Ein Eigentümer focht den Beschluss seiner WEG zur Delegation der Sachverständigenauswahl an den Verwalter an, um unnötige Kosten bei der Schadensbehebung zu vermeiden. Entscheidend wurde die Frage, ob eine jahrealte Vertretungsbeschränkung in der Teilungserklärung diese weitreichende Übertragung von Kompetenzen tatsächlich legitimiert.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Darf die Hausverwaltung den Gutachter für die WEG einfach selbst auswählen?
- Was war der Auslöser für diesen Konflikt?
- Welche Regeln bestimmen das Handeln einer Wohnungseigentümergemeinschaft?
- Warum gab das Gericht der Eigentümergemeinschaft recht?
- Welche Lehren lassen sich aus diesem Urteil ziehen?
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Darf die WEG die Auswahl eines teuren Sachverständigen an die Hausverwaltung delegieren?
- Dürfen meine Vorschläge für Sanierungs-Angebote von der Eigentümergemeinschaft einfach ignoriert werden?
- Welche Budgetgrenze muss die WEG festlegen, wenn die Verwaltung Instandhaltungsaufträge vergibt?
- Was passiert, wenn mein nicht-ehepartnerischer Vertreter von der WEG-Versammlung ausgeschlossen wird?
- Wie kann ich meine Mitwirkungsrechte sichern, wenn die Teilungserklärung die Vertretung einschränkt?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 1295 C 19264/23 WEG | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht München
- Datum: 12.06.2024
- Aktenzeichen: 1295 C 19264/23 WEG
- Verfahren: Wohnungseigentumsverfahren
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Verwalterkompetenz, Vertretungsrecht
- Das Problem: Ein Wohnungseigentümer klagte gegen seine WEG. Die Gemeinschaft lehnte seine Vorschläge für einen Gutachter ab. Sie übertrug die Auswahl des Gutachters stattdessen der Hausverwaltung mit einem Budget von 15.000 Euro. Der Eigentümer wurde zudem daran gehindert, sich durch einen externen Dritten in der Versammlung vertreten zu lassen.
- Die Rechtsfrage: Darf die Wohnungseigentümergemeinschaft die Auswahl von Sachverständigen vollständig an die Hausverwaltung delegieren? Und ist es zulässig, wenn die Teilungserklärung die Vertretung in der Versammlung auf Miteigentümer oder Ehegatten beschränkt?
- Die Antwort: Nein, die Klage wurde abgewiesen. Die Übertragung der Auswahl an die Verwaltung ist gesetzlich zulässig, da die WEG Budgetobergrenzen festlegte. Die Beschränkung der Vertretung auf interne Personen durch die Teilungserklärung ist ebenfalls wirksam.
- Die Bedeutung: Die Wohnungseigentümergemeinschaft darf auch größere Auftragsvergaben wirksam an die Verwaltung delegieren. Eigentümer müssen dabei die in der Teilungserklärung festgelegten Regeln zur Versammlungsvertretung beachten.
Darf die Hausverwaltung den Gutachter für die WEG einfach selbst auswählen?
Stellen Sie sich eine Situation vor, die für viele Wohnungseigentümer ein Albtraum ist: Seit Jahren dringt Wasser in Ihre Kellerräume ein, doch die Gemeinschaft kommt bei der Ursachenforschung und Sanierung nicht voran. Ein Eigentümer in München, frustriert von der jahrelangen Hängepartie, nimmt die Sache selbst in die Hand. Nachdem ein Gericht die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) endlich zum Handeln verpflichtet hat, holt er vier Angebote von Sachverständigenbüros ein. Doch in der entscheidenden Eigentümerversammlung geschieht Unerwartetes: Die Gemeinschaft ignoriert seine Vorschläge, schließt sie sogar explizit aus und überträgt die gesamte Auswahl des Gutachters stattdessen an die Hausverwaltung – ausgestattet mit einem Budget von 15.000 Euro. In einem Urteil vom 12. Juni 2024 (Az.: 1295 C 19264/23 WEG) musste das Amtsgericht München klären, ob ein solches Vorgehen rechtens ist oder ob die Eigentümer damit ihre Kernkompetenzen unzulässig aus der Hand geben.
