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Sachverständigengutachten zur ortsüblichen Miete: Einfacher Mietspiegel reicht

Ein Vermieter am Potsdamer Platz wehrte sich gegen die Rückforderung überhöhter Mieten und forderte zwingend ein Sachverständigengutachten zur ortsüblichen Miete. Nun stellt sich die Frage: Reicht die Indizwirkung des einfachen Berliner Mietspiegels allein für die richterliche Feststellung der Höchstmiete aus?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 67 S 285/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Berlin
  • Datum: 01.07.2025
  • Aktenzeichen: 67 S 285/24
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Zivilprozessrecht

  • Das Problem: Ein Mieter forderte überzahlte Miete und Kaution vom Vermieter zurück. Der Vermieter legte Berufung ein. Er behauptete, das erstinstanzliche Gericht hätte die ortsübliche Miete nicht mit dem Mietspiegel feststellen dürfen.
  • Die Rechtsfrage: Muss ein Gericht zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete zwingend einen teuren Sachverständigen beauftragen?
  • Die Antwort: Nein. Das Landgericht bestätigte die Rückzahlungsansprüche des Mieters. Der Berliner Mietspiegel ist eine ausreichende Erkenntnisquelle für das Gericht.
  • Die Bedeutung: Gerichte können die ortsübliche Miete mithilfe des Mietspiegels bestimmen. Methodische Zweifel oder Behauptungen über eine besondere lokale Attraktivität reichen nicht aus, um die Gültigkeit des Mietspiegels zu entkräften.

Rückzahlung überhöhter Miete: Wann schlägt der Mietspiegel ein teures Sachverständigengutachten?

Ein Mieter zahlt, was im Vertrag steht. Doch was, wenn diese Summe weit über dem liegt, was für vergleichbare Wohnungen üblich ist? Genau diese Frage führte zu einem Rechtsstreit, der vor dem Landgericht Berlin verhandelt wurde und in einem Urteil vom 01. Juli 2025 (Az. 67 S 285/24) mündete. Der Fall beleuchtet einen zentralen Konflikt im Mietrecht: Reicht der offizielle Mietspiegel einer Stadt aus, um eine überhöhte Miete nachzuweisen, oder muss ein Gericht zwingend ein teures und zeitaufwendiges Sachverständigengutachten einholen? Die Entscheidung der Kammer gibt eine klare Antwort und stärkt die Position von Mietern, die sich gegen überzogene Forderungen wehren.

Was war der Auslöser des Rechtsstreits?

Ein dicker Stapel Geldscheine wird zwischen zwei Händen auf einem Schreibtisch übergeben; daneben liegen ein Schlüsselbund und eine Visitenkarte.
Mietspiegel vs. Gutachten: Gericht entscheidet über Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete. | Symbolbild: KI

Ein Mieter in Berlin war der Überzeugung, dass seine Miete die nach der Mietpreisbremse zulässige Obergrenze deutlich übersteigt. Er klagte vor dem Amtsgericht Mitte auf Rückzahlung der zu viel gezahlten Beträge für die Monate April bis Dezember 2023 sowie auf Rückerstattung einer zu hoch angesetzten Kaution. Das Amtsgericht gab ihm Recht. Es verurteilte die Vermieterin zur Zahlung von insgesamt 3.118,50 Euro für die überhöhte Miete und weiteren 1.039,50 Euro für die Kaution. Zusätzlich stellte das Gericht fest, wie hoch die Miete für die Wohnung künftig maximal sein darf.

Die Vermieterin wollte dieses Urteil nicht akzeptieren und legte Berufung beim Landgericht Berlin ein. Ihr zentrales Argument: Das Amtsgericht habe einen schweren Fehler begangen. Es hätte die Ortsübliche Vergleichsmiete nicht einfach auf Basis des Berliner Mietspiegels 2023 und 2024 bestimmen dürfen. Für ein so spezielles und attraktives Quartier wie den Potsdamer Platz, so die Vermieterin, seien die allgemeinen Daten des Mietspiegels nicht repräsentativ. Das Gericht wäre verpflichtet gewesen, die tatsächliche Vergleichsmiete durch ein individuelles Sachverständigengutachten ermitteln zu lassen.

Welche Rolle spielt der Mietspiegel im Mietrecht?

