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WEG: Anfechtung von Beschlüssen mangels Vorliegens von Alternativangeboten

AG Wiesbaden, Az.: 92 C 1459/17 (81), Urteil vom 12.01.2018

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 13.03.2017 zu den Tagesordnungspunkten 2 und 2a werden für ungültig erklärt.

Der Beigeladene trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beigeladene kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Klägerin und die Beklagten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft W…. Die Kläger sind Eigentümer eines 79,24/1.000 Miteigentumsanteils. Der Beigeladene ist der Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft.

In der Eigentümerversammlung am 29.04.2015 wurde die Erneuerung der Fenster und Rollläden in den Wohnungen S… und B… beschlossen. Auf Anfechtungsklage der Kläger hat das Gericht mit Urteil vom 22.01.2016 ( Az. 92 C 2222/15 – 81 ) die Beschlüsse für ungültig erklärt, da nur ein Angebot vorlag.

WEG: Anfechtung von Beschlüssen mangels Vorliegens von Alternativangeboten
Foto: fizkes/Bigstock

In der Eigentümerversammlung am 13.03.2017 war die Fenstererneuerung erneut Gegenstand der Beratungen. Der Einladung zu dieser Eigentümerversammlung lagen keine Angebote bei. In der Eigentümerversammlung wurden unter TOP 2 die Erneuerung der Fenster und Rollläden in der Wohnung S… und unter TOP 2a die Erneuerung der Fenster und Rollläden in der Wohnung B… erneut beschlossen. Wegen des genauen Wortlauts der Beschlüsse wird auf das Versammlungsprotokoll ( Bl. 7 ff d.A. ) Bezug genommen.

Mit der vorliegenden Klage haben die Kläger die genannten Beschlüsse angefochten. Die Kläger bestreiten weiterhin die Erforderlichkeit des Austausches der Fenster. Sie behaupten, für die Fenstererneuerung habe nur das alte Angebot der Fa. M… vorgelegen. Sie sind daher der Auffassung, der Beschluss sei bereits deshalb anfechtbar.

Die Kläger beantragen, die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 13.03.2017 zu TOP 2 und 2a für ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, die Fenster seien sanierungsbedürftig und es seien drei Angebote eingeholt worden; von den Firmen M…, H… und K…. Alle drei Angebote hätten in der Eigentümerversammlung vorgelegen. Die Angebote der Firmen M… und H… in Papierform, das Angebot der Fa. K… habe man als Pdf-Datei im Computer einsehen können.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat den Verwalter beigeladen ( § 48 WEG ). Er ist dem Rechtsstreit nicht beigetreten. Das Gericht hat die Akten 92 C 2222/15 (81) und 91 C 4137/15 (78) zu Informationszwecken beigezogen und Beweis erhoben durch die Vernehmung einer Partei und eines Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10.11.2017 ( Bl. 123 ff d.A. ) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Sie wurde fristgerecht bei Gericht eingereicht und begründet ( § 46 Abs. 1 S. 2 WEG ) und demnächst zugestellt ( § 167 ZPO ).

Die Klage ist auch begründet.

Die Kläger können die Erforderlichkeit des Fensteraustausches in den Wohnungen S… und B… nicht bestreiten, da es aufgrund des Urteils vom 14.10.2016 ( Az. 91 C 4137/15 – 78 ) zwischen den Parteien rechtskräftig feststeht, dass der Fensteraustausch in den beiden Wohnungen erforderlich ist. Entgegen der Auffassung der Kläger steht dem auch nicht die Rechtskraft des Urteils vom 22.01.2016 ( Az. 92 C 2222/15 – 81 ) entgegen, da in dieser Entscheidung die Frage der Erforderlichkeit dahin gestellt bleiben konnte.

Dennoch verstößt der beschlossene Austausch der Fenster in den beiden Wohnungen gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, da es aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest steht, dass in der Eigentümerversammlung für den Fensteraustausch nur ein Angebot in Papierform vorlag.

