Beschluss zur Kostenübernahme für Dachterrasse nichtig
Das Landgericht Itzehoe entschied mit Urteil vom 12.05.2023 (Az.: 11 S 14/22), dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 20.08.2020 bezüglich der Kostenübernahme für Sanierungsarbeiten an der Dachterrasse nichtig ist. Dieser Beschluss widersprach der Teilungserklärung, welche die Kostentragungspflicht eindeutig den einzelnen Wohnungseigentümern zuordnete. Die Entscheidung hebt das vorherige Urteil des Amtsgerichts Niebüll auf und bestätigt, dass die Gemeinschaft nicht für Kosten aufkommen muss, die nach der Teilungserklärung individuell zu tragen sind.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Der Beschluss der Eigentümerversammlung bezüglich der Kostenübernahme für Sanierungsarbeiten an der Dachterrasse ist nichtig.
- Die Teilungserklärung weist die Kostentragungspflicht explizit den einzelnen Wohnungseigentümern zu.
- Änderungen in der Kostenübernahme bedürfen der eindeutigen Regelung in der Teilungserklärung oder der Zustimmung aller Eigentümer.
- Die Beschlussfassung widersprach der Teilungserklärung und fehlte die Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft.
- Die Klage der Eigentümerin gegen den Beschluss war erfolgreich und führte zur Änderung des erstinstanzlichen Urteils.
- Das Urteil betont die Unabhängigkeit der Gerichtsentscheidung von der tatsächlichen Beauftragung und Bezahlung der Arbeiten.
- Rechtsprechung und Literatur zeigen unterschiedliche Ansichten bezüglich der Erhaltungszuständigkeit und Kostentragung.
- Das Gericht stellt klar, dass nichtige Beschlüsse keine Grundlage für die Übernahme von Kosten durch die Gemeinschaft bieten.
Übersicht
- Beschluss zur Kostenübernahme für Dachterrasse nichtig
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Beschlussänderung bei Wohnungseigentümergemeinschaften: Rechtliche Fallstricke und Konsequenzen
- Nichtigkeit eines WEG-Beschlusses als Kern des Streits
- Rechtliche Rahmenbedingungen und die Rolle der Teilungserklärung
- Gerichtsentscheidung untermauert die Bedeutung der Teilungserklärung
- Schlüsselaspekte für die Praxis der WEG-Verwaltung
- ✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Beschlussänderung bei Wohnungseigentümergemeinschaften: Rechtliche Fallstricke und Konsequenzen
Die Kostenlast innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist ein komplexes Thema, das eng mit der Teilungserklärung und dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) verknüpft ist. Änderungen an der Kostenverteilung können rechtliche Folgen nach sich ziehen, insbesondere wenn sie im Widerspruch zur Teilungserklärung stehen.
Beschlüsse der Eigentümerversammlung, die ohne die erforderliche Beschlusskompetenz gefasst werden, sind unwirksam. Dies betrifft vor allem Änderungen der Kostenverteilung, die in der Teilungserklärung festgelegt sind. Eine Änderung dieser Verteilungsschlüssel ohne eindeutige Zustimmung aller betroffenen Parteien oder ohne die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben ist nichtig.
Bei der strittigen Eigentümerversammlung entschieden die Wohnungseigentümer über die Kostenübernahme für Sanierungsarbeiten an der Dachterrasse einer Einheit aus der Instandhaltungsrücklage der Gemeinschaft. Diese Entscheidung führte zu einem Rechtsstreit, da sie der Teilungserklärung widersprach, laut der solche Kosten vom jeweiligen Eigentümer zu tragen sind.
Nichtigkeit eines WEG-Beschlusses als Kern des Streits
Im Zentrum des Falls stand die Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft berechtigt war, über die Verwendung der Instandhaltungsrücklage zu entscheiden, insbesondere für Arbeiten, die aufgrund eines Wasserschadens in einer spezifischen Einheit notwendig wurden. Die Arbeiten betrafen sowohl das Sondereigentum der klagenden Partei als auch die Sanierung der darüber liegenden Dachterrasse, die zuvor den Beklagten gehörte. Laut Teilungserklärung sind jedoch Einrichtungen und Anlagen, die ausschließlich einem Sondereigentum dienen, von diesem Eigentümer instand zu halten.
Rechtliche Rahmenbedingungen und die Rolle der Teilungserklärung
Die Teilungserklärung definiert, dass alle Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die einem ausschließlichen Gebrauch dienen, vom jeweiligen Eigentümer instand gehalten werden müssen. Diese klare Zuweisung der Verantwortung wurde durch den Beschluss der Eigentümerversammlung untergraben, was die rechtliche Herausforderung in diesem Fall darstellte. Die Durchführung der Arbeiten und die Entscheidung über die Kostenverteilung stellten einen direkten Verstoß gegen die Teilungserklärung dar, was das Gericht schließlich zur Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses veranlasste.
