten für das Gutachten zu erstatten.
  • Die Rechtsfrage: Muss ein Vermieter die Ergebnisse eines vom Mieter veranlassten, gerichtlichen Gutachtens zur Wohnfläche automatisch akzeptieren? Entsteht durch die Vermessung bereits ein Anspruch, dass der Vermieter die Gutachterkosten bezahlen muss?
  • Die Antwort: Nein. Es gibt keine gesetzliche oder vertragliche Pflicht für den Vermieter, die Ergebnisse eines selbständigen Beweisverfahrens außergerichtlich anzuerkennen. Die Mieterin hat keinen materiell-rechtlichen Anspruch auf Kostenerstattung oder eine verbindliche Erklärung des Vermieters dargelegt.
  • Die Bedeutung: Mieter tragen die Kosten für eine selbst veranlasste Beweissicherung zunächst selbst. Das Ergebnis eines Gutachtens ist erst in einem anschließenden Hauptprozess verbindlich verwertbar und begründet nicht automatisch eine Pflicht des Vermieters zur Kostenerstattung oder Anerkennung.

Kostenerstattung nach selbständigem Beweisverfahren: Wer zahlt für den Beweis der kleineren Wohnung?

Ein Mieter lässt seine Wohnung vermessen und das Ergebnis ist eindeutig: Sie ist kleiner als im Vertrag angegeben. Müsste der Vermieter nun nicht nur die Fakten anerkennen, sondern auch die Kosten für diesen Beweis erstatten? Intuitiv würden viele diese Frage mit Ja beantworten. Doch die juristische Realität ist komplexer und trennt scharf zwischen dem Recht, einen Anspruch zu beweisen, und dem Recht, die Kosten für diesen Beweis ersetzt zu bekommen. Genau diese Frage stand im Zentrum eines Beschlusses des Landgerichts Berlin vom 30. April 2025 (Az. 64 S 85/23), der eine grundlegende Unterscheidung im Mietrecht beleuchtet und die Berufung einer Mieterin als aussichtslos zurückwies.

Was war der Auslöser für den Rechtsstreit?

Sachverständiger misst eine Wand mit einem Laserdistanzmesser, dessen Anzeige eine deutliche Abweichung zur daneben liegenden Bauzeichnung zeigt.
Mieterin scheitert mit Forderung nach Kostenerstattung für Flächenmessung im Beweisverfahren. | Symbolbild: KI

Eine Mieterin in Berlin hegte den Verdacht, dass die in ihrem Mietvertrag angegebene Wohnfläche nicht der Realität entsprach. Um Gewissheit zu erlangen und eine solide Grundlage für mögliche Ansprüche zu schaffen, entschied sie sich für einen prozessualen Weg: Sie leitete ein sogenanntes Selbständiges Beweisverfahren ein. Dieses gerichtliche Verfahren dient dazu, den Zustand einer Sache oder die Ursache eines Mangels durch einen Sachverständigen feststellen zu lassen, noch bevor es zu einem Hauptprozess kommt.

Das Ergebnis des vom Amtsgericht Charlottenburg beauftragten Gutachtens bestätigte den Verdacht der Mieterin. Der Sachverständige ermittelte eine tatsächliche Wohnfläche von 68,02 m². Mit diesem amtlichen Dokument in der Hand trat sie an ihre Vermieterin heran und stellte zwei zentrale Forderungen: Erstens sollte die Vermieterin verbindlich erklären, dass fortan diese geringere Wohnfläche für alle Berechnungen, etwa bei Betriebskostenabrechnungen oder Mieterhöhungen, maßgeblich sei. Zweitens forderte sie die Erstattung der Kosten für das Beweisverfahren in Höhe von 1.530,69 EUR. Ihre Argumentation: Die Vermieterin hätte die Zweifel ausräumen und selbst ein Aufmaß vornehmen müssen. Da sie dies unterließ, sei sie zum Ersatz der entstandenen Kosten verpflichtet.

Die Vermieterin lehnte beide Forderungen ab. Sie sah sich weder verpflichtet, das Gutachten anzuerkennen, noch die Kosten dafür zu tragen. Der Fall landete vor dem Amtsgericht Charlottenburg, das die Klage der Mieterin abwies. Unbeirrt zog die Mieterin in die nächste Instanz vor das Landgericht Berlin.

Welche rechtlichen Instrumente standen im Mittelpunkt?

