Nutzungsentschädigung: Wie Kellerflächen im Mietrecht den Betrag beeinflussen
Die Thematik des vorliegenden Falles bewegt sich im Spannungsfeld des Mietrechts und beleuchtet insbesondere die Frage der Nutzungsentschädigung bei mitgenutzten Abstellflächen im Keller. Hierbei wird die rechtliche Problematik erörtert, inwiefern die Nutzung solcher Flächen Auswirkungen auf die Höhe der zu leistenden Entschädigung hat. Das Berufungsverfahren und das letztendliche Urteil geben Aufschluss darüber, wie im Kontext von Mietverhältnissen und Grundschuld Ansprüche geltend gemacht werden können. Dabei spielen Aspekte wie die korrekte Berechnung der Wohnfläche und die Einordnung in die richtige Wohnungskategorie eine entscheidende Rolle.
Im Mietrecht entstehen häufig Konflikte, wenn es um die Nutzung und Entschädigung von Räumlichkeiten geht. Ein zentrales Thema dabei ist die Frage, inwiefern zusätzlich genutzte Flächen, wie Abstellflächen im Keller, die Nutzungsentschädigung beeinflussen können. Dabei spielen sowohl die tatsächliche Nutzung dieser Flächen als auch die vertraglichen Vereinbarungen eine entscheidende Rolle. Oftmals führen solche Differenzen zu Berufungsverfahren, in denen Urteile der vorherigen Instanzen überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Insbesondere bei strittigen Punkten wie der Gültigkeit eines Mietvertrags oder der korrekten Berechnung von Nutzungsentschädigungen kann es zu komplexen juristischen Auseinandersetzungen kommen. Es ist daher von Bedeutung, sowohl die rechtlichen Grundlagen als auch die spezifischen Umstände des Einzelfalls genau zu betrachten, um zu einer gerechten Entscheidung zu gelangen.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Beklagten eine Nutzungsentschädigung von 13.354,14 Euro zuzüglich Zinsen an die Kläger zahlen müssen, da sie Räumlichkeiten und Abstellflächen im Keller nach Ablauf der Räumungsfrist weiterhin nutzten.
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Nutzungsentschädigung: Die Beklagten müssen 13.354,14 Euro plus Zinsen an die Kläger zahlen, da sie die Räumlichkeiten weiterhin nutzten.
- Mietvertrag: Ein vorgelegter Mietvertrag wurde als Scheingeschäft und somit als unwirksam betrachtet.
- Berufung: Die Beklagten legten Berufung ein, argumentierten jedoch erfolglos gegen die Forderungen der Kläger.
- Wohnungsgröße: Es gab Diskrepanzen bezüglich der Größe der Wohnung, die das Gericht klärte.
- Mietwert: Das Gericht stellte fest, dass der Mietwert aufgrund der angespannten Wohnungsmarktlage höher lag als im Mietspiegel ausgewiesen.
- Bauliche Mängel: Eventuelle bauliche Mängel wurden bei der Ermittlung des Mietwertes berücksichtigt und führten nicht zu einer Minderung der Miete.
- Verjährung: Die Ansprüche unterliegen der regelmäßigen Verjährung und mietrechtliche Sondervorschriften finden keine Anwendung.
- Kostenentscheidung: Das Gericht lehnte eine Korrektur der Kostenentscheidung zu Gunsten der Streitverkündeten ab.
Übersicht
Im Kern des vorliegenden Falles geht es um eine Auseinandersetzung zwischen den Klägern, die Eigentümer eines Hausgrundstücks sind, und den Beklagten, die Räumlichkeiten in dem besagten Haus innehatten. Die Kläger fordern von den Beklagten eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 13.354,14 Euro nebst Zinsen, da die Beklagten die Räumlichkeiten trotz Ablauf der gesetzten Räumungsfrist am 1.1.2016 weiterhin nutzten. Die rechtliche Herausforderung besteht darin, dass die Beklagten behaupten, ein Mietvertrag habe bestanden, was jedoch vom Gericht als unwirksam betrachtet wird, da die angeblichen Mitvermieter eidesstattlich versichert haben, den Mietvertrag nicht unterzeichnet zu haben.
Streitpunkt: Gültigkeit des Mietvertrags
Die Beklagten argumentieren, dass den Klägern keine Ansprüche zustehen, da sie den frühzeitigen Auszug der Beklagten mutwillig verhindert hätten. Sie behaupten auch, dass die Geltendmachung der Nutzungsentschädigung treuwidrig sei, da die Kläger die Voraussetzungen des § 1160 BGB nicht ordnungsgemäß dargelegt hätten. Die Kläger hingegen verteidigen die Entscheidung des Landgerichts Wiesbaden und behaupten, dass bauliche Mängel bereits bei der Ermittlung des Mietwertes berücksichtigt worden seien.
OLG Frankfurt: Entscheidung zur Nutzungsentschädigung
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschied am 19.09.2023, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt werden, die geforderte Nutzungsentschädigung zu zahlen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Kläger mit Zuschlag gemäß § 90 ZVG Eigentümer des Hausgrundstücks geworden sind und die Beklagten nicht zum Besitz der Räumlichkeiten berechtigt waren. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagten die Größe der Wohnung und die Wohnungskategorie falsch berechnet hatten und dass die tatsächlich am Markt erzielbare Miete aufgrund der angespannten Wohnungsmarktlage höher lag als im Mietspiegel ausgewiesen.
Berufung und Gegenargumente der Beklagten
Weitere wichtige Informationen betreffen die Berufung der Beklagten, die das Urteil des Landgerichts Wiesbaden anfechten wollten. Sie beantragten, die Klage insgesamt kostenpflichtig abzuweisen oder das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Wiesbaden zurückzuverweisen. Die Kläger hingegen beantragten, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Auswirkungen und Fazit des Urteils
Die Auswirkungen des Urteils sind vielfältig. Es bestätigt, dass die Kläger berechtigt sind, eine Nutzungsentschädigung zu fordern, und weist die Argumente der Beklagten zurück. Das Urteil berücksichtigt auch die tatsächliche Nutzung der Räumlichkeiten und Abstellflächen im Keller durch die Beklagten und lehnt eine Minderung der Miete aufgrund von baulichen Mängeln ab.
Das Fazit des Urteils ist, dass die Kläger im Recht sind und die Beklagten zur Zahlung der geforderten Nutzungsentschädigung verpflichtet sind. Das Gericht hat dabei verschiedene Aspekte wie die Größe der Wohnung, die Mietkategorie, die Nutzung der Abstellflächen im Keller und die rechtliche Grundlage für die Forderung der Nutzungsentschädigung berücksichtigt.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Was bedeutet der Begriff „Nutzungsentschädigung“ im Mietrecht?
Der Begriff „Nutzungsentschädigung“ im Mietrecht bezieht sich auf eine Entschädigung, die der Mieter dem Vermieter zahlen muss, wenn er die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses weiterhin nutzt und dem Vermieter vorenthält. Dies kann der Fall sein, wenn der Mieter nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht auszieht. Die Nutzungsentschädigung ist als Entschädigung für die weitere Gebrauchsüberlassung zu zahlen und wird für die Dauer der Vorenthaltung fällig.
Die Höhe der Nutzungsentschädigung kann sich nach der ursprünglich vereinbarten Miete richten, kann aber auch anhand der örtlichen Vergleichsmiete berechnet werden. Wenn der Mieter die Wohnung vor Ende des Monats zurückgibt, muss er nur bis zu diesem Datum Nutzungsentschädigung zahlen. Kann der Vermieter jedoch nachweisen, dass ihm durch die verspätete Rückgabe der Wohnung ein konkreter Schaden entstanden ist, kann er diesen als zusätzlichen Schadensersatzanspruch geltend machen.
In Bezug auf die Frage, wie sich mitgenutzte Abstellflächen im Keller auf die Berechnung der Nutzungsentschädigung auswirken, ist zu sagen, dass diese Flächen bei der Schätzung des Nutzungsersatzes berücksichtigt werden sollten. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass zur Wohnung gehörende Abstellflächen die am Markt zu erzielende Miete steigern und daher bei der Bemessung des Nutzungsersatzes berücksichtigt werden müssen. Die Regelungen der Wohnflächenverordnung, die Kellerräume von der Wohnflächenberechnung ausnehmen, sind in diesem Kontext nicht maßgeblich.
Das vorliegende Urteil
OLG Frankfurt – Az.: 9 U 36/21 – Urteil vom 19.09.2023
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.4.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden dahin abgeändert, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt werden, an die Kläger 13.354,14 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2.2.2020 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten sowie die Berufung der Beklagten zu 1) werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner 47 Prozent und die Beklagte zu 1) 53 Prozent zu tragen.
