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WEG – Beschlussanfechtung über Verwalterbestellung

AG Fritzlar, Az.: 8 C 454/15 (12), Urteil vom 06.09.2016

Orientierungssatz

Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 6 der Wohnungseigentümerversammlung vom 09.05.2015 (Nr. 32 der Beschlusssammlung) wird für ungültig erklärt.

Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar;

die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

Mit Anfechtungsklage begehrt die Klägerin als Wohnungseigentümerin der Anlage E. Straße … in B. W. und hierbei Sondereigentümerin der Wohneinheit Nr. 7 nebst Garage Nr. 2 den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 6 der Wohnungseigentümerversammlung vom 09.05.2015 für ungültig zu erklären, hilfsweise die Nichtigkeit festzustellen.

WEG - Beschlussanfechtung über Verwalterbestellung
Symbolfoto: Pang-rum/Bigstock

Aufgrund Einladung der damaligen Verwalterin, der Firma W. GmbH, fand am 09.05.2015 eine Wohnungseigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft E. Straße … in B. W. statt. Anwesend waren die jetzt beklagten Wohnungseigentümer, nicht anwesend war die Klägerin. Entsprechend der Einladung fand unter Tagesordnungspunkt 6 dieser Versammlung die Beratung und Beschlussfassung zur Neubestellung eines Verwalters statt. Als einziger möglicher Verwalter wurde von der damaligen Verwalterin, W. GmbH, Herr H. vorgeschlagen, welcher in der Versammlung selbst anwesend war. Weiterhin lag ein von Herrn H. vorbereiteter Vertragsentwurf betreffend eines Verwaltervertrages den anwesenden Wohnungseigentümern vor. Hierin war zwar auch die Dauer der Verwalterbestellung sowie Vergütung des Verwalters geregelt, die Wohnungseigentümer fassten hierzu jedoch keinen Beschluss. Entsprechende Eckdaten wurden ausdrücklich aufgrund evtl. anderweitiger Vereinbarung im Rahmen der Beschlussfassung ausgeklammert. Mit 8.572/10.000 Anteilen und damit ohne Gegenstimmen oder Enthaltungen der anwesenden Wohnungseigentümer fassten diese folgenden Beschluss:

Die Firma M. H. – Immobilienverwaltung -, L.straße …, … B. W., wird ab dem 01.10.2015 zum Verwalter bestellt. Die Dauer der Verwalterbestellung soll in dem noch abzuschließenden Vertrag geregelt werden. Herr G. M. und Frau S. F. werden beauftragt, mit der Firma M. H. – Immobilienverwaltung – einen Verwaltervertrag abzuschließen. Die Vergütung ist ebenfalls noch vertraglich zu vereinbaren.

Aufgrund entsprechender Beschlussfassung legte die Firma W. GmbH zum 30.09.2015 ihr Amt als Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft nieder, welches entsprechend vorheriger Beschlussfassung der Wohnungseigentümer ohnehin zum 31.12.2015 geendet hätte.

Am 30.05.2015 bei Gericht eingehend erklärte die Klägerin die Anfechtung vorgenannten Beschlusses und begründete diese mit dem am 08.07.2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz.

Die Klägerin ist der Ansicht, der angefochtene Beschluss verstoße gegen die Regeln ordnungsgemäßer Verwaltung und sei rechtswidrig, da sowohl die Vertragsdauer, als auch die Vergütung des Verwalters im Rahmen der Beschlussfassung in keiner Weise beschränkt und offen geblieben seien. Darüber hinaus verstoße die Übertragung des Abschlusses des Verwaltervertrages auf zwei Wohnungseigentümer gegen § 21 WEG. Rechtswidrig sei die Neubestellung des Herrn H. zum Verwalter auch, da nicht zuvor mehrere Angebote eingeholt worden seien.

Die Klägerin beantragt, der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 09.05.2015 zu Tagesordnungspunkt 6 der Eigentümerversammlung vom 09.05.2015, Nr. 32 der Beschlusssammlung wird für ungültig erklärt, hilfsweise, es wird festgestellt, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 09.05.2015 zu Tagesordnungspunkt 6 der Eigentümerversammlung vom 09.05.2015 nichtig ist.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung vom 06.09.2016 hat das Gericht mit den Parteien die Sach- und Rechtslage erörtert, hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

Die Anfechtungsklage ist zulässig gemäß §§ 43 Ziff. 4, 46 Abs. 1 S. 2 WEG, da die Klägerin als Wohnungseigentümerin der streitgegenständlichen Anlage klagebefugt ist und die Anfechtung des Beschlusses innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat gerichtlich geltend gemacht und innerhalb von zwei Monaten begründet wurde.