Um die Entscheidung des Gerichts nachzuvollziehen, muss man die zentralen juristischen Werkzeuge verstehen, die hier zur Anwendung kamen. Im Kern geht es um die Unterscheidung zwischen materiellem Recht und Prozessrecht.

Das materielle Recht, hauptsächlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt, beschreibt, welche Rechte und Pflichten eine Person hat. Es beantwortet die Frage: „Was steht mir zu?“ Ein Anspruch auf Mietminderung wegen einer zu kleinen Wohnung wäre ein solcher materieller Anspruch.

Das Prozessrecht, geregelt in der Zivilprozessordnung (ZPO), legt hingegen die Spielregeln für Gerichtsverfahren fest. Es beantwortet die Frage: „Wie setze ich mein Recht durch?“ Das von der Mieterin genutzte selbständige Beweisverfahren (§ 485 ZPO) ist ein reines Instrument des Prozessrechts. Sein Zweck ist die Beweissicherung. Es „friert“ quasi einen bestimmten Zustand ein, damit dieser später in einem eventuellen Hauptprozess als Beweis dienen kann. Es trifft aber selbst keine endgültige Entscheidung über den eigentlichen Anspruch.

Die Mieterin stützte ihre Forderung zudem auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), eine Art Generalklausel, die von Vertragspartnern ein faires und redliches Verhalten verlangt. Daraus leitete sie eine Auskunftspflicht der Vermieterin ab. Schließlich brachte sie einen Schadensersatzanspruch (§§ 280, 249 BGB) ins Spiel, der eine Pflichtverletzung der Gegenseite voraussetzt.

Warum entschied das Gericht so – und nicht anders?

Das Landgericht Berlin schloss sich der Ansicht der Vorinstanz an und erklärte die Berufung der Mieterin für aussichtslos. Die Richter zerlegten die Argumentation der Mieterin Punkt für Punkt und legten dar, warum ihre Forderungen auf einem fundamentalen Missverständnis der Rechtsordnung beruhten.

Kein Anspruch auf eine verbindliche Erklärung zur Wohnfläche

Die erste Hürde für die Mieterin war ihr Hauptantrag: die Verpflichtung der Vermieterin, die Wohnfläche von 68,02 m² verbindlich anzuerkennen. Das Gericht fand hierfür schlicht keine gesetzliche Grundlage. Weder das Mietrecht noch der konkrete Vertrag enthielten eine Klausel, die einen Vermieter dazu zwingt, eine vom Mieter ermittelte Tatsache offiziell zu bestätigen. Ein solches Recht auf „Anerkennung“ existiert im deutschen Recht nicht als eigenständiger Anspruch. Ansprüche richten sich in der Regel auf eine konkrete Leistung (z. B. Zahlung von Geld) oder eine Unterlassung, aber nicht auf die Abgabe einer Wissenserklärung.

Warum das selbständige Beweisverfahren keine Pflicht zur Anerkennung auslöst

Die Mieterin argumentierte, das gerichtlich eingeholte Gutachten müsse doch eine Wirkung entfalten. Das Gericht stellte jedoch klar, welche Wirkung das Gesetz vorsieht – und welche nicht. Ein Gutachten aus einem selbständigen Beweisverfahren dient ausschließlich der Beweiserhebung. Seine Ergebnisse sind nicht automatisch rechtsverbindlich. Gemäß § 493 Abs. 1 ZPO wird ein solches Gutachten in einem späteren Hauptprozess wie ein vom Gericht selbst eingeholtes Gutachten behandelt.

Der entscheidende Punkt ist jedoch die Freie Beweiswürdigung des Gerichts im Hauptprozess (§ 286 ZPO). Erst dort wird das Gutachten bewertet, eventuell durch weitere Beweise ergänzt oder in Zweifel gezogen. Das selbständige Beweisverfahren ist somit ein vorgeschobener Akt der Beweisaufnahme, aber nicht der Beweiswürdigung. Die Vermieterin war daher nicht verpflichtet, die Ergebnisse vorab anzuerkennen. Sie hatte das Recht, die Richtigkeit des Gutachtens erst in einem Prozess über einen konkreten Zahlungsanspruch (z. B. Rückzahlung von Miete) bestreiten zu lassen.