Das vorliegende und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherungsleistung in Höhe von 110% des aus beiden Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf insgesamt 28.715,99 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um eine Nutzungsentschädigung im Zusammenhang mit der Teilungsversteigerung eines vormals von den Beklagten bewohnten Hausgrundstücks.
Der Beklagte zu 2), sein Bruder sowie seine Schwester – die Nebenintervenientin – waren je zu 1/3 Miteigentümer des mit einem Dreifamilienhaus bebauten Grundstücks Straße1 in Stadt1 (Stadtteil1). Der Beklagte zu 2) bewohnte dort gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Beklagten zu 1), die Wohnung im Dachgeschoss. Beide nutzten außerdem Teile des Kellers und die Garage alleine. Das Haus wurde teilungsversteigert. Im Rahmen des Versteigerungsverfahrens erstattete der Sachverständige A ein Verkehrswertgutachten zum Bewertungsstichtag 1.7.2014, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird (Anlage K6 zur Klageschrift, Anlagenband). Darin heißt es unter anderem, ein Zutritt zu der Wohnung im Dachgeschoss habe nicht erwirkt werden können. Die Liegenschaft befinde sich in gehobener Wohnlage im Bezirk1. Der Balkon der Dachgeschosswohnung sei sanierungsbedürftig. Er weise massive Feuchtigkeits- und Armierungsschäden auf. Eine Betonsanierung oder Rückbau werde notwendig werden. Die Wohnfläche der Dachgeschosswohnung betrage ca. 79 qm. Die Gesamtwohnfläche betrag 245 qm. Es sei eine Miete von 10 Euro/qm für die Dachgeschosswohnung anzusetzen. Die marktübliche Miete liege im Bewertungszeitpunkt über den im Mietspiegel verzeichneten Werten.
Die Kläger erhielten am 20.11.2015 den Zuschlag für das Hausgrundstück. Die Mieterin der Wohnung im Erdgeschoss zog am 31.12.2015 aus. Die Wohnung im ersten Stock stand leer. Die Kläger forderten die Beklagten zur Räumung bis zum 31.12.2015 auf. Die Beklagten wiesen das Räumungsverlangen unter Verweis auf einen angeblich im Jahr 2005 abgeschlossenen Mietvertrag zurück. Ihr Antrag auf einstweilige Zwangsvollstreckung (Zwangsräumung) vom 2.5.2016 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Stadt1 vom 24.5.2016 rechtskräftig zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es in dem Beschluss unter anderem, der vorgelegte Mietvertrag sei als Scheingeschäft unwirksam; die Geschwister des Beklagten und angeblichen Mitvermieter hätten eidesstattlich versichert, den Mietvertrag nicht unterzeichnet zu haben (Anlage K 4 zur Klageschrift). Die Beklagten räumten die von ihnen innegehaltenen Räumlichkeiten und Flächen erst am 20.1.2017. Die Kläger beanspruchen deshalb mit ihrer Klage Nutzungsentschädigung für den Zeitraum vom 1.1.2016 bis zum 20.1.2017.
Gegenstand der Klage sind außerdem Ansprüche im Zusammenhang mit einer unverzinslichen Briefgrundschuld über nominal 170.000 DM (= 86.919,62 Euro) nebst Zinsen, die im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs in dem das Anwesen betreffenden Grundbuch in Abt. III unter laufender Nummer 4 verzeichnet war. Ausweislich des Eintragung im Grundbuch war die Streithelferin Inhaberin dieser Briefgrundschuld. Diese machte die Grundschuld mit anwaltlichem Schreiben vom 15.12.2015 gegenüber den Klägern geltend (Anlage K18 zum Schriftsatz der Kläger vom 27.4.2020, Anlagenband). Am 1.12. 2015 hatte bereits die Beklagte zu 1) dieselbe Grundschuld gegenüber den Klägern fällig gestellt und behauptet, die Bank1 habe ihr die Grundschuld im Jahr 2000 abgetreten (Schreiben vom 1.12.2005, Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 52.d.A.). Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.12.2015 bot der Prozessbevollmächtige der Kläger der Beklagten die Notarabwicklung unter gleichzeitiger Vorlage aller für die Löschung erforderlichen Unterlagen an und legte teilte mit, dass die Streitverkündete ebenfalls Ansprüche aus der Grundschuld erhebe (Bl. 271 d.A.). Mit Mail vom 24.12.2015, auf die verwiesen wird (Anlage K19 zum Schriftsatz der Kläger vom 27.4.2020, Anlagenband), drohte die Beklagte zu 1) unter anderem den Verkauf dieser in Abt. III Nr. 4 verzeichneten Briefgrundschuld an, wenn die Kläger das Geld nicht in den nächsten Tagen „mit der Maßgabe einer Auszahlung“ an sie hinterlegen oder zahlen würden. Im Gegenzug bot sie (nur) die Vorlage des Originalgrundschuldbriefes und der Löschungsbewilligung an.
Die Kläger hinterlegten mit Blick auf die doppelte Inanspruchnahme sowie wegen der angedrohten Veräußerung der Grundschuld aufgrund ihres Antrages vom 4.1.2016 am 6.1.2016 den Nominalbetrag der Grundschuld bei dem Amtsgericht Stadt1 (Anlage K20 zum Schriftsatz der Kläger vom 27.4.2020, Anlagenband). Am Vortag hatte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Kläger per Mail die Abtretungserklärung betreffend die Abtretung der Grundschuld von der Streitverkündeten an die Bank1 übermittelt. Eine öffentlich beglaubigte Abschrift dieser Abtretung legte die Beklagte indes weder zu diesem Zeitpunkt, noch in den folgenden Jahren vor, und behauptete hierzu bis zum Jahr 2020, diese nicht in Besitz zu haben. Die Streitverkündete gab mit Schreiben vom 30.5.2016 gegenüber der Hinterlegungsstelle den hinterlegten Betrag zu Gunsten der Beklagten frei (Anlagenkonvolut zum Schriftsatz vom 12.6.2020, Anlagenband). Die Beklagte zu 1) wurde daraufhin mit Schreiben der Hinterlegungsstelle vom 5.6.2016 darüber informiert, dass zur Auszahlung des Geldes im Antragstellung und Mitteilung der Bankverbindung gebeten werde und die Beklagte zu 1) zudem nachweisen solle, dass die Löschungsbewilligung und der Grundschuldbrief an die Hinterleger ausgehändigt würden (Anlage K21 zum Schriftsatz der Kläger vom 27.4.2020). Diesem Schreiben kam die Beklagte zu 1) indessen nicht nach. Sie bestritt vielmehr seit Januar 2016 – auch über den Zeitpunkt der Freigabe durch die Streitverkündete hinaus – die Erfüllungswirkung der Hinterlegung und betrieb aus der Briefgrundschuld die Zwangsversteigerung gegen die Kläger. Deren Vollstreckungsgegenklage wurde mit Urteil des Landgerichts Stadt1 vom 29.3.2017, auf das Bezug genommen wird, zurückgewiesen (Anlage B30 zum Schriftsatz der Beklagten vom 9.2.2021, Bl. 269 ff. d.A.).
Ihr Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 765a ZPO hatte vor dem Amtsgericht Stadt1 zunächst Erfolg, wurde allerdings mit Beschluss des Landgerichts Stadt1 vom 26.6.2018 auf die Beschwerde der Beklagten zu 1) zurückgewiesen (Anlage B31 zum Schriftsatz der Beklagten vom 9.2.2021, Bl. 275 ff. d.A.).
Da wegen der Erfolglosigkeit der Vollstreckungsrechtsbehelfe die Versteigerung des Grundstücks drohte, leisteten die Kläger zur Abwendung der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von insgesamt 104.374,42 Euro. Das Amtsgericht Stadt1 zahlte aus dieser Sicherheit am 23.10.2020 den Nominalbetrag der Grundschuld nebst Zinsen, insgesamt 102.245,92 Euro, an die Beklagte zu 1) aus, nachdem sie nun erstmals beglaubigte Abschriften sämtlicher Abtretungserklärungen und Löschungsunterlagen vorgelegt hatte. Die Kläger erhielten 1.052 Euro zurück. Der übrige Betrag wurde mit Verfahrenskosten verrechnet.
