Der Zwangsverwalter kündigte das gewerbliche Mietverhältnis bei Wohnraum für Arbeitnehmer, um die Immobilie wieder zu vermieten. Trotz der wirksamen Beendigung des Hauptvertrages verneinte das Landgericht Wuppertal den Räumungsanspruch.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was passiert mit meinem Mietvertrag, wenn der Hauptmieter gekündigt wird?
- Bin ich als Untermieter geschützt, wenn der Vermieter insolvent wird oder der Eigentümer wechselt?
- Wann gilt meine angemietete Wohnung juristisch als gewerblicher Geschäftsraum?
- Was tun, wenn der Vermieter die Räumung der Wohnung fordert, obwohl mein Vertrag geschützt ist?
- Wer ist mein neuer Vermieter, wenn das Hauptmietverhältnis durch § 565 BGB endet?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 8 S 24/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Wuppertal
- Datum: 27.11.2024
- Aktenzeichen: 8 S 24/24
- Verfahren: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Mietrecht, Zwangsverwaltung
- Das Problem: Ein Zwangsverwalter kündigte den Hauptmietvertrag einer Firma, die eine Wohnung angemietet hatte, um sie an eine ihrer Angestellten weiterzuvermieten. Er forderte von der Firma die sofortige Räumung der Wohnung.
- Die Rechtsfrage: Ist ein Mietvertrag gewerblich kündbar, wenn eine Firma die Wohnung nur zur Mitarbeiterbindung anmietet? Und kann die Firma die Räumung schulden, wenn die Angestellte noch in der Wohnung lebt?
- Die Antwort: Die Kündigung der Firma war wirksam, da die Anmietung geschäftsmäßig und damit gewerblich erfolgte. Die Räumung konnte jedoch nicht verlangt werden, weil der Zwangsverwalter automatisch in den Mietvertrag mit der tatsächlich dort wohnenden Angestellten eintrat.
- Die Bedeutung: Wenn Wohnraum zur Weitergabe an Arbeitnehmer angemietet wird, gilt der Hauptmietvertrag als gewerblich, was eine vereinfachte Kündigung ermöglicht. Trotz wirksamer Kündigung des Hauptvertrages erhält der Vermieter keinen Räumungsanspruch gegen den Zwischenmieter, weil die Endmieterin automatisch seine neue, direkte Mieterin wird.
Der Fall vor Gericht
Warum war die Kündigung überhaupt ein juristischer Streitfall?
Ein Zwangsverwalter kündigt einen Mietvertrag. Das Gericht bestätigt die Kündigung als wirksam. Trotzdem muss die Mieterin die Wohnung nicht räumen. Wie kann ein juristischer Sieg so folgenlos bleiben? Der Fall vor dem Landgericht Wuppertal dreht sich um eine simple Kündigung – und entpuppt sich als Lehrstunde über die schützende Macht eines oft unsichtbaren Dritten im Mietrecht.
Die Ausgangslage war eine typische Dreieckskonstellation. Ein Unternehmen hatte eine Wohnung angemietet. Nicht für eigene Büros, sondern um sie einer Mitarbeiterin als Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Ein gängiges Mittel zur Mitarbeiterbindung. Dann gerieten die ursprünglichen Eigentümer in finanzielle Schieflage, ein Zwangsverwalter übernahm. Dieser Verwalter wollte das Mietverhältnis mit dem Unternehmen beenden. Er schickte eine fristlose Kündigung, vorsorglich auch eine ordentliche, fristgemäße Kündigung. Sein Ziel war klar: Das Unternehmen sollte die Wohnung räumen und herausgeben. Das Unternehmen wehrte sich. Das Amtsgericht Velbert gab dem Unternehmen recht und wies die Klage des Verwalters ab. Der Verwalter ging in Berufung zum Landgericht Wuppertal.
Wieso galt der Mietvertrag als gewerblich – obwohl es um eine Wohnung ging?
Der entscheidende Punkt für die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung war die juristische Natur des Mietvertrags. Handelte es sich um einen Wohnraum- oder einen Geschäftsraummietvertrag? Ein Wohnraummietvertrag genießt einen starken Kündigungsschutz. Ein Geschäftsraummietvertrag kann viel einfacher gekündigt werden.