Die entscheidende Trennung: Prozessuale Lastenverteilung versus materieller Anspruch

Ein zentrales Argument der Mieterin bezog sich auf eine bekannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 22.10.2014 – VIII ZR 41/14). Darin hatte der BGH die Regeln zur Darlegungs- und Beweislast bei Wohnflächenstreitigkeiten präzisiert. Wenn ein Mieter substantiiert darlegt, dass die Fläche kleiner ist, muss der Vermieter im Prozess beweisen, dass die vertraglich vereinbarte Fläche korrekt ist.

Das Landgericht Berlin arbeitete heraus, dass die Mieterin diese prozessuale Regel falsch interpretierte. Diese Regelung ist eine Art Spielregel für den Gerichtssaal, die festlegt, wer welche Fakten beweisen muss, wenn es zum Streit kommt. Sie begründet jedoch keine materiell-rechtliche Pflicht für den Vermieter, schon vor einem Prozess tätig zu werden, ein Aufmaß zu erstellen oder die Kosten eines vom Mieter beauftragten Gutachtens zu tragen. Die Kosten für die Beschaffung von Beweismitteln trägt grundsätzlich die Partei, die sie zur Stützung ihrer Position benötigt. Eine Erstattung dieser Kosten kann sie nur verlangen, wenn sie am Ende in der Hauptsache gewinnt – also beispielsweise erfolgreich auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete klagt.

Die Mieterin hatte aber keinen solchen Hauptanspruch geltend gemacht. Sie klagte isoliert auf Erstattung der Gutachterkosten. Damit versuchte sie, die Folge (Kostenerstattung) ohne die Ursache (einen erfolgreichen Hauptanspruch) durchzusetzen. Dies, so das Gericht, kehre die Logik des Zivilprozesses um.

Warum auch Treu und Glauben der Mieterin nicht halfen

Zuletzt prüfte das Gericht, ob sich aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Pflicht der Vermieterin ergeben könnte. Könnte man von einer fairen Vermieterin nicht erwarten, dass sie bei begründeten Zweifeln an der Wohnfläche selbst für Klarheit sorgt? Das Gericht verneinte dies. Eine allgemeine Auskunftspflicht besteht nur in eng begrenzten Ausnahmefällen, etwa wenn eine Partei unverschuldet über Tatsachen im Unklaren ist, während die andere Partei die Auskunft mühelos erteilen kann. Die Ermittlung der exakten Wohnfläche ist jedoch keine mühelos zu erteilende Auskunft, sondern erfordert eine aufwendige sachverständige Prüfung. Das Gericht sah keine Grundlage dafür, diese Pflicht allein der Vermieterin aufzuerlegen und sie zur Vorleistung zu zwingen. Ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280, 249 BGB scheiterte ebenfalls, da die Vermieterin keine Rechtspflicht verletzt hatte.

Welche Lehren lassen sich aus diesem Urteil ziehen?

Dieses Urteil mag auf den ersten Blick unbefriedigend wirken, verdeutlicht aber zwei zentrale Prinzipien des deutschen Zivilrechts, die für Mieter und Vermieter von hoher praktischer Relevanz sind.

Die erste und wichtigste Lehre lautet: Die Kosten für die Beweissicherung sind untrennbar mit dem Schicksal der Hauptforderung verbunden. Wer ein Gutachten einholt, um einen Anspruch vorzubereiten – sei es auf Mietminderung, Rückzahlung von Betriebskosten oder Schadensersatz –, geht finanziell in Vorleistung. Die Erstattung dieser Kosten kann nicht isoliert eingeklagt werden. Sie ist stattdessen ein Teil der Gesamtkosten des Rechtsstreits, die am Ende von der unterlegenen Partei getragen werden müssen. Wer also einen Prozess über die Hauptforderung gewinnt, bekommt in der Regel auch die notwendigen Kosten für das vorbereitende Gutachten erstattet. Wer aber nur die Gutachterkosten einklagt, ohne den eigentlichen materiellen Anspruch gerichtlich durchzusetzen, wird scheitern.

Die zweite Erkenntnis schärft den Blick für den Unterschied zwischen prozessualen „Spielregeln“ und materiellen Rechten. Regeln zur Beweislast, wie sie der BGH aufgestellt hat, sind mächtige Werkzeuge innerhalb eines Gerichtsverfahrens. Sie verschieben das Prozessrisiko und können über Sieg oder Niederlage entscheiden. Sie schaffen jedoch keine neuen Pflichten außerhalb des Gerichtssaals. Ein Vermieter ist also nicht allein aufgrund dieser Prozessregeln verpflichtet, vorgerichtlich auf eigene Kosten ein Gutachten zu erstellen, nur weil der Mieter Zweifel äußert. Das Recht, einen Beweis zu fordern, entsteht erst im Rahmen eines konkreten Rechtsstreits über einen materiellen Anspruch.