Eine Löschung der in Abt. III lfd. Nr. 4 verzeichneten Briefgrundschuld scheiterte in der Folgezeit zunächst weiterhin daran, dass die Abtretungskette nicht in öffentlich beglaubigter Form nachgewiesen wurde (vgl. Anlage K 30 zum Schriftsatz der Kläger vom 1.9.2020, Bl. 163 d.A.). Die Freigabe des ersten Hinterlegungsbetrages erteilte die Beklagte zu 1) am 20.6.2020, nachdem das Amtsgericht Stadt1 sie dazu verurteilt hatte; es wird insoweit auf den Schriftsatz der Beklagten vom 29.7.2020 nebst Anlage B14 Bezug genommen (Bl. 119 ff. d.A.).
Die Kläger haben mit der gegen die Beklagte zu 1) erhobenen Klage u.a. Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem Nominalbetrag der Grundschuld und dem an die Beklagte zu 1) ausgekehrten Betrag begehrt und die Auffassung vertreten, die Beklagte zu 1) habe ihre Legitimation aus der in Abt. III unter lfd. Nr. 4 eingetragenen Grundschuld bis zur Auskehr der Sicherheitsleistung an die Beklagte nicht ordnungsgemäß nachgewiesen, so dass ihnen ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden und die Beklagte zu 1) die an sie ausgekehrten Zinsen ohne Rechtsgrund erhalten habe.
Die Kläger haben – nach einer teilweisen übereinstimmenden Erledigungserklärung – erstinstanzlich zuletzt sinngemäß beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 34.269,65 Euro nebst Zinsen zu zahlen sowie die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie 16.402,80 Euro nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte haben im Wesentlichen behauptet, sie seien aufgrund eines Mietvertrages zum Besitz der Wohnung berechtigt gewesen. Die Wohnung sei nur 62 qm groß. Die geschuldete Miete betrage lediglich 565,56 Euro und sei wegen des Vorliegens von Mietmängeln zusätzlich um 25 Prozent zu mindern. Die Erstattung von Nebenkosten sei nicht geschuldet; Ansprüche seien verjährt.
Die Beklagte zu 1) hat durchweg die Auffassung vertreten, sie sei nicht verpflichtet gewesen, eine beglaubigte Abschrift der Abtretungserklärung beizubringen. Die Beklagte zu 1) hat außerdem die Aufrechnung mit Zinsen aus dem Grundschuldbetrag der in Abteilung III unter laufender Nummer 5 verzeichneten Grundschuld erklärt.
Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zu Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 13.389,69 Euro nebst Zinsen sowie die Beklagte zu 1) zur Zahlung von 15.326,30 Euro nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen – insoweit rechtskräftig – abgewiesen. Soweit für das Berufungsverfahren relevant, hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, den Klägern stehe eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 11.127,80 Euro gemäß §§ 987, 990 BGB zu (LGU Bl. 12 Mitte). Die Kläger seien mit Zuschlag Eigentümer geworden, die Beklagten seien bis zur Räumung Besitzer gewesen. Auf ein Recht zum Besitz könnten sie sich nicht berufen. Bei dem schriftlichen Mietvertrag handele es sich um ein Scheingeschäft; auf eine mündliche Abrede könnten sie sich nicht berufen, weil sie hierzu eine konkrete Darlegung schuldig geblieben seien. Aus den von ihnen vorgelegten Einzahlungsbelegen lasse sich nicht auf einen konkreten Mietvertrag schließen, zumal die Zahlungen zum Teil auf ihr eigenes Konto geflossen seien. Die Beklagten seien wegen der Kenntnis von dem Zuschlag bösgläubig gewesen, § 990 BGB.
Den Klägern stehe damit für die Dauer von 12 Monaten und 20 Tagen eine Nutzungsentschädigung entsprechend der Kaltmiete in Höhe von 880 Euro zu. Hierbei hätten die Kläger zu Recht eine Wohnfläche von 79 qm zugrunde gelegt. Diese ergebe sich aus dem Verkehrswertgutachten, welches im Jahr 2014 im Versteigerungsverfahren eingeholt worden sei. Der Sachverständige habe zwar kein Aufmaß nehmen können, weil ihm der Zutritt verweigert worden sei. Er habe sich aber auf Planungsunterlagen bezogen. Die Beklagten könnten sich insoweit nicht auf den von ihnen vorgelegten Plan berufen, weil nicht ersichtlich sei, dass dieser so auch verwirklicht worden sei und dem tatsächlichen Maß der Wohnung im Jahr 2014 entspreche.
Die Höhe der Nutzungsentschädigung sei an den objektiven Mietwert angelehnt, wobei dieser ausweislich des Gutachtens mit 10 Euro pro qm und für die Garage mit 90 Euro pro Monat anzusetzen sei. Soweit das Gutachten aus dem Jahr 2014 stamme, es hier aber um Ansprüche für 2016 und 2017 gehe, sei gerichtsbekannt, dass die Mieten in diesem Zeitraum eher gestiegen seien. Eine Minderung sei nicht in Abzug zu bringen. Ein Minderwert sei nicht substantiiert vorgetragen. Die angebliche Unbenutzbarkeit des Balkons spiegele sich im Sachverständigengutachten wider. Hinsichtlich der behaupteten Mängel an der Heizung sei mangels substantiierten Vortrags kein Abzug gerechtfertigt; dasselbe gelte für den angeblichen Dreck im Treppenhaus.
Insoweit sei überdies die Lärmbelästigung im Besitzzeitraum voraussehbar gewesen.
Die Beklagten müssten auch die Nebenkosten erstatten. Die verbrauchsunabhängigen Kosten beliefen sich insoweit auf 1.636,03 Euro, von denen anteilig nach Fläche 527 Euro von den Beklagten zu tragen seien. Die verbrauchsabhängigen Kosten seien von den Klägern im Einzelnen dargelegt worden, ohne dass die Beklagten diesem Vortrag substantiiert entgegengetreten seien. Diese seien von den Beklagten zu tragen, die die einzigen Verbraucher im relevanten Zeitraum gewesen seien. Die Kläger könnten auch Ersatz der Entsorgungskosten in Höhe von 740,50 Euro verlangen, weil die Beklagten ausweislich der vorgelegten Lichtbilder Hausrat zurückgelassen hätten. § 548 BGB sei nicht anwendbar; eine Verjährung scheide aus.
Insgesamt stehe den Klägern gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch über 14.312,85 Euro zu.
Gegen diesen Anspruch habe die Beklagte zu 1) mit einem Anspruch in Höhe von 923,16 Euro Zinsen aus der Grundschuld zu Abteilung III/5 aufgerechnet. Es verbliebe eine Forderung von 13.389,69 Euro Den Klägern stehe außerdem gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch auf Zahlung von 15.326,30 Euro gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB zu. Soweit das Amtsgericht der Beklagten zu 1) den Differenzbetrag zwischen dem Nominalbetrag der Grundschuld und dem hinterlegten Betrag ausgekehrt habe, sei sie ungerechtfertigt bereichert, weil sie keinen Anspruch auf Zinsen gehabt habe. Den Klägern habe ein Zurückbehaltungsrecht gemäß §§ 1192, 1144, 1160 BGB zugestanden, solange die Beklagte zu 1) nicht sämtliche Unterlagen, die zur Löschung der Grundschuld erforderlich waren, in beglaubigter Form vorgelegt habe. Hierzu hätten nach § 1155 BGB auch die Abtretungsurkunden in beglaubigter Form gehört. Vorher habe gemäß §§ 273, 274 BGB ein Zurückbehaltungsrecht bestanden. Dieses hätten die Kläger auch geltend gemacht.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das am 27.4.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Stadt1 Bezug genommen (Bl. 376 ff. d.A.).
Die Beklagten wenden sich gegen dieses Urteil mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlich gehaltenen Vortrages machen sie im Wesentlichen geltend, den Klägern stünden bereits deshalb keinerlei Ansprüche zu, weil sie den möglichen und mehrfach angebotenen frühzeitigen Auszug der Beklagten aufgrund ihres mutwilligen und kollusiven Zusammenwirkens mit der Streitverkündeten verteiltet hätten. Die Beklagten hätten bereits im Februar 2016 ein Haus erworben. Zur Zahlung des Kaufpreises hätten sie die Beträge aus den Grundschulden benötigt. Nur aufgrund des klägerischen Verhaltens hätten sie nicht frühzeitig umziehen können. Das jetzige Verhalten der Kläger sei rechtsmissbräuchlich. Das Landgericht habe die Beklagten rechtsfehlerhaft zur Zahlung von Nutzungsersatz verurteilt und hierbei gehörswidrig das Beweisangebot der Beklagten zu der streitigen Behauptung, die Wohnfläche betrage 62 qm, übergangen. Dort fehle ein Erker und der zweite Balkon. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft allein das Gutachten aus dem Versteigerungsverfahren zugrunde gelegt, obgleich der Sachverständige die Wohnung nicht aufgemessen und dem Gutachten kein Plan beigelegen habe.