Was war der Auslöser für diesen Konflikt?

Der Kläger, Eigentümer von drei Einheiten in einer Münchner WEG, kämpft bereits seit 2012 mit Wasserschäden in seinem Keller. Der Streit um die notwendigen Sanierungsmaßnahmen zog sich über Jahre und mündete bereits in einem früheren Gerichtsverfahren. Mit einem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts München I wurde die WEG verpflichtet, ein Sachverständigenbüro zu beauftragen, um die Ursachen der Undichtigkeiten zu erforschen. Das Gericht ermächtigte die Hausverwaltung dazu und stellte ein Budget von 5.000 Euro aus der Instandhaltungsrücklage bereit.
Auf Basis dieses Urteils handelte der Eigentümer umgehend. Er holte vier Angebote von Fachfirmen ein und legte sie der Gemeinschaft vor. Die Hoffnung war, auf der nächsten Eigentümerversammlung am 5. September 2023 endlich eine Entscheidung herbeizuführen. Doch die Versammlung verlief anders als erwartet.
Zuerst wurde dem Vertreter des Eigentümers der Zutritt verwehrt. Der Eigentümer wollte sich von einem Dritten vertreten lassen, der weder Miteigentümer noch sein Ehegatte war. Die Versammlungsleitung lehnte dies unter Berufung auf eine Klausel in der Teilungserklärung ab – dem Gründungsdokument der Gemeinschaft.
Anschließend fasste die Gemeinschaft unter dem Tagesordnungspunkt 8 einen folgenreichen Beschluss. Sie beschloss zwar, wie vom Gericht angeordnet, die Beauftragung eines Sachverständigen. Allerdings wurde explizit festgehalten, dass keiner der vom klagenden Eigentümer vorgeschlagenen Experten beauftragt werden dürfe. Stattdessen wurde die Hausverwaltung ermächtigt, selbst einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen auszuwählen. Das Budget wurde auf 15.000 Euro für den Gutachter und notwendige Handwerkerleistungen aufgestockt.
Der Eigentümer sah darin eine Verletzung seiner Rechte. Er klagte mit dem Ziel, diesen Beschluss für ungültig erklären zu lassen. Seiner Ansicht nach hatte die Gemeinschaft ihre Entscheidungspflicht unzulässig an die Verwaltung delegiert und ihn durch den Ausschluss seines Vertreters in seinem Teilnahmerecht beschnitten.
Welche Regeln bestimmen das Handeln einer Wohnungseigentümergemeinschaft?
Um die Entscheidung des Gerichts nachzuvollziehen, muss man das Machtgefüge innerhalb einer WEG verstehen. Das oberste Entscheidungsorgan ist die Eigentümerversammlung. Hier üben die Eigentümer ihr Stimmrecht aus und entscheiden über die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Die Hausverwaltung ist hingegen das ausführende Organ. Sie setzt die Beschlüsse der Gemeinschaft um und kümmert sich um das Tagesgeschäft.
Eine zentrale Frage in diesem Fall war, inwieweit die Eigentümerversammlung ihre Entscheidungsmacht an die Verwaltung abgeben darf. Die Antwort darauf findet sich im Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Nach der WEG-Reform hat der Gesetzgeber die Kompetenzen der Verwaltung gestärkt. Entscheidend ist hier § 27 Abs. 2 WEG. Diese Vorschrift erlaubt es der Gemeinschaft, die Verwaltung durch einen Beschluss zu ermächtigen, Maßnahmen der Instandhaltung oder Instandsetzung selbstständig zu beauftragen. Die Eigentümer können dabei die wesentlichen Eckpunkte, wie etwa eine Kostenobergrenze, vorgeben.
