AG Hamburg-St. Georg – Az.: 911 C 245/17 – Urteil vom 13.09.2018
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.799,20 nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf EUR 449,80 ab dem 06.02.2017, auf weitere EUR 449,80 ab dem 06.03.2017, auf weitere EUR 449,80 ab dem 06.04.2017 und auf weitere EUR 449,80 ab dem 06.05.2017 zu zahlen. Auf die Widerklage hin wird die Klägerin verurteilt, wechselseitig die Kündigung des Mietverhältnisses … zum nächstmöglichen Zeitpunkt auszusprechen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 3/5 und der Beklagte 2/5 zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird unter Berücksichtigung der Widerklageanträge auf EUR 7837,66 (Widerklageantrag 1: 12fache Nettokaltmiete aufgrund der Frage des Bestands des Mietverhältnisses, Widerklageantrag 2: 122,00 EUR, Widerklageantrag 3: 1358,86 EUR, da die Anwaltskosten vorliegend auf den abweichenden Sachverhalt der Mitwirkung gestützt und somit als eigenständiger Anspruch geltend gemacht werden) festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten infolge ihrer Trennung im Wege von Klage und Widerklage um Ansprüche über Zahlungen aus einem gemeinsam eingegangenen Mietverhältnis.
Die Parteien mieteten im Januar 2016 gemeinsam mit den Eltern des Beklagten von dem Vermieter Herrn … , vertreten durch … , eine unter der Anschrift Dreizimmerwohnung sowie zwei PKW-Stellplätze. Das Mietverhältnis begann am 01.02.2016. Der Mietvertrag erklärte eine Kündigung des Mietverhältnisses für alle Parteien des Mietverhältnisses frühestens zum 30.09.2019 für zulässig.
Die vereinbarte monatliche Nettomiete betrug EUR 799,60, wovon auf die Wohnung EUR 609,60 und auf die beiden Stellplätze je EUR 95,00 entfielen. Die vereinbarte Vorauszahlung auf die Betriebskosten betrug EUR 140,00, sodass sich eine Gesamtmiete von EUR 939,60 monatlich ergab, welche spätestens am 3. Werktag eines jeden Monats zu entrichten war.
Zwischen der Klägerin und dem Beklagten war vereinbart, dass im Innenverhältnis jeder die Hälfte der anfallenden Miete zu tragen habe. Die Klägerin zahlte absprachegemäß monatlich ihren Mietanteil an den Beklagten, welcher wiederum die Gesamtmiete an den Vermieter weiterleitete. Die Eltern des Beklagten traten allein zur Absicherung in den Mietvertrag ein und sollten nach Maßgabe der Absprachen der Mieter untereinander nicht mit der monatlichen Überweisung des Mietzinses befasst sein.
Am 03.09.2016, circa eine Woche nach einer mit der Klägerin gemeinsam unternommenen Reise nach Amsterdam, zog der Beklagte aus der streitgegenständlichen, durch die Parteien gemeinsam gemieteten Dreizimmerwohnung aus. Die Klägerin zahlte in der Folgezeit ihren Mietanteil zunächst weiter an den Beklagten.
Am 28.10.2017 erhielt der Beklagte von einer Mitarbeiterin der … per E-Mail einen Hinweis mit dem Wortlaut:
„Sehr geehrter ….
ich kann Ihnen erst Dinge bestätigen, wenn die Kündigung vorliegt. Die Gebühr beträgt auf jeden Fall 3-Monatsmieten brutto und wir brauchen einen Nachmieter – dann kann alles zeitnah erfolgen.“
Im November 2016 forderte der Beklagte die Klägerin durch anwaltliches Schreiben vom 01.11.2016 auf, an einer Beendigung des Mietverhältnisses mitzuwirken. In dem Schreiben hieß es unter anderem:
„Nach Beendigung der Lebensgemeinschaft mit meinem Mandanten sind Sie verpflichtet an der Beendigung des Mietverhältnisses mitzuwirken. Da ein drei jähriger Kündigungsausschluss vereinbart wurde, kommt eine Vertragsaufhebung nur gegen Stellung eines Nachfolgemieters in Betracht. […] Sie werden ausdrücklich aufgefordert, der Hausverwaltung bis zum 15.11.2016 schriftlich mitzuteilen; dass Sie beabsichtigen die Wohnung spätestens zum 01.02.2017 geräumt in einem vertragsgemäßen Zustand herauszugeben.“
Mit weiteren Schreiben vom 15.11.2016 forderte der Kläger die Beklagte dazu auf, die Räumung und Herausgabe der Wohnung bis zum 01.02.2017 zu bestätigen und binnen Wochenfrist Besichtigungstermine für mögliche Nachmieter zu ermöglichen.