Das Landgericht Wuppertal stufte den Vertrag als gewerbliches Mietverhältnis ein. Die Begründung ist eine Frage der Perspektive. Zwar sollte die Wohnung selbst unstrittig zum Wohnen genutzt werden. Entscheidend war aber der Zweck, den das mietende Unternehmen verfolgte. Es mietete die Wohnung nicht an, um selbst darin zu wohnen, sondern um einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen – die Bindung einer qualifizierten Arbeitskraft. Dieses Handeln, so das Gericht, ist geschäftsmäßig. Die Anmietung diente der Förderung des eigenen Unternehmens.
Damit war der Vertrag rechtlich als Mietverhältnis über Geschäftsräume zu bewerten. Für solche Verträge gelten die Kündigungsfristen des § 580a Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Eine ordentliche Kündigung war möglich. Ein im Vertrag vereinbarter Kündigungsausschluss bis Anfang 2024 hinderte die Kündigungserklärung nicht, verschob aber ihre Wirkung. Das Gericht rechnete nach und legte fest: Der Vertrag endete durch die ordentliche Kündigung des Verwalters wirksam zum 30. Juni 2024. Der erste Teil des Sieges für den Zwangsverwalter stand fest.
Weshalb bekam der Kläger trotz wirksamer Kündigung die Wohnung nicht zurück?
Hier schlug die Stunde eines besonderen Schutzparagraphen: § 565 BGB. Diese Regelung ist genau für Fälle wie diesen gemacht. Sie soll verhindern, dass ein Endmieter – hier die Mitarbeiterin – unverschuldet seine Wohnung verliert, nur weil der Vertrag zwischen seinem Vermieter (dem Unternehmen) und dem Hauptvermieter (dem Zwangsverwalter) endet.
Das Gesetz schafft eine elegante Lösung. Mit dem Ende des Hauptmietvertrags tritt der Hauptvermieter automatisch in den Mietvertrag ein, den sein bisheriger Mieter mit dem Endmieter geschlossen hatte. Im Klartext: Der Zwangsverwalter wurde in dem Moment, als seine Kündigung gegenüber dem Unternehmen wirksam wurde, selbst zum neuen Vermieter der Mitarbeiterin.
Diese gesetzliche Automatik pulverisierte seinen Räumungsanspruch gegen das Unternehmen. Ein Vermieter kann nach Beendigung eines Mietvertrags die Rückgabe der Mietsache verlangen (§ 546 Abs. 1 BGB). Das Unternehmen konnte die Wohnung aber gar nicht mehr zurückgeben. Es hatte die rechtliche und tatsächliche Kontrolle darüber verloren – und zwar an den Kläger selbst. Die Rückgabe war dem Unternehmen rechtlich unmöglich geworden, wie es § 275 Abs. 1 BGB beschreibt. Der Zwangsverwalter verlangte etwas, das ihm rechtlich bereits selbst gehörte: den direkten Mietvertrag mit der Bewohnerin.
Welche Argumente des Klägers hat das Gericht verworfen – und warum?
Der Zwangsverwalter versuchte in der mündlichen Verhandlung, diesen Mechanismus auszuhebeln. Sein Argument: Die Mitarbeiterin habe sich nie in der Wohnung aufgehalten oder sei dort gar nicht gemeldet gewesen. Er wollte damit andeuten, dass ohne tatsächliche Nutzung auch kein schützenswertes Mietverhältnis bestehe.
Das Gericht wischte diesen Einwand als rechtlich irrelevant vom Tisch. Für die Anwendung des § 565 BGB kommt es nicht darauf an, ob ein Mieter seine Wohnung tatsächlich nutzt oder dort gemeldet ist. Entscheidend ist allein die Existenz eines gültigen Mietvertrags zwischen dem Unternehmen und seiner Mitarbeiterin. Dieser Vertrag bestand. Damit war der gesetzliche Schutzmechanismus aktiviert.
