LG Frankfurt – Az.: 2-13 S 82/12 – Urteil vom 18.12.2013
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Seligenstadt vom 25. Mai 2012 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als der Klageantrag zu Ziffer 1 abgewiesen worden ist.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Gabionenwand (Steinwand) zwischen den beiden Gärten auf dem Grundstück … zu entfernen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits tragen die Kläger zu 1/6 und die Beklagten zu 5/6.
Das Urteil und das angefochtene Urteil – im Umfang der Berufungszurückweisung – sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 3.000 €.
Gründe
I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II.
Nachdem die Erben des ursprünglichen Klägers zu 2 den Rechtsstreit aufgenommen haben, war das Rubrum – wie geschehen – zu ändern.
Die zulässige Berufung ist hinsichtlich des Anspruchs auf Entfernung der Gabionenwand begründet; im Übrigen jedoch unbegründet.
1. Den Klägern steht der geltend gemachte Beseitigungsanspruch der Gabionenwand aus §§ 1004 BGB, 15 WEG zu, denn die Steinwand stellt eine bauliche Veränderung dar, die ohne die erforderliche Zustimmung der Kläger errichtet wurde (§§ 15Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG).
a) Im Ansatz zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass die Errichtung der Gabionenwand eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG darstellt. Denn die massive Steinwand, die auf dem Gemeinschaftseigentum der Parteien, an dem die Beklagten insoweit nur ein Sondernutzungsrecht haben, errichtet worden ist, stellt eine erhebliche Veränderung des Erscheinungsbildes dar, die zu einer grundlegenden Umgestaltung führt und damit eine bauliche Veränderung ist.
Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagten ein Sondernutzungsrecht an einem Teil des gemeinschaftlichen Gartens haben, denn die Errichtung einer derartigen massiven Wand geht über das hinaus, was üblicherweise mit der Gartengestaltung und der Gartenpflege verbunden ist, es bedurfte daher der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer (vgl. Niedenführ/Vandenhouten § 22 WEG Rn 41).
b) Entgegen der Annahme des Amtsgerichts bedurfte diese Maßnahme jedoch auch der Zustimmung der Kläger, denn diese sind durch die Maßnahme über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus in ihren Rechten beeinträchtigt.
Ein Nachteil ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Bei einer wie hier – erheblichen – optischen Veränderung des Gesamteindruckes ist, wie der BGH ausdrücklich betont, ein Nachteil regelmäßig anzunehmen (vgl. zuletzt BGH NZM 2013 193 Rn 4 f., zur Veröffentlichung im BGHZ vorgesehen).
Eine Beeinträchtigung liegt insoweit nur dann nicht vor, wenn die Veränderung lediglich aus einer ganz ungewöhnlichen Perspektive, wie etwa aus der Luft oder von einer für Wohnungseigentümer und Dritte gewöhnlich nicht zugänglichen Dachfläche zu erkennen ist (Niedenführ/Vandenhouten, a. a. O. Rn 97 m. w. N.).
Die Gabionenwand stellt eine derartige erhebliche optische Veränderung des Gesamteindruckes der Gartenanlage dar. Dabei kann dahinstehen, wie in erster Instanz umstritten, ob die Gabionenwand dem ursprünglichen Sichtschutz zwischen den Pfosten um ca. 20 cm überragt oder in einer Länge von 3,70 m über den vorhandenen Sichtschutz hinaus reicht. Wie auf den von den Klägern eingereichten Fotos erkennbar ist, ist die Wand – trotz des vorhandenen Sichtschutzes – für die Kläger erkennbar und zwar sowohl vom Garten aus, als auch aus ihrer Wohnung.
Auch die Beklagten nehmen nicht in Abrede, dass zumindest vom Schlafzimmer aus die Wand deutlich zu erkennen ist. Damit liegt ein Nachteil vor, der die Zustimmung der Beklagten zur Errichtung der Wand erforderlich macht. Auf die Frage, ob die Beklagten die Wand für vorteilhaft halten, kommt es dabei nicht an.