Ein weiteres entscheidendes Regelwerk ist die Teilungserklärung. Sie ist quasi die Verfassung einer jeden WEG und legt die grundlegenden Rechte und Pflichten der Eigentümer fest. Sie kann auch Regelungen zur Durchführung von Eigentümerversammlungen enthalten, beispielsweise wer einen Eigentümer vertreten darf. Solche Regelungen sind für alle Eigentümer bindend, solange sie nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen oder einen Eigentümer unangemessen benachteiligen.
Warum gab das Gericht der Eigentümergemeinschaft recht?
Das Amtsgericht München wies die Klage des Eigentümers vollumfänglich ab. Die Richter sahen weder in der Delegation der Gutachterauswahl noch im Ausschluss des Vertreters einen Rechtsverstoß. Die Entscheidung stützt sich auf eine differenzierte Abwägung der Befugnisse von Gemeinschaft und Verwaltung.
War die Delegation der Gutachterauswahl an die Verwaltung zulässig?
Das Herzstück der Argumentation des Eigentümers war, dass die Gemeinschaft ihre Entscheidungskompetenz nicht einfach an die Verwaltung abtreten dürfe. Insbesondere bei einer so wichtigen und kostspieligen Maßnahme wie der Beauftragung eines Gutachters müsse die Versammlung selbst entscheiden, zumal bereits vergleichbare Angebote vorlagen.
Das Gericht folgte dieser Sichtweise nicht. Es stellte klar, dass § 27 Abs. 2 WEG genau eine solche Übertragung von Kompetenzen ermöglicht. Das Gesetz sieht keine Beschränkung vor, dass nur Maßnahmen von untergeordneter Bedeutung delegiert werden dürfen. Die Eigentümer können der Verwaltung auch weitreichendere Aufgaben übertragen, solange dies durch einen klaren Beschluss geschieht.
Der entscheidende Schutzmechanismus für die Eigentümer ist dabei die Möglichkeit, die Ermächtigung an Bedingungen zu knüpfen. Im vorliegenden Fall hatte die Gemeinschaft eine klare Budgetobergrenze von 15.000 Euro festgelegt. Dass dieser Betrag die im vorherigen Urteil genannten 5.000 Euro überstieg, sah das Gericht als gerechtfertigt an. Der neue Beschluss umfasste explizit auch die Kosten für unterstützende Handwerks- und Gartenbauarbeiten, die für die Untersuchung des Sachverständigen notwendig sein könnten.
Das Gericht betonte zudem einen wichtigen Punkt: Eine solche Ermächtigung ist kein Freibrief. Die Hausverwaltung bleibt an die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung gebunden. Sie muss bei der Auswahl des Gutachters sorgfältig und im besten Interesse der Gemeinschaft handeln. Sollte sie dies nicht tun, können die Eigentümer sie dafür haftbar machen.
Durfte der Vertreter des Eigentümers von der Versammlung ausgeschlossen werden?
Der zweite Angriffspunkt des Klägers war der Ausschluss seines Bevollmächtigten. Er argumentierte, dies verletze sein Kernrecht auf Teilnahme an der Versammlung. Auch hier widersprach das Gericht.
Die Grundlage für den Ausschluss war § 18 der Teilungserklärung. Diese Klausel beschränkte das Vertretungsrecht auf den Ehegatten, einen anderen Wohnungseigentümer oder den Verwalter. Das Gericht befand diese Regelung für wirksam und verwies dabei auf eine gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Eine solche Beschränkung dient dem legitimen Zweck, die Eigentümerversammlung als internes Gremium zu schützen und sie vor dem Einfluss gemeinschaftsfremder Dritter zu bewahren.