Auch die fristlose Kündigung, die der Verwalter zu Beginn ausgesprochen hatte, scheiterte. Ein wichtiger Grund, der eine sofortige Beendigung rechtfertigt, lag nicht vor. Der Verwalter hatte keinen einzigen stichhaltigen Punkt vorgetragen, der es ihm unzumutbar gemacht hätte, die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten. Das Landgericht bestätigte hier die saubere Arbeit des Amtsgerichts. Am Ende stand ein kurioses Ergebnis: Das Gericht stellte fest, dass die Kündigung des Verwalters erfolgreich war und das Mietverhältnis mit dem Unternehmen beendet ist. Den eigentlichen Preis – die leere Wohnung – bekam er nicht.
Die Urteilslogik
Die gesetzlichen Schutzmechanismen für Wohnraum verdrängen den Anspruch auf Räumung, selbst wenn eine Kündigung des Hauptmietverhältnisses wirksam erfolgt ist.
- [Klassifizierung nach Zweck]: Bestimmt der mietende Vertragspartner die Anmietung primär zur Förderung seiner geschäftlichen Interessen, etwa zur Bindung von Mitarbeitern, gilt der Vertrag ungeachtet der reinen Wohnnutzung als gewerblich.
- [Schutz des Endmieters]: Endet das Hauptmietverhältnis, tritt der Hauptvermieter kraft Gesetzes automatisch in den bestehenden Mietvertrag mit dem tatsächlich wohnenden Endnutzer ein, um dessen Wohnsitz zu schützen.
- [Rechtliche Unmöglichkeit der Herausgabe]: Die gesetzliche Übernahme des Mietverhältnisses durch den Hauptvermieter neutralisiert dessen Räumungsanspruch gegen den Zwischenmieter, da diesem die Herausgabe der Sache an den Kläger selbst rechtlich unmöglich wird.
Das Mietrecht implementiert spezielle Schutzmechanismen für den Wohnraum des Endnutzers, die juristische Erfolge des Hauptvermieters in der Praxis neutralisieren können.
Benötigen Sie Hilfe?
Haben Sie Fragen zur Kündbarkeit von Wohnraum-Mietverträgen für Angestellte? Fordern Sie über unsere Kanzlei-Seite eine professionelle Ersteinschätzung Ihres Sachverhalts an.
Experten Kommentar
Wer denkt, eine gewerbliche Anmietung zur Mitarbeiterbindung öffnet die Tür für eine einfache Kündigung, erlebt hier eine kalte Dusche. Das Landgericht Wuppertal stellt zwar fest, dass diese Verträge als Geschäftsräume gelten und somit leichter kündbar sind. Dieser juristische Sieg erweist sich praktisch als Pyrrhussieg: Die Kündigung gegen das Unternehmen aktiviert sofort den Schutzmechanismus des § 565 BGB. Der Vermieter wird in diesem Moment automatisch neuer Vertragspartner der tatsächlich wohnenden Mitarbeiterin. Für jeden, der die Wohnung räumen will, bleibt der Weg versperrt, solange ein gültiger Endmietvertrag existiert.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was passiert mit meinem Mietvertrag, wenn der Hauptmieter gekündigt wird?
Wenn der Hauptmietvertrag endet, weil Ihr direkter Vermieter (beispielsweise ein Arbeitgeber oder Zwischenvermieter) seine Wohnung verliert, müssen Sie nicht fürchten, die Wohnung unverschuldet räumen zu müssen. Ihr Mietvertrag wird durch diesen Vorgang nicht beendet. Stattdessen tritt der ursprüngliche Hauptvermieter – der Eigentümer oder ein Zwangsverwalter – kraft Gesetzes automatisch in Ihren bestehenden Vertrag ein.
Dieser Schutzmechanismus wird durch § 565 BGB gewährleistet. Die Regelung sorgt dafür, dass Ihr Wohnraummietvertrag sofort in ein direktes Verhältnis mit dem Eigentümer übergeht. Die Kündigung des Hauptmietvertrages hat keine unmittelbaren räumungsrelevanten Folgen für Sie. Dadurch wandelt sich Ihr bisheriges Untermietverhältnis automatisch in einen vollwertigen Wohnraummietvertrag mit allen üblichen Schutzrechten um.