Der als Zeuge vernommene Verwalter hat ausgesagt, er habe für beide Wohnungen drei aktuelle Angebote eingeholt. Alle drei Angebote hätten in der Eigentümerversammlung vorgelegen, die Angebote der Firmen M… und H… in Papierform, das Angebot der Fa. K… habe er in einer Sitzungspause man als pdf an die Wohnungseigentümerin M… gemailt. Demgegenüber hat der Wohnungseigentümer M… bei seiner Parteivernehmung ausgesagt, es habe nur ein Angebot in Papierform vorgelegen, ein Angebot habe der Verwalter auf das Handy seiner Frau gemailt und ein Angebot habe man im Computer der Wohnungseigentümerin S… einsehen können. Das Gericht folgt der Aussage des Wohnungseigentümers M…. Da der Wohnungseigentümer M… auf Beklagtenseite Prozessgegner der Kläger ist, spricht es für seine Glaubwürdigkeit, dass er Tatsachen aussagt, die für die Klägerseite günstig sind.

Somit seht es zur Überzeugung des Gerichts fest dass nur ein Angebot in Papierform vorlag, ein Angebot als pdf im Computer und ein Angebot als pdf auf dem Handy einer Wohnungseigentümerin einsehbar war. Dies entspricht nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.

Die Vergabe eines Auftrags zur Durchführung von nicht nur geringfügigen Instandsetzungsarbeiten setzt regelmäßig voraus, dass mindestens drei Alternativangebote eingeholt werden ( s. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten „WEG“ 11. Aufl. Bonn 2015 § 21 Rdnr. 72 m.w.Nachw. ). Bei einer Maßnahme mit einem Kostenvolumen von rd. 20.000,– € war daher die Einholung von Alternativangeboten zwingend erforderlich. Nach der insoweit glaubhaften Aussage des Verwalters wurden auch drei Alternativangebote eingeholt, das Gericht muss jedoch – wie dargelegt – davon ausgehen, dass sie nicht in der Versammlung vorlagen. Die Einholung von Alternativangeboten dient dazu, den Wohnungseigentümern eine Entscheidungsgrundlage zu geben. Dies setzt voraus, dass die Wohnungseigentümer die Möglichkeit haben, sich vor der Entscheidung mit den Alternativangeboten auseinanderzusetzen, so dass die Alternativangebote idealiter mit der Einladung vorab an die Wohnungseigentümer zu versenden sind. Erfolgt dies nicht, so müssen die Alternativangebote zumindest so in der Versammlung vorliegen, so dass sich die Wohnungseigentümer sich vor der Beschlussfassung noch informieren können. Diese Möglichkeit war im vorliegenden Fall nicht gegeben. Zwar lagen drei Angebote vor, von diesen konnte jedoch nur das eine, in Papierform vorliegende Angebot in zumutbarer Weise von den Wohnungseigentümern eingesehen werden. Es ist für einen Wohnungseigentümer nicht zumutbar, sich einen Kostenvoranschlag auf dem Display eines Smartphones anzusehen. Somit mussten die Wohnungseigentümer ihre Entscheidung über die Auftragsvergabe ohne Kenntnis der Alternativangebote treffen, was nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

Diese Situation hat nach seiner eigenen Aussage der Beigeladene, der die Unterlagen vergessen hatte, zu vertreten. In Anbetracht der Tatsache, dass dem Beigeladenen bekannt war, dass bereits in der Vergangenheit ein entsprechender Beschluss wegen mangelnder Alternativangebote für ungültig erklärt werden musste, hätte der Beigeladene dieser Frage besondere Aufmerksamkeit schenken müssen. Dass er dies nicht getan hat, stellt ein grobes Verschulden dar, so dass dem Beigeladenen nach Anhörung die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen waren ( § 49 Abs. 2 WEG ).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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