Aus dem von ihnen vorgelegten Plan folge, dass das Wohn- und Schlafzimmer je 17 qm, das Esszimmer 10 qm, der Flur 6 qm, das Bad 4 qm und die Küche 8 qm groß seien. Das Landgericht habe auch den Vortrag zu einer Mietminderung gehörswidrig übergangen. Der hintere Balkon sei unstreitig behördlich gesperrt gewesen.
Deshalb habe die vormalige Mieterin des 1. OG einen Minderungsbetrag von 13,3 Prozent erstritten. Im Garten seien Arbeiten durchgeführt worden. Die Handwerker hätten die Baustelle im Gebäude weder geräumt noch gesäubert. Das Treppenhaus sei verdreckt gewesen. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen, dass die Kläger selbst vorgerichtlich nur eine Nutzungsentschädigung von 700 Euro gefordert hätten. Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Nebenkosten. Die Abrechnung genüge den erheblichen formellen Anforderungen, die im Mietrecht an eine ordnungsgemäße Umlage von Nebenkosten zu stellen seien, jedoch nicht. Die hiesige Abrechnung sei verfristet und überdies seien die Ansprüche verjährt und verwirkt. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der Heizöl-Rechnung aus dem Jahr 2015. Eine Umlage dürfe allenfalls auf der Basis einer Wohnfläche von 62 qm erfolgen.
Soweit die Beklagte zu 1) zur Zahlung von 15.326,30 Euro verurteilt worden sei, habe das Landgericht verkannt, dass bei verzögerter Freigabe eines hinterlegten Geldbetrages der Gläubiger einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen habe (BGH, Urteil vom 12.10.2017 – IX ZR 267/16). Es gebe keine Möglichkeit, Löschungsunterlagen öffentlich beglaubigen zu lassen. Die Abtretungsurkunde der Streitverkündeten sei zeitweilig verschollen gewesen. Die Kläger hätten sich nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen können, weil sie sich die Abtretungskette durch einfache Kontaktaufnahme durch die Streitverkündete hätten bestätigen lassen können. Ein solches sei auch nicht ordnungsgemäß geltend gemacht worden.
Mit Schriftsatz vom 26.8.2021 monieren die Beklagten zudem, dass die im Hinblick auf die Streitverkündete getroffene Kostenentscheidung widersprüchlich war. Die Beklagten hätten nicht die Herausgabe, sondern nur die Beschaffung der verlangten Unterlagen geschuldet. Aus einem Herausgabetitel habe keine Vollstreckung erfolgen können, weil die Beklagte nicht in Besitz einer öffentlich beglaubigten Abtretungsurkunde gewesen sei. Hätte sich dieser Streitpunkt nicht erledigt, hätte die Klage gegen die Beklagten abgewiesen werden müssen. In diesem Zuge müsse von Amts wegen auch die Kostenentscheidung zu Lasten der Streithelferin zu deren Gunsten korrigiert werden, weil die Kosten des erledigten Teils insgesamt den Klägern hätte auferlegt werden müssen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 30.7.2023, Bl. 475 ff. d.A., verwiesen. Mit Schriftsatz ihres neuen Prozessbevollmächtigten vom 25.7.2023, auf den ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 572 ff. d.A.), machen die Beklagten zudem geltend, der Zahlung einer Nutzungsentschädigung stehe ein Anspruch der Beklagten zu 1) gegen die Kläger in gleicher Höhe gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB entgegen, weil es den Beklagten nicht möglich gewesen sei, das gekaufte Haus in Stadt2 fristgerecht zu beziehen. Der ersten Hinterlegung habe die Erfüllungswirkung gefehlt. Die Geltendmachung der Nutzungsentschädigung sei deshalb treuwidrig, weil die Kläger die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts und die Voraussetzungen des § 1160 BGB nicht ordnungsgemäß dargelegt hätten.
Die Beklagten beantragen,
1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Wiesbaden vom 27.4.2021 in der Form des Berichtigungsbeschlusses vom 9.6.2021 die Klage insgesamt kostenpflichtig abzuweisen,
2. hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Wiesbaden zurückzuverweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kläger verteidigen die angefochtene Entscheidung. Sie behaupten im Wesentlichen, die baulichen Mängel seien bei der durch den Sachverständigen im Versteigerungsverfahren erfolgten Ermittlung des Mietwertes bereits berücksichtigt worden. Dies gelte auch für die Sanierungsbedürftigkeit des Balkons in der Dachgeschosswohnung. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungserwiderung vom 25.10.2021, Bl. 499 ff. d.A., verwiesen.
Sie behaupten außerdem, dass ausweislich des von den Beklagten vorgelegten angeblichen Mietvertrages die Nebenkosten mit 1/3 ausgewiesen seien. Darin sei den Beklagten der Ausbau des Dachgeschosses und der Einbau einer Trennwand im Treppenhaus gestattet worden, wodurch sich die Wohnfläche der Dachgeschosswohnung vergrößert habe. Der Balkon sei überdies trotz der Baufälligkeit tatsächlich genutzt worden; soweit Baumängel bestanden hätten, könnten sich die Beklagten darauf nicht berufen, weil der Beklagte zu 2) als vormaliger Miteigentümer den Zustand der Räume zu vertreten habe.
II.
1. Die Berufung der Beklagten gegen die gesamtschuldnerische Verurteilung zur Zahlung von 13.389,69 Euro hat nur in Höhe von 35,55 Euro Erfolg.
a) Zutreffend hat das Landgericht dem Grunde nach einen Anspruch der Kläger gegen die Beklagten auf Wertersatz für die im Zeitraum vom 1.1.2016 bis 20.1.2017 gezogenen Nutzungen wegen der von ihnen innegehaltenen Räumlichkeiten und sonstigen Flächen in Höhe von insgesamt 11.127,80 Euro bejaht. Der Anspruch folgt aus § 987 Abs. 1, § 990 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung bleiben ohne Erfolg.
aa) Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Kläger mit Zuschlag gemäß § 90 ZVG Eigentümer des Hausgrundstücks geworden und waren die Beklagten mit Ablauf der gesetzten Räumungsfrist ab 1.1.2016 nicht zum Besitz der von ihnen innegehaltenen Räumlichkeiten berechtigt, weil sie das Bestehen eines Mietvertrages nicht ausreichend dargelegt haben. Dass diese Würdigung zum fehlenden Besitzrecht rechtsfehlerhaft wäre, ist weder konkret geltend gemacht, noch sonst ersichtlich. Vielmehr greifen die Beklagten die Ausführungen zu dem fehlenden Mietvertrag mit der Berufung nicht an. Das Landgericht hat darüber hinaus festgestellt, dass die Beklagten bis zu ihrer Räumung am 20.1.2017 das (gesamte) Dachgeschoss und Räumlichkeiten im Keller sowie die Garage in Besitz hatten. Diese rechtsfehlerfreien und von den Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen sind nach § 529 ZPO zugrunde zu legen. Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagten wegen der gezogenen Gebrauchsvorteile an diesen Räumlichkeiten zum Wertersatz verpflichtet sind, der sich in der Regel an dem Mietwert ausrichtet (BGH, Urteil vom 12. 8. 2009 – XII ZR 76/08 -, Rn 24; J. Schmidt in: Erman BGB, Kommentar, 17. Auflage 2023, § 100 BGB Rn 9).
bb) Der Mietwert der von den Beklagten innegehaltenen Räumlichkeiten ist gemäß § 287ZPO für den Zeitraum vom 1.1.2016 bis 20.1.2017 insgesamt mindestens auf 11.127,80 Euro zu schätzen.
Soweit die Beklagten die erstinstanzliche Schätzung des Mietwertes für die Dachgeschosswohnung angreifen, bleiben ihre Einwände im Ergebnis ohne Erfolg. Die Beklagten wenden sich zwar zu Recht gegen die Würdigung des Landgerichts, wonach die Fläche der Dachgeschosswohnung 79 qm betragen habe. Dieser Rechtsfehler wirkt sich aber nicht aus, weil für die von den Beklagten insgesamt innegehaltenen Flächen gleichwohl im Ergebnis gemäß § 287 ZPO der vom Landgericht ausgeurteilte Mietwert in Ansatz zu bringen ist.