Der neue Vertragspartner übernimmt alle Bedingungen und Pflichten aus Ihrem ursprünglichen Vertrag, einschließlich des vereinbarten Mietzinses und der Fristen. Er kann nicht gleichzeitig von Ihnen die Räumung verlangen. Das Gericht stellte in einem ähnlichen Fall fest: Obwohl die Kündigung des Hauptmieters wirksam war, erhielt der Kündigende die Wohnung nicht zurück. Er verlangte die Herausgabe von einem Mieter, dessen neuer Vertragspartner er durch die gesetzliche Automatik bereits selbst geworden war. Das Gesetz schützt stets den Mietbestand des Endmieters.
Senden Sie dem neuen Hauptvermieter umgehend ein Einschreiben, weisen Sie auf die automatische Anwendung des § 565 BGB hin und erfragen Sie die aktuellen Kontodaten für die zukünftige Mietzahlung.
Bin ich als Untermieter geschützt, wenn der Vermieter insolvent wird oder der Eigentümer wechselt?
Ja, als Endmieter genießen Sie auch bei Instabilität des Hauptmieters umfassenden gesetzlichen Schutz. Die Regel „Kauf bricht nicht Miete“ gilt bei einem Eigentümerwechsel oder einer Zwangsverwaltung analog. Ihr Mietvertrag bleibt in diesen Situationen rechtlich stabil. Selbst wenn der Hauptvertrag endet, ist der Bestand Ihres Wohnverhältnisses stark abgesichert.
Der Schutzmechanismus greift sofort, sobald die Hauptvertragsseite – zum Beispiel ein Unternehmen – in die Insolvenz gerät oder das Eigentum wechselt. Übernimmt ein Zwangsverwalter, kann dieser zwar den Hauptvertrag mit dem Unternehmen kündigen. In diesem Moment tritt der Verwalter jedoch automatisch in Ihren bestehenden Vertrag ein. Der Gesetzgeber garantiert dies durch den speziellen Schutzmechanismus des § 565 BGB.
Sie behalten damit alle Konditionen Ihres Mietvertrages, lediglich Ihr direkter Vertragspartner ändert sich. Der neue Eigentümer oder Verwalter kann Ihren Anspruch auf die Wohnung nicht durch formelle Argumente aushebeln. Die Rechtsprechung stellt klar: Die tatsächliche Nutzung der Wohnung oder die polizeiliche Anmeldung des Bewohners sind für den Schutz irrelevant. Entscheidend ist allein die juristische Existenz eines gültigen Überlassungsvertrages zwischen Ihnen und dem Hauptmieter.
Überprüfen Sie Ihren Überlassungsvertrag genau, um sicherzustellen, dass die Wohnung darin klar und eindeutig zu Wohnzwecken definiert ist.
Wann gilt meine angemietete Wohnung juristisch als gewerblicher Geschäftsraum?
Die juristische Einstufung eines Mietvertrages hängt nicht von der tatsächlichen Nutzung der Immobilie ab, sondern vom Zweck des Hauptmieters. Mietet ein Unternehmen die Wohnung an, um einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen – beispielsweise zur Mitarbeiterbindung oder als Teil des Gehaltspakets –, gilt der Vertrag als Geschäftsraummietvertrag. Die private Wohnnutzung durch Sie als Endmieter ist für das Gericht bei der Bewertung des Hauptvertrages zweitrangig.
Ein Gericht fokussiert sich primär auf die Perspektive des Vertragspartners, der die Wohnung anmietet. Ein Unternehmen handelt typischerweise nicht aus einem eigenen Wohnbedürfnis heraus. Durch die Bereitstellung von Wohnraum fördert das Unternehmen stattdessen seine geschäftlichen Interessen und strebt einen Vorteil an. Da dieser Geschäftszweck ausschlaggebend ist, wird der Hauptmietvertrag trotz der Nutzung als Wohnung rechtlich als Gewerbemietvertrag behandelt.
Diese Einstufung hat gravierende Konsequenzen für den Kündigungsschutz. Während Wohnraummieter einen extrem starken Schutz vor Kündigungen genießen, ist die Beendigung eines Geschäftsraummietvertrages für den Vermieter wesentlich einfacher. Der Vermieter muss keine berechtigten Interessen nachweisen, um ordentlich zu kündigen. Die erleichterte Kündigung kann dann gemäß § 580a Abs. 2 BGB erfolgen, wodurch die Mietsicherheit des Unternehmens stark reduziert wird.