Die Urteilslogik

Die Rechtsordnung trennt strikt zwischen der Sicherung eines Beweises und dem materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung seiner Kosten.

  • [Prozesskosten folgen dem Hauptanspruch]: Kläger können die Kosten für ein vorbereitendes Beweisverfahren nicht isoliert einklagen, sondern müssen den materiellen Hauptanspruch erfolgreich durchsetzen, damit die Beweissicherungskosten als Teil der Gesamtstreitkosten ersetzt werden.
  • [Die Wirkung eines Sachverständigengutachtens]: Ein gerichtlich angeordnetes Gutachten im selbständigen Beweisverfahren bindet die Gegenseite nicht automatisch zur Anerkennung der Fakten, da das Gericht die Beweise erst im späteren Hauptprozess frei würdigt.
  • [Keine vorprozessuale Pflicht zur Beweisaufnahme]: Die zivilprozessuale Verteilung der Beweislast definiert ausschließlich die Spielregeln innerhalb eines Gerichtsverfahrens und schafft keine materiell-rechtliche Pflicht für Vertragspartner, vor einer Klage eigene Gutachten zu erstellen oder Auskunft über beweisbedürftige Tatsachen zu erteilen.

Wer seine Rechtsposition absichern will, muss das finanzielle Risiko für die Beweisbeschaffung zunächst selbst tragen und dieses im Rahmen der Hauptklage erfolgreich zurückfordern.


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Experten Kommentar

Der Wunsch, klare Fakten zu schaffen und die Rechnung für das teure Wohnflächen-Gutachten sofort dem Vermieter zu präsentieren, ist verständlich – doch genau hier lauert die juristische Kostenfalle. Das Landgericht Berlin stellt konsequent klar: Das selbstständige Beweisverfahren ist nur ein prozessuales Werkzeug und löst keinen isolierten materiellen Anspruch auf Kostenerstattung aus. Die Gutachterkosten kann man nicht ohne Weiteres allein einklagen. Wer als Mieter in Vorleistung geht, muss strategisch den eigentlichen Streit über die Miete führen, denn nur der Gewinn des Hauptprozesses sichert am Ende die Erstattung dieser Auslagen.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Kann ich die Kosten für ein selbständiges Beweisverfahren isoliert zurückfordern?

Nein, die Kosten für ein selbständiges Beweisverfahren können Sie in der Regel nicht als eigenständige Forderung einklagen. Dieses Verfahren ist ein reines prozessuales Instrument zur Beweissicherung und dient der Vorbereitung eines Rechtsstreits. Eine Erstattung dieser Investition ist untrennbar an den Erfolg Ihres materiellen Hauptanspruchs in einem nachfolgenden Prozess gebunden. Sie müssen zuerst den Streit über die Hauptforderung gewinnen, bevor Sie die Kosten zurückverlangen können.

Das Zivilprozessrecht unterscheidet strikt zwischen dem Beweismittel und dem eigentlichen Zahlungsanspruch. Das selbständige Beweisverfahren nach § 485 ZPO sichert lediglich Tatsachen, beispielsweise die tatsächliche Wohnfläche durch ein Gutachten. Es begründet jedoch keinen unmittelbar materiell-rechtlichen Anspruch darauf, dass der Gegner die Kosten dafür trägt. Wenn Sie versuchen, nur die Gutachterkosten geltend zu machen, kehren Sie die Logik des Zivilprozesses um, weil Sie die Folge ohne die Ursache durchsetzen wollen.

Die Gerichte weisen eine isolierte Klage auf Kostenerstattung daher ab. Der Fehler liegt darin, die Gutachterkosten als eigenständigen Anspruch zu behandeln, anstatt sie in den Hauptprozess einzubetten. Die Kosten des Beweisverfahrens gelten stattdessen als Teil der Gesamtkosten des Rechtsstreits. Nur wenn Sie den Hauptprozess, beispielsweise auf Rückzahlung überzahlter Miete, erfolgreich führen, muss der unterlegene Vermieter am Ende die gesamten notwendigen Kosten tragen.