Die Klägerin antwortete in diesem Zusammenhang am 19.11.2016 auf eine E-Mail des Beklagten, welche im Vorfeld abgestimmte Besichtigungstermine bestätigte.
Mit Schreiben vom 23.11.2016 teilte die Grundstücksverwaltung des Vermieters den Parteien mit, dass eine wirksame Kündigung des streitgegenständlichen Mietverhältnisses frühestens zum 30.09.2019 für möglich gehalten werde.
Dennoch ermöglichte die Klägerin am 25.11.2016 entsprechend ihrer Absprache mit dem Beklagten Wohnungsbesichtigungen durch Mietinteressenten. Ein geeigneter Nachmieter konnte nicht gefunden werden.
Im Januar 2017 wichen die Parteien von der bisherigen Handhabung der Mietzahlung ab. Klägerin und Beklagter überwiesen die auf sie entfallenen Teilbeträge des geschuldeten Mietzinses direkt an den Vermieter. Noch vor Ablauf des Februars 2017 warf der Beklagte seine Haus- und Wohnungsschlüssel zu der mit der Klägerin gemeinsam angemieteten, streitgegenständlichen Wohnung in den zu dieser Wohnung zugehörigen Briefkasten.
Der Beklagte ließ durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 10.02.2017 mitteilen, dass er davon ausgehe, dass die Klägerin sich entschlossen habe, das Mietverhältnis alleine fortzusetzen und forderte die Klägerin auf, den bislang auf den Beklagten entfallenden Mietanteil ab jetzt selbst aufzubringen. In dem Schreiben verlangte der Beklagte unter Bezugnahme auf sein vorhergehendes Schreiben vom 01.11.2016 und mit Fristsetzung bis zum 24.02.2017 unter anderem, dass die Klägerin sich zur Abwendung einer Klage des Beklagten verpflichten solle, die Miete ab Februar 2017 vollständig allein zu tragen und den Beklagten ab diesem Zeitpunkt von allen Pflichten aus dem weiter bestehenden Mietverhältnis freizuhalten. Der Beklagte stellte sodann jegliche Mietzahlungen ein.
Daraufhin schaltete die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten ein, welche dem Beklagten mit Schreiben vom 30.03.2017 mitteilten, dass die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt nicht beabsichtigte, den Mietvertrag alleine fortzusetzen und dass dem Beklagten alle Räume weiterhin zur Nutzung zur Verfügung stünden. Die Klägerin unterrichtete den Beklagten mit diesem Schreiben ebenfalls davon, nach wie vor eine einvernehmliche Regelung anzustreben. Die Klägerin schlug zu diesem Zweck vor, dass der Beklagte die Mietzahlungen bis einschließlich Mai 2017 fortsetzen solle. Für die Zeit ab Juni 2017 erklärte sich die Klägerin in Anbetracht eines hinsichtlich der Stellplätze günstigeren Angebotes des Vermieters einverstanden, das Mietverhältnis – die Zustimmung des Vermieters unterstellt – ohne den Beklagten fortzuführen.
Der Beklagte lehnte diesen Vorschlag mit Schreiben vom 07.04.2017 ab und entgegnete, dass die Klägerin die Miete ab Februar 2017 alleine zu tragen habe.