Wenn Ihr Arbeitgeber der Hauptmieter Ihrer Wohnung ist, lassen Sie den Mietvertrag oder die Überlassungsvereinbarung juristisch prüfen, um Ihren Wohnraumschutz abzusichern.
Was tun, wenn der Vermieter die Räumung der Wohnung fordert, obwohl mein Vertrag geschützt ist?
Wenn der neue Vermieter oder der Zwangsverwalter die Räumung fordert, obwohl Ihr Mietverhältnis durch § 565 BGB geschützt ist, müssen Sie die Forderung entschieden zurückweisen. Die an Sie gerichtete Räumungsaufforderung ist juristisch unmöglich. Sie müssen nicht räumen oder in Panik einen neuen Vertrag unterschreiben, da der fordernde Vermieter kraft Gesetzes bereits Ihr direkter Vertragspartner geworden ist.
Die Regel: Der ursprüngliche Räumungsanspruch des Hauptvermieters richtet sich nur gegen den Hauptmieter (§ 546 BGB). Dieser Hauptmieter kann die Wohnung jedoch nicht zurückgeben, da er die rechtliche und tatsächliche Kontrolle an Sie als Endmieter verloren hat. Durch den automatischen Eintritt des Hauptvermieters in Ihren Vertrag verlangt dieser faktisch die Räumung eines Mietgegenstandes von sich selbst.
Gerichte stellen klar, dass dem Hauptmieter die Rückgabe der Wohnung rechtlich unmöglich geworden ist, analog zu § 275 BGB. Der Kläger verlangte somit etwas, das ihm bereits gehört – nämlich den bestehenden Mietvertrag mit Ihnen. Vermeiden Sie unbedingt, eine Nutzungsentschädigung zu zahlen, da dies der Versuch des Vermieters sein könnte, Ihre geschützte Mieterstellung zu umgehen.
Verfassen Sie sofort ein dokumentiertes Antwortschreiben, das präzise den Satz enthält: „Ihr Räumungsanspruch gegen den Hauptmieter ist aufgrund der gesetzlichen Eintrittswirkung des § 565 BGB erloschen, da Sie nun selbst mein direkter Vermieter sind.“
Wer ist mein neuer Vermieter, wenn das Hauptmietverhältnis durch § 565 BGB endet?
Durch die Anwendung des § 565 BGB tritt kraft Gesetzes ein neuer Vermieter in Ihr Mietverhältnis ein. Ihr neuer Vertragspartner ist automatisch der Hauptvermieter, der die Kündigung des ursprünglichen Hauptmietverhältnisses bewirkt hat. Dabei handelt es sich entweder um den Eigentümer des Objekts oder um den eingesetzten Zwangsverwalter.
Diese gesetzliche Automatik dient Ihrem Schutz als Endmieter und verhindert ein administratives Vakuum. Sie müssen keine neue Vereinbarung unterschreiben oder befürchten, dass Ihr bestehender Vertrag beendet wird. Der Hauptvermieter übernimmt alle Rechte und Pflichten aus Ihrem Vertrag mit dem gekündigten Hauptmieter. Die vereinbarte Miete, die Nebenkostenregelungen sowie alle Fristen bleiben in diesem neuen, direkten Verhältnis unverändert bestehen.
Der wichtigste praktische Schritt betrifft die Umstellung der Mietzahlungen. Sobald die Kündigung des Hauptmieters wirksam wird, schulden Sie die Miete direkt dem neuen Vertragspartner. Zahlen Sie weiterhin an das gekündigte Unternehmen, riskieren Sie Mietrückstände beim neuen Vermieter. Im Fall vor dem Landgericht Wuppertal wurde der Zwangsverwalter in dem Moment zum Vermieter der Mitarbeiterin, als seine Kündigung gegenüber dem Unternehmen wirksam wurde.
