Skip to content

Ortsübliche Vergleichsmiete feststellen: Mieterhöhung nur teilweise

Um die ortsübliche Vergleichsmiete festzustellen, forderte ein Vermieter in Pankow eine deutliche Mieterhöhung und verwies auf teuernde Wohnwertmerkmale. Das Gericht erkannte einige energetische Modernisierungen an, doch der Vermieter verlor den Streit über mehrere hundert Euro am Ende wegen eines fehlenden Spritzschutzes.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 4 C 5143/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Amtsgericht Pankow
  • Datum: 20.10.2025
  • Aktenzeichen: 4 C 5143/24
  • Verfahren: Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Wohnraummiete, Ortsübliche Vergleichsmiete

  • Das Problem: Der Vermieter forderte die Zustimmung des Mieters zu einer Mieterhöhung von 516,00 € auf 593,40 €. Der Vermieter begründete dies mit hochwertiger Ausstattung und gutem Zustand der Wohnung. Der Mieter verweigerte die Zustimmung und bestritt die positiven Merkmale.
  • Die Rechtsfrage: Ist die vom Vermieter geforderte Mieterhöhung bis zur Obergrenze des Berliner Mietspiegels 2024 zulässig?
  • Die Antwort: Ja, aber nur teilweise. Das Gericht verurteilte den Mieter zur Zustimmung bis zu einem Betrag von 574,60 € monatlich. Die höhere Forderung des Vermieters wurde abgewiesen, da er nicht alle behaupteten positiven Wohnmerkmale beweisen konnte.
  • Die Bedeutung: Vermieter müssen Mieterhöhungen detailliert begründen und alle positiven Wohnmerkmale konkret nachweisen. Pauschale Behauptungen oder Bestreitungen des Mieters sind ohne Belege vor Gericht nicht ausreichend. Das Gericht stufte die Wohnung aufgrund fehlenden Spritzschutzes in der Dusche und der fehlenden Spüle/Herd in der Küche ab.

Mieterhöhung nach Mietspiegel: Wann sind Merkmale positiv?

Ortsübliche Vergleichsmiete feststellen: Mieterhöhung nur teilweise
Symbolbild: KI

Ein fehlender Spritzschutz in der Dusche, ein Rasen mit Baum und ein knarrender Parkettboden – Details wie diese entscheiden oft darüber, ob eine Mieterhöhung gerechtfertigt ist. Wenn Vermieter die Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete anpassen wollen, wird der offizielle Mietspiegel zum zentralen Argumentationsinstrument.

Doch die Einordnung einzelner Wohnungsmerkmale führt regelmäßig zu Konflikten. In einem Urteil vom 20. Oktober 2025 hat das Amtsgericht Pankow (Az. 4 C 5143/24) präzise bewertet, wann behauptete Vorzüge einer Wohnung den Mietpreis tatsächlich steigern und wann Einwände von Mietern rechtlich Gewicht haben. Der Fall zeigt exemplarisch, wie Gerichte die Kriterien des Berliner Mietspiegels anwenden und warum substantiierte Beweise wichtiger sind als pauschale Behauptungen.

Wann darf ein Vermieter die Miete erhöhen?

Die rechtliche Auseinandersetzung begann mit einem Schreiben der Vermieterin vom 24. Juni 2024. Sie forderte von ihrer Mieterin die Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete für eine 68 Quadratmeter große Zweizimmerwohnung in einem Berliner Hinterhaus aus der Zeit vor 1918. Die Miete sollte von 516,00 Euro um 77,40 Euro auf 593,40 Euro monatlich steigen, wirksam ab dem 1. September 2024. Als Begründung führte die Vermieterin eine Reihe von positiven Ausstattungsmerkmalen an, die den geforderten Preis rechtfertigen sollten. Dazu zählten ein hochwertig ausgestattetes Bad mit Halogenspots, Eichenholzparkett, Isolierglasfenster, eine zusätzliche Wärmedämmung und ein guter energetischer Kennwert von 118,1 kWh/(m²·a). Auch das Wohnumfeld sei aufwändig gestaltet und die Lage in einer ruhigen Seitenstraße besonders vorteilhaft.