Die Klägerin verlangt mit der Klage bezüglich des Zeitraums Februar 2017 bis Mai 2017 die Zahlung von EUR 1.799,20 nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf EUR 449,80 ab dem 06.02.2017, auf weitere EUR 449,80 ab dem 06.03. 2017, auf weitere EUR 449,80 ab dem 06.04.2017 und auf weitere EUR 449;80 ab dem 06.05.2017.
Die Klage ist dem Beklagten am 27.06.2017 zugestellt worden.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte sei im September 2016 ohne weitere Erklärungen oder Vorankündigungen aus der mit der Klägerin gemeinsam geführten Wohnung ausgezogen. Das Verhältnis der Parteien sei vor dem Auszug des Beklagten auch nicht schon stark belastet gewesen. Von einer räumlichen Trennung sei vor diesem Zeitpunkt keine Rede gewesen.
Die Klägerin behauptet der Vermieter habe ihr bis zuletzt angezeigt, die Parteien nicht vorzeitig aus dem sie streitgegenständlich verbindenden Mietverhältnis entlassen zu wollen.
Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe mit Blick auf die fest vereinbarte Mietzeit schon keine unmittelbare Pflicht zur früheren Mitwirkung an der Findung eines Nachmieters getroffen und selbst soweit dies der Fall wäre, sei sie dieser nachgekommen. Die Erfüllung einer möglichen Pflicht zur Benennung eines Nachmieters sei ihr schon deshalb nicht möglich, weil diese letztlich von der Zustimmung des Vermieters abhänge.
Die Klägerin beantragt,
Der Beklagte wird verurteilt,
1. an die Klägerin EUR 1.799,20 nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf EUR 449,80 ab dem 06.02.2017, auf weitere EUR 449,80 ab dem 06.03.2017, auf weitere EUR 449,80 ab dem 06.04.2017 und auf weitere EUR 449;80 ab dem 06.05.2017 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
1. die Klage abzuweisen.
Darüber hinaus beantragt der Beklagte mit am 03.08.2017 zugestelltem Schriftsatz,
2. widerklagend die Klägerin und Widerbeklagte zu verpflichten, wechselseitig die Kündigung des Mietverhältnisses …. zum nächstmöglichen Zeitpunkt auszusprechen.
3. widerklagend, die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen; an den Beklagten und Widerkläger 122,00 EUR nebst gesetzlicher Verzugszinsen gemäß § 288 BGB seit Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen.
4. widerklagend, die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen; an den Beklagten und Widerkläger 1.358,86 EUR nebst gesetzlichen Verzugszinsen gem. § 288 BGB seit Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen.
Die Klägerin beantragt hinsichtlich der Widerklageanträge zu 2.-4., die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet bereits in der Zeit vor seinem Auszug sei das Verhältnis zur Klägerin – für diese auch erkenntlich – so belastet gewesen, dass eine räumliche Trennung von dieser unumgänglich gewesen sei. Die Klägerin habe auf eine vor dem 15.11.2016 erfolgte Aufforderung des Beklagten an der Auflösung des Mietverhältnisses mitzuwirken, nicht reagiert.
Der Beklagte behauptet des Weiteren, der Vermieter der Parteien habe für den Fall einer gemeinsamen Kündigung aller Mietparteien in Aussicht gestellt, die Parteien gegen Stellung eines Nachfolgemieters zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus dem Mietverhältnis zu entlassen. Durch ihr fehlendes Bemühen im Rahmen von Wohnungsbesichtigungen habe sie eine Weitervermietung verhindert.
Die Klägerin sei dem Beklagten im Übrigen den Ausgleich der Nebenkostennachforderung für 2016 schuldig geblieben. Der Beklagte ist der Ansicht hieraus ergebe sich sein widerklagend geltend gemachter Anspruch auf Zahlung von EUR 122,00 nebst gesetzlicher Verzugszinsen gemäß § 288 BGB.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe sich mit ihrer Mitwirkung an der Beendigung des Mietverhältnisses spätestens nach Ablauf der ihr gesetzten Frist in Verzug befunden und schulde in diesem Zusammenhang den Ausgleich der widerklagend geltend gemachten Anwaltskosten in Höhe von EUR 1.358,86 nebst gesetzlichen Verzugszinsen gemäß § 288 BGB seit Zustellung dieses Schriftsatzes. Zudem sei die Klägerin zur gemeinsamen Kündigung spätestens zum 31.01.2017 verpflichtet gewesen.