Gerichtsentscheidung untermauert die Bedeutung der Teilungserklärung
Das Landgericht Itzehoe hob in seinem Urteil hervor, dass der angefochtene Beschluss der Eigentümerversammlung nichtig ist, da er der Teilungserklärung widersprach und die Wohnungseigentümergemeinschaft keine Beschlusskompetenz für diese Art der Kostenübernahme hatte. Die Entscheidung betont die verbindliche Natur der Teilungserklärung und stellt klar, dass jegliche Abweichungen von dieser ohne die Zustimmung aller betroffenen Parteien unzulässig sind.
Schlüsselaspekte für die Praxis der WEG-Verwaltung
Dieser Fall unterstreicht die Notwendigkeit für Wohnungseigentümergemeinschaften, die Bestimmungen ihrer Teilungserklärungen genau zu kennen und zu befolgen. Er zeigt auf, dass Beschlüsse, die ohne entsprechende Kompetenz gefasst werden, nichtig sind und somit keine Rechtsgrundlage für die Umsetzung von Maßnahmen bieten. Für die Praxis bedeutet dies, dass vor der Beschlussfassung über größere Maßnahmen eine genaue Prüfung der Teilungserklärung und der rechtlichen Zuständigkeiten erfolgen muss.
Das Urteil des Landgerichts Itzehoe stärkt die Position der Teilungserklärung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaften und dient als wichtige Erinnerung an die Notwendigkeit, sich an die vertraglichen Vereinbarungen zu halten.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Welche Rolle spielt die Teilungserklärung in der Verwaltung des Wohnungseigentums?
Die Teilungserklärung ist ein zentrales Dokument im deutschen Wohnungseigentumsrecht und spielt eine entscheidende Rolle bei der Verwaltung von Wohnungseigentum. Sie wird gemäß § 8 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) erstellt und ins Grundbuch eingetragen, wodurch sie für die Wohnungseigentümer verbindlich wird.
Begründung von Wohnungseigentum
Die Teilungserklärung begründet das Wohnungseigentum, indem sie das Eigentum an einem Grundstück in Miteigentumsanteile aufteilt und jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung zuordnet.
Aufteilungsplan
Ein wesentlicher Bestandteil der Teilungserklärung ist der Aufteilungsplan, der eine bauzeichnerische Darstellung der Immobilie beinhaltet und die Abgeschlossenheit der einzelnen Einheiten bescheinigt. Dieser Plan ist Voraussetzung für die Eintragung von Wohnungseigentum im Grundbuch.
Sondernutzungsrechte
In der Teilungserklärung können auch Sondernutzungsrechte begründet werden, die einem Wohnungseigentümer das exklusive Nutzungsrecht an bestimmten Teilen des Gemeinschaftseigentums einräumen, wie zum Beispiel Gartenflächen oder Stellplätze.
Gemeinschaftsordnung und Hausordnung
Häufig enthält die Teilungserklärung neben der formellen Aufteilung auch eine Gemeinschaftsordnung, die das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander regelt und Bestimmungen zur Hausordnung oder zur Bestellung des ersten Verwalters treffen kann.
Verwaltung des Gemeinschaftseigentums
Die Teilungserklärung definiert das Verhältnis zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum und legt fest, welche Teile der Immobilie allen Eigentümern gemeinschaftlich gehören. Dies ist entscheidend für die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums und die Verteilung von Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung.
Änderungen der Teilungserklärung
Änderungen an der Teilungserklärung bedürfen der Zustimmung aller Wohnungseigentümer und müssen notariell beurkundet sowie im Grundbuch eingetragen werden, um Rechtsnachfolgern gegenüber wirksam zu sein.
Relevanz für Eigentümer und Kaufinteressente
Für Eigentümer und Kaufinteressenten ist die Teilungserklärung von großer Bedeutung, da sie wesentliche Informationen über die Immobilie, die Rechte und Pflichten der Eigentümer sowie über die Verwaltung der Eigentümergemeinschaft enthält.
In der Praxis dient die Teilungserklärung somit als „Verfassung“ der Wohnungseigentümergemeinschaft und bildet die rechtliche Grundlage für das Zusammenleben und die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Sie ist für alle Entscheidungen der Eigentümergemeinschaft, den Verkauf einzelner Wohnungen und die Verteilung von Kosten relevant.
