AG Tostedt, Az.: 5 C 49/17, Urteil vom 12.04.2018
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 55,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem einem 30.01.2017 zu zahlen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten zusätzliche Kosten für die Installation eines Rauchwarnmelders.
In einer ordentlichen Versammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft …, B. vom 12.05.2016 beschloss diese unter anderem die Ausstattung der im Objekt gelegenen Wohnungen mit Rauchwarenmeldern. Jeweils einstimmig wurde unter TOP 9 des entsprechenden Versammlungsprotokolls beschlossen, dass zum einen die Wohnungen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen mit Rauchwarnmeldern ausgestattet und der Kauf der Rauchwarnmelder über die Firma K. gemäß Angebot vom 05.01.2016 aus dem laufenden Etat erfolgen soll und zum anderen diese Firma auch die Sichtprüfung und Wartung der Rauchwarnmelder unter Gewährung von Sonderkonditionen übernehmen soll. Wegen der weiteren Einzelheiten des Protokolls der Eigentümerversammlung vom 12.05.2016 wird auf die Anlage K1, Blatt 7 ff. der Akte Bezug genommen. Nachdem die Beschlüsse bestandskräftig geworden waren, bestellte die Verwaltung der Klägerin die erforderliche Menge an Rauchwarnmeldern und beauftragte deren Installation. Nach Ankündigung wurde dann die Firma K. bei dem Beklagten vorstellig. Dieser gestattete jedoch nur die Installation eines Rauchwarnmelders in seinem Flur und verweigerte die daneben gesetzlich vorgesehene Installation in seinem Schlafzimmer. Mit Schreiben vom 22.08.2016 und vom 16.09.2016 (Anlage K2 und K3, Blatt 10 und 11 der Akte) forderte die Verwaltung den Beklagten zur Duldung des Einbaus auf. Der Beklagte reagierte mit Schreiben vom 19.09.2016 (Anlage K4, Blatt 12. Akte) und teilte mit, er habe selbst einen Rauchwarnmelder baugleicher Art erworben und in seinem Schlafzimmer installiert. Den Wartungsvertrag mit der Firma K. kündigte er zum nächstmöglichen Termin. Der Beklagte wurde sodann erneut durch die Verwaltung dazu aufgefordert, den Einbau des von der Firma K. erworbenen Rauchwarnmelders zu dulden oder sich alternativ damit einverstanden zu erklären, seinen eigenen Rauchwarnmelder durch die Firma K. mit warten zu lassen und die hierdurch entstehenden Sonderkosten zu tragen. Mangels Reaktion des Beklagten beauftragte die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten. Nachdem dieser den Beklagten dreimal dazu aufgefordert hatte, sich zu den Vorschlägen der Verwaltung zu äußern bzw. sich zu entscheiden, teilte der Beklagte mit, er werde nun seinen eigenen Rauchwarnmelder deinstallieren und am 22.12.2016 eine Installation des Rauchwarnmelders der Firma K. dulden (Anlage K 10, Blatt 24 der Akte). Dementsprechend wurde die Installation durchgeführt. Die Firma K. berechnete 55,10 € gegenüber der Klägerin. Mit Schreiben der Verwaltung vom 13.01.2017 wurde der Beklagte aufgefordert, die entstandenen Kosten unter Fristsetzung bis zum 20.01.2017 zu erstatten (Anlage K 11, Blatt 26 der Akte). Mit Schreiben vom 19.01.2017 meinte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Betrag gegenüber dem Beklagten an. Eine Zahlung erfolgte nicht.
Die Klägerin ist der Ansicht, bei den entstandenen Kosten in Höhe von 55,10 € handele es sich um eine Sonderzahlung außerhalb des Erwerbs- und Wartungsvertrages zwischen der Klägerin und der Firma K., da für den Beklagten ein individueller Termin nebst Anfahrt durchgeführt worden sei.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 51,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2017 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und die Kosten des Verfahrens und Sachkosten wegen vorsätzlicher Rechtsverletzung der Bauordnung Niedersachsen dem Verwalter der Klägerin aufzuerlegen.
Der Beklagte führt an, nach der Niedersächsischen Bauordnung habe eine Ausstattung der Wohnungen mit Rauchwarnmeldern bis zum 31.12.2015 erfolgen müssen. Da diese Frist nicht eingehalten worden sei, habe der Verwalter vorsätzlich gesetzeswidrig gehandelt. Folge sei gewesen, dass der Wohngebäudeschutz versicherungstechnisch nicht bestanden habe. Auch dies sei eine kriminelle Handlung des Verwalters. In der Eigentümerversammlung vom 12.05.2016 sei zwar das Angebot der Firma K. bekannt gewesen. Der Verwalter habe aber die unter TOP 9 des Protokolls genannten gesetzlichen Bestimmungen nicht erörtert. Auch sei die Einladung zu dieser Eigentümerversammlung vom 12.04.2016 zu dem TOP 9 nicht aussagekräftig gewesen (Anlage B1, Blatt 38 der Akte). Weiterhin sei das Protokoll zu der Eigentümerversammlung vom 12.05.2016 nicht rechtsgültig unterzeichnet worden.
Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Antrag der Klägerin wird gemäß § 253 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit §§ 133, 157 BGB analog ausgelegt. Mit Blick auf die Anlage K 11 muss bei Erstellung der Klageschrift vom 17.03.2017 bzgl. des eingeklagten Betrages ein Tippfehler unterlaufen sein. In der Anlage K 11 sind zweifach eindeutig Kosten in Höhe von 55,10 € ausgewiesen, sodass eine Auslegung dahingehend erfolgt, dass dieser Betrag eingeklagt werden soll und nicht nur 51,10 €.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung der Installationskosten in Höhe von 55,10 € gemäß §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB.
Als Geschäftsbesorgung im Sinne des § 677 BGB wurde am 22.12.2016 im Schlafzimmer des Beklagten ein Rauchwarnmelder durch die Firma K. im Auftrag der Klägerin installiert, wobei Kosten in Höhe von 55,10 € entstanden.
Dabei handelte es sich um ein sogenanntes Auch-fremdes Geschäft, denn dessen Erledigung fällt sowohl in die Rechtssphäre der Klägerin als auch in die Rechtssphäre des Beklagten. Der Rauchmelder dient dem Schutze des Sondereigentums des Beklagten und auch des Gemeinschaftseigentums.
Der erforderliche Fremdgeschäftsführungswille wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei dem Vorliegen eines Auch-fremden Geschäftes vermutet.
Ein das die Geschäftsführung deckendes Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten existiert nicht. Die Klägerin war auch nicht aus anderen Gründen berechtigt, die entsprechende Handlung vorzunehmen. Unabhängig von der Frage, ob der Beschluss unter TOP 9 des Protokolls zu der Eigentümerversammlung vom 12.05.2016 wirksam bzw. anfechtbar ist, stellt die Zustimmung des Beklagten zu dem genannten Beschluss hinsichtlich der streitgegenständlichen Forderung keine Beauftragung bezüglich der Installation der Rauchmelder auf Kosten der Klägerin dar. Aufgrund der anfänglichen Weigerung des Beklagten, den Einbau eines Rauchmelders in seinem Schlafzimmer zu dulden, wurde die streitgegenständliche Installation im Rahmen eines Sondertermins vorgenommen, der nicht von dem ursprünglichen Angebot der Firma K. und dementsprechend auch nicht von dem Beschluss unter TOP 9 des Protokolls zu der Eigentümerversammlung vom 12.05.2016 erfasst war. Der Beschluss verpflichtet die Klägerin nicht zur bedingungslosen Umsetzung der Installation von Rauchwarnmeldern, sondern nimmt gerade Bezug auf das Angebot der Firma K. vom 05.01.2016. Die Klägerin war auch nicht aus anderen Gründen, zum Beispiel per Gesetz, berechtigt bzw. verpflichtet, die entsprechende Handlung vorzunehmen. Gemäß §§ 44 Abs. 5, 56 der Niedersächsischen Bauordnung vom 03.04.2012 sind die Eigentümer für den gesetzmäßigen Einbau von Rauchwarnmeldern verantwortlich. Eine explizite gesetzliche Regelung für Wohnungseigentümer bzw. Wohnungseigentumsgemeinschaften existiert nicht. Das Gericht legt die Niedersächsische Bauordnung dahingehend aus, dass auch bei Wohnungseigentumsgemeinschaften die einzelnen Wohnungseigentümer zur Umsetzung der gesetzlichen Pflicht aus § 44 Abs. 5 der Niedersächsischen Bauordnung verantwortlich sind. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut der genannten Norm. § 56 der Niedersächsischen Bauordnung spricht ohne Einschränkung von Eigentümern, wobei § 44 Abs. 5 der Niedersächsischen Bauordnung sich dem Wortlaut nach auf die einzelne Wohnung bezieht. Das von dem Gericht gewählte Auslegungsergebnis ergibt sich außerdem aus einem Umkehrschluss. § 56 Satz 2 der niedersächsischen Bauordnung erwähnt ausdrücklich, dass Erbbauberechtigte an die Stelle von Eigentümern treten. Mangels gleichgelagerter Regelung für eine Wohnungseigentumsgemeinschaft wird der Umkehrschluss gezogen, dass diese gerade nicht an die Stelle von Eigentümern treten soll. Lediglich klarstellen soll angeführt werden, dass dieses Auslegungsergebnis nichts daran ändert, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft eine Beschlusskompetenz bezüglich des Einbaus von Rauchwarnmeldern besitzt (vgl. BGH, Urteil vom 08.03.2013, V ZR 238/11).
Die Klägerin war auch berechtigt, das Geschäft für den Beklagten zu besorgen, denn die Geschäftsbesorgung entsprach dem wirklichen Willen des Beklagten (vgl. § 683 S. 1 BGB). Dies ergibt sich zumindest aus der Duldungszusage des Beklagten vom 17.12.2016 (Anlage K 10).
Als Rechtsfolge hat der Beklagte der Klägerin Aufwendungsersatz zu leisten. Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer. Die Klägerin hat freiwillig die an sie gerichtete Rechnung der Firma K. in Höhe von 55,10 € beglichen.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzugsgesichtspunkten gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 BGB.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 Abs. 1 ZPO. Für den Kostenantrag des Beklagten gibt es keine rechtliche Grundlage. Insbesondere kommt eine Anwendung von § 49 Abs. 2 WEG nicht in Betracht, da – wie oben dargelegt – aus Sicht des Gerichts die Niedersächsische Bauordnung hinsichtlich des Einbaus von Rauchwarnmeldern nicht den Verwalter verpflichtet. Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nummer 11, 713 ZPO.