(1) Es ist für die Wohnung eine Fläche von 75,30 qm zugrunde zu legen.
Die Beklagten rügen insoweit im Ausgangspunkt zu Recht, dass das Landgericht für die Dachgeschosswohnung eine Fläche von 79 qm angenommen hat und damit erhebliches Vorbringen der Beklagten zur Größe der Wohnung übergangen hat. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, die Beklagten hätten der Schätzung in dem als Anlage K5 zur Klageschrift vorgelegten Sachverständigengutachten substantiiert entgegentreten müssen, hat es verkannt, dass die Beklagten mit Hilfe eines von ihnen vorgelegten Grundrisses substantiiert zu der Wohnungsgröße vorgetragen hatten (Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 28.d.A.). Sie waren nicht gehalten, nähere Angaben dazu zu machen, dass dieser Plan umgesetzt wurde. Denn abgesehen davon, dass sich entsprechender Vortrag ihrem Schriftsatz jedenfalls konkludent entnehmen lässt, wäre es Sache der Kläger als Anspruchssteller gewesen, diesem Vortrag ihrerseits substantiiert entgegenzutreten und darzulegen, dass und warum der vorgelegte Plan nicht der Realität entsprach. Dies war ihnen spätestens nach Auszug der Beklagten unschwer möglich, denn sie hatten zu diesem Zeitpunkt selbst unmittelbaren Besitz an den in ihrem Eigentum stehenden Räumlichkeiten erlangt und konnten deshalb die vorgefundenen Räume mit dem Grundriss abgleichen. Die Ausführungen in dem anlässlich der Versteigerung eingeholten Gutachten waren nicht ausreichend, um den von den Beklagten vorgelegten Plan zu entkräften, weil der Sachverständige die Wohnung nicht besichtigt und nicht aufgemessen hat. In zweiter Instanz ist zudem der von den Beklagten mittels des Plans behauptete Zuschnitt der Räumlichkeiten in weiten Teilen dadurch unstreitig geworden, dass die Kläger mit Schriftsatz vom 21.8.2023 selbst einen Plan vorgelegt haben, der hinsichtlich der Anordnung der Wände, Fenster etc. dem von den Beklagten vorgelegten Plan weitgehend entspricht.
Anders als die Beklagten schriftsätzlich behauptet hatten, folgt aus dem von ihnen vorgelegten Plan (Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 28.d.A.) allerdings nicht, dass die Wohnung – wie von ihnen behauptet – nur 62 qm groß gewesen wäre. Aus dem Plan lassen sich vielmehr folgende Flächen ablesen, wobei es sich bei den Spalten zwei und drei der nachstehenden Tabelle jeweils um Länge und Breite in Metern handelt und bei den Werten in Spalte vier um das jeweilige Produkt in Quadratmetern:
Die schriftsätzlich sowohl in erster Instanz von den Beklagten behaupteten Werte weichen hiervon unter anderem deshalb erheblich ab, weil die Beklagten deutlich zu ihren Gunsten gerundet und das WC bei ihrer Berechnung außer Acht gelassen hatten, wie die in der fünften Spalte ausgewiesene Summe von 66,49 qm zeigt. Insoweit dürfte allerdings nicht zweifelhaft sein, dass das WC bei der Bemessung des Mietwerts zu berücksichtigen ist. Die weitere Abweichung resultiert daraus, dass die Beklagten auch den Balkon nicht – noch nicht einmal, wie geboten, anteilig mit 50 Prozent – mitberechnet hatten, womit sie sich allerdings in Widerspruch zu ihrem eigenen Parteivortrag setzen, da sie aus der Baufälligkeit des Balkons andererseits eine erhebliche Mietminderung heranziehen und zudem unstreitig ist, dass es einen (wenn auch baufälligen) Balkon an der Südseite des Dachgeschosses gab. Insoweit haben die Kläger allerdings zudem substantiiert unter Vorlage von Lichtbildern dargelegt, dass die Beklagten den Balkon während der Mietzeit genutzt haben.
Dieser Vortrag ist im Berufungsverfahren zu berücksichtigen, da er unstreitig ist. Denn die Lichtbilder sind im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung ausdrücklich erörtert und als Anlage zum Protokoll genommen worden, ohne dass der Beklagtenvertreter dem Klägervortrag entgegengetreten wäre. Dieser hat zudem auf Nachfrage bestätigt, dass ihm vor dem Termin die Lichtbilder bereits schriftsätzlich zugegangen waren. Dasselbe gilt für den im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung erörterten klägerischen Vortrag, wonach die im Dachgeschoss vorhandene, im Plan der Beklagten als „Kammer“ bezeichnete Räumlichkeit während des hier relevanten Zeitraums den Beklagten zur alleinigen Nutzung zur Verfügung gestanden hat. Diese war in der „Wohnflächenberechnung“ der Beklagten nicht aufgelistet, ist aber auf der Grundlage des nicht (substantiiert) bestrittenen Klägervortrages der Wohnfläche der Dachgeschosswohnung zuzuschlagen.
Insgesamt sind – bei hälftigem Ansatz der Balkonfläche – damit 75,3 qm als Fläche für die Dachgeschosswohnung anzusetzen. Für den streitigen Vortrag, es habe sich um 79 qm gehandelt, sind die beweisbelasteten Kläger beweisfällig geblieben, weil sie trotz des in der Verhandlung über die Berufung erteilten Hinweis keinen Beweis angetreten haben.
(2) Trotz dieser Abweichung in der Fläche schätzt das Gericht den objektiven Mietwert für sämtliche, von den Beklagten im relevanten Zeitraum genutzten Räumlichkeiten einschließlich Garage gemäß § 287 ZPO mindestens auf den vom Landgericht zuerkannten Betrag in Höhe von insgesamt 11.127,80 Euro, wovon 90 Euro/Monat auf die Garage entfallen und (mindestens) 790 Euro/Monat auf die sonstigen Räumlichkeiten (Wohnung und Nebenräume).
Die landgerichtliche Schätzung des Mietwerts für die Garage in Höhe von 90 Euro/Monat greifen die Beklagten mit der Berufung nicht an. Rechtsfehler sind auch nicht ersichtlich.
Die Basis der weitergehenden Schätzung liegt zunächst in der Bewertung des Sachverständigen A (Anlage K6 zur Klageschrift), der zum 1.7.2014 einen Mietwert von 10 Euro/qm Wohnfläche für die Dachgeschosswohnung ausgewiesen hat. Die Beklagten greifen diese Bewertung vergeblich an. Soweit sie den Stadt1er Mietspiegel heranziehen, wenden sie bereits eklatant falsche Bewertungskriterien an, da sie infolge der zu ihren Gunsten vorgenommenen erheblichen Abrundungen und Aussparungen bei der Flächenermittlung zu einer anderen Wohnungskategorie gelangen (Wohnungen kleiner als 65 qm), für die andere Mieten ausgewiesen sind. Sie verkennen außerdem, dass ausweislich der zutreffenden Würdigung des Sachverständigen die tatsächlich am Markt erzielbare Miete bereits zum Bewertungsstichtag angesichts der überaus angespannten Wohnungsmarktlage im Stadtgebiet Stadt1, der wachsenden Bevölkerung in Stadt1 und der guten Lage der Wohnung mit sehr guter Verkehrsanbindung deutlich über den im Mietspiegel ausgewiesenen Mieten lag. Dass diese Einschätzung zutreffend war, zeigt auch die Miete für die Wohnung im Erdgeschoss, die im Zeitpunkt der Bewertung auf Basis eines im Jahr 2002 abgeschlossenen Mietvertrages ausweislich des Sachverständigengutachtens bereits eine monatliche Miete von 1.017,47 Euro, also 12,26 Euro/qm warm, einbrachte.
Wie gerichtsbekannt ist und im erstinstanzlichen Urteil ebenfalls festgehalten wurde, sind die Mieten in Stadt1 seit 1.7.2014 bis zum hier maßgeblichen Zeitraum (1.1.2016 – 20.1.2017) insbesondere für größere Wohnungen in – wie hier – guter Lage weiter deutlich gestiegen, so dass der Mietwert der Wohnung bereits deshalb im hier relevanten Zeitraum auf deutlich mehr als 10 Euro/qm zu schätzen ist.