Das vorliegende Urteil
LG Itzehoe – Az.: 11 S 14/22 – Urteil vom 12.05.2023
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Niebüll vom 21.03.2022, Az. 18 C 21/20, abgeändert: Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 20.08.2020 zu Tagesordnungspunkt 5 nichtig ist.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Streithelfer trägt die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Beschluss: Der Streitwert wird auf 24.959,42 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Anfechtungsklage gegen den Beschluss zu TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 20.08.2020.
Mit diesem Beschluss haben die Wohnungseigentümer über die Finanzierung durchgeführter Arbeiten im Sondereigentum der Klägerin und zur Sanierung der Dachterrasse der Wohnungseigentumseinheit Nr. 9 zulasten der Gemeinschaft aus der Instandhaltungsrücklage entschieden. Die Arbeiten waren infolge eines Wassereinbruchs in der teilweise unter der Dachterrasse gelegenen Wohnung in der Klägerin erforderlich.
Die Wohnungseigentumseinheit 9 gehörte bis zu ihrer Weiterveräußerung den Beklagten zu 2 und 3.
In § 1 Ziff. 9 der Teilungserklärung ist das Wohnungseigentum der Beklagten zu 2 und 3 mit einem Balkon in der Größe von ca. 33,47 m² beschrieben.
In § 3 Ziff 1 b) der Teilungserklärung ist unter anderem geregelt, dass Einrichtungen und Anlagen, die sich außerhalb des Sondereigentums befinden, ebenfalls Gegenstand des Sondereigentums sind, soweit sie nicht dem gemeinschaftlichen Gebrauch, sondern nur dem Sondereigentum zu dienen bestimmt sind.
§ 6 Abs. 1 Ziff. 2 der Teilungserklärung bestimmt, dass Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (zum Beispiel Balkone, Terrassen, Veranden), von ihm auf seine Kosten instandzuhalten und instandzusetzen sind.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat dabei unter Berufung auf BGH, Urteil vom 25. September 2009 – V ZR 33/09 -, darauf abgestellt, dass der Beschluss zwar gegen eine absolute Beschlussunzuständigkeit der Gemeinschaft ergangen ist, dies aber nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses führe, da keine Änderung der Teilungserklärung, sondern lediglich ein Einzelfall geregelt wurde.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung und verfolgt ihr Anfechtungsbegehren weiter.
Sie beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 20.08.2020 zu Tagesordnungspunkt 5 für ungültig zu erklären, bzw. hilfsweise dessen Nichtigkeit festzustellen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten zu 2 und 3 haben ihre Wohnungseigentumseinheit an die Eheleute Sch. verkauft, die angezeigt haben, in den Rechtsstreit eintreten zu wollen. Die Klägerin hat einem Parteiwechsel ausdrücklich nicht zugestimmt.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie genügt den Erfordernissen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, in der Berufungsbegründung erfolgt die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, in ausreichendem Maß. Es ist zum Umfang der zur Überprüfung gestellten Fehler und der Kontrolle der Tatsachengrundlage trotz der Aufgliederung der Berufungsgründe in die Nummern 2-4 des § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO beispielsweise ausreichend, einen materiellen Rechtsfehler zu rügen; der Berufungsführer kann dann später die Berufungsgründe auf formelle Fehler oder die Rüge der unzureichenden Tatsachengrundlage ausdehnen oder zulässige neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen (Heßler in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 520 Rn. 29).
Die Berufung ist auch begründet.
1. a) Für die materiell-rechtliche Beurteilung ist auf die Rechtslage des WEG in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung abzustellen, da es sich bei dem vorliegenden Fall einer Beschlussanfechtungsklage um einen abgeschlossenen Lebenssachverhalt handelt und eine Anwendung der seit dem 01.12.2020 geltenden Vorschriften des WEMoG zu einer unzulässigen Rückwirkung führen würde (vgl. zur Rechtslage bei der WEG-Reform zum 01.07.2007: BGH, Urt. v. 16.01.2009 – V ZR 74/08).
b) Die zunächst gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtete Klage konnte wie geschehen nach ständiger, wenn auch umstrittener Rechtsprechung des BGH aufgrund eines im Wege der Auslegung anzunehmenden späteren Parteiwechsels gegen die übrigen Wohnungseigentümer umgestellt werden (vgl. Niedenführ in: Niedenführ/SchmidtRäntsch/Vandenhouten, WEG § 46 Rn. 55). Ausschlaggebend ist dabei die Überlegung, dass der Verwalter im Anfechtungsprozess gemäß § 45 Abs. 1 WEG aF Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer war und diese über den Eingang der Klage unterrichten musste, so dass der Zweck der Ausschlussfristen erreicht wurde, auch wenn mit der Gemeinschaft die falsche Partei verklagt war (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2023 – V ZR 43/22 -, Rn. 28). Eine Eigentümerliste wurde auf Anforderung des Gerichts vorgelegt, zudem wurde die Prozessbeteiligung der gesondert vertretenen Beklagten zu 2 und 3 als ebenfalls von dem Beschluss unmittelbar begünstigte Wohnungseigentümer allseits hingenommen.
