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Anspruch auf Wiederauffüllung der Mietsicherheit nach Insolvenz: Wer fordert?

Ein Gewerbe-Mieter forderte nach Aufhebung seiner Insolvenz die Fortsetzung des Mietvertrags, doch der Vermieter stellte den Anspruch auf Wiederauffüllung der Mietsicherheit nach Insolvenz. Das Gericht musste klären, ob dieser Betrag als alte Insolvenzforderung bereits erledigt war oder als neuer Sicherungszweck voll bezahlt werden muss.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 U 54/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Rostock
  • Datum: 23.10.2025
  • Aktenzeichen: 3 U 54/25
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Insolvenzrecht

  • Das Problem: Ein Vermieter forderte vom Mieter die vollständige Wiederauffüllung einer Kaution, die er während des laufenden Mietverhältnisses genutzt hatte. Der Mieter war insolvent gewesen und verweigerte die Zahlung, da die Schuld seiner Meinung nach erloschen sei.
  • Die Rechtsfrage: Gilt die vertragliche Pflicht zur Wiederauffüllung der Kaution als normale Insolvenzforderung? Oder muss der Mieter diese Kaution nach Abschluss des Insolvenzverfahrens noch vollständig begleichen?
  • Die Antwort: Der Vermieter hat den Anspruch auf vollständige Wiederauffüllung der Kaution. Der Anspruch ist nicht als Insolvenzforderung zu qualifizieren. Er kann nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens in voller Höhe geltend gemacht werden.
  • Die Bedeutung: Der Sicherungszweck einer Mietsicherheit bleibt auch bei einer Fortsetzung des Mietverhältnisses nach einer Insolvenz des Mieters bestehen. Der Mieter wird von dieser speziellen Wiederauffüllungspflicht nicht durch das Insolvenzverfahren befreit.

Muss die Kaution nach einer Insolvenz wieder voll aufgefüllt werden?

Ein Mietverhältnis überdauert eine Unternehmensinsolvenz – eine Situation, die für beide Seiten eine zweite Chance bedeutet. Doch was passiert, wenn die Mietsicherheit, die Kaution, während der Krise vom Vermieter für offene Forderungen verbraucht wurde? Kann der Vermieter nach Abschluss des Insolvenzverfahrens verlangen, dass die Kaution wieder auf den vollen Betrag aufgefüllt wird? Oder ist dieser Anspruch nur eine alte Forderung, die durch das Insolvenzverfahren auf einen Bruchteil ihres Wertes reduziert wurde? Mit genau diesem Spannungsfeld befasste sich das Oberlandesgericht Rostock in einem Urteil vom 23. Oktober 2025 (Az. 3 U 54/25) und lieferte eine wegweisende Einordnung, die den Zweck einer Mietsicherheit in den Mittelpunkt stellt.

Was genau war zwischen Mieterin und Vermieterin passiert?

Die Geschichte beginnt mit einem gewöhnlichen Mietvertrag über Geschäftsräume. Eine Mieterin und ihre Vermieterin hatten, wie üblich, die Stellung einer Mietsicherheit vereinbart. Im Laufe der Zeit geriet die Mieterin jedoch in finanzielle Schieflage, die in einem Insolvenzverfahren mündete. Während dieses Verfahrens nutzte die Vermieterin die hinterlegte Kaution, um ihre offenen Forderungen teilweise zu decken.

Die fordernde Hand eines Vermieters hält einen Bund Schlüssel, während ein Mieter zögerlich ein dickes Bündel Geldscheine festhält.
Kaution nach Insolvenz: OLG Rostock klärt Wiederauffüllpflicht bei fortgesetztem Mietvertrag. | Symbolbild: KI

Das Besondere an diesem Fall: Das Mietverhältnis wurde nicht beendet, sondern auch nach der erfolgreichen Sanierung und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens fortgesetzt. Nun stand die Vermieterin jedoch ohne die vertraglich vereinbarte Sicherheit da. Sie forderte daher von der Mieterin die Zahlung von 68.287,50 €, um die Kaution wieder aufzufüllen.

Die Mieterin weigerte sich zu zahlen. Ihr Argument: Der Anspruch auf Wiederauffüllung der Kaution sei eine Forderung, die bereits vor der Insolvenzeröffnung entstanden sei. Damit handle es sich um eine klassische Insolvenzforderung, die mit der Quote aus dem Insolvenzplan abgegolten sei. Ein voller Ausgleich außerhalb des Verfahrens würde die anderen Gläubiger benachteiligen und den Sinn der Insolvenz – einen sauberen Neustart – untergraben.

Das Landgericht Neubrandenburg gab in erster Instanz der Vermieterin recht. Doch die Mieterin legte Berufung ein, sodass der Fall zur endgültigen Klärung dem Oberlandesgericht Rostock vorgelegt wurde.

Insolvenzforderung oder eigenständiger Anspruch: Wo liegt der rechtliche Kern des Problems?

Um die Entscheidung des Gerichts nachzuvollziehen, muss man das zentrale Prinzip des Insolvenzrechts verstehen. Eine Insolvenzforderung nach § 38 der Insolvenzordnung (InsO) ist im Kern eine Forderung, die bereits zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung gegen den Schuldner bestand. Alle Gläubiger solcher Forderungen werden grundsätzlich gleichbehandelt und erhalten am Ende des Verfahrens nur einen prozentualen Anteil ihrer ursprünglichen Forderung, die sogenannte Insolvenzquote.