Bei der Schätzung des Mietwerts ist außerdem erhöhend zu berücksichtigen, dass die Beklagten neben der Wohnung unstreitig auch Kellerräumlichkeiten genutzt haben, etwa der Kellerraum, durch den der Zugang in den Garten erfolgte. Auch wenn diese Räumlichkeiten gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1a) der Wohnflächenverordnung nicht in die Bemessung der Wohnfläche einzubeziehen sind, steigern zur Wohnung gehörende Abstellflächen – wie gerichtsbekannt ist – die am Markt zu erzielende Miete.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände schätzt das Gericht den Mietwert für die hiesige Wohnung auf wenigstens 10,50 Euro/qm im hier relevanten Zeitraum.
(3) Eine Minderung dieser Miete kommt aus den vom Landgericht zutreffend dargestellten Erwägungen nicht in Betracht.
Hinsichtlich des Balkons scheidet eine Minderung aus, weil der Sachverständige sämtliche baulichen Mängel im Wesentlichen bereits bei seiner Bewertung eingepreist hatte und weil die Beklagten den Balkon trotz der Mängel – wie aufgrund der vorgelegten Lichtbilder substantiiert dargelegt und von den Beklagten nicht substantiiert bestritten wurde – während ihrer Besitzzeit weitergenutzt haben, was gegen eine maßgebliche Beeinträchtigung des Gebrauchs spricht. Überdies hat der Beklagte zu 2) als vormaliger Miteigentümer den Zustand des Balkons (mit) zu verantworten und es wäre treuwidrig, hierauf eine Minderung zu stützen.
Hinsichtlich des angeblichen Schmutzes im Treppenhaus verbleibt es bei den Ausführungen im landgerichtlichen Urteil, wonach nicht ersichtlich ist, dass diese dauerhaft ein solches Ausmaß gehabt hätten, dass davon der Mietwert der Wohnung beeinträchtigt gewesen wäre. Eine Beweisaufnahme hierzu war mangels substantiierten Vortrages nicht geboten; denn es ist weder geltend gemacht, noch sonst ersichtlich, dass die Beklagten hierdurch nennenswert in der Nutzungsmöglichkeit der Räumlichkeiten beeinträchtigt gewesen wären, zumal die Bauarbeiten unstreitig nach nur zwei Wochen eingestellt wurden. Zudem haben die Beklagten selbst in anderem Zusammenhang dargelegt, dass ein Zugang zur Erdgeschoss- und Obergeschosswohnung den Klägern „jederzeit möglich“ war (so Seite 4 der Klageerwiderung, Bl. 25 d.A.).
Ihre Behauptung, das Treppenhaus sei wegen des Schmutzes nicht passierbar gewesen, ist vor diesem Hintergrund nicht plausibel. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem als Anlage zur Klageerwiderung vorgelegten Lichtbild (Bl. 43 d.A.), auf denen kleine verschmutzte – aber passierbare – Flächen im Bereich einer Treppenstufe zu sehen sind, weil es sich hierbei um eine nur unerhebliche Beeinträchtigung handelt.
Soweit die Beklagten außerdem schriftsätzlich behauptet hatten, die Kläger hätten „einen großen Teil einer rückwärtigen Außenwand“ herausgerissen (so Klageerwiderung S. 3, Bl. 24 d.A.)., ist im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung unstreitig geworden, dass die Kläger lediglich ein Fenster der Erdgeschosswohnung nach unten erweitert hatten, um so Zutritt zu dem Garten zu erlangen und dort dringend nötige Baumfällarbeiten durchzuführen. Die herausgebrochene Fläche ist nach dem Lichtbild auf lediglich etwas mehr als 1 qm zu schätzen. Eine Beeinträchtigung des Mietgebrauchs der zwei Stockwerke darüber liegenden Wohnung der Beklagten ist trotz Hinweises nicht substantiiert dargelegt worden. Es ist auch nicht vorgetragen, wann die Wand entfernt wurde, so dass der Zeitraum einer etwaigen Minderung nicht dargelegt ist.
Es ist überdies auch nicht konkret vorgetragen, dass und wann die Beklagten die Kläger hinsichtlich der vorgenannten angeblichen Mängel je um Abhilfe ersucht hätten. In den als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Schreiben der Beklagten vom 2.2. und 5.2.2016 wird eine Minderung nur wegen Lärms, nicht wegen angeblicher Verschmutzungen oder einer entfernten Wand geltend angekündigt. Die von den Beklagten als Anlage zur Klageerwiderung vorgelegte Korrespondenz (Bl. 31 ff. d.A.) betrifft ein offenstehendes Fenster in der Wohnung im 1. OG sowie den leeren Heizöltank.
Im Übrigen wird auf die zutreffenden Erwägungen in dem landgerichtlichen Urteil verwiesen.
b) Die Beklagten sind darüber hinaus als Gesamtschuldner auch weitestgehend zum Ersatz der weiteren gezogenen Nutzungen in Form der Betriebskosten der Wohnung verpflichtet. Die mit der Berufung erhobenen Einwände haben nur zu einem geringen Teil Erfolg. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, haben die Beklagten als einzige Verbraucher im relevanten Zeitraum die verbrauchsabhängigen Nebenkosten im Grundsatz voll und die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten anteilig der Wohnfläche zu tragen, weil sie auch insoweit Gebrauchsvorteile (etwa in Form einer ordnungsgemäß gewarteten und daher funktionsfähigen Heizung) erlangt haben und deshalb nach § 987 BGB zum Wertersatz verpflichtet sind. Ein Abzug ist im Hinblick auf die verbrauchsunabhängigen Kosten nur insoweit vorzunehmen, als dass die verbrauchsabhängigen Kosten in Höhe von insgesamt 1.636,03 Euro angesichts der Wohnungsfläche von nur 75,03 qm zu einer Gesamtfläche von nur 241,30 qm ins Verhältnis gesetzt werden müssen. Daraus ergibt sich ein von den Beklagten zu tragender Anteil von 508,71 Euro (statt der erstinstanzlich ausgeurteilten 527,54 Euro).
Ein geringfügiger Abzug ist auch im Hinblick auf die Heizkosten zu machen. Insoweit greift der von den Beklagten geltend gemachte Verjährungseinwand mit Blick auf den im Dezember 2015 erfolgten Ölverbrauch.
Die Lieferung des Öls erfolgte ausweislich des Lieferscheins am 22.12.2015. Zuvor war das Öl leer, wie sich dem in der Akte befindlichen Schriftwechsel entnehmen lässt. Soweit die Beklagten von dem neu gelieferten Öl im Dezember 2015 eine (kleine) Teilmenge verbraucht haben, und die Kläger ihren Wertersatzanspruch erst im Jahr 2019 geltend gemacht haben, ist Verjährung eingetreten. Den betreffenden Heizölanteil schätzt das Gericht auf 2,19 Euro pro Tag, also insgesamt auf 17,52 Euro. Dies entspricht in Anbetracht der von den Klägern geltend gemachten Heizkosten dem ungefähr auf den Zeitraum vom 22.12.-31.12.2015 entfallenden Verbrauch. Die Beklagten können nicht in Abrede stellen, dass von dem am 22.12.2015 in den leeren Tank nachgetankten Heizöl der weit überwiegende Teil erst nach dem 31.12.2015 von ihnen – als einzige Bewohner – verbraucht wurde.
c) Die Kläger haben auch Anspruch auf Ersatz der von ihnen getragenen Entsorgungskosten in Höhe von 740,50 Euro gemäß §§ 683 Satz 1, 677 BGB. Indem die Kläger die zurückgelassenen Gegenstände der Beklagten entsorgt haben, haben sie deren Räumungspflicht erfüllt und ein (auch) fremdes Geschäft besorgt. Da die Beklagten ohne eine vollständige Räumung auch über den 20.1.2017 hinaus zum Ersatz von Nutzungsentschädigung verpflichtet gewesen wären, lag die Geschäftsführung in deren objektivem Interesse.
Der Zustand der Räumlichkeiten sowie Art und Ausmaß der von den Beklagten zurückgelassenen Gegenstände sind durch die als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Lichtbilder eindrücklich belegt und die aufgewendeten Kosten nachgewiesen.