Die Mieterin, die seit 2004 in der Wohnung lebte, widersprach der Erhöhung und verweigerte ihre Zustimmung. Sie bestritt einige der behaupteten Verbesserungen, wie etwa die zusätzliche Wärmedämmung, und machte Mängel geltend. So würde der Parkettboden knarren und das Gebäude befinde sich in einem schlechten Instandhaltungszustand. Da keine Einigung erzielt wurde, reichte die Vermieterin am 30. November 2024 Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung ein. Sie beantragte, die Mieterin zur Annahme der neuen Miete von 593,40 Euro zu verurteilen.

Wie wird die ortsübliche Vergleichsmiete berechnet?

Die ortsübliche Vergleichsmiete wird aus den üblichen Entgelten gebildet, die in der Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten sechs Jahren vereinbart wurden. Um diesen Wert zu ermitteln, ohne unzählige Wohnungen vergleichen zu müssen, verwenden Gerichte qualifizierte Mietspiegel als Schätzgrundlage. Der Berliner Mietspiegel 2024 ist ein solches Instrument. Er teilt Wohnungen anhand von Kriterien wie Baualter, Größe und Wohnlage in verschiedene Mietspiegelfelder ein, die jeweils eine Preisspanne vom Unter- bis zum Oberwert sowie einen Mittelwert ausweisen.

Die zentrale Vorschrift für das Erhöhungsverlangen ist § 558 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Demnach kann ein Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens seit 15 Monaten unverändert ist. Zusätzlich schützt die sogenannte Kappungsgrenze nach § 558 Abs. 3 BGB die Mieter davor, dass die Miete innerhalb von drei Jahren um mehr als 20 Prozent (in Berlin 15 Prozent) steigt. Ob eine Wohnung eher am unteren oder oberen Ende der Mietpreisspanne einzuordnen ist, hängt von der Bewertung in fünf Merkmalgruppen ab: Bad, Küche, Wohnung, Gebäude und Wohnumfeld. Positive Merkmale erhöhen den Wert, negative senken ihn.

Welche Wohnwertmerkmale hat das Gericht anerkannt?

Das Amtsgericht Pankow musste entscheiden, ob die von der Vermieterin geforderte Miete von 593,40 Euro, was einem Quadratmeterpreis von 8,73 Euro entspricht, der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem Berliner Mietspiegel 2024 entspricht. Dazu nahm es eine detaillierte Prüfung der fünf entscheidenden Merkmalgruppen vor, die das Herzstück der richterlichen Analyse bildete.

Was musste das Gericht konkret bewerten?

Die Wohnung wurde unstreitig in die Mietspiegelzeile 122 eingeordnet, die eine Preisspanne von 6,09 Euro bis 12,55 Euro pro Quadratmeter bei einem Mittelwert von 8,45 Euro vorsieht. Die Kernfrage war also: Überwiegen die positiven oder die negativen Merkmale der Wohnung so stark, dass eine Abweichung vom Mittelwert gerechtfertigt ist? Die Vermieterin argumentierte für eine Einordnung im oberen Bereich, die Mieterin sah Gründe für eine niedrigere Miete. Das Gericht musste daher jedes von der Vermieterin angeführte Merkmal auf seine Stichhaltigkeit prüfen und gegen die Einwände der Mieterin abwägen.

Die fünf Merkmalgruppen im Detail

Das Gericht bewertete die fünf Gruppen systematisch und kam zu einem differenzierten Ergebnis. Die Bewertung jeder Gruppe führte zu einer prozentualen Anpassung des Mittelwerts.

In der Merkmalgruppe 1 (Bad) kam das Gericht zu einer negativen Bewertung von minus 20 Prozent. Ausschlaggebend war ein einfacher, aber entscheidender Mangel: Die Dusche verfügte über keine Spritzwasserschutzvorrichtung. Laut der Orientierungshilfe des Mietspiegels ist dies ein klares wohnwertminderndes Merkmal. Die von der Vermieterin positiv hervorgehobenen Halogendeckenspots und der Spiegelschrank reichten nicht aus, um dies auszugleichen, da sie keine expliziten Positivmerkmale im Mietspiegel darstellen. Auch die Behauptung, es seien hochwertige Fliesen verlegt worden, verwarf das Gericht, da dies nicht ausreichend nachgewiesen wurde.