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Wann sind die Kosten des Beweisverfahrens erstattungsfähig, wenn ich den Hauptprozess gewinne?

Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens werden Ihnen erstattet, sobald Sie in dem nachfolgenden Hauptprozess obsiegen. Die Regel: Der Anspruch auf Rückerstattung ist untrennbar an den Erfolg Ihrer materiellen Hauptforderung (z.B. Mietminderung oder Rückzahlung) gebunden. Das Gericht ordnet diese Auslagen dann als notwendige Kosten des Rechtsstreits ein und legt sie der unterlegenen Partei, meist dem Vermieter, auf.

Gewinnen Sie die Hauptsache – etwa die Klage auf Rückzahlung überzahlter Miete – trifft das Gericht die sogenannte Kostengrundentscheidung über alle Prozesskosten. In der Regel muss die unterlegene Partei die gesamten notwendigen Kosten tragen. Dies schließt die Auslagen für das vorbereitende selbständige Beweisverfahren mit ein. Allerdings müssen Sie nachweisen, dass die Notwendigkeit des Gutachtens bestand. Es musste zwingend zur substanziierten Stützung Ihrer späteren Klage erforderlich gewesen sein und durfte keine unnötige Vorarbeit darstellen.

Die korrekte Deklaration dieser Vorleistungen ist prozessual entscheidend. Sie sollten die Gutachterkosten nicht als Schadensersatz oder außergerichtliche Anwaltskosten deklarieren, da dies juristisch unpräzise ist und die Erstattung erschwert. Stattdessen sind die Ausgaben explizit als Kosten des Beweisverfahrens geltend zu machen. Diese korrekte Positionierung gewährleistet, dass die Aufwendungen fehlerfrei in die spätere Kostenfestsetzung einfließen und Sie die volle Erstattung erhalten.

Weisen Sie Ihren Anwalt an, die Ausgaben als notwendige Kosten zur Vorbereitung des Hauptprozesses klar auszuweisen, um die Rückerstattung zu sichern.


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Muss ich die Gutachtenkosten als Schadensersatz oder als Prozesskosten geltend machen?

Sie müssen die Gutachtenkosten zwingend als Prozesskosten im Rahmen der Gesamtkostenentscheidung des Hauptprozesses geltend machen. Eine Forderung als Schadensersatz ist juristisch nicht haltbar. Diese Strategie scheitert, da Gerichte, wie das Landgericht Berlin entschied, keine vorprozessuale Rechtspflicht des Vermieters zur Durchführung oder Finanzierung einer sachverständigen Prüfung sehen. Sie müssen daher den materiellen Hauptanspruch (z. B. Mietminderung) einklagen, bevor die Kosten erstattet werden.

Die Geltendmachung als Schadensersatz nach §§ 280, 249 BGB erfordert eine Pflichtverletzung des Vermieters. Das Gericht verneint eine solche Pflichtverletzung in Bezug auf die Wohnflächenmessung. Die Ermittlung der Wohnfläche ist keine „mühelos zu erteilende Auskunft“. Aus diesem Grund besteht keine allgemeine Auskunftspflicht des Vermieters, deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht begründen würde. Versucht man, die Kosten isoliert als Schadensersatz zu fordern, wird die Klage abgewiesen, da die Vermieterin keine relevante Rechtspflicht verletzt hat.

Die korrekte prozessuale Strategie führt über die Kostenfestsetzung. Sobald die Hauptklage auf Mietminderung oder Rückzahlung erfolgreich war, stellt das Gericht die Kostentragungspflicht des Vermieters fest. Die Kosten für das vorbereitende Gutachten gelten dann als notwendige Aufwendungen des Rechtsstreits, die Ihnen erstattet werden müssen. Konzentrieren Sie die gesamte Klageschrift ausschließlich auf den materiellen Anspruch, den Sie durchsetzen möchten.

Listen Sie die Gutachterkosten nicht als eigenständigen Anspruch, sondern als unterstützende Information für die spätere Kostenfestsetzung auf.


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Was tun, wenn der Vermieter mein gerichtlich eingeholtes Gutachten nicht anerkennt?