c) Die Beklagten zu 2 und 3 bleiben trotz der Veräußerung ihrer Wohnungseigentumseinheit im vorliegenden Rechtsstreit passivlegitimiert. Gemäß § 265 Abs. 2 ZPO hat die Veräußerung auf den Prozess keinen Einfluss, die Rechtsnachfolger sind nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei anstelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen. Die Klägerin hat vorliegend einem Parteiwechsel ausdrücklich nicht zugestimmt.
2. Der angefochtene Beschluss ist insgesamt nichtig, weswegen es nicht darauf ankommt, dass die Klägerin sich nicht innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG aF auf die Regelungen der Teilungserklärung zur Zuständigkeit der einzelnen Wohnungseigentümer für die Instandsetzung und Instandhaltung der Balkone berufen hat, sondern ihr Anliegen vielmehr die Unbestimmtheit des Beschlusses und die angeblich unfachmännische Sanierung der Dachterrasse ohne eine aus ihrer Sicht notwendige Überprüfung der Statik war.
Es ist zudem unschädlich, dass die Klägerin zunächst beantragt hat, den Beschluss für ungültig zu erklären, und erst später hilfsweise den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit gestellt hat. Denn Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage haben nach ständiger Rechtsprechung des BGH denselben Streitgegenstand (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2019 – V ZR 112/18 -, BGHZ 221, 373, Rn. 26; BGH, Beschluss vom 20. Mai 2011 – V ZR 175/10, NZM 2011, 716 Rn. 9; Urteil vom 26. Oktober 2012 – V ZR 7/12, ZMR 2013, 210 Rn. 8). Sowohl mit einem auf Feststellung der Nichtigkeit als auch mit einem auf Ungültigkeitserklärung gerichteten Antrag wird jeweils das umfassende Rechtsschutzziel zum Ausdruck gebracht, unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt eine verbindliche Klärung der Gültigkeit des zur Überprüfung gestellten Eigentümerbeschlusses herbeizuführen (BGH, Urteil vom 20. Mai 2011 – V ZR 175/10 -, Rn. 9).
Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass es an einer Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer fehlt. Das bezieht sich nicht nur auf einen (hier nicht gefassten) Beschluss über die Maßnahmen der Instandsetzung selbst, sondern auch auf die streitgegenständliche Regelung der Kostentragung.
a) Bezogen auf den Beschlussteil, nach dem die Kosten für die Sanierung der Dachterrasse der Instandhaltungsrücklage entnommen werden sollen, ergibt sich die fehlende Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer aus dem Umstand, dass nach der maßgebenden Teilungserklärung die Zuständigkeit für die Entscheidung über Maßnahmen und die Kostentragung hinreichend klar und eindeutig auf die einzelnen Wohnungseigentümer übertragen wurde.
aa) Die Regelung ist nächstliegend dahingehend auszulegen, dass sie auch die den einzelnen Wohnungen zugeordneten Terrassen im Dach der Anlage erfasst und dass sie die Instandsetzung sowohl der im Sonder- als auch der im Gemeinschaftseigentum stehenden Teile solcher Terrassen betrifft (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2021 – V ZR 204/20 -, Rn. 24; BGH, Urteil vom 4. Mai 2018 – V ZR 163/17; BGH, Urteil vom 16. November 2012 – V ZR 9/12).
Soweit sich die Beklagten zu 2 und 3 darauf berufen, dass trotz der Regelung der Teilungserklärung die Gemeinschaft vorliegend zuständig für die durchgeführten Instandsetzungsmaßnahmen und deren Kosten sei, trifft dies nicht zu. Zwar sind Einschränkungen in § 6 Abs. 1 und 2 der Teilungserklärung formuliert – beispielsweise hinsichtlich nicht tragender Zwischenwände, soweit sie ein Sondereigentum von einem anderen oder von gemeinschaftlichem Eigentum trennen, und Leitungen vor der Abzweigung. Diese formulierten Ausnahmen für die Übertragung der Erhaltungslast von Anlagen, die zum ausschließlichen Gebrauch bestimmt sind, sind anders als die Beklagten zu 2 und 3 meinen, auch nicht widersprüchlich. Sowohl Fenster – abgesehen von den in der Regelung ausdrücklich erwähnten Innenseiten der Fenster und Glasscheiben – als auch Zwischentüren, wenn sie ausnahmsweise wegen ihrer Abgrenzungsfunktionen im Gemeinschaftseigentum stehen, sind nach der getroffenen Regelung nicht vom jeweiligen Sondereigentümer instandzusetzen und instandzuhalten.