Im Einverständnis der Parteien hat das Gericht mit Beschluss vom 14.06.2018 das schriftliche Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 12.07.2018 angeordnet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von EUR 1.799,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf EUR 449,80 ab dem 06.02.2017, auf weitere EUR 449,80 ab dem 06.03.2017, auf weitere EUR 449,80 ab dem 06.04.2017 sowie auf weitere EUR 449,80 ab dem 06.05.2017 gemäß § 426 Abs. 1 BGB.
Das streitgegenständliche Mietverhältnis begann am 01.02.2016 und bestand von Februar bis einschließlich Mai 2017 fort.
Die Parteien verband als Paar zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Mietvertrags sowie des Zusammenlebens in der gemeinsam gemieteten, Wohnung eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Die Parteien lebten bis zum Auszug des Beklagten unbestrittener Weise als Paar in der gemeinsam angemieteten Wohnung. Sie fuhren gemeinsam in Urlaub. Die Eltern des Beklagten unterzeichneten den Mietvertrag, um das Paar gegenüber dem Vermieter finanziell abzusichern.
Als nichtehelich geführte Lebensgemeinschaft ist eine Verbindung anzusehen, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (BGH NJW 2008, 2333; 1993, 999). Für eine solche Lebensgemeinschaft ist insbesondere die Verflechtung der Lebensbereiche im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft von Bedeutung, wie sie hier gerade durch das paarweise Zusammenleben der Parteien sowie das Einstehen der Eltern des Beklagten für dieses gemeinsame Zusammenleben belegt wird (vgl. zum Ganzen, BGH NJW 2008, 2333; BeckOK-MietR/Weber, 12. Ed. 1.3.2018, BGB § 553 Rn. 14).
Die Lebensgefährten haften für die Miete gem. § 427 BGB als Gesamtschuldner. Der Ausgleichsanspruch zwischen den Mietern richtet sich nach § 426 Abs. 1 BGB. Danach sind die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, „soweit nicht ein anderes bestimmt ist“ (vgl. hierzu auch Blank/Börstinghaus/Blank, 5. Aufl. 2017, BGB § 535 Rn. 242). Hier hatten die Parteien vereinbart, im Innenverhältnis die Mietzahlungen jeweils zur Hälfte zu tragen. Die im Außenverhältnis zum Vermieter ebenfalls verpflichteten Eltern des Beklagten sollten keine monatlichen Zahlungen auf den Mietzins leisten, sondern waren viel mehr als bloße Sicherheit für den Vermieter in das Mietverhältnis eingetreten.
Der Auszug eines Mitmieters führt grundsätzlich nicht zu seiner Enthaftung aus dem Mietverhältnis (vgl. BeckOK BGB/Wiederhold, 46. Ed. 1.5.2018, BGB § 542 Rn. 30 m.w.N.). Seit Februar 2017 trug die Klägerin die Mietzahlungen aus dem streitgegenständlichen Mietverhältnis allein, sodass Sie von dem Beklagten für die Monate Februar bis einschließlich Mai 2017 gemäß § 426 Abs. 1 BGB hälftigen Ausgleich verlangen kann. Eine hiervon abweichende konsensuale Abrede der Parteien im Sinne des § 426 Abs. 1 a.E. BGB wurde für die Monate Februar bis einschließlich Mai 2017 nicht getroffen. Etwaige behauptete Nebenpflichtverletzungen haben nach Auffassung des Gerichts keinen Einfluss auf die grundsätzlich bestehende gemeinschaftliche Haftung.
Der Beklagte kann diesem Anspruch auch nicht einredeweise entgegenhalten, einen Anspruch auf Freistellung von dem Ausgleichsanspruch der Klägerin für die Monate Februar bis Mai 2017 zu haben.