Der Eigentümer wurde dadurch nicht rechtlos gestellt. Er hätte sich durch eine der in der Teilungserklärung genannten Personen vertreten lassen können. Alternativ hätte er beispielsweise dem Verwalter eine sogenannte Gebundene Vollmacht erteilen können, die diesen anweist, bei bestimmten Tagesordnungspunkten auf eine bestimmte Weise abzustimmen. Sein Recht zur Mitwirkung war also nicht aufgehoben, sondern lediglich in der Ausübung an die Regeln der Gemeinschaftsordnung geknüpft.
Hatte der Eigentümer einen Anspruch auf Annahme seiner Angebote?
Schließlich verneinte das Gericht auch einen Anspruch des Eigentümers darauf, dass die Gemeinschaft eines seiner vier eingeholten Angebote annimmt. Eine WEG verfügt bei der Auswahl von Dienstleistern über ein Auswahlermessen. Solange die getroffene Entscheidung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, kann ein einzelner Eigentümer nicht erzwingen, dass ein von ihm favorisierter Anbieter beauftragt wird. Da der Beschluss zur Delegation an die Verwaltung rechtmäßig war und die Verwaltung nachweislich bereits einen Gutachter beauftragt hatte, lief auch der Hilfsantrag des Eigentümers ins Leere.
Welche Lehren lassen sich aus diesem Urteil ziehen?
Dieses Urteil beleuchtet zwei zentrale Spannungsfelder im Wohnungseigentumsrecht: die Effizienz der Verwaltung gegenüber der Entscheidungshoheit der Eigentümer und die Rechte des Einzelnen gegenüber den Regeln der Gemeinschaft.
Die erste wichtige Erkenntnis ist, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Handlungsfähigkeit durch eine gezielte Delegation von Aufgaben an die Verwaltung erheblich steigern kann. Das Gesetz (§ 27 Abs. 2 WEG) gibt ihr dieses Werkzeug an die Hand. Für Eigentümer bedeutet das, dass der Fokus nicht darauf liegen sollte, eine solche Delegation grundsätzlich zu verhindern, sondern sie klug zu gestalten. Ein präzise formulierter Beschluss, der klare Aufträge, realistische Zeitfenster und vor allem eine feste Budgetobergrenze enthält, ist der entscheidende Hebel. Er schafft für die Verwaltung einen verlässlichen Handlungsrahmen und schützt gleichzeitig die Gemeinschaft vor unkontrollierten Kosten.
Die zweite Lehre betrifft die immense Bedeutung der Teilungserklärung. Dieses oft als rein technisches Dokument wahrgenommene Papier ist die Verfassung der Gemeinschaft und regelt das Miteinander auf Jahre oder Jahrzehnte. Wie der Fall zeigt, kann eine vor langer Zeit formulierte Klausel zur Vertretungsbefugnis heute direkte Auswirkungen auf die Mitwirkungsrechte eines Eigentümers haben. Das Urteil unterstreicht, dass solche Regelungen von den Gerichten ernst genommen und in der Regel als wirksam erachtet werden. Für jeden, der den Kauf einer Eigentumswohnung in Erwägung zieht, ist dies ein unmissverständlicher Appell: Lesen und verstehen Sie die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung, bevor Sie unterschreiben. Sie definieren die Spielregeln, an die Sie und alle anderen Mitglieder der Gemeinschaft gebunden sind.
Die Urteilslogik
Die Eigentümergemeinschaft besitzt weitreichende Befugnisse, ihre Entscheidungskompetenzen zur Instandhaltung an die Verwaltung zu delegieren, solange sie dabei klare Handlungsrahmen vorgibt.
- [Delegation schärft die Handlungsfähigkeit]: Wohnungseigentümergemeinschaften steigern ihre Effizienz, indem sie weitreichende Aufgaben zur Instandhaltung – selbst die Auswahl eines Sachverständigen – an die Verwaltung übertragen, sofern sie dabei eine präzise Budgetobergrenze festlegen.