Nach alledem ergibt sich unter Berücksichtigung der – gemäß § 322 Abs. 2 ZPO rechtskräftig zuerkannten – Aufrechnungsforderung der Beklagten in Höhe von 923,16 Euro gemäß der nachstehenden Berechnung eine begründete Gesamtforderung der Kläger gegenüber beiden Beklagten in Höhe von 13.354,14 Euro und insoweit ein Teilerfolg der Berufung in Höhe eines Teilbetrages von 35,55 Euro:
d) Die weitergehenden Einwände der Beklagten bleiben erfolglos. Die Klageforderung ist – mit Ausnahme des geringen Anteils der Heizkosten – nicht verjährt. Ihre Zahlungsansprüche, zu deren Bezifferung sie erst nach Räumung der Beklagten in der Lage waren, haben die Kläger mit der am 23.12.2019 bei Gericht eingegangenen und am 1.2.2020 zugestellten Klage rechtzeitig geltend gemacht. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, unterliegen die hiesigen Ansprüche der regelmäßigen Verjährung. Mietrechtliche Sondervorschriften finden keine Anwendung, weil das Landgericht von den Beklagten unangegriffen ausgeführt hat, dass ein Mietverhältnis niemals bestanden hat. Dies gilt auch für die Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 BGB und die an eine mietrechtliche Nebenkostenabrechnung zu stellenden formalen Anforderungen, so dass es nicht darauf ankommt, ob die Kläger die Betriebskosten gemessen an mietrechtlichen Vorgaben ordnungsgemäß berechnet hätten. Die hiesige Abrechnung im Prozess ist jedenfalls hinreichend nachvollziehbar. Die Ansprüche der Kläger sind auch nicht verwirkt; weder Zeitmoment, noch Umstandsmoment sind ersichtlich. Die Beklagten wenden auch ohne Erfolg ein, dass die Klage deshalb rechtsmissbräuchlich wäre, weil die Kläger verspätet auf die Grundschulden geleistet hätten und dadurch einen früheren Auszug vereitelt hätten. Angesichts dessen, dass die Beklagte zu 1) entgegen § 1155 BGB trotz Anforderung die Abtretungskette nicht in öffentlich beglaubigter Form zunächst nicht nachgewiesen hat, sondern dies erst im Jahr 2020 nachgeholt hat, hat sie es selbst zu verantworten, dass sich die Zahlungen auf die Grundschuld verzögert haben. Für ein kollusives Zusammenwirken mit der Streitverkündeten fehlt es überdies an jeglichen Anhaltspunkten. Es wäre den Beklagten im Übrigen unbenommen gewesen, sich übergangsweise um anderweitigen Wohnraum – ggf. auch zur Miete – zu bemühen, um den hiesigen Anspruch auf Nutzungsersatz abzuwenden und die Zeit bis zur Bezugsfertigkeit ihrer eigenen Immobilie zu überbrücken.
Es wird im Übrigen – auch wegen der zuerkannten Zinsforderung – auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.
2. Die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 15.326,30 Euro bleibt erfolglos. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte zu 1) in dieser Höhe aufgrund der an sie ausgekehrten Zinsen auf die Briefgrundschuld gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB auf Kosten der Kläger einen Vermögensvorteil erlangt hat, ohne dass sie im Verhältnis zu den Klägern hierzu einen Rechtsgrund zum Behaltendürfen gehabt hätte. Denn wie richtig vom Landgericht ausgeführt wurde, hatte die Beklagte keinen fälligen Anspruch auf die an sie ausgekehrten Zinsen.
Ein solcher Anspruch ergab sich zunächst nicht aus § 1191 Abs. 2 BGB, § 1192 Abs. 1, § 1147 BGB. Ein Grundstück kann zwar gemäß § 1191 Abs. 2 BGB auch in der Weise belastet werden, dass neben der aus dem Grundstück zu zahlenden Geldsumme dingliche Zinsen von der Geldsumme sowie andere Nebenleistungen zu entrichten sind. Eine dahingehende Belastung mit einer abstrakten wiederkehrenden Zinsverpflichtung (vgl. BGH, Urteil vom 21.10.2016 – V ZR 230/15, WM 2016, 2381, 2383; BGH, Urteil vom 9. 11.1995 – IX ZR 179/94, NJW 1996, 253, 256) entsteht allerdings nur, wenn dies zwischen dem Eigentümer und dem Inhaber des Grundpfandrechts vereinbart wird und sich diese Eintragung im Grundbuch niederschlägt (§ 1115 I, § 1192 II, vgl. Erman/Wenzel, BGB, a.a.O. § 1191 Rn. 118). Dies war hier nicht der Fall. Ausweislich der als Anlage K26 vorgelegten Bestellungsurkunde vom 7.7.1992 hat der Beklagte zu 2) als vormaliger Eigentümer seinen 1/3-Anteil zu Gunsten der Streitverkündeten nämlich ausdrücklich mit einer unverzinslichen Grundschuld mit Brief belastet; in dieser Weise ist die Briefgrundschuld auch eingetragen worden.
Da zudem weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich ist, dass die Briefgrundschuld als Sicherungsgrundschuld fungiert hat, bestand auch kein Zinsanspruch entsprechend §§ 1191, 1192 i.V.m. einem etwaigen Sicherungsvertrag oder i.V.m. § 1118 BGB analog.
Ein Zinsanspruch der Beklagten hätte sich deshalb nur gemäß § 1192 Abs. 1 i.V.m. § 1146 BGB ergeben können, wenn und soweit die Kläger sich mit der Erfüllung des dinglichen Zahlungsanspruchs gemäß §§ 1191, 1192, 1147 BGB gemäß § 286 BGB in Verzug befunden hätten. Dies war allerdings nicht der Fall. Denn den Klägern stand gemäß § 1144 BGB i.V.m. § 1191, 1192 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 273, 274 BGB ein Zurückbehaltungsrecht zu, solange die Beklagte zu 1) ihre Legitimation aus der an sie abgetretenen Briefgrundschuld nicht durch eine lückenlose Kette öffentlich beglaubigter Abtretungserklärungen nachgewiesen und den Klägern sämtliche zur Löschung der Briefgrundschuld erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat.
Die Regelung in § 1144 BGB gewährt dem Eigentümer nicht nur einen Anspruch auf Aushändigung der für die Löschung erforderlichen Unterlagen für den Fall der Befriedigung, sondern daneben in Verbindung mit §§ 273, 274 BGB das Recht, seine Leistung bis zur Aushändigung der zur Löschung der Hypothek erforderlichen Unterlagen zurückzubehalten (RG, Urteil vom 27.6.1903 – V ZR 76/03, RGZ 55, 224, 226 ff.; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, § 1144 Rn 25; MünchKommBGB-Lieder, 9. Aufl. 2023, § 1144 Rn 17). Die Regelung des § 1144 BGB ist auf die Grundschuld entsprechend anwendbar (BGH, Urteil vom 25. April 1988 – II ZR 17/87 -, Rn 11 ff.). Zu den nach § 1144 BGB geschuldeten Urkunden zählt gemäß §§ 1192 Abs. 1, 1155 BGB i.V.m. § 29 GBO im Falle der Abtretung einer Briefgrundschuld auch die öffentlich beglaubigte Abtretungsvereinbarung (Erman/Wenzel, a.a.O., § 1144 Rn. 10; MünchKommBGB-Lieder, a.a.O. Rn 16 mit Verweis auf § 1155 BGB; Grüneberg/Herrler, BGB, 82. Aufl. 2023, § 1144 Rn 7 mit Verweis auf § 1155 BGB).
Da § 1144 BGB nicht nur einen Herausgabeanspruch nach Erfüllung, sondern – wie dargestellt – ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Erfüllung beinhaltet, kommt es für die hiesige Beurteilung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, dass das Landgericht Stadt1 mit Urteil vom 29.3.2017, Az. …, die Vollstreckungsgegenklage der Kläger abgewiesen und zur Begründung unter anderem die Auffassung vertreten hat, die Hinterlegung habe keine Erfüllungswirkung entfaltet.
Diese für das Urteil vom 29.3.2017 tragende Erwägung, deren Richtigkeit aufgrund der Regelung in §§ 1192, 1155 BGB angesichts der doppelten Inanspruchnahme der Kläger bezweifelt werden kann, ist gemäß § 322 ZPO nicht in Rechtskraft erwachsen und entfaltet deshalb für das hiesige Verfahren keine präjudizielle Wirkung. Denn bei einer Abweisung der Klage nach § 767 ZPO wird lediglich abgelehnt, einem titulierten Anspruch durch Rechtsgestaltung die Vollstreckbarkeit zu nehmen (BGH, Urteil vom 30. Mai 1960 – II ZR 207/58 = LM ZPO § 322 Nr. 27; BGH, Urteil vom 19.06.1984 – IX ZR 89/83). Streitgegenstand des Rechtsstreits nach § 767 ZPO ist nämlich allein die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Titel. Die gegen den Titel im einzelnen vorgetragenen Einwendungen bilden – mit Ausnahme des Aufrechnungseinwandes (arg. e. § 322 Abs. 2ZPO, BGH, Urteil vom 4.12.2014 – VII ZR 4/13, MDR 2015, 179 Rn 48 m.w.N.) – nicht den Streitgegenstand, sondern allein den im Prozess nach § 767 zu prüfenden Streitstoff (BGH, Urteil vom 19.6.1986 – IX ZR 89/83, BeckRS 2010, 5210 unter II 1. b) bb) m.w.N.; MüchKommZPO-Karsten Schmidt/Brinkmann, § 767 Rn. 41; Musielak/Voit-Lackmann, ZPO, 20. Aufl. 2023 § 767 Rn 10, 20, 46; BeckOK ZPO-Preuß, 49. Edition, Stand 1.7.2023, § 767 Rn 3 „bloße Vorfrage“). Im Übrigen ist der dort erhobene Erfüllungseinwand mit dem hier in Rede stehenden Anspruch aus § 1144 oder dem daraus resultierenden Zurückbehaltungsrecht gemäß §§ 273, 274 BGB nicht identisch.