Um die Argumente beider Seiten zu verstehen, muss man die Funktion des Mietspiegels kennen. Wenn es darum geht, die „ortsübliche Vergleichsmiete“ zu bestimmen – also den Betrag, der in einer Gemeinde für vergleichbaren Wohnraum üblicherweise gezahlt wird (§ 558 Abs. 2 BGB) –, ist dies die entscheidende Kenngröße. Gerichte benötigen eine verlässliche Grundlage für diese Bestimmung. Hier kommen Mietspiegel ins Spiel.

Das Gesetz unterscheidet im Wesentlichen zwei Arten. Der einfache Mietspiegel (§ 558c BGB) ist eine Übersicht, die von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt wird. Er muss dokumentiert und veröffentlicht werden, wie es die Mietspiegelverordnung (MsV) vorschreibt. Im Prozess dient er als starkes Indiz, als eine von mehreren möglichen Erkenntnisquellen für das Gericht.

Demgegenüber steht der qualifizierte Mietspiegel (§ 558d BGB). Er muss nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt werden und genießt daher eine höhere rechtliche Verbindlichkeit. Das Gesetz vermutet, dass die im qualifizierten Mietspiegel ausgewiesenen Werte die ortsübliche Vergleichsmiete korrekt wiedergeben.

Der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung stützt sich auf die Regelungen zur Mietpreisbremse (§ 556g Abs. 1 BGB) in Verbindung mit dem allgemeinen Bereicherungsrecht (§ 812 Abs. 1 BGB). Er kann das zurückfordern, was er ohne rechtlichen Grund – also über die zulässige Miete hinaus – an die Vermieterin gezahlt hat.

Warum wies das Landgericht die Berufung der Vermieterin zurück?

Das Landgericht Berlin bestätigte das Urteil des Amtsgerichts vollumfänglich und wies die Berufung der Vermieterin als unbegründet zurück. Die Richter analysierten die Argumente der Vermieterin Punkt für Punkt und kamen zu dem Schluss, dass die Vorgehensweise des Amtsgerichts rechtlich nicht zu beanstanden war. Die Logik des Gerichts folgte dabei vier zentralen Überlegungen.

Der Mietspiegel als taugliches Beweismittel: Eine Frage des Ermessens, nicht der Pflicht

Das Kernargument der Vermieterin lautete, das Gericht sei zur Einholung eines Gutachtens verpflichtet gewesen. Dem erteilte das Landgericht eine klare Absage. Es verwies auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach ein Gericht bei der Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete einen Ermessensspielraum hat (§ 286 ZPO). Es muss die Erkenntnisquelle wählen, die ihm am geeignetsten erscheint, um sich eine Überzeugung zu bilden.

Liegt ein ordnungsgemäß erstellter Mietspiegel vor, der die Mieten in hinreichender Weise abbildet, kann sich das Gericht darauf stützen. Es kann zusätzlich ein Gutachten einholen, wenn es Zweifel an der Aussagekraft des Mietspiegels hat, aber es muss es nicht. Die Forderung der Vermieterin, ein Gutachten sei zwingend erforderlich, fand daher keine Stütze im Gesetz oder in der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Einfach vs. Qualifiziert: Warum die methodischen Einwände ins Leere liefen

Die Vermieterin griff den Berliner Mietspiegel methodisch an. Sie kritisierte die Datenauswahl, die Bereinigung von statistischen Ausreißern und die Anpassung der Werte über einen Index. Damit versuchte sie, dem Mietspiegel seine wissenschaftliche Grundlage und damit seine Aussagekraft abzusprechen.

Auch hier folgte das Gericht nicht. Es stellte fest, dass die Vermieterin die Maßstäbe für einen qualifizierten Mietspiegel anlegte, die für einen einfachen Mietspiegel aber gar nicht gelten. Der Berliner Mietspiegel 2023 und auch der Mietspiegel 2024 erfüllen laut Gericht die gesetzlichen Anforderungen an einen einfachen Mietspiegel (§ 558c BGB i.V.m. §§ 3-5 MsV). Er wurde von der zuständigen Senatsverwaltung unter Beteiligung von Mieter- und Vermieterverbänden erstellt und die Methodik, etwa zur Indexanpassung, wurde nachvollziehbar dokumentiert.

Für einen einfachen Mietspiegel reicht dies aus, um ihm eine starke Indizwirkung zu verleihen. Die strengeren wissenschaftlichen Kriterien, deren Fehlen die Vermieterin rügte, sind nur für die höhere Stufe des qualifizierten Mietspiegels relevant. Ob der Berliner Mietspiegel diese Stufe erreicht, ließ das Gericht offen – denn schon als Einfacher Mietspiegel war er eine ausreichende Grundlage für die richterliche Entscheidung.