Kontaktieren Sie umgehend den neuen Vermieter oder Zwangsverwalter, um die korrekten Bankdaten und einen direkten Ansprechpartner für Verwaltungsfragen zu erhalten.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Eintrittswirkung (§ 565 BGB)
Die Eintrittswirkung nach § 565 BGB beschreibt den automatischen Übergang eines Untermietverhältnisses in ein direktes Hauptmietverhältnis, sobald der Vertrag zwischen dem Hauptmieter (z.B. einem Unternehmen) und dem Eigentümer endet.
Das Gesetz bezweckt damit, Endmieter vor dem unverschuldeten Verlust ihres Wohnraums zu schützen und die rechtliche Stabilität des Mietbestands zu garantieren, unabhängig von der Kündigung der Vorkette.
Beispiel: Durch die Eintrittswirkung wurde der Zwangsverwalter in diesem Fall automatisch zum Vermieter der Mitarbeiterin, wodurch sein ursprünglicher Räumungsanspruch gegen das Unternehmen augenblicklich erlosch.
Geschäftsraummietvertrag
Ein Geschäftsraummietvertrag liegt juristisch immer dann vor, wenn der Mieter eine Immobilie nicht zu privaten Wohnzwecken anmietet, sondern zur Förderung gewerblicher Interessen oder zur Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils.
Diese vertragliche Einordnung dient dazu, Verträge, die primär geschäftlichen Zielen folgen, von den stark schutzbedürftigen Wohnraummietverhältnissen abzugrenzen; der Kündigungsschutz ist hier deutlich geringer.
Beispiel: Das Landgericht Wuppertal stufte den Vertrag als Geschäftsraummietvertrag ein, weil das mietende Unternehmen die Wohnung ausschließlich zur Mitarbeiterbindung und damit aus einem klaren Geschäftszweck heraus nutzte.
Rechtlich unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB)
Juristen nennen eine Leistung rechtlich unmöglich, wenn der Schuldner die geschuldete Handlung aufgrund eines gesetzlichen Hindernisses oder einer verbindlichen Rechtslage nicht erfüllen kann.
Diese Regelung im Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches stellt klar, dass niemand zu einer Leistung gezwungen werden kann, die ihm objektiv durch die Rechtsordnung selbst untersagt oder unmöglich gemacht wurde; die Verpflichtung erlischt dann.
Beispiel: Die Rückgabe der Wohnung war dem gekündigten Unternehmen rechtlich unmöglich geworden, da der Zwangsverwalter durch die gesetzliche Eintrittswirkung die tatsächliche und rechtliche Kontrolle über die Mietsache bereits selbst erlangt hatte.
Wohnraummietvertrag
Als Wohnraummietvertrag gilt jede vertragliche Überlassung von Räumlichkeiten, deren primärer Zweck darin besteht, dem Mieter oder Dritten einen dauerhaften, privaten Lebensmittelpunkt zu gewährleisten.
Der Gesetzgeber hat diesen Vertragstypus mit besonders umfassenden Schutzvorschriften versehen, insbesondere hinsichtlich des Kündigungsschutzes, um das Grundbedürfnis Wohnen zu sichern.
Beispiel: Der Schutzmechanismus des § 565 BGB greift nur, weil das überlassene Mietverhältnis zwischen Unternehmen und Mitarbeiterin am Ende tatsächlich einen Wohnraummietvertrag darstellte.
Zwangsverwalter
Ein Zwangsverwalter ist eine vom Gericht bestellte neutrale Person, die die Verwaltung von Immobilien übernimmt, deren Eigentümer ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen und bei denen eine gerichtliche Zwangsverwaltung angeordnet wurde.
Diese Figur sichert die wirtschaftlichen Interessen der Gläubiger, indem sie Erträge aus der Immobilie (wie Mieteinnahmen) einsammelt und verwaltet, um damit die Schulden der ursprünglichen Eigentümer zu begleichen.
Beispiel: Nachdem die ursprünglichen Eigentümer in finanzielle Schieflage gerieten, übernahm der Zwangsverwalter die Verfügungsgewalt über das Mietobjekt und versuchte, den Mietvertrag mit dem Unternehmen zu beenden.
Das vorliegende Urteil
LG Wuppertal – Az.: 8 S 24/24 – Urteil vom 27.11.2024
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