Ohne Relevanz ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch, dass die öffentlich beglaubigte Abtretungsvereinbarung von der Beklagten zu 1) bis zum Jahr 2020 angeblich nicht vorgelegt werden konnte.
Denn die Beweislast für die Aushändigung der erforderlichen Unterlagen trägt der Gläubiger. Ist ein Hypothekenbrief verschollen, so hat er das Aufgebotsverfahren auf seine Kosten zu betreiben, wenn er nicht nachweisen kann, dass er den Brief bereits dem Eigentümer ausgehändigt hatte (Staudinger/Wolfsteiner (2019), BGB, § 1144 Rn. 4 m.w.N.). Nichts anderes kann für eine (angeblich) verlustig gegangene Abtretungsvereinbarung gelten. Da es sich hierbei um eine Urkunde handelt, die ausschließlich die Legitimation des Grundschuldgläubigers – hier der Beklagten zu 1) – betrifft, hat dieser die Abtretungsvereinbarung auf seine Kosten beizutreiben (MüchKommBGB Lieder, a.a.O. Rn 19; Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch, NK-BGB Band 3 – Zimmer, 5. Aufl. 2022, § 1144 Rn 17; vgl. auch BeckOK-Rohe, 67. Edition, Stand 1.8.2023, § 1144 Rn 6). Der Grundschuldgläubiger ist nämlich auch dann passivlegitimiert, wenn sich die (ggf. nicht duplizierbaren) Dokumente in den Händen Dritter befinden (OLG Schleswig, Urteil vom 3.7.2008 – 5 U 9/08, BeckRS 2008, 21556 unter II. 1. a); Beckonline Großkommentar BGB – Volmer, § 1144 Rn. 14). Die schuldrechtlichen Regelungen über die Unmöglichkeit finden keine Anwendung (vgl. BeckIK BGB – Rohe, 67. Edition, Stand 1.8.2023, § 1144 Rn 4 zum Abhandenkommen eines Grundschuldbriefs).
Die Berufung dringt auch nicht damit durch, dass ein Zurückbehaltungsrecht der Kläger deshalb ausscheide, weil der Umstand der Abtretung als solcher unstreitig gewesen sei und es deshalb eines Nachweises der Abtretungskette im Sinne des § 1155 BGB nicht bedurft habe. Denn Gründe für das Vorlegungsverlangen braucht der Eigentümer nicht zu nennen. Er kann das Verlangen vielmehr auch stellen, wenn er die Aktivlegitimation des Grundpfandgläubigers nicht bestreitet (so bereits RG, Urteil vom 27.6.1903 – V ZR 76/03, RGZ 55, 224, 226 ff.).
Wie das Landgericht ferner zutreffend festgestellt hat, haben die Kläger ab der Inanspruchnahme ihr Zurückbehaltungsrecht auch in ausreichender Form gegenüber der Beklagten zu 1) geltend gemacht. Dass die Kläger bereits im Dezember 2015 vor der Hinterlegung ihre Leistung nur gegen Aushändigung der zur Löschung erforderlichen Urkunden angeboten haben, folgt bereits aus dem von den Beklagten selbst mit Schriftsatz vom 9.2.2021 vorgelegten Urteil des Landgerichts Stadt1, Az. … vom 29.3.2017, Bl. 269 ff. d.A., in welchem das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 31.12.2015 ausdrücklich aufgeführt wurde. Der Umstand, dass die Abtretungskette nicht in öffentlich beglaubigter Form nachgewiesen war und die Frage, wie und auf wessen Kosten Abhilfe geschaffen werden kann, war zudem – unstreitig – nicht nur eine Hauptursache für die Hinterlegung des Schuldbetrages, sondern über Jahre hinweg zwischen den hiesigen Parteien und der Streitverkündeten unstreitig Kern des Konflikts. Insoweit hat die Beklagte zu 1) bis zum Jahr 2020 eine Verpflichtung zur Vorlage der öffentlich-beglaubigten Abtretungserklärung durchweg in Abrede gestellt und die Auffassung vertreten, die Kläger würden überzogene Auszahlungsvoraussetzungen stellen und hierdurch die Auskehr des hinterlegten Betrages an sie vereiteln (vgl. nur Schriftsatz der Beklagten vom 12.6.2020 unter 7a, Bl. 90 d.A.). Diese Auffassung war allerdings nach den oben dargestellten Erwägungen unzutreffend.
Mit Blick auf die Weigerung der Beklagten, die Abtretungskette in öffentlich-beglaubigter Form nachzuweisen und so den Klägern die zur Löschung erforderlichen Unterlagen lückenlos zur Verfügung zu stellen, wäre ein etwaig entstandener Zinsanspruch der Beklagten überdies sogleich gemäß § 301 BGB wieder entfallen. Denn die Weigerung des Gläubigers, die nach § 1144 BGB geschuldeten Unterlagen herauszugeben, führt gemäß § 298 BGB zum Annahmeverzug (Erman/Wenzel, a.a.O., § 1144 Rn. 5; Beck-Online Großkommentar/Volmer, a.a.O. Rn. 28 Jauernig/Berger, BGB, 19. Aufl. 2023, § 1144 Rn. 2; vgl. auch Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch – Zimmer, NK BGB Bd. 3, 5. Aufl. 2022, § 1144 Rn. 3).
Auch die weiteren Einwände der Beklagten greifen nicht durch. Soweit sie „grundsätzlich“ auf eine Verwirkung des klägerischen Zahlungsanspruchs rekurrieren, gilt das oben Gesagte entsprechend. Das Verhalten der Kläger war weder für sich genommen rechtsmissbräuchlich, noch ist vorgetragen oder ersichtlich, woraus sich Anhaltspunkte für ein kollusives Zusammenwirken mit der Streitverkündeten ergeben sollten. Auch der Verweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.4.2006, Az. XI ZR 271/05, BGHZ 169, 268 ff. geht fehl. Denn es haben nicht die Kläger einen hinterlegten Betrag verspätet freigegeben, sondern die Beklagte zu 1) hat die Vorlage erforderlicher und geschuldeter Unterlagen aus Gründen, die sich aus der Akte nicht erklären und von ihr auch mit der Berufung nicht plausibel dargelegt wurden, bis zum Jahr 2020 verzögert.
Es wird im Übrigen auf die zutreffenden Erwägungen in dem landgerichtlichen Urteil verwiesen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 i.V.m. § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Eine Korrektur der Kostenentscheidung im Hinblick auf den erstinstanzlich für erledigt erklärten Herausgabeanspruch war nicht geboten. Wie bereits dargestellt, ergab sich ein entsprechender Anspruch aus § 1144 BGB. Dieser wäre angesichts der Beschaffungspflicht der Beklagten zu 1) auch als Herausgabeanspruch erfolgreich gewesen, s.o. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte zu 1) die öffentlich-beglaubigte Abtretungserklärung schlussendlich vorlegen konnte und diese im für die Kostenentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses mithin auch in Besitz hatte. Eine Korrektur der Kostenentscheidung zu Gunsten der Streitverkündeten war ebenfalls nicht geboten. Die Streitverkündete hat sich am Berufungsverfahren ausdrücklich nicht beteiligen wollen. Die Beklagten waren durch eine die Streitverkündete benachteiligende Kostenentscheidung indes nicht beschwert.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 709S. 1 und 2 ZPO. Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorlagen.
5. Die Festsetzung des Streitwerts basiert auf der Beschwer der Beklagten (Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner zu Zahlung von 13.389,69 Euro sowie Verurteilung der Beklagten zu 1) aus einem anderen Streitgegenstand zur Zahlung von 15.362,30 Euro).