Unabhängig davon, ob die Vorbringen des Beklagten als Geltendmachung einer solchen Einrede – denkbar wäre insoweit ein Einwand der Treuwidrigkeit oder die Aufrechnung mit Gegenansprüchen – auszulegen sind, besteht ein solcher Freistellungsanspruch des Beklagten für die besagten Monate bereits dem Grunde nach nicht.
Zwar ist im Hinblick auf treuwidriges Verhalten grundsätzlich anerkannt, dass, soweit der nach Beendigung der Lebensgemeinschaft in der Wohnung verbleibende – ehemalige – Lebensgefährte zu erkennen gibt, dass er die Wohnung behalten will, dieser die Miete im Innenverhältnis allein tragen und den ausgezogenen Lebensgefährten gegenüber dem Vermieter von dessen Forderung freistellen muss (vgl. OLG Düsseldorf NZM 1998, 72; BeckOK-MietR/Weber, 12. Ed. 1.3.2018, BGB § 553 Rn. 14; Blank/Börstinghaus/Blank, 5. Aufl. 2017, BGB § 535 Rn. 249). Jedoch kann diese Wertung nach Auffassung des Gerichts aufgrund der Besonderheiten der Konstellation hier keine Anwendung finden.
In der Entscheidung des OLG Düsseldorfs heißt es: „Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist indes dadurch gekennzeichnet, daß die Partner keine rechtliche Bindung wünschen und im Falle einer Trennung ihrer Wege gehen wollen, ohne für den anderen aufkommen zu müssen. Wenn sie vor diesem Hintergrund einen befristeten Mietvertrag über eine gemeinsame Wohnung schließen, gehen sie daher im Zweifel davon aus, daß bei einem Scheitern der Lebensgemeinschaft derjenige, der die Wohnung vor Ablauf der Mietzeit „behält”, ab diesem Zeitpunkt die Miete alleine zahlen wird. Denn wäre dies anders, würde der ausziehende Teil dem verbleibenden Partner durch die Fortzahlung seines Mietanteils faktisch Unterhalt leisten, was dem Wesen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gerade widerspricht. Im Hinblick hierauf handelt der Bekl. rechtsmißbräuchlich, wenn er die Wohnung seit dem endgültigen Auszug der Kl. alleine nutzt und sich zugleich eines Anspruchs gegen sie auf Beteiligung an der Miete berühmt.“ (vgl. OLG Düsseldorf NZM 1998, 72).
Diese Argumente lassen sich – mögen sie mit Blick auf den Fall, welcher dem OLG Düsseldorf zur Entscheidung vorlag auch zutreffen –, nicht auf den hier zu entscheidenden Sachverhalt übertragen.
Vorliegend schlossen die Parteien den gemeinsamen streitgegenständlichen Mietvertrag ab, als ihre Solvenz allein dem Vermieter zum Abschluss des Mietvertrags nicht ausreichte und der Beitritt der Eltern des Beklagten in das Mietverhältnis als zusätzliche Sicherheit notwendig war. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang unbestrittener Weise vorgetragen, eine alleinige Übernahme des Mietverhältnisses im Juni erst in Betracht zu ziehen, nachdem der Vermieter ihr hinsichtlich des Mietzinses über die PKW Stellplätze entgegengekommen war.
Anders als dies möglicherweise bei solventeren, voll berufstätigen Paaren der Fall sein mag, dominiert bei weniger zahlungsfähigen Paaren, die als GbR eine Wohnung anmieten, welche sie jeweils alleine nicht finanzieren könnten, mit Blick auf eine mögliche Trennung nicht das Interesse, die Wohnung im Zweifel durch Übernahme der gesamten Zahlungsverpflichtung faktisch alleine weiterführen zu können, sondern der Bindungswille dahingehend, keinesfalls allein für einen durch sie ohne fremde Hilfe nicht zu erbringenden Mietzins aufkommen zu müssen.
Eine andere Wertung würde in vergleichbaren Fällen dazu führen, dass zwischen nichtehelichen Lebenspartnern in Anbetracht einer möglichen Trennung ein Wettrennen um den möglichst schnellsten Auszug entstünde, um etwaige Freistellungsansprüche der Gegenpartei zu vermeiden.