Die angebliche „Sonderlage“ Potsdamer Platz: Eine Behauptung ohne Beweise

Ein weiterer Angriffspunkt der Vermieterin war die spezifische Lage der Wohnung. Das Quartier am Potsdamer Platz sei derart einzigartig und attraktiv, dass der stadtweite Mietspiegel die dortige Mietsituation nicht korrekt abbilden könne.

Das Gericht wies dieses Argument als unsubstantiiert zurück. Eine bloße Behauptung, eine Wohnlage sei besonders, reicht in einem Zivilprozess nicht aus. Die Vermieterin hätte konkrete Tatsachen und Beweise vorlegen müssen, die ihre These stützen. Sie hätte beispielsweise Daten aus Vergleichswohnungen in diesem Quartier präsentieren oder nachvollziehbare Indikatoren benennen müssen, die eine systematische Abweichung vom Rest der Stadt belegen. Da sie dies versäumte und ihre Argumentation im Allgemeinen verblieb, sah das Gericht keinen Anlass, von den Werten des Mietspiegels abzuweichen.

Feststellungsurteil bestätigt: Warum die prozessualen Einwände scheiterten

Schließlich griff die Vermieterin auch den Teil des Urteils an, der die künftig zulässige Miete feststellte. Sie argumentierte, das Feststellungsinteresse des Mieters sei entfallen. Zudem sei eine vertraglich vereinbarte Mieterhöhung (Staffelmiete) zum April 2025 nicht berücksichtigt worden.

Auch diese prozessualen Einwände verwarf das Gericht. Es erklärte, dass das Interesse an einer Feststellung der Rechtslage nicht automatisch entfällt, nur weil ein Anspruch inzwischen beziffert werden könnte. Bezüglich der Staffelmiete stellte die Kammer klar, dass das Urteil keine Rechtskraft für Mietanteile entfaltet, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung fällig werden. Die Vermieterin war durch die Feststellung also nicht in ihren Rechten bezüglich der zukünftigen Staffel beeinträchtigt.

Welche Lehren lassen sich aus diesem Urteil ziehen?

Diese Entscheidung des Landgerichts Berlin ist mehr als nur ein Einzelfall. Sie verdeutlicht grundlegende Prinzipien des deutschen Mietrechts und des Zivilprozesses, die für Mieter und Vermieter gleichermaßen von Bedeutung sind.

Die erste zentrale Erkenntnis ist die Stärkung der Position des einfachen Mietspiegels. Das Urteil bestätigt, dass er ein robustes und vom Gericht anwendbares Instrument ist, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu bestimmen. Ein Vermieter, der dessen Aussagekraft in Zweifel ziehen will, kann dies nicht mit pauschaler Kritik an der Methodik oder allgemeinen Behauptungen über die Besonderheit einer Wohnlage tun. Er muss vielmehr konkrete, nachvollziehbare und beweisbare Fakten auf den Tisch legen, die eine ernsthafte Abweichung plausibel machen.

Die zweite Lehre betrifft die grundlegende Anforderung im Zivilprozess, Behauptungen zu substantiieren. Die Vermieterin verlor die Berufung nicht zwingend, weil ihre Annahmen über den Potsdamer Platz falsch waren, sondern weil sie sie nicht belegen konnte. Gerichte entscheiden auf Basis von Fakten, nicht von Vermutungen. Wer im Prozess eine ihm günstige Tatsache behauptet, trägt in der Regel auch die Last, diese zu beweisen. Dieser Fall ist ein Lehrstück darüber, dass eine gut klingende Argumentation ohne fundierte Beweise wertlos ist.

Zuletzt unterstreicht das Urteil das richterliche Ermessen bei der Beweiswürdigung. Es gibt keinen Automatismus, der vorschreibt, wann ein Gutachten einzuholen ist. Die Richter sind frei in ihrer Entscheidung, welche Beweismittel sie für überzeugend halten. Der Mietspiegel wird dabei als effizientes und verlässliches Instrument anerkannt, das teure und langwierige Gutachten in vielen Fällen überflüssig macht und so zu einer schnelleren und kostengünstigeren Klärung von Mietstreitigkeiten beiträgt.

Die Urteilslogik

Das Zivilprozessrecht gewährt Richtern einen weiten Ermessensspielraum bei der Beweiswürdigung und akzeptiert standardisierte Dokumente wie den Mietspiegel als ausreichende Grundlage für die Feststellung der ortsüblichen Miete.

  • Richterliches Ermessen bei Beweismitteln: Ein Gericht besitzt bei der Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete freien Ermessensspielraum; es muss kein teures Sachverständigengutachten einholen, wenn ihm andere Dokumente, wie der Mietspiegel, zur Überzeugungsbildung ausreichen.
  • Die Indizwirkung des einfachen Mietspiegels: Der einfache Mietspiegel fungiert als robustes, starkes Indiz zur Bestimmung der Vergleichsmiete und beschleunigt die Klärung von Mietstreitigkeiten erheblich, ohne dass die strengen wissenschaftlichen Kriterien eines qualifizierten Mietspiegels erfüllt sein müssen.
  • Anforderungen an die Beweisführung: Wer die Aussagekraft des Mietspiegels anzweifelt oder eine angeblich besondere Wohnlage geltend macht, muss konkrete und substantiierte Tatsachen beweisen, anstatt sich auf pauschale Behauptungen über die methodische Fehlerhaftigkeit oder die Einzigartigkeit der Wohnlage zu beschränken.

Für eine erfolgreiche Durchsetzung der Mietpreisbremse entlasten standardisierte Instrumente die Gerichte von der Pflicht zur Einholung kostspieliger Einzelgutachten, solange die Gegenseite keine fundierten Gegenbeweise vorlegt.


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Experten Kommentar

Wenn es im Mietrecht um die Rückzahlung überhöhter Mieten geht, versuchen Vermieter oft, eine kostspielige Gutachter-Schlacht vom Zaun zu brechen. Dieses Urteil zieht hier eine klare rote Linie und bestätigt: Der einfache Mietspiegel ist ein robustes Beweismittel, das Gerichten hilft, schnell und effizient zu entscheiden. Wer die ortsübliche Vergleichsmiete anzweifeln und ein teures Sachverständigengutachten erzwingen will, muss dafür mehr liefern als nur die Behauptung, die Wohnlage sei „besonders“. Das Gericht legt die Beweislast konsequent auf den Vermieter, der die Rückzahlung abwenden möchte, und macht den Mietspiegel zur kostengünstigeren Waffe für den Mieter.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Reicht der einfache Mietspiegel aus, um meine überhöhte Miete vor Gericht zu beweisen?

Ja, der einfache Mietspiegel nach § 558c BGB ist in der Regel ein ausreichend starkes Beweismittel, um Ihre überhöhte Miete vor Gericht nachzuweisen. Gerichte erkennen diesem Dokument eine starke Indizwirkung für die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete zu. Sie müssen daher nicht befürchten, dass automatisch ein teures Sachverständigengutachten notwendig wird, nur weil Sie auf einem einfachen Mietspiegel basieren.

Das Gericht entscheidet nach richterlichem Ermessen, welche Erkenntnisquellen es zur Überzeugung nutzt (§ 286 ZPO). Liegt ein ordnungsgemäß erstellter Mietspiegel vor, der die Mieten hinreichend abbildet, darf das Gericht diesen ohne Weiteres zugrunde legen. Das Landgericht Berlin bestätigte in einem wichtigen Urteil, dass Gerichte nicht verpflichtet sind, auf Kostenpflichtigkeit ein Gutachten einzuholen, solange der Mietspiegel als geeignetste Informationsquelle vorliegt.

Ein Sachverständigengutachten wird erst dann relevant, wenn die Vermieterseite die Aussagekraft des Mietspiegels konkret in Zweifel zieht. Dies gelingt nur, indem der Vermieter substantiierte Beweise vorlegt, die eine systematische Abweichung der tatsächlichen Mieten in der Mikrolage belegen. Pauschale Kritik an der Methodik des Mietspiegels oder die bloße Behauptung einer besonders attraktiven Lage reichen hierfür nicht aus und laufen ins Leere.

Besorgen Sie die offizielle, veröffentlichte Version des einfachen Mietspiegels Ihrer Stadt für den relevanten Zeitraum und markieren Sie die Spanne für Ihre spezifischen Wohnungsmerkmale.


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Für welchen Zeitraum kann ich überhöhte Miete nach der Mietpreisbremse zurückverlangen?

Eine Rückforderung überhöhter Miete ist nur ab dem Zeitpunkt möglich, zu dem Sie die Überzahlung beim Vermieter formell gerügt haben. Ohne diese Rügepflicht nach § 556g BGB können Sie lediglich eine zukünftige Senkung der Miete erreichen. Der Anspruch auf Rückzahlung gilt somit nicht rückwirkend bis zum Beginn des Mietvertrages.

Der Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete stützt sich auf das Bereicherungsrecht (§ 812 BGB) in Verbindung mit der Mietpreisbremse. Der Gesetzgeber sieht vor, dass der Mieter aktiv werden muss, indem er den Vermieter auf die Rechtswidrigkeit der Miete hinweist. Rügen Sie die Miete nicht schriftlich und beweisbar, verzichten Sie faktisch auf die Rückzahlung der Vormieten und können nur die Mietabsenkung für die Zukunft durchsetzen. Achten Sie darauf, dass Ihre Rüge substantiiert sein muss, also die Gründe für die Überhöhung präzise darlegt.

Das Vorgehen des Mieters im Berliner Fall illustriert die Bedeutung dieser Rügepflicht. Er klagte auf Rückzahlung für neun Monate – von April bis Dezember 2023 – weil er die Miete im April formell gerügt hatte und damit der Anspruch begann. Das Amtsgericht verurteilte die Vermieterin zur Rückzahlung dieser Beträge und stellte fest, dass auch ein zu hoch angesetzter Teil der Kaution zurückzuerstatten ist, sofern dieser unzulässig war.

Verfassen Sie umgehend ein dokumentierbares Schreiben (Einschreiben mit Rückschein) an Ihren Vermieter, rügen Sie darin die Miete präzise und fordern Sie die Rückzahlung aller seit der Rüge zu viel gezahlten Beträge.


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Wie gehe ich vor, wenn ich meine Miete auf Basis des Mietspiegels senken will?

Der juristisch sichere Weg zur Mietsenkung beginnt mit der präzisen Berechnung der zulässigen Miete anhand des lokalen Mietspiegels. Anschließend müssen Sie die Überzahlung formell und beweisbar beim Vermieter rügen. Wird diese Rüge ignoriert, folgt die Klage auf Rückzahlung der überzahlten Beträge und die gerichtliche Feststellung der künftigen, maximal zulässigen Miete.

Die Regel verlangt, dass Mieter ihre Ansprüche auf Grundlage der Mietpreisbremse (§ 556g BGB) zuerst gegenüber dem Vermieter geltend machen. Sie prüfen mithilfe des gültigen Mietspiegels die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete und berechnen dem Vermieter die Differenz detailliert. Nur ab dem Zeitpunkt dieser formellen Rüge können Sie rückwirkend die zu viel gezahlte Miete zurückverlangen. Ohne diese rechtzeitige Rüge besteht der Rückzahlungsanspruch nur für die Zukunft.

Bleibt die Rüge fruchtlos, erheben Sie Klage auf Rückzahlung der seit Rüge überzahlten Beträge. Sie beantragen zusätzlich ein Feststellungsurteil, das die maximal zulässige Miete für die Zukunft definiert. Wie im Berliner Rechtsstreit geschehen, wird die maximal zulässige Miete durch das Urteil rechtsverbindlich festgestellt. Vermeiden Sie unbedingt, die Miete einseitig zu kürzen, da Sie andernfalls die Kündigung wegen Zahlungsverzugs riskieren, falls das Gericht Ihre Berechnung nicht teilt.

Laden Sie den offiziellen Mietspiegel Ihrer Stadt herunter und markieren Sie die Merkmale Ihrer Wohnung (Größe, Lage, Ausstattung) als wasserdichte Grundlage für Ihre formelle Rüge.


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Wann muss der Vermieter ein teures Sachverständigengutachten zur Vergleichsmiete vorlegen?

Das Gericht ist nicht dazu verpflichtet, ein teures Sachverständigengutachten zur Ermittlung der Vergleichsmiete einzuholen. Diese Entscheidung liegt im richterliches Ermessen des Gerichts. Der Vermieter trägt die Beweislast. Er muss das Gericht aktiv davon überzeugen, dass der vorhandene Mietspiegel die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete nicht korrekt abbildet und daher unzureichend ist.

Diese Überzeugung gelingt nur durch die Vorlage substantiierter, beweisbarer Fakten. Die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erlaubt es den Richtern, einen ordnungsgemäß erstellten Mietspiegel als ausreichende Erkenntnisquelle zu verwenden. Die Vermieterseite muss daher eine hohe Schwelle überspringen. Sie muss konkrete Indizien liefern, welche die These einer systematischen und gravierenden Abweichung der Mieten belegen, um Zweifel an der Aussagekraft des Mietspiegels zu wecken.

Eine bloße Behauptung, die eigene Wohnlage sei besonders attraktiv oder einzigartig, reicht für diese Substantiierungspflicht nicht aus, wie der Fall am Potsdamer Platz zeigte. Stattdessen müssen Sie nachvollziehbare Beweise für überdurchschnittliche Mieten im Mikromarkt vorlegen. Scheitert der Vermieter an dieser Beweisführung, wird der Mietspiegel als ausreichende Grundlage herangezogen und das kostspielige Gutachten als unnötig abgelehnt.

Identifizieren Sie mindestens drei konkrete, vergleichbare Wohnungen in der angeblichen „Sonderlage“, deren Mieten nachweislich über den Mietspiegelwerten liegen, und sammeln Sie Dokumente dazu.


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Welche Beweise brauche ich als Vermieter, um den Mietspiegel vor Gericht erfolgreich anzufechten?

Die erfolgreiche Anfechtung eines Mietspiegels erfordert konkrete, beweisbare Fakten, die eine systematische Abweichung der Mieten in Ihrem Mikromarkt belegen. Gerichte weisen pauschale Argumente zur Attraktivität einer Lage als unsubstantiiert zurück. Sie müssen die Beweislast tragen und klar nachweisen, dass der stadtweite Durchschnitt die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete nicht korrekt abbildet.

Wenn Sie als Vermieter behaupten, der Mietspiegel sei unzulänglich, liegt die sogenannte Substantiierungspflicht bei Ihnen. Das Gericht verlangt nicht nur eine Meinungsäußerung, sondern konkrete Tatsachen, die den Mietspiegel ernsthaft in Zweifel ziehen. Benennen Sie nachvollziehbare, objektive Indikatoren, die belegen, warum die Mietsituation in Ihrem speziellen Quartier signifikant höher ist als die statistische Grundlage. Allgemeine Verweise auf Investitionskosten oder den subjektiven Wert der Immobilie genügen dafür nicht.

Der Fall vor dem Landgericht Berlin, bei dem es um eine Immobilie am Potsdamer Platz ging, dient als klares Beispiel. Die Vermieterin argumentierte, die Lage sei derart einzigartig, dass der stadtweite Mietspiegel unpassend sei. Weil sie jedoch keine tatsächlichen Vergleichswohnungen mit höheren Mieten vorlegte, die diese These stützten, wertete das Gericht die Argumentation als unsubstantiiert. Sie benötigen demnach Daten aus aktuellen und abgeschlossenen Mietverträgen in direkter Nachbarschaft.

Sammeln Sie umgehend dokumentierte Mietverträge für vergleichbare Wohnungen in Ihrem Mikromarkt, um die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete nachzuweisen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Einfacher Mietspiegel

Der Einfache Mietspiegel (§ 558c BGB) ist eine dokumentierte Übersicht über die üblichen Mieten in einer Gemeinde, die von der Kommune oder den Interessenvertretern der Mieter und Vermieter gemeinsam erstellt wurde. Das Gesetz betrachtet diese Form als eine von mehreren möglichen Erkenntnisquellen für das Gericht, um eine verlässliche Grundlage für die Preisgestaltung zu finden. Weil der einfache Mietspiegel nicht nach streng wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt werden muss, kommt ihm im Prozess lediglich eine starke Indizwirkung zu.

Beispiel: Die Vermieterin argumentierte, die Daten des Berliner Mietspiegels 2024 seien nicht repräsentativ, aber das Landgericht stufte den einfachen Mietspiegel als ausreichende Grundlage für die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein.

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Feststellungsurteil

Ein Feststellungsurteil ist eine gerichtliche Entscheidung, die verbindlich die Existenz oder Nichtexistenz eines bestimmten Rechtsverhältnisses klärt, ohne direkt auf Leistung (wie eine Zahlung) zu verurteilen. Mieter benötigen dieses Urteil, um Rechtssicherheit zu erlangen und die maximal zulässige Miete für die Zukunft rechtskräftig definieren zu lassen. Mit diesem Urteil wird ein laufender Rechtsstreit über die Grundsatzfrage der Miete dauerhaft beigelegt.

Beispiel: Neben der Rückzahlung der Überzahlung beantragte der Mieter ein Feststellungsurteil, damit die Kammer die künftig maximal zulässige Miete für seine Wohnung am Potsdamer Platz rechtsverbindlich feststellte.

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Indizwirkung

Die Indizwirkung beschreibt die juristische Bedeutung eines Beweismittels, das für eine bestimmte Tatsache spricht, ohne sie direkt zu beweisen, und das Gericht in seiner Überzeugungsbildung maßgeblich beeinflusst. Liegt ein ordnungsgemäß erstellter einfacher Mietspiegel vor, vermutet das Gericht, dass die dort genannten Mieten die ortsübliche Vergleichsmiete korrekt widerspiegeln. Vermieter müssen daher diesen starken Anschein widerlegen, wollen sie höhere Mieten durchsetzen.

Beispiel: Obwohl die Vermieterin die Methodik kritisierte, besaß der Berliner Mietspiegel 2023 für das Landgericht eine so starke Indizwirkung, dass ein teures Sachverständigengutachten entbehrlich war.

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Mietpreisbremse

Die Mietpreisbremse (§ 556g BGB) ist eine gesetzliche Regelung, die in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten festlegt, dass die Miete bei Neuvermietung höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Dieses Instrument dient dem Schutz von Mietern und soll verhindern, dass Vermieter überzogene Forderungen stellen, wodurch bezahlbarer Wohnraum erhalten bleiben soll. Die Folge einer Überschreitung ist der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der überzahlten Beträge.

Beispiel: Der Mieter klagte auf Rückzahlung der Beträge, weil seine Miete die nach den Regelungen der Mietpreisbremse zulässige Obergrenze um mehr als zehn Prozent überstieg.

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Ortsübliche Vergleichsmiete

Als ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 2 BGB) gilt diejenige Miete, die in einer Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten sechs Jahren durchschnittlich gezahlt wurde. Sie bildet die zentrale Bezugsgröße, an der sich die zulässige Miete nach der Mietpreisbremse misst und wird in der Regel mithilfe des lokalen Mietspiegels ermittelt. Ziel des Gesetzes ist es, einen fairen und transparenten Mietmarkt zu gewährleisten, indem Mieten nicht willkürlich festgesetzt werden dürfen.

Beispiel: Die Vermieterin behauptete, der Mietspiegel könne wegen der Besonderheit des Potsdamer Platzes die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete nicht korrekt abbilden und forderte ein Sachverständigengutachten an.

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Rügepflicht

Die Rügepflicht (§ 556g Abs. 2 BGB) schreibt vor, dass ein Mieter die Überzahlung der Miete gegenüber dem Vermieter formell und schriftlich beanstanden muss, bevor er Anspruch auf Rückzahlung der seitdem geleisteten Vorauszahlungen hat. Ohne diese schriftliche Rüge kann der Mieter lediglich eine Senkung der zukünftigen Miete, nicht jedoch die Rückerstattung für die Vergangenheit, durchsetzen. Der Gesetzgeber fordert damit vom Mieter aktive Geltendmachung seiner Rechte.

Beispiel: Der Mieter konnte die zu viel gezahlten Mieten rückwirkend ab April 2023 zurückfordern, weil er die unzulässige Höhe der Miete in diesem Monat erstmals formell gerügt hatte.

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Substantiierungspflicht

Juristen verstehen unter der Substantiierungspflicht die Verpflichtung einer Partei im Zivilprozess, ihre Behauptungen nicht nur pauschal aufzustellen, sondern diese mit konkreten Tatsachen und nachvollziehbaren Beweisen zu untermauern. Wenn der Vermieter die Aussagekraft eines Mietspiegels anzweifelt, muss er beispielsweise Vergleichsmieten aus dem Mikromarkt vorlegen, die eine systematische Abweichung belegen. Ein unsubstanziierter Vortrag wird vom Gericht als unbeachtlich zurückgewiesen.

Beispiel: Das Landgericht wies die Berufung der Vermieterin ab, weil ihre Behauptung über die besondere Lage am Potsdamer Platz mangels Beweisen ihrer Substantiierungspflicht nicht genügte.

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Das vorliegende Urteil


LG Berlin II – Az.: 67 S 285/24 – Urteil vom 01.07.2025


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