Damit ist die vorliegende Übertragung der Erhaltungspflichten für Balkone und Terrassen nicht mit einer Regelung für Fenster vergleichbar, in der zwar die „Erneuerung des Außenanstrichs“ als Gemeinschaftsangelegenheit geregelt wird und es hinsichtlich der vollständigen Erneuerung der Fenster an einer erforderlichen eindeutigen Zuweisung auch dieser Aufgabe an den einzelnen Wohnungseigentümer fehlt (BGH, Urteil vom 2. März 2012 – V ZR 174/11 -, Rn. 9). Nur in einer solchen Konstellation spricht eine dann erforderliche Auslegung der differenzierten Regelung in ihrem Gesamtzusammenhang dafür, dass der Begriff der Instandhaltung und Instandsetzung enger gemeint ist und nicht die vollständige Erneuerung, sondern nur die übliche Pflege, die Wartung und die Reparatur der vorhandenen Fenster erfasst.
Auch die im Abs. 2 des § 6 der Teilungserklärung enthaltene Regelung, wonach der Wohnungseigentümer nicht die äußere Gestalt des Bauwerks und seiner im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Bestandteile – insbesondere die Farbe des außerhalb des Sondereigentums sichtbaren Anstrichs – ohne Zustimmung des Verwalters verändern darf, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Anders als in dem Sachverhalt, der der Entscheidung des BGH im Urteil vom 22. November 2013 – V ZR 46/13 – zugrunde lag, ist die formulierte Einschränkung allgemein gehalten und bezieht sich nicht auf das konkret erwähnte Gebäudeteil Balkon/Terrasse, für das die Übertragung der Erhaltungslast geregelt wurde (auch in dieser Entscheidung war der Außenanstrich der Fenster der Gemeinschaft vorbehalten, so dass sich dieser Vorbehalt erst recht auf eine vollständige Erneuerung bezieht). Die Regelung mag im Falle einer optischen Veränderung der Balkonbrüstung zu einer Zustimmungspflicht des Verwalters führen, nicht aber, wie die Beklagten zu 2) und 3) meinen, zu einer unwirksamen, da unklaren und widersprüchlichen Regelung oder zu einer Auslegung, die dazu führt, dass die der beschlossenen Kostenübernahme zugrunde liegenden, offenbar recht umfangreichen Arbeiten nicht vom Sondereigentümer zu tragen wären, der die Dachterrasse ausschließlich nutzt.
Die in Bezug auf das Bauteil Fenster ergangene Rechtsprechung, die zwischen Austausch und übrigen Erhaltungsmaßnahmen differenziert, lässt sich gerade nicht auf Balkone und Terrassen übertragen. Dagegen spricht, dass die Beeinträchtigung der äußeren Gestalt des Bauwerks hier nicht von der Intensität der Erneuerungsmaßnahmen abhängt und es keinen „Austausch“ des Bauteils geben kann.
Sofern § 3 Ziff 1 b) der Teilungserklärung unter anderem bestimmt, dass Einrichtungen und Anlagen, die sich außerhalb des Sondereigentums befinden, ebenfalls Gegenstand des Sondereigentums sind, soweit sie nicht dem gemeinschaftlichen Gebrauch, sondern nur dem Sondereigentum zu dienen bestimmt sind, kann sich dies im Übrigen nur auf den Balkon/Dachterrassenraum und nicht auf konstruktive und der Sicherheit des Gebäudes dienende Bauteile beziehen, da ansonsten keine Sondereigentumsfähigkeit besteht (vgl. Beschluss der Kammer vom 6. Mai 2020 – 11 S 46/19 mit Anmerkung Schneidenbach, MietR 22/2020; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.1998 – 3 Wx 418/98; OLG München, Beschluss vom 30.01.2007 – 34 Wx 116/06 – NZM 2007, 369; – 11 S 46/19).
bb) Die fehlende Beschlusskompetenz der Gemeinschaft für eine Übernahme von Kosten für Arbeiten an der Dachterrasse, für die trotz des Umstandes, dass es sich um Gemeinschaftseigentum handelt, keine Instandsetzungszuständigkeit besteht, führt zur Nichtigkeit des getroffenen Beschlusses zur Kostenübernahme.