- [Gemeinschaftsordnung limitiert externe Einflüsse]: Die Satzung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (Teilungserklärung) kann das Recht auf Vertretung in der Versammlung wirksam auf Miteigentümer, Verwalter oder Ehepartner beschränken, um den internen Charakter des Gremiums zu wahren.
- [Auswahlermessen priorisiert das Gemeinschaftsinteresse]: Die Gemeinschaft besitzt bei der Beauftragung von Dienstleistern ein weitreichendes Auswahlermessen; kein Einzeleigentümer kann die Annahme seiner persönlich eingeholten Vergleichsangebote erzwingen, solange der Mehrheitsbeschluss den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
Das Miteigentum bindet den Einzelnen unmissverständlich an die formalen Regeln der Gemeinschaftsordnung und die durch die Mehrheit getroffenen Entscheidungen.
Benötigen Sie Hilfe?
Haben Sie Zweifel an Beschlüssen zur Verwalterkompetenz oder Vertretungsregelung in Ihrer WEG? Fordern Sie für eine rechtliche Klärung eine unverbindliche Ersteinschätzung an.
Experten Kommentar
Der ewige Streit, wer den besten Gutachter findet, lähmt viele Gemeinschaften oft jahrelang. Das Amtsgericht München liefert hier einen klaren Leitfaden für effizientes Handeln: Die WEG kann die Beauftragung komplexer Leistungen sehr wohl dem Verwalter überlassen, wenn sie dabei eine klare Kostengrenze zieht. Für den einzelnen Eigentümer bedeutet das aber auch eine konsequente Lektion: Die Teilungserklärung ist die Verfassung der Gemeinschaft, und restriktive Regeln zur Vertretung werden von Gerichten konsequent durchgesetzt. Wer Kontrolle abgibt, um die Gemeinschaft handlungsfähig zu machen, muss dies sauber über den Beschluss steuern und die eigenen Mitwirkungsrechte genau kennen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Darf die WEG die Auswahl eines teuren Sachverständigen an die Hausverwaltung delegieren?
Ja, die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) darf die Auswahl eines Sachverständigen grundsätzlich an die Hausverwaltung übertragen, selbst wenn hohe Kosten entstehen. Das Wohnungseigentumsgesetz (§ 27 Abs. 2 WEG) erlaubt die Delegation von Instandhaltungsmaßnahmen. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit ist, dass dieser Beschluss eine klare finanzielle Obergrenze festlegt. Dies schafft einen Handlungsrahmen für die Verwaltung und schützt gleichzeitig die Eigentümer vor unkontrollierten Ausgaben.
Die Übertragung weitreichender Aufgaben ist ausdrücklich vorgesehen und beschränkt sich nicht auf untergeordnete Maßnahmen. Die WEG muss nicht jede einzelne Beauftragung selbst vornehmen. Dieses Vorgehen erhöht die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft, besonders bei komplexen oder langwierigen Vorgängen wie der Ursachenforschung von Bauschäden. Die Eigentümer behalten die Kontrolle, indem sie im Beschluss die wesentlichen Eckpunkte vorschreiben. Eine Delegation ohne jeglichen Kostenrahmen oder Auftrag würde allerdings gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstoßen.
Das Amtsgericht München bestätigte in einem Urteil von 2024 die Zulässigkeit einer solchen Delegation. Die WEG ermächtigte die Verwaltung, einen Gutachter mit einem Budget von 15.000 Euro zu beauftragen. Diese Obergrenze band die Verwaltung juristisch und fungierte als entscheidender Schutzmechanismus für die Eigentümer. Trotz dieser Ermächtigung muss die Hausverwaltung stets wirtschaftlich und im besten Interesse der Gemeinschaft handeln. Wählt sie unwirtschaftlich einen überteuerten Sachverständigen, können die Eigentümer sie dafür haftbar machen.
Fordern Sie sofort den genauen Beschlusswortlaut an und prüfen Sie, ob eine explizite Budgetobergrenze und ein klarer Auftrag formuliert wurden.