Auch die Merkmalgruppe 2 (Küche) wurde mit minus 20 Prozent negativ bewertet. Der Grund war unstrittig: Die Vermieterin hatte selbst vorgetragen, dass die Küche bei Übergabe ohne Herd und Spüle ausgestattet war. Dies erfüllt klar ein Negativmerkmal des Mietspiegels.

In der Merkmalgruppe 3 (Wohnung) sah das Gericht hingegen ein Übergewicht an positiven Eigenschaften und wertete sie mit plus 20 Prozent. Das entscheidende Kriterium war, dass die Heizungsrohre überwiegend unter Putz verlegt sind. Ob das von der Vermieterin als hochwertig bezeichnete Eichenparkett oder die Isolierglasfenster ebenfalls als positive Merkmale zu werten wären, ließ das Gericht offen. Das eine anerkannte Positivmerkmal reichte bereits aus, um die gesamte Gruppe positiv zu bewerten.

Die Merkmalgruppe 4 (Gebäude) wurde ebenfalls mit plus 20 Prozent positiv eingestuft. Den Ausschlag gab der von der Vermieterin vorgelegte Energieausweis. Dieser wies einen Energieverbrauchskennwert von 118,1 kWh/(m²·a) aus. Da dieser Wert unter der im Mietspiegel genannten Schwelle von 120 kWh/(m²·a) liegt, war das entsprechende Positivmerkmal erfüllt.

Bei der Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld) fand das Gericht keine Grundlage für eine positive Bewertung und stufte sie als neutral (0 Prozent) ein. Die von der Vermieterin vorgelegten Fotos, die Rasenflächen mit einem Baum zeigten, genügten nicht, um ein „aufwändig gestaltetes Wohnumfeld“ im Sinne der Orientierungshilfe zu belegen. Dafür wäre ein überdurchschnittlicher gärtnerischer oder architektonischer Aufwand nötig gewesen. Auch die ruhige Seitenstraße qualifizierte die Lage nicht als „besonders ruhig“, da hierfür laut Rechtsprechung des Landgerichts Berlin (Az. 66 S 108/22) strengere Kriterien wie eine verkehrsberuhigte Zone oder eine parkähnliche Anlage erfüllt sein müssen.

Warum die Argumente der Mieterin nicht zogen

Die Einwände der Mieterin blieben größtenteils ohne Erfolg. Ihr pauschales Bestreiten des guten Gebäudezustands oder der Wärmedämmung war rechtlich unbeachtlich. Einem substanziierten Vortrag der Vermieterin, der durch Urkunden wie den Energieausweis untermauert wird, kann nicht mit einem bloßen „Bestreiten mit Nichtwissen“ begegnet werden. Die Mieterin hätte konkrete Fakten oder Beweise vorlegen müssen, um die Angaben der Vermieterin zu erschüttern. Ihre Behauptung, der Parkettboden knarre, war zwar ein konkreter Vortrag, reichte dem Gericht im Gesamtkontext jedoch nicht aus, um ein offizielles Negativmerkmal des Mietspiegels festzustellen.

Das Ergebnis: Eine Mieterhöhung mit Abstrichen

Nach der Abwägung aller Merkmale kam das Gericht zu dem Schluss, dass die ortsübliche Vergleichsmiete bei 8,45 Euro pro Quadratmeter liegt. Für die 68 Quadratmeter große Wohnung ergab sich somit eine zulässige Nettokaltmiete von 574,60 Euro. Die Mieterin wurde verurteilt, der Erhöhung um 58,60 Euro auf diesen Betrag zuzustimmen. Die weitergehende Forderung der Vermieterin auf 593,40 Euro wurde abgewiesen, da sie die dafür nötigen weiteren Positivmerkmale nicht ausreichend belegen konnte. Die Kosten des Rechtsstreits wurden entsprechend dem teilweisen Obsiegen und Unterliegen aufgeteilt: Die Vermieterin trägt ein Viertel, die Mieterin drei Viertel der Kosten.

Wann muss ein Vermieter die Mieterhöhung beweisen?

Der Beschluss des Amtsgerichts Pankow macht deutlich, dass der Vermieter die Beweislast für das Vorliegen von wohnwerterhöhenden Merkmalen trägt. Es reicht nicht aus, Merkmale pauschal als „hochwertig“ zu bezeichnen. Der Vermieter muss konkret darlegen und im Streitfall beweisen, warum eine bestimmte Ausstattung die Kriterien des Mietspiegels für ein positives Merkmal erfüllt. Vorgelegte Dokumente wie ein Energieausweis haben dabei eine hohe Beweiskraft.