Nach § 23 Abs. 1 WEG werden durch Beschlussfassung solche Angelegenheiten geordnet, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder nach einer Vereinbarung die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können. Gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG ist ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, nichtig. Die Regelung ist aber nicht abschließend. Neben den gesetzlichen Nichtigkeitsgründen führen nach der Rechtsprechung das Fehlen der Beschlusskompetenz, die völlige Unbestimmtheit und Verstöße gegen das sog. Belastungsverbot zur Nichtigkeit. Schließlich soll nach h.M. ein Beschluss nichtig sein, wenn er gegen die „Grundsätze des Wohnungseigentumsrechts“ verstößt oder in den „Kernbereich des Wohnungseigentums“ eingreift (vgl. Schultzky in: Jennißen, WEG § 23 Rn. 176).
Die Besonderheit besteht hier darin, dass eine nach dem – abdingbaren – Gesetz bestehende Beschlusszuständigkeit durch Vereinbarung in der Teilungserklärung der Gemeinschaft entzogen wird und die Regelung von Erhaltungsmaßnahmen sowie die Kostenlast bauteilbezogen dem einzelnen Wohnungseigentümer übertragen wird. Auch in dieser Konstellation ist nach Ansicht der Kammer von einer Nichtigkeit des Beschlusses aufgrund der fehlenden Beschlusskompetenz auszugehen.
Es existiert bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage, ob ein Beschluss der Eigentümerversammlung nichtig ist, wenn er eine Erhaltungsmaßnahme betrifft, die nach der Gemeinschaftsordnung Sache eines oder einzelner Eigentümer ist. In der untergerichtlichen Rechtsprechung wird vertreten, dass ein solcher Beschluss mangels Beschlusskompetenz nichtig ist (vgl. LG Hamburg ZWE 2014, 410; BayObLG ZWE 2005, 96; BayObLG ZMR 2004, 605; OLG München ZWE 2007, 490; LG München I ZMR 2014, 399; LG Dortmund BeckRS 2014, 2127; LG Itzehoe ZWE 2016, 464).
In der Literatur werden unterschiedliche Ansichten vertreten (vgl. Häublein, ZWE 2021, 337-340 mwN).
Unter anderem wird für die Maßnahme selbst eine sog. konkurrierenden Erhaltungszuständigkeit im Regelfall vertreten (vgl. Häublein aaO.; Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 19 Rn. 96). Der erkennbare Zweck einer entsprechenden Regelung bestehe darin, die übrigen Eigentümer von den Kosten und dem sonstigen Aufwand zu befreien, die die Erhaltung des individualnützigen gemeinschaftlichen Eigentums verursacht. Ein Entzug der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer für die Erhaltung sei damit nicht notwendig verbunden. Es bestehe sowohl aus der sachenrechtlichen Mitberechtigung als auch beispielsweise aus Informations- und Koordinierungsgründen ein Interesse am gemeinschaftlichen Eigentum, die Verwaltungszuständigkeit nicht zu verlieren.
Die Frage bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, da es nicht um einen Beschluss über die Maßnahme geht, sondern nur über die Kostentragungspflicht. Der Umstand, dass die Arbeiten entgegen der Regelung der Teilungserklärung durch den ehemaligen Verwalter beauftragt wurden und nicht durch die Beklagten selbst, ändert nichts an der wirksam auf die Beklagten zu 2 und 3 übertragenen Kostentragungspflicht.
Dass nicht nur für die Verwaltungszuständigkeit, sondern auch für die Kosten einer Maßnahme eine konkurrierende gemeinschaftliche Kompetenz angenommen wird, wird soweit ersichtlich nicht vertreten.
Zwar ist, worauf die Beklagten zu 2 und 3 in der mündlichen Verhandlung hingewiesen haben, für den umgekehrten Fall der (mangels gesetzesändernder Regelungen der Teilungserklärung) eigenmächtigen Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durch einen Wohnungseigentümer anerkannt, dass diesem kein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zusteht (BGH, Urteil vom 14. Juni 2019 – V ZR 254/17).
Vorliegend ist aber zum einen nicht über einen Erstattungsanspruch der Gemeinschaft gegen die Beklagten zu 2 und 3 zu entscheiden, sondern über die Frage der Kompetenz der Wohnungseigentümer, durch Beschluss eine Kostentragung der Gemeinschaft zu regeln. Die Kompetenz hängt von der einer Gemeinschaft zugewiesenen Zuständigkeit für den Beschlussgegenstand ab, die sich, wenn sie nicht – wie hier – wirksam durch Vereinbarung entzogen wurde, aus dem Gesetz ergibt. Die Kompetenz ist dagegen nicht von der vorausgegangenen faktischen Beauftragung und Bezahlung von Arbeiten abhängig.