Die Mieterin argumentierte, der Anspruch auf eine volle Kaution sei genau das: eine alte Geldforderung. Die Vermieterin sah das anders. Für sie war der Anspruch auf eine intakte Sicherheit untrennbar mit dem fortlaufenden Mietvertrag verbunden. Er diene nicht der Befriedigung alter Schulden, sondern der Absicherung zukünftiger Risiken, die aus dem weitergeführten Vertrag entstehen könnten – etwa künftige Mietrückstände oder Schäden am Objekt.

Die entscheidende Frage für das Gericht lautete also: Ist der Anspruch auf Kautionsauffüllung ein Relikt aus der Vergangenheit, das dem Schicksal aller anderen Insolvenzforderungen folgt? Oder ist er ein lebendiger, sich aus dem fortgesetzten Vertrag erneuernder Anspruch, der außerhalb des Insolvenzverfahrens steht?

Warum das Gericht den Anspruch auf Kautionsauffüllung schützte

Das Oberlandesgericht Rostock wies die Berufung der Mieterin zurück und bestätigte das Urteil der Vorinstanz. Die Richter stellten klar, dass der Anspruch auf Wiederauffüllung der Mietsicherheit nicht als einfache Insolvenzforderung abgetan werden kann. Ihre Argumentation stützt sich auf eine funktionale Betrachtung des Kautionszwecks und entkräftet die Sorgen der Mieterin Punkt für Punkt.

Die Kaution sichert die Zukunft, nicht die Vergangenheit

Der Senat argumentierte, dass der Anspruch auf Wiederauffüllung der Kaution sich nicht in das starre Schema von Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit pressen lässt. Sein wahrer Charakter offenbart sich, wenn man seinen Zweck betrachtet. Eine Mietsicherheit soll das Risiko des Vermieters für künftige Pflichtverletzungen des Mieters abdecken.

Da der Mietvertrag nach der Insolvenz fortgesetzt wurde, entstanden und entstehen für die Mieterin auch weiterhin Verpflichtungen, wie die monatliche Mietzahlung. Damit lebt auch das Sicherungsinteresse der Vermieterin fort. Das Gericht sah keinen Grund, warum die Vermieterin gezwungen sein sollte, ein Mietverhältnis ohne die vertraglich vereinbarte Absicherung weiterzuführen, nur weil die Mieterin eine Insolvenz durchlaufen hat. Der Anspruch auf die Sicherheit „erwacht“ quasi mit der Fortsetzung des Vertrags nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu neuem Leben und kann dann in voller Höhe geltend gemacht werden.

Warum die Angst vor einer Umgehung der Insolvenzquote unbegründet war

Das Kernargument der Mieterin war die Befürchtung, die Vermieterin könne sich über den Weg der Kautionsauffüllung alte, vor der Insolvenz entstandene Forderungen zu 100 % befriedigen und so das Prinzip der Gläubigergleichbehandlung (§ 45 InsO) aushebeln. Die Mieterin malte das Bild eines Kreislaufs: Die Vermieterin verrechnet Altschulden mit der Kaution, verlangt die volle Wiederauffüllung und wiederholt das Spiel.

Dieses Argument wies das Gericht als in der Praxis nicht tragfähig zurück. Die Richter nannten dafür zwei entscheidende Gründe:

Erstens sind die alten Mietforderungen, die vor der Insolvenz entstanden sind, durch den abgeschlossenen Insolvenzplan rechtlich erledigt. Gemäß § 227 Abs. 1 InsO wird der Schuldner von diesen Verbindlichkeiten befreit. Es gibt nach dem Verfahren also schlicht keine offenen Altforderungen mehr, mit denen die Vermieterin aufrechnen könnte.

Zweitens ist eine Aufrechnung mit dem Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution rechtlich ohnehin stark eingeschränkt. Dieser Anspruch des Mieters ist nämlich, so das Gericht, Aufschiebend bedingt. Er entsteht erst, wenn das Mietverhältnis beendet und die Mietsache zurückgegeben wurde. Nach den allgemeinen Regeln zur Aufrechnung (§ 387 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) kann man aber nicht mit einer Forderung aufrechnen, die selbst noch gar nicht fällig oder entstanden ist. Die von der Mieterin befürchtete Umgehung der Insolvenzregeln ist somit rechtlich und praktisch blockiert.

Die Eintragung in die Insolvenztabelle: Kein endgültiges Urteil

Zuletzt hatte die Mieterin angeführt, die Forderung sei ja in der Insolvenztabelle festgestellt worden, was einer endgültigen Entscheidung gleichkomme. Auch hier folgte das Gericht der herrschenden juristischen Meinung. Die Eintragung einer Forderung in die Tabelle nach § 178 Abs. 3 InsO hat nicht die gleiche Wirkung wie ein Gerichtsurteil. Sie regelt primär die Verteilung der Insolvenzmasse. Sie hindert einen Gläubiger aber nicht daran, einen Anspruch, der materiell gar keine Insolvenzforderung ist, nach Abschluss des Verfahrens gesondert durchzusetzen.

Im Ergebnis war die Klage der Vermieterin auf Zahlung der 68.287,50 € zur Wiederherstellung der Kaution vollständig begründet. Da die Frage jedoch von grundsätzlicher Bedeutung ist und von höheren Gerichten noch nicht entschieden wurde, ließ der Senat die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Welche Lehren lassen sich aus diesem Urteil ziehen?

Dieses Urteil des Oberlandesgerichts Rostock verdeutlicht zwei zentrale Prinzipien, die über den reinen Mietrechtskontext hinausweisen. Es bietet eine