Zweitens verfängt das Argument, dass ein weitergehender Anspruch auf Zahlung des Mietzinses einem Unterhaltsanspruch gleichkäme, nicht. Denn dem Anspruch auf Zahlung des anteiligen Mietzinses steht – anders als dem Unterhaltsanspruch – kehrseitig ein Recht zum Besitz an den angemieteten Räumlichkeiten des jeweiligen Anspruchsgegners gegenüber. Auch vermag das Gericht eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht zu erkennen. Die langfristige Verpflichtung, aus welcher die Zahlungsverbindlichkeit hier resultiert, sind die Parteien bewusst eingegangen. Dem Beklagten stünde es frei, sein Recht zur Untervermietung geltend zu machen.
So ist es auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn die Klägerin zunächst in der Wohnung verblieb und sich nach Änderung des zu zahlenden Gesamtbetrages bereit erklärte – die Zustimmung des Vermieters vorausgesetzt – ab Juni alleine für den nunmehr vergünstigten Mietzins aufkommen zu wollen.
Viel mehr gilt es nach Maßgabe des § 242 BGB die Wirkung des durch die Parteien vereinbarten mehrjährigen Kündigungsausschlusses zu berücksichtigen und auf das Innenverhältnis der Parteien zu übertragen. Die Parteien gingen gemeinsam eine Vereinbarung ein, in welcher sie in Kauf nahmen, für mehrere Jahre an den gemeinsam unterzeichneten Mietvertrag gebunden zu sein. Diese durch die Parteien gewollte langfristige Bindung darf im Innenverhältnis der Parteien nicht unberücksichtigt bleiben. Das Zahlungsverlangen der Klägerin ist nicht rechtsmissbräuchlich.
Freilich mag sich für nachfolgende Monate bei weiterem Verbleiben der Klägerin in der Wohnung nach der Erklärung der Bereitschaft, diese allein zu übernehmen, anderes ergeben. Dies mag hier jedoch dahinstehen.
Soweit das Vorbringen des Beklagtenvertreters so zu verstehen sein soll, die Klägerin habe durch ihr desinteressiertes Verhalten eine konkrete Möglichkeit der Vertragsauflösung vereitelt, so erachtet das Gericht das diesbezügliche Vorbringen als nicht hinreichend substantiiert. Zunächst ergibt sich aus den vorliegenden Unterlagen keine feste Zusage des Vermieters, die Parteien vorzeitig aus dem Mietverhältnis zu entlassen. Das Gericht erachtet es auch als lebensfremd, dass der Vermieter eine vorzeitigen Auflösung ohne nähere Prüfung der potenziellen Nachmieter fest zusagt. Eine Situation, in der ein konkret interessierter Nachmieter zu einem bestimmten Datum zum Einzug bereit gewesen und durch den Vermieter ebenfalls akzeptiert worden wäre, lag nach dem übereinstimmenden Vorbringen nicht vor. Da die hiesige Konstellation sich durch die Besonderheit auszeichnet, dass die Bindung der Parteien nur durch eine einvernehmliche Regelung sämtlicher Mieter und des Vermieters beseitigt werden könnte, vermag allein ein behauptetes fehlendes Bemühen keinen hinreichenden Gegenanspruch zu begründen.
II.
Die Zinsforderungen ergeben sich aus §§ 280 Abs. 2, 286 BGB. Der auf Zahlung gerichtete Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB ist mit Zahlung an den Vermieter durch die Klägerin fällig geworden (MüKoBGB/Bydlinski, 7. Aufl. 2016, BGB § 426 Rn. 13). Eine erneute Mahnung war für den Verzugseintritt des Beklagten zum 6. eines jeden hier streitgegenständlichen Monats jeweils entbehrlich. Die Mietzahlung an den Vermieter war jeweils spätestens zum 3. Werktags eines jeden Monats durch die Klägerin zu entrichten, womit auch der Ausgleichsanspruch gegen den Beklagten fällig wurde. Insofern reicht es für die Entbehrlichkeit einer erneuten Mahnung gemäß § 286 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum Verzugseintritt aus, wenn der Schuldner in jedem Kalendermonat bestimmte Leistungen erbracht haben muss. Verzug tritt dann mit Ablauf des dritten Werktages eines jeden Monats ein (vgl. hierzu mit Blick auf eine jährliche Leistungsbestimmung BGH NJW 2001, 2878, 2879; siehe auch, Schmidt-Futterer/Blank, 13. Aufl. 2017, BGB § 543 Rn. 92 ff.; BeckOK BGB/Lorenz, 46. Ed. 1.5.2018, BGB § 286 Rn. 30-33).