Zum anderen greift der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeführte Grund für die Versagung eines Ausgleichs nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag oder nach Bereicherungsrecht in der hier vorliegenden umgekehrten Konstellation nicht: Aus dem Miteigentum aller Wohnungseigentümer am Gemeinschaftseigentum folgt ihr Recht, im Rahmen des Anspruchs auf dessen ordnungsmäßige Verwaltung nach § 21 Abs. 4 WEG aF innerhalb des ihnen obliegenden Ermessensspielraums eine Entscheidung über das „Wie“ der Ausführung der Arbeiten auf dem gesetzlich vorgesehenen Weg des Mehrheitsbeschlusses zu entscheiden. Das einem Wohnungseigentümer durch die Teilungserklärung zugewiesene Recht, allein über das „Wie“ von Erhaltungsmaßnahmen an konkreten Bauteilen zu entscheiden, korrespondiert dagegen mit der ihm übertragenen Pflicht, notwendigenfalls Erhaltungsmaßnahmen vorzunehmen und die Kosten hierfür allein zu tragen. Sein Sondereigentum nebst Miteigentumsanteilen am Gemeinschaftseigentum ist als Reflex zu der ausschließlichen Gebrauchsmöglichkeit (hier konkret an der Terrasse, auch was ihre konstruktiven Teile und ihre Funktion als Dach anbetrifft), von Beginn an mit der Erhaltungsverpflichtung belastet. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Gemeinschaft vertreten durch ihren Verwalter einem Wohnungseigentümer kompetenzwidrig die Entscheidung faktisch entzogen hat, so dass dieser sein grundsätzlich bestehendes Ermessen gar nicht ausüben konnte, handelt es sich nicht um eine Beschränkung von Rechten, die aus dem Miteigentum am Gemeinschaftseigentum resultieren, es geht mithin nicht um eine Umgehung von spezialgesetzlichen Regelungen des Wohnungseigentumsrechts, die vor vollendeten Tatsachen schützen soll.
Vorliegend muss jedoch nicht entschieden werden, ob sich die Beklagten zu 2 und 3 aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage ihrerseits gegen eine Inanspruchnahme durch die Gemeinschaft aufgrund von Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht wehren könnten. Ebenso wenig ist relevant, ob wegen der Fehleinschätzung der durch den Verwalter vertretenen Gemeinschaft zur Frage der Zuständigkeit für die Beauftragung von Arbeiten eine Schadensersatzpflicht des Verwalters (nach neuem Recht gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) besteht für den Fall, dass die Beklagten nachweisen können, dass ihnen durch die Vorgehensweise des Verwalters ein Schaden entstanden ist.
cc) Etwas anderes folgt auch nicht aus dem vom Amtsgericht herangezogenen Aspekt, dass keine Änderung der Teilungserklärung, sondern lediglich eine Kostenübernahme im Einzelfall durch Beschluss geregelt wurde. Auch aus der Entscheidung des BGH, Urteil vom 25. September 2009 – V ZR 33/09 – ergibt sich nichts anderes. Die fehlende Beschlusskompetenz zur erstmaligen Begründung einer Kostenlast der Gemeinschaft führt auch im Einzelfall zu einer Nichtigkeit des Beschlusses (offen gelassen, da bei entsprechender Anfechtungsbegründung jedenfalls zur Anfechtbarkeit führend, von BGH, Urteil vom 16. November 2012 – V ZR 9/12 -, Rn. 10).
Eine Beschlusskompetenz kann sich zwar aus § 16 Abs. 3 oder Abs. 4 WEG aF ergeben. Die Voraussetzungen dieser Regelungen liegen aber gerade nicht vor. Es geht nach dem Beschlussinhalt nicht um die Verteilung von Kosten auf einen oder einzelne Wohnungseigentümer und auch nicht um Betriebskosten nach Verursachung, § 16 Abs. 3 WEG, oder um eine Kostenverteilung in einem Einzelfall, deren abweichender Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs Rechnung trägt, § 16 Abs. 4 WEG. Vorliegend haben sich die Wohnungseigentümer – möglicherweise in Verkennung der Regelung der Teilungserklärung oder aufgrund einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung – für eine Kostentragung durch die Gemeinschaft entschieden.
b) Soweit sich der Beschluss auf die unbezifferten Kosten der Instandsetzung des Sondereigentums der Klägerin bezieht, besteht unzweifelhaft keinerlei Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer. Ein Regressanspruch der Klägerin gem. § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung ihres Anspruchs auf ordnungsmäßige Verwaltung ist nicht ersichtlich, da die Erhaltungslast für das maßgebliche Bauteil nicht bei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer liegt.