Auf der anderen Seite zeigt das Urteil, dass auch Mieter ihre Einwände substantiieren müssen. Ein pauschales Bestreiten von Tatsachen, die der Vermieter mit Unterlagen belegt, ist juristisch wirkungslos. Mängel wie ein knarrender Boden müssen so konkret beschrieben und nachgewiesen werden, dass sie einem Negativmerkmal der Mietspiegel-Orientierungshilfe zugeordnet werden können. Damit stellt das Gericht klar: Im Streit um eine Mieterhöhung entscheidet nicht der subjektive Eindruck, sondern die objektive und belegbare Einordnung der Wohnung in das detaillierte Schema des Mietspiegels.

Die Urteilslogik

Bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete entscheidet die objektive und beweisbare Einhaltung der Mietspiegelkriterien über den Erfolg einer Mieterhöhung.

  • Nachweis positive Wohnmerkmale: Der Vermieter trägt die volle Beweislast und muss jedes wohnwerterhöhende Merkmal konkret belegen, während allgemeine oder subjektive Bezeichnungen wie „hochwertig“ juristisch wirkungslos bleiben.
  • Mangelhafte Basisausstattung: Bereits das Fehlen kleiner, definierter Details, wie ein einfacher Spritzschutz oder die notwendige Küchengrundausstattung, führt zur sofortigen Negativbewertung der gesamten Merkmalsgruppe.
  • Objektive Kriterien zählen: Um eine positive Bewertung zu erzielen, müssen Merkmale des Wohnumfeldes strenge Kriterien erfüllen und den Nachweis eines überdurchschnittlichen Gestaltungsaufwands erbringen, da subjektive Eindrücke keine Rolle spielen.

Nur die detaillierte, belegbare Zuordnung zu den Kriterien des Mietspiegels bestimmt, ob die Miete steigt oder fällt.


Benötigen Sie Hilfe?


Müssen Sie einer Mieterhöhung zustimmen, obwohl die Wohnung Mängel aufweist? Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Ersteinschätzung Ihrer individuellen Situation.


Experten Kommentar

Es klingt paradox, aber im Kampf um die ortsübliche Vergleichsmiete entscheidet oft das billigste Detail. Dieses Urteil macht klar: Ein teuer angepriesenes Bad fällt komplett durch, wenn der Vermieter ein einziges, eindeutiges Negativmerkmal wie den fehlenden Spritzschutz nicht beheben kann. Vor Gericht zählt nicht der subjektive Gesamteindruck, sondern eine knallharte, checklistengestützte Punktlandung in jeder der fünf Merkmalgruppen des Mietspiegels. Wer die Miete erhöhen will, muss jedes positive Merkmal akribisch belegen; bloßes „Premium“ oder eine ruhige Lage reichen dafür schlichtweg nicht aus.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann darf mein Vermieter die Miete nach dem Mietspiegel wirklich erhöhen?

Eine Mieterhöhung mithilfe des qualifizierten Mietspiegels ist an strenge Fristen und Obergrenzen gebunden. Ihr Vermieter darf die Miete nur anheben, wenn sie zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens seit mindestens 15 Monaten unverändert geblieben ist. Darüber hinaus müssen zwei wesentliche Grenzen beachtet werden, die eine unkontrollierbare Steigerung verhindern sollen. Eine zulässige Erhöhung muss sich immer innerhalb des Rahmens der ortsüblichen Vergleichsmiete bewegen.

Die gesetzliche Frist nach § 558 BGB sichert Ihnen eine verlässliche Planbarkeit der Mietkosten. Zwischen zwei Mieterhöhungen muss immer eine Sperrfrist von zwölf Monaten liegen, zu der noch die dreimonatige Zustimmungsfrist hinzukommt. Zusätzlich schützt die sogenannte Kappungsgrenze nach Absatz 3 der Vorschrift. Diese verhindert, dass Ihre Miete innerhalb von drei Jahren um mehr als 20 Prozent steigt. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt, wie in Berlin, reduziert sich diese Grenze sogar auf 15 Prozent.