Der Vermieter ist nicht verpflichtet, das Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren vorprozessual anzuerkennen. Dieses Dokument ist ein Beweismittel, das noch keine automatische Rechtsverbindlichkeit besitzt. Fühlen Sie sich frustriert, weil Ihre Vorleistung ignoriert wird, müssen Sie nun den nächsten Schritt gehen. Sie leiten zwingend den Hauptprozess über Ihren materiellen Anspruch ein, in dem das Gericht das Gutachten offiziell würdigt.

Das selbständige Beweisverfahren dient der reinen Beweissicherung. Es friert lediglich den Zustand ein, etwa die korrekte Wohnfläche, trifft aber keine abschließende Entscheidung. Die endgültige Bewertung dieser Fakten obliegt dem Gericht im nachfolgenden Hauptprozess. Erst dort wendet das Gericht die Regel der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO an. Die Vermieterseite kann die Ergebnisse des Gutachtens solange bestreiten, bis ein Richter das Beweismittel offiziell würdigt.

Verzichten Sie darauf, isoliert eine Klage auf die verbindliche Anerkennung der Wohnfläche anzustrengen. Ein solcher Anspruch auf Abgabe einer Wissenserklärung ist im deutschen Recht nicht vorgesehen. Nehmen wir an, Sie klagen direkt auf Rückzahlung überzahlter Miete oder Mietminderung. Dann wird Ihr Gutachten gemäß § 493 Abs. 1 ZPO behandelt wie ein gerichtliches Sachverständigengutachten und erhält dadurch hohes Beweisgewicht.

Leiten Sie daher umgehend die Hauptklage über Ihren Anspruch ein und legen Sie das Gutachten als zentralen und substantiierten Beweis Ihrer Forderung vor.


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Welches finanzielle Risiko trage ich als Mieter bei der Vorleistung für ein Sachverständigengutachten?

Als Mieter tragen Sie die volle finanzielle Vorleistung für das Sachverständigengutachten. Die Kostenübernahme durch den Vermieter ist nicht automatisch gesichert. Die Regel: Sie erhalten die Auslagen nur zurück, wenn Ihr anschließender Hauptprozess auf Mietminderung oder Rückzahlung erfolgreich verläuft. Scheitern Sie in der Hauptsache, etwa weil die gemessene Abweichung unerheblich ist, tragen Sie die Gutachterkosten selbst.

Die Kosten für die Beschaffung von Beweismitteln trägt grundsätzlich die Partei, die diese zur Stützung ihrer Rechtsposition benötigt. Sie müssen daher in Vorleistung gehen, weil Sie den Mangel – beispielsweise eine geringere Wohnfläche – beweisen müssen. Zwar verschiebt der Bundesgerichtshof die Darlegungs- und Beweislast im Prozess zugunsten des Mieters, wenn dieser substantiiert vorträgt. Diese prozessuale Regelung schafft jedoch keine materielle Pflicht des Vermieters zur Kostentragung vor dem eigentlichen Gerichtsverfahren.

Das Risiko ist primär strategischer Natur. Das Gutachten ist nur erstattungsfähig, wenn es sich im Nachhinein als notwendig für einen erfolgreichen Anspruch herausstellt. Wenn der Sachverständige feststellt, dass die Abweichung der Wohnfläche weniger als 10 Prozent beträgt, entfällt meist der Anspruch auf Mietminderung. Oder nehmen wir an, der Mietminderungsanspruch ist bereits verjährt. Der potenzielle Gewinn, etwa die Rückzahlung überzahlter Miete, muss die Gutachterkosten und das Risiko eines verlorenen Hauptprozesses strategisch übersteigen.

Führen Sie vor Beauftragung eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsanalyse durch, um sicherzustellen, dass der erwartete Nutzen die Kosten eines Sachverständigengutachtens rechtfertigt.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Darlegungs- und Beweislast

Die Darlegungs- und Beweislast definiert im Zivilprozess, welche Partei welche Tatsachen behaupten und beweisen muss, um mit ihrem Anspruch durchzukommen. Dieses prozessuale Werkzeug ist entscheidend, denn es stellt sicher, dass Rechtsstreitigkeiten nicht endlos sind, indem es die Verantwortung für die Beweisführung klar zuteilt. Das Gesetz entscheidet damit, wer den Nachteil trägt, wenn eine Tatsache ungeklärt bleibt.

Beispiel: Im Streit um die Wohnfläche trägt der Mieter zunächst die Darlegungslast für die Abweichung, während die Vermieterin im Hauptprozess die Beweislast für die vertraglich vereinbarte Größe tragen muss.