Dürfen meine Vorschläge für Sanierungs-Angebote von der Eigentümergemeinschaft einfach ignoriert werden?
Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann Ihre mühsam eingeholten Sanierungsangebote leider explizit ausschließen. Ein einzelner Eigentümer besitzt keinen rechtlichen Anspruch darauf, dass die Gemeinschaft seine favorisierten Anbieter beauftragt. Gerichte bestätigen, dass der WEG bei der Auswahl von Handwerkern oder Sachverständigen ein weitreichendes Auswahlermessen zusteht. Die Gemeinschaft darf Ihre Vorschläge ignorieren, solange der gefasste Beschluss den juristischen Anforderungen genügt.
Dieses Auswahlermessen schützt die Entscheidungsfreiheit des obersten Organs der Gemeinschaft, der Eigentümerversammlung. Solange der Beschluss zur Ablehnung Ihrer Vorschläge und zur Beauftragung eines anderen Anbieters den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, ist er wirksam. Die Gemeinschaft ist nicht verpflichtet, blind das vermeintlich günstigste Angebot anzunehmen, sondern darf auch Kriterien wie die Erfahrung, die Qualität oder die Zuverlässigkeit des Anbieters gewichten.
Eine Anfechtung des WEG-Beschlusses ist nur dann aussichtsreich, wenn die stattdessen gewählte Lösung offensichtlich gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit verstößt. Sie müssen nachweisen, dass der tatsächlich beauftragte Anbieter im Vergleich zu Ihren Alternativen völlig unverhältnismäßig ist und dadurch die Vermögensinteressen der Gemeinschaft verletzt. Der bloße Ausschluss Ihrer Angebote ist als alleiniger Anfechtungsgrund in der Regel nicht ausreichend.
Dokumentieren Sie den Preisunterschied und die Qualifikation Ihrer Angebote, um später die Unwirtschaftlichkeit des beauftragten Dienstleisters belegen zu können.
Welche Budgetgrenze muss die WEG festlegen, wenn die Verwaltung Instandhaltungsaufträge vergibt?
Die WEG-Gesetzgebung schreibt keine bestimmte feste Zahl als Obergrenze vor, wenn Aufgaben delegiert werden. Wenn die Eigentümer die Vergabe von Instandhaltungsaufträgen an die Verwaltung delegieren, ist die Festlegung einer festen Budgetobergrenze jedoch zwingend notwendig. Dieser finanzielle Rahmen schützt die Gemeinschaft vor unkontrollierten Ausgaben und ist ein Kernbestandteil ordnungsgemäßer Verwaltung.
Der Grundsatz liegt in der Schutzfunktion für die Eigentümer, welche die Verwaltung vor Missbrauch der Ermächtigung bewahren soll. Ein Beschluss zur Aufgabenübertragung, der keine explizit formulierte Kostenobergrenze enthält, verletzt die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung. Solche Beschlüsse wären in der Regel erfolgreich anfechtbar, da die Eigentümer ihr Kontrollrecht aus der Hand geben. Die Obergrenze stellt sicher, dass die Verwaltung zwar handlungsfähig bleibt, aber nur im Rahmen des von der Gemeinschaft genehmigten Budgets agiert.
Die Grenze muss dem Umfang der notwendigen Maßnahme entsprechen und realistisch sein. Konkret erlaubte das Amtsgericht München eine Obergrenze von 15.000 Euro für die Beauftragung eines Gutachters. Dieser Betrag war zulässig, weil er explizit auch notwendige Nebenleistungen wie vorbereitende Handwerkerarbeiten abdeckte. Eine unrealistisch niedrige Begrenzung, die eine ordnungsgemäße Mängeluntersuchung verhindert, sollten Sie vermeiden.
Prüfen Sie bei Beschlüssen zur Delegation immer die vorgeschlagene Kostenobergrenze und verlangen Sie eine präzise Aufschlüsselung, welche Leistungen dieser Kostenrahmen einschließt.