Entscheidend ist außerdem, dass die neue Nettokaltmiete die Obergrenze des relevanten Mietspiegelfelds nicht überschreitet. Möchte der Vermieter den Oberwert der Preisspanne erreichen oder ihn übersteigen, muss er die Einordnung fundiert begründen. Dafür benötigt er eine deutliche Überzahl an positiven Ausstattungsmerkmalen und muss beweisen, dass die Wohnung objektiv besser ist als der Durchschnitt im jeweiligen Feld.

Überprüfen Sie sofort das Datum der letzten Erhöhung und die prozentuale Steigerung der Nettokaltmiete über die letzten drei Jahre in Ihrem Erhöhungsschreiben.


zurück

Welche Mängel zählen als Negativmerkmale im Mietspiegel, um meine Mieterhöhung abzulehnen?

Die Regel: Nur Mängel, die in der Orientierungshilfe des jeweiligen Mietspiegels explizit als wohnwertmindernde Kriterien aufgeführt sind, können Ihre Ablehnung stützen. Allgemeine Abnutzung oder subjektives Empfinden reichen dafür nicht aus. Entscheidend sind funktionale Defizite und das Fehlen definierter Grundausstattung. Solche Mängel führen bei erfolgreicher Geltendmachung zur negativen Bewertung der gesamten Merkmalgruppe um bis zu 20 Prozent.

Gerichte prüfen die Wohnwertmerkmale systematisch anhand der fünf Gruppen des Mietspiegels. Ein Mangel zählt nur, wenn er einem der dort klar definierten Kriterien entspricht. Beispielsweise wird das Fehlen wesentlicher Teile der Grundausstattung, wie einer Spüle oder eines Herds in der Küche, sofort als schwerwiegendes Negativmerkmal gewertet. Dies führt zur vollen Abwertung der gesamten Merkmalgruppe Küche, selbst wenn die Vermieterin versucht, andere Aspekte der Wohnung positiv zu bewerten.

Typische Ärgernisse wie ein knarrender Parkettboden oder veraltete Armaturen reichen in der Regel nicht aus, um ein offizielles Negativmerkmal festzustellen. Konkret: Ein fehlender fester Spritzschutz in der Dusche oder Badewanne, wie eine Duschwand, ist hingegen ein klares Negativkriterium. In einem Berliner Fall führte dieser eine Mangel zur Abwertung der Merkmalgruppe Bad um 20 Prozent, während die Behauptung eines allgemeinen „schlechten Instandhaltungszustandes“ rechtlich unbeachtet blieb.

Überprüfen Sie sofort, ob Mängel in Ihrer Wohnung den exakten Kriterien der Mietspiegel-Orientierungshilfe für Negativmerkmale entsprechen.


zurück

Wie begründe ich meinen Widerspruch gegen eine Mieterhöhung, damit er vor Gericht zählt?

Der Schlüssel zur erfolgreichen Abwehr einer Mieterhöhung liegt im substanziierten Vortrag. Vor Gericht genügt es nicht, die Angaben des Vermieters pauschal als falsch abzutun oder mit Nichtwissen zu bestreiten. Sie müssen konkrete Fakten und Gegenbeweise liefern, um die vom Vermieter vorgelegten Dokumente gezielt zu erschüttern. Ihr Widerspruch muss daher systematisch und beweisgestützt sein.

Die Regel verlangt eine systematische Vorgehensweise anhand des Mietspiegels. Gehen Sie die fünf Merkmalgruppen (Bad, Küche, Wohnung, Gebäude, Wohnumfeld) einzeln durch, anstatt die Erhöhung insgesamt abzulehnen. Konzentrieren Sie sich darauf, spezifische Fehler in der Begründung des Vermieters nachzuweisen. Wenn der Vermieter eine „besonders ruhige Lage“ behauptet, prüfen Sie, ob diese die strengen Kriterien (z.B. verkehrsberuhigte Zone) tatsächlich erfüllt.

Vermeiden Sie es, Tatsachen anzugreifen, die der Vermieter bereits durch Urkunden belegt hat, etwa einen Energieausweis. Dessen hohe Beweiskraft können Sie nur mit eigenen Beobachtungen oder Messungen erschüttern. Priorisieren Sie stattdessen klare Negativmerkmale wie eine fehlende Spritzwasserschutzvorrichtung in der Dusche oder eine unvollständige Küchenausstattung. Solche eindeutigen Mängel können eine gesamte Merkmalgruppe um 20 Prozent negativ werten und haben damit den größten rechnerischen Einfluss auf die zulässige Miete.