Die Anfechtungsklage ist auch begründet, da die Bestellung des Herrn H. zum Verwalter im Sinne des § 26 Abs. 1 WEG gegen die Regeln ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß § 21 Abs. 3 WEG in mehrfacher Hinsicht verstößt.

Entgegen den Regeln ordnungsgemäßer Verwaltung wurde Herr H. von den anwesenden Wohnungseigentümern zum Verwalter bestellt, ohne dass wesentliche Eckdaten dieser Bestellung festgelegt waren. Zwar bedarf es nicht gleichzeitig des Beschlusses oder des Abschlusses eines Verwaltervertrages mit Bestellung des Verwalters, die Wohnungseigentümer müssen jedoch im Rahmen der Bestellung bereits Erkenntnis darüber erzielen, für welche Dauer und zu welchen Kosten eine entsprechende Bestellung gemäß abzuschließenden Vertrages erfolgen soll. Demgegenüber beschlossen die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt 6 der Versammlung vom 09.05.2015 ausdrücklich, die Dauer der Verwalterbestellung sowie die dem Verwalter zukünftig zu zahlende Vergütung zunächst offen zu lassen und erst in einem abzuschließenden Verwaltervertrag zu regeln.

Auch die Übertragung des Abschlusses des Verwaltervertrages auf zwei Wohnungseigentümer, hier Herrn G. M. und Frau S. F., mit angefochtenem Beschluss widerspricht den Regeln ordnungsgemäßer Verwaltung, da eine Ermächtigung einzelner Wohnungseigentümer zum Abschluss eines bindenden Verwaltervertrages ohne die Vorgabe von Eckdaten dieses Vertrages der Regeln der gemeinschaftlichen Verwaltung aller Wohnungseigentümer im Sinne des § 21 Abs. 1 u. 3 WEG widerspricht (hierzu Palandt BGB, 72. Aufl., § 26 WEG Rz. 5,14).

Zwar verstößt die angefochtene Beschlussfassung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gegen die Regeln der ordnungsgemäßen Verwaltung infolge Nichteinholung von Alternativangeboten, da nach Auffassung des Unterzeichners die Mehrheit der Wohnungseigentümer im Rahmen der Beschlussfassung konkludent auf solches verzichtete. Letztlich kann dies jedoch aufgrund des oben Gesagten dahingestellt bleiben.

Rechtsirrig ist auch die Ansicht der Beklagten, bereits das Vorliegen des Entwurfs eines Verwaltervertrages im Rahmen der angefochtenen Beschlussfassung genüge den Erfordernissen hinreichender Bestimmtheit der Beschlussfassung. Solches hätte zumindest vorausgesetzt, dass die im Vertragsentwurf genannten Eckdaten in Form Dauer der Verwalterbestellung und Vergütung des Verwalters als Maximalgrößen des noch auszuhandelnden Verwaltervertrages festgelegt worden wären. Demgegenüber wurden eben diese Eckdaten jedoch ausdrücklich in der Beschlussfassung offen gehalten und damit jegliche Bestimmung solcher Eckdaten des Verwaltervertrages entgegen § 21 Abs. 1 und 3 WEG den beiden zum Abschluss eines Verwaltervertrages ermächtigten Wohnungseigentümern zum freien Ermessen überlassen.

Dementsprechend war der angefochtene Beschluss gemäß § 23 Abs. 4 S. 2 WEG für ungültig zu erklären.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Entgegen der Ansicht der Klägerin waren die Kosten des Rechtsstreits nicht gemäß § 49 Abs. 2 WEG dem Verwalter, hier entsprechend Antrag der Klägerin Firma W. GmbH, aufzuerlegen, da nicht der Verwalter, sondern die Wohnungseigentümer im Rahmen der Beschlussfassung gemäß § 23 WEG den Inhalt eines Beschlusses bestimmen. Allein die Zusammenfassung des Ergebnisses der Beratung in einem Beschlussantrag durch den Verwalter, wie vorliegend geschehen, stellt kein grob schuldhaftes Verhalten des Verwalters im Rahmen seiner Tätigkeit dar. Auch der Vorschlag des Herrn H. zum neuen Verwalter begründet kein grobes Verschulden der W. GmbH als bisherige Verwalterin, da grundsätzlich keine Gründe gegen Bestellung des Herrn H. zum Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft sprechen bzw. von einer Partei dargetan sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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