Was passiert, wenn mein nicht-ehepartnerischer Vertreter von der WEG-Versammlung ausgeschlossen wird?
Obwohl Sie Zeit und Geld in die Bevollmächtigung eines externen Fachexperten investiert haben, ist der Ausschluss Ihres nicht-ehepartnerischen Vertreters oft juristisch zulässig. Die Teilungserklärung (TE) definiert die verbindlichen internen Regeln der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Beschränkt die TE das Vertretungsrecht auf einen bestimmten, engen Personenkreis, ist diese Regelung bindend und muss eingehalten werden.
Die Teilungserklärung funktioniert juristisch wie die Verfassung Ihrer Gemeinschaft. Sie darf festlegen, dass nur Miteigentümer, der Ehegatte oder der Verwalter einen Eigentümer vertreten dürfen. Solche Einschränkungen hält der Bundesgerichtshof (BGH) grundsätzlich für wirksam. Der Zweck dieser Regelungen liegt im legitimen Interesse, die Versammlung als internes Gremium zu schützen und den Einfluss gemeinschaftsfremder Dritter abzuwehren.
Wurde Ihr Vertreter rechtmäßig ausgeschlossen, führt dies nicht zur Ungültigkeit der gefassten Beschlüsse. Gerichte gehen davon aus, dass der betroffene Eigentümer stets die Möglichkeit hatte, eine durch die Teilungserklärung erlaubte Vertretung zu wählen. Ein Versuch, die Versammlungsbeschlüsse wegen der unzulässigen Vertretung anzufechten, ist daher meist aussichtslos und wird abgewiesen.
Bevor Sie das nächste Mal eine Vollmacht erteilen, prüfen Sie zwingend die Teilungserklärung und markieren Sie exakt, welche Personen zur Vertretung zugelassen sind.
Wie kann ich meine Mitwirkungsrechte sichern, wenn die Teilungserklärung die Vertretung einschränkt?
Der juristische Weg, Ihre Interessen zu schützen, führt über die gebundene Vollmacht. Wenn die Teilungserklärung die Vertretung durch externe Dritte verbietet, wählen Sie stattdessen eine Person, die laut Gemeinschaftsordnung zugelassen ist. Das ist oft der Ehegatte, ein Miteigentümer oder der Verwalter. Diese Person handeln Sie präzise an, sodass Ihr Wille bei der Abstimmung gesichert ist.
Die Teilungserklärung gilt als Verfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) und ihre Regelungen zur Vertretung sind für alle Eigentümer bindend. Gerichte bestätigen diese Beschränkungen regelmäßig, da sie dem legitimen Zweck dienen, die Eigentümerversammlung als internes Gremium zu schützen. Sie umgehen diese Beschränkung, indem Sie die zugelassene Person wählen, ihr aber gleichzeitig die freie Abstimmungsentscheidung entziehen.
Die gebundene Vollmacht zwingt den Vertreter, genau nach Ihren Anweisungen abzustimmen. Nehmen wir an, die WEG stimmt über einen kostspieligen Gutachter (TOP 8) ab, den Sie ablehnen wollen. Sie erteilen dem Vertreter eine Vollmacht, die explizit lautet: „Bei TOP 8 ist mit Ablehnung zu votieren.“ Der Vertreter ist juristisch gebunden und muss dieser Weisung folgen. Eine pauschale Vollmacht hingegen würde dem zugelassenen Vertreter die Möglichkeit geben, nach eigenem Ermessen gegen Ihre Interessen zu handeln.