Um Ihre Argumentation zu fundieren, fordern Sie vom Vermieter schriftlich die Orientierungshilfe des im Schreiben genannten Mietspiegels an.


zurück

Muss der Vermieter alle positiven Ausstattungsmerkmale der Wohnung beweisen?

Der Vermieter trägt die Beweislast für jedes einzelne wohnwerterhöhende Merkmal, das er zur Begründung einer Mieterhöhung heranzieht. Doch Mieter müssen wissen: Es genügt dem Vermieter, lediglich ein einziges anerkanntes Positivmerkmal pro Merkmalgruppe des Mietspiegels nachzuweisen. Dies reicht aus, um die gesamte Gruppe positiv zu werten (+20 Prozent).

Dieses Vorgehen folgt der Systematik des Mietspiegels, der Wohnungen anhand von Kriterien in fünf Gruppen einteilt. Nur Merkmale, die explizit in der Orientierungshilfe als wohnwerterhöhend gelistet sind, zählen vor Gericht. Allgemeine Angaben wie ein „hochwertig ausgestattetes Bad“ oder die Existenz von Halogenspots sind irrelevant, solange sie kein offizielles Kriterium erfüllen. Konzentrieren Sie sich daher nicht auf Details, deren Hochwertigkeit Sie subjektiv bestreiten.

Nehmen wir an, der Vermieter behauptet zehn positive Merkmale. Wenn er nur eines davon, etwa die Verlegung der Heizungsrohre unter Putz in der Gruppe „Wohnung“, beweisen kann, gilt die gesamte Gruppe als positiv. Dokumentierte Werte wie der energetische Kennwert aus einem Energieausweis haben zudem eine hohe Beweiskraft. Diesen Nachweisen können Sie nur mit einem substanziierten Gegenbeweis entgegentreten, nicht durch bloßes Bestreiten der Existenz.

Listen Sie die vom Vermieter behaupteten Positivmerkmale auf und prüfen Sie, ob diese messbare Werte oder lediglich pauschale Behauptungen darstellen.


zurück

Welcher Energiekennwert ist laut Mietspiegel positiv und steigert meine Miete?

Der entscheidende Schwellenwert für eine positive Bewertung liegt präzise bei 120 kWh/(m²·a). Wird dieser numerische Wert im Energieausweis unterschritten, gilt das Gebäude als energetisch vorteilhaft im Sinne des Mietspiegels. Die Erfüllung dieses Kriteriums führt automatisch zur vollen positiven Wertung von plus 20 Prozent für die gesamte Merkmalgruppe „Gebäude“ (Gruppe 4).

Diese Regelung basiert auf den Orientierungshilfen des jeweiligen Mietspiegels, die spezifische numerische Kriterien festlegen. Um dieses Positivmerkmal vor Gericht zu beweisen, benötigt der Vermieter zwingend einen aktuellen Energieausweis des Gebäudes. Dieser Ausweis muss den Energieverbrauchskennwert belegen und wird von Gerichten als substanziiertes Beweismittel anerkannt. Liegt der dokumentierte Wert beispielsweise bei 118,1 kWh/(m²·a), ist das Kriterium erfüllt und Ihre Miete steigt.

Der numerische Wert des Energieausweises ist maßgeblich für die Mieterhöhung und besitzt eine hohe Beweiskraft. Dieses eine Merkmal genügt, um die gesamte Merkmalgruppe 4 positiv zu werten, selbst wenn andere Aspekte des Gebäudes neutral oder negativ wären. Ihre eigenen Einwände gegen die behauptete Qualität, etwa pauschale Zweifel an einer Wärmedämmung, sind ohne eigene Faktenlage meist nicht durchsetzbar. Nur ein abgelaufener Ausweis oder nachweisbare grobe Rechenfehler können den dokumentierten Wert erschüttern.