c) Zudem ist die Klägerin nicht gehindert, sich auf den Einberufungsmangel bzw. die Unbestimmtheit des Beschlusses zu berufen, soweit er sich auf ihre Kosten der Instandsetzung des Sondereigentums bezieht, auch wenn sie selbst die Kosten kennt und die Unbestimmtheit zu Lasten der anderen Eigentümer geht. Aus diesem Grund wäre jedenfalls der entsprechende Beschlussteil für unwirksam zu erklären, da er nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.
d) Selbst wenn man entgegen der oben unter a) dargestellten Ausführungen nicht von einer Nichtigkeit des Beschlusses über die Übernahme der Kosten für die Sanierung der Dachterrasse durch die Gemeinschaft ausginge, wäre dieser Beschlussteil im Übrigen wegen der Unwirksamkeit des anderen Beschlussteils bezogen auf das Sondereigentum (oben b)) für unwirksam zu erklären. Bei der teilweisen Aufrechterhaltung von wohnungseigentumsrechtlichen Beschlüssen entsprechend § 139 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2012- V ZR 193/11, NJW 2012, 2648 Rn. 10) bzw. im Wege der Umdeutung nach § 140 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2010 – V ZR 193/09, WM 2011, 281 Rn. 7) ist Zurückhaltung geboten. Dem Gericht steht bei Beschlussmängelklagen kein eigenes Gestaltungsermessen zu. Vielmehr verbleibt es bei dem Grundsatz, dass es Sache der Wohnungseigentümer ist, innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in eigener Regie privatautonom zu regeln. Vor diesem Hintergrund kommt eine teilweise Aufrechterhaltung regelmäßig nur dann in Betracht, wenn nach dem tatsächlichen oder hypothetischen Parteiwillen zweifelsfrei davon auszugehen ist, dass der Beschluss auch als Teilregelung beschlossen worden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2014 – V ZR 315/13 -, BGHZ 202, 346-354, Rn. 21 – 22). Das ist hier aufgrund der zu vermutenden Verkennung der Rechtslage durch die Wohnungseigentümer und die naheliegende Motivation, die in dieser Angelegenheit entstanden Schäden insgesamt einer einheitlichen Regelung zuzuführen, nicht der Fall.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
4. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 49a GKG aF, da das vorliegende Verfahren noch vor Inkrafttreten des WEMoG zum 01.12.2020 anhängig war.
Nach § 49 a GKG a.F. ist der Streitwert mit 50% des Interesses der Parteien und Beigeladenen an einer Entscheidung zu bemessen (§ 49a Abs. 1 S. 1 GKG a.F.), darf aber das Interesse der klagenden Partei und der auf ihrer Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und den fünffachen Wert ihres Interesses nicht übersteigen (§ 49 a Abs. 1, S. 2 GKG a.F.).
Aus dem Beschlusstext gehen Kosten der Beklagten zu 2 und des Beklagten zu 3 für die Dachterrasse in Höhe von 39.918,83 Euro hervor, weiter geht es um die noch nicht bezifferten Kosten der Klägerin für die Herrichtung des Sondereigentums, die in der Klageschrift nicht konkretisiert werden. Diese Kosten können zum Zeitpunkt der Klageerhebung auf 10.000 Euro geschätzt werden.
Soweit der Klägervertreter in einem Schriftsatz vom 24.04.23 darauf hinweist, dass er bereits in einem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 16.03.2021 die Schäden mit 40.000,00 – 50.000,00 Euro beziffert hat, ist dies nicht maßgeblich, da für die dem Streitwert zugrunde zu legende Wertberechnung gem. § 40 GKG allein der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend ist, die den Rechtszug einleitet. Allein auf die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnisse ist abzustellen.
Das Interesse der Klägerin besteht darin, nicht als Eigentümerin der Wohnungen 7 und 8 mit Miteigentumsanteilen in Höhe von 81,89/1.000 + 44,56/1.000 an den Sanierungskosten für die Dachterrasse beteiligt zu werden (5.047,74 Euro). Ihr fünffaches Eigeninteresse beträgt daher 25.238,68 Euro.
Das Gesamtinteresse aller Parteien ergibt sich aus der Summe der jeweiligen (Nicht-) Beteiligung der Eigentümer an den auf 49.918,83 Euro zu schätzenden Gesamtkosten, mithin beträgt das hälftige Gesamtinteresse 24.959,42 Euro und ist damit in beiden Instanzen für die Streitwertfestsetzung maßgeblich.