Verfassen Sie die Vollmacht immer schriftlich, enthalten Sie präzise Anweisungen für jeden kritischen Tagesordnungspunkt und legen Sie das Dokument dem Verwalter vor.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Auswahlermessen
Das Auswahlermessen beschreibt die Freiheit einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), unter mehreren infrage kommenden Anbietern – etwa Gutachtern oder Handwerkern – selbstständig den geeignetsten auszuwählen. Das Gesetz räumt der Gemeinschaft diesen Entscheidungsspielraum ein, damit sie nicht gezwungen ist, das billigste, sondern das wirtschaftlich beste und qualitativ hochwertigste Angebot zu beauftragen.
Beispiel: Da der WEG ein weitreichendes Auswahlermessen zusteht, musste die Gemeinschaft keines der vom klagenden Eigentümer eingeholten Angebote für den Sachverständigen annehmen.
Gebundene Vollmacht
Eine Gebundene Vollmacht ist ein juristisches Dokument, das einen zugelassenen Vertreter (oft den Ehegatten oder Verwalter) an präzise Anweisungen des Vollmachtgebers bindet und ihm jeglichen Spielraum bei der Abstimmung nimmt. Dieser Mechanismus stellt sicher, dass Eigentümer, deren Vertretung durch die Teilungserklärung eingeschränkt ist, ihre Stimmrechte in der Versammlung dennoch zielgerichtet und kontrolliert ausüben können.
Beispiel: Der klagende Eigentümer hätte dem Verwalter eine Gebundene Vollmacht erteilen können, um sicherzustellen, dass dieser bei dem Tagesordnungspunkt zur Gutachterauswahl mit Ablehnung stimmt.
Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung
Die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung (GOV) stellen den rechtlichen Mindeststandard dar, nach dem alle Entscheidungen und Beschlüsse der WEG und der Hausverwaltung, insbesondere im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit, gemessen werden. Dieses ungeschriebene Gesetz gewährleistet, dass das Gemeinschaftseigentum sachgerecht instand gehalten wird und verhindert, dass Beschlüsse gefasst werden, die dem Interesse oder dem Vermögen der Gemeinschaft eindeutig schaden.
Beispiel: Selbst nachdem die Auswahl des Sachverständigen an die Hausverwaltung delegiert wurde, musste diese bei der Beauftragung die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung wahren und durfte keinen offensichtlich überteuerten Anbieter wählen.
§ 27 Abs. 2 WEG (Ermächtigung der Verwaltung)
Gemäß § 27 Abs. 2 WEG können die Eigentümer die Hausverwaltung per Beschluss dazu ermächtigen, Instandhaltungsmaßnahmen und Instandsetzungen selbstständig im Namen der Gemeinschaft zu beauftragen. Die Vorschrift dient der Steigerung der Handlungsfähigkeit der WEG, indem sie es der Verwaltung ermöglicht, bei komplexen Vorgängen oder eiligen Fällen schnell und effizient zu handeln.
Beispiel: Das Amtsgericht München stützte sich auf § 27 Abs. 2 WEG, als es die Rechtmäßigkeit des Beschlusses bestätigte, die Auswahl des Gutachters an die Hausverwaltung zu übertragen, da eine Budgetobergrenze festgesetzt war.
Teilungserklärung
Juristen nennen die Teilungserklärung das Gründungsdokument jeder WEG, welches die Aufteilung des Eigentums in Sonder- und Gemeinschaftseigentum sowie die grundlegenden Rechte und Pflichten aller Wohnungseigentümer verbindlich festlegt. Dieses juristische Regelwerk funktioniert als die Verfassung der Gemeinschaft und enthält alle wesentlichen Spielregeln, die von der Kostenverteilung bis hin zu möglichen Beschränkungen des Vertretungsrechts reichen.
Beispiel: Die Teilungserklärung enthielt eine Klausel, die das Vertretungsrecht des Eigentümers auf Ehegatten und Miteigentümer beschränkte, weshalb sein externer Bevollmächtigter von der Versammlung ausgeschlossen werden durfte.
Das vorliegende Urteil
AG München – Az.: 1295 C 19264/23 WEG – Urteil vom 12.06.2024
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