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Freie Beweiswürdigung

Freie Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) ist das zentrale Prinzip, das dem Richter die Freiheit gibt, die Beweismittel – seien es Gutachten, Zeugenaussagen oder Urkunden – nach seinem freien Ermessen zu bewerten. Dieses Gesetz stellt sicher, dass nicht formelle Regeln, sondern die tiefgreifende Überzeugung des Gerichts über die tatsächliche Richtigkeit des Sachverhalts entscheidet. Das Gericht kann einem Gutachten aus einem vorbereitenden Verfahren folgen, es aber auch ablehnen oder weitere Beweise anfordern.

Beispiel: Obwohl das Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren die geringere Wohnfläche bestätigte, müsste das Landgericht im Hauptprozess immer noch eine freie Beweiswürdigung vornehmen, um die Ergebnisse abschließend zu bewerten.

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Materielles Recht

Materielles Recht beschreibt die Summe aller Rechtsnormen, die festlegen, welche Rechte Sie besitzen und welche Pflichten Ihnen gegenüberstehen, also die konkrete inhaltliche Regelung der Lebenssachverhalte. Der Zweck dieser Regeln, die hauptsächlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu finden sind, ist die Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern. Es beantwortet immer die Frage, ob ein Anspruch auf Mietminderung oder Schadensersatz überhaupt existiert.

Beispiel: Die Mieterin stützte ihre Forderung auf Kostenerstattung fälschlicherweise auf prozessuale Spielregeln, obwohl sie einen materiell-rechtlichen Anspruch aus einer Pflichtverletzung des Vermieters hätte beweisen müssen.

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Prozessrecht

Als Prozessrecht bezeichnet man die Gesamtheit der Verfahrensregeln, die regeln, wie Sie Ihre materiellen Ansprüche vor Gericht durchsetzen und feststellen lassen können. Die Zivilprozessordnung (ZPO) liefert dabei das Regelwerk, um einen fairen und strukturierten Ablauf der gerichtlichen Auseinandersetzung zu gewährleisten. Diese Regeln sind die Spielanleitung für den Gerichtssaal und dürfen nicht mit den eigentlichen Rechten verwechselt werden, die Sie geltend machen wollen.

Beispiel: Das selbständige Beweisverfahren ist ein reines Instrument des Prozessrechts, das der Mieterin half, Tatsachen zu sichern, aber es schuf keinen neuen unmittelbaren Anspruch auf Kostenerstattung gegen die Vermieterin.

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Selbständiges Beweisverfahren

Das selbständige Beweisverfahren (§ 485 ZPO) ist ein gerichtliches Verfahren, das darauf abzielt, einen aktuellen Zustand einer Sache oder die Ursache eines Mangels festzustellen und zu sichern, bevor der eigentliche Hauptprozess beginnt. Ziel dieser Maßnahme ist es, Beweise zu „frieren“, damit diese nicht verloren gehen oder sich verändern, was besonders wichtig bei technischen Streitigkeiten oder, wie hier, bei Wohnflächenabweichungen ist. Dieses Verfahren ist ein reiner Akt der Beweissicherung und trifft keine abschließende Entscheidung über den eigentlichen Anspruch.

Beispiel: Durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens konnte die Mieterin die tatsächliche Wohnfläche durch ein gerichtlich bestelltes Gutachten dokumentieren lassen und damit die Grundlage für einen späteren Anspruch auf Mietminderung schaffen.

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Treu und Glauben (§ 242 BGB)

Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist eine juristische Generalklausel, die im gesamten Privatrecht verlangt, dass die Vertragspartner ihre Pflichten nach den Grundsätzen von Fairness und Redlichkeit erfüllen. Diese fundamentale Regel dient als Korrektiv, wenn die Anwendung strenger Gesetzesparagraphen zu einem unzumutbaren oder ungerechten Ergebnis führen würde. Juristen können daraus in sehr engen Ausnahmefällen ergänzende Pflichten ableiten, wenn das Verhalten einer Partei unredlich erscheint.

Beispiel: Die Mieterin versuchte, aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben eine vorprozessuale Pflicht der Vermieterin abzuleiten, selbst ein Aufmaß der Wohnfläche zu erstellen und die Kosten zu tragen.

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Das vorliegende Urteil


LG Berlin II – Az.: 64 S 85/23 – Beschluss vom 30.04.2025


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