B.
Die Widerklage des Beklagten ist zulässig, hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg.
I.
Die Klägerin ist verpflichtet, wechselseitig mit den anderen Mietparteien die Kündigung des Mietverhältnisses … zum nächstmöglichen Zeitpunkt, also zum 30.09.2019, auszusprechen.
Nach einhelliger Auffassung können vormalige Lebensgefährten nach Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die regelmäßig – wie hier auch – als Kündigung der die Lebensgefährten verbindenden Innen-GbR zu sehen ist, wechselseitig die Mitwirkung bei der Kündigung des Mietverhältnisses hinsichtlich der bisher gemeinsam bewohnten Wohnung verlangen (BGH NJW 2005, 1715; OLG Düsseldorf WuM 2007, 567; BeckOK-MietR/Weber, 12. Ed. 1.3.2018, BGB § 553 Rn. 14). Diesem Anspruch können die Mieterschutzvorschriften nicht in analoger Anwendung entgegengehalten werden (OLG Köln NZM 1999, 998).
Dem Anspruch stehen auch keine anderen berechtigte Interessen der Klägerin entgegen (vgl. hierzu BGH NJW 2005, 1715). Soweit die Klägerin die Wohnung nicht kündigen, sondern allein weiternutzen möchte, bleibt es ihr unbenommen, dies mit dem Vermieter zu vereinbaren (OLG Köln, NZM 1999, 998).
II.
Der Beklagte hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von EUR 122,00 nebst gesetzlicher Verzugszinsen gemäß § 288 BGB seit Zustellung seines widerklagenden Schriftsatzes.
Der Beklagte hat die Forderung damit begründet, die Klägerin schulde ihm den Ausgleich der durch ihn bezahlten Nebenkostenforderung der gemeinsam gemieteten Wohnung für das Jahr 2016. Diesen Anspruch konnte der Beklagte nicht substantiiert darlegen.
Zur Vorlage eines entsprechenden Kontoauszugs kam es – entgegen der schriftsätzlichen Ankündigungen des Beklagten – nie.
III.
Der Beklagte hat gegen die Klägerin auch keinen Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von EUR 1.358,86 nebst gesetzlichen Verzugszinsen gemäß § 288 BGB nach Zustellung seines widerklagenden Schriftsatzes.
Der Beklagte begründet den geltend gemachten Anspruch damit, die Klägerin habe sich mit der durch sie geschuldeten Mitwirkung an der Beendigung des Mietverhältnisses spätestens nach Ablauf der ihr durch den Kläger gesetzten Frist in Verzug befunden und schulde in diesem Zusammenhang den Ausgleich der widerklagend geltend gemachten Anwaltskosten.
Soweit der Beklagte den entsprechenden Anspruch auf eine fehlende Mitwirkung an der Beendigung des Mietverhältnisses stützt, so wurde der Prozessbevollmächtigte des Beklagten ausweislich seines Schreibens vom 01.11.2016 (Anlage K2) offenbar bereits vor der entsprechenden, seiner Auffassung nach verzugsbegründenden Fristsetzung eingeschaltet, womit die Geschäftsgebühr ebenfalls bereits vor einem etwaigen Verzugsbeginn entstanden und damit nicht als kausaler Schaden zu ersetzen ist.
C.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 Satz. 1 Var. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.
Für den Beklagten sind nur die Kosten des Rechtsstreits vorläufig vollstreckbar, denn hinsichtlich des erfolgreichen Antrags der Widerklage handelt es sich um die Verpflichtung zur Abgabe einer Willenserklärung, für die § 894 ZPO gilt.