Verlangen Sie sofort eine Kopie des aktuellen Energieausweises, den der Vermieter im Mieterhöhungsschreiben zitiert, um den exakten Wert mit dem Schwellenwert von 120 kWh/(m²·a) abzugleichen.


zurück

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Beweislast

Im Zivilprozess bestimmt die Beweislast, welche Partei die tatsächlichen Voraussetzungen einer Rechtsnorm vor Gericht belegen muss. Das Gesetz verteilt die Verantwortung für das Vorbringen von Tatsachen, um einen fairen und strukturierten Ablauf des Verfahrens zu gewährleisten. Wer sich auf eine positive Tatsache beruft – zum Beispiel auf ein wohnwerterhöhendes Merkmal –, muss dafür die Beweise liefern.

Beispiel: Die Vermieterin trug die Beweislast dafür, dass das Gebäude energetisch vorteilhaft war, was sie erfolgreich durch Vorlage des Energieausweises erfüllte.

Zurück

Kappungsgrenze

Die Kappungsgrenze ist eine mietrechtliche Obergrenze, die nach § 558 Abs. 3 BGB verhindert, dass die Miete innerhalb von drei Jahren um mehr als 20 Prozent steigt. Diese Regelung soll Mieter vor extrem schnellen Mietsteigerungen schützen und Wohnkosten planbarer machen. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt, wie Berlin, senkt der Gesetzgeber diese Grenze sogar auf 15 Prozent ab.

Beispiel: Obwohl die ortsübliche Vergleichsmiete im vorliegenden Fall noch höher gelegen hätte, durfte die Miete aufgrund der Kappungsgrenze von 15 Prozent nicht unbegrenzt angehoben werden.

Zurück

Mietspiegelfelder

Mietspiegelfelder sind die definierten Kategorien innerhalb eines qualifizierten Mietspiegels, welche Wohnungen nach Baualter, Größe und Lage in spezifische Preisspannen einteilen. Durch diese Kategorisierung finden Gerichte schnell einen Basiswert (Mittelwert) für die ortsübliche Vergleichsmiete, wodurch eine langwierige Einzelprüfung unzähliger vergleichbarer Wohnungen entfällt.

Beispiel: Das Amtsgericht Pankow ordnete die streitgegenständliche Wohnung unstreitig in die Mietspiegelzeile 122 ein, die als Mietspiegelfeld eine Spanne von 6,09 Euro bis 12,55 Euro pro Quadratmeter aufwies.

Zurück

Nettokaltmiete

Die Nettokaltmiete beschreibt das monatliche Entgelt, das ein Mieter ausschließlich für die Überlassung der Wohnräume zahlt, ohne jegliche Betriebs- oder Heizkosten. Juristen benötigen diesen klaren Wert als Ausgangsbasis, da Mieterhöhungen nach § 558 BGB immer nur auf die reine Miete bezogen werden dürfen, nicht auf die umlagefähigen Nebenkosten.

Beispiel: Die Vermieterin forderte die Zustimmung der Mieterin zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete von 516,00 Euro um 77,40 Euro auf insgesamt 593,40 Euro monatlich.

Zurück

Orientierungshilfe

Die Orientierungshilfe ist ein detailliertes Zusatzdokument zum qualifizierten Mietspiegel, das die Kriterien für wohnwertmindernde oder wohnwerterhöhende Merkmale präzise definiert. Dieses Dokument stellt sicher, dass sowohl Vermieter als auch Gerichte die Merkmale einer Wohnung – etwa das Fehlen eines Spritzschutzes – objektiv und einheitlich bewerten können.

Beispiel: Laut der Orientierungshilfe des Berliner Mietspiegels führte der fehlende Spritzwasserschutz in der Dusche zu einer negativen Bewertung der Merkmalgruppe Bad.

Zurück

Substantiierter Vortrag

Juristen nennen einen Vortrag dann substanziiert, wenn eine Partei ihre Behauptungen mit konkreten Fakten und Details untermauert, anstatt nur pauschale Zweifel zu äußern. Das Gericht verlangt einen substanziierten Vortrag, weil die Gegenseite nur so effektiv auf die Behauptungen reagieren und Beweise gezielt entkräften kann.

Beispiel: Die Mieterin scheiterte mit ihrem pauschalen Bestreiten des Gebäudezustands, da sie dem substanziierten Vortrag der Vermieterin, der durch den Energieausweis belegt war, keine eigenen Fakten entgegensetzte.

Zurück



Das vorliegende Urteil


AG Pankow – Az.: 4 C 5143/24 – Urteil vom 20.10.2025


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!