Abgesehen davon ergibt sich für das Gericht aufgrund der vorgelegten Fotos allerdings auch deutlich, dass die Wand sowohl in ihrer Höhe als auch in ihrer Länge den vorhandenen weißen Sichtschutz deutlich übertrifft, so dass eine Benachteiligung auch darin liegt, dass vom Garten die Steinwand gesehen werden kann.
c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 6 der Teilungserklärung. Die Teilungserklärung enthält insoweit lediglich eine Regelung über Nutzungen und Lasten, eine Abbedingung des § 22 WEG oder einer Einschränkung ist hierin – wovon das Amtsgericht auch zutreffend ausgeht – nicht zu sehen.
d) Die Gabionenwand ist – bereits nach dem eigenen Vortrag des Beklagten zu 2 – auch nicht mit der Zustimmung der Klägerin zu 1 errichtet worden. Denn wie der Beklagte zu 2 in der Verhandlung vor der Kammer eingeräumt hat, hat allenfalls der Ehemann der Klägerin zu 1 sich mit der Errichtung der Wand einverstanden erklärt. Dies genügt jedoch nicht. Erforderlich wäre gemäß § 22 Abs. 1 WEG auch eine Zustimmungserklärung der Klägerin zu 1, denn auch diese ist Wohnungseigentümerin und durch die Steinwand beeinträchtigt.
Angesichts dieses Vortrages des Beklagten zu 2 in der mündlichen Verhandlung kommt es auf die Beweisangebote der Beklagten zu der behaupteten Zustimmung nicht (mehr) an. Diesen wäre allerdings ohnehin nicht nachzugehen gewesen.
In erster Instanz haben sich die Beklagten insoweit alleine auf die Parteivernehmung der Beklagten zu 1 (gemeint wohl des Beklagten zu 2) gestützt. Die Voraussetzungen des § 447 ZPO liegen jedoch ebenso wenig, wie die des § 448 ZPO, vor. Zudem haben die Beklagten insoweit auch nur ein Einverständnis mit einer Errichtung einer Gabionenwand „hinter“ der weißen Sichtschutzwand behauptet. Die errichtet Wand reicht jedoch in Höhe und Breite über die Sichtschutzwand hinaus.
Auch dem Zeugenbeweisantritt aus dem Schriftsatz vom 3. Dezember 2013 war bereits aufgrund des anderweitigen Vorbringens des Beklagten zu 2 nicht nachzugehen. Darüber hinaus ist nicht vorgetragen worden, warum dieser Vortrag nicht bereits in erster Instanz gehalten werden konnte, so dass der Beweisantritt auch nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen ist. Letztlich wäre es der Kammer aber auch zeitlich nicht mehr möglich gewesen, bei einem Zeugenbeweisantritt einen Tag vor dem Verhandlungstermin, den Zeugen noch zum Termin zu laden, so dass der Beweisantritt auch aus diesem Grund zurückzuweisen wäre (§ 296 Abs. 2 ZPO).
2. Ohne Erfolg bleibt die Klage hinsichtlich des Anspruchs zu 2., mit dem die Kläger begehren, die Beklagten zu verpflichtet, den abgesackten weißen Sichtschutz „zu reparieren“. Die Kläger behaupten insoweit, die Beklagten hätten durch die Errichtung der Gabionenwand den Untergrund derart verändert, dass der vorhandene Sichtschutz an einigen Stellen abgesackt sei, insbesondere seien Pfostenanker entfernt worden (Bl. 3 d. A.). Beweis ist – auch nach einem Hinweis der Kammer – nur durch Einholung eines Sachverständigenggutachtens sowie erstinstanzlich durch Augenschein angeboten worden.
Diese Beweisantritte sind jedoch ungeeignet, denn die Beklagten haben in Abrede genommen, den vorhandenen Sichtschutz beeinträchtigt zu haben. Insbesondere hätte sie keine Randsteine entfernt, die Schräglage sei durch Witterungseinflüsse und Bespannseile, welche die Kläger angebracht hätten hervorgerufen worden. Entscheidend für den Anspruch der Kläger insoweit ist daher zunächst die Frage, ob die Beklagten bei der Errichtung der Gabionenwand Veränderungen am vorhandenen Sichtschutz vorgenommen haben, hierzu kommt es auf einen Vergleich der Situation vor und nach der Errichtung des Sichtschutzes an.
Ein Augenschein ist ungeeignet, da mit diesem nur der derzeitige Zustand, nicht jedoch der vorherige Zustand ermittelt werden kann. Gleiches gilt auch für das Sachverständigengutachten, welches ebenfalls nur Aussagen über den momentan vorhandenen Zustand erbringen kann. Die Frage, ob und von wem etwa Pfostenanker entfernt worden sind, kann mit einem Gutachten nicht beantwortet werden.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92,97 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 10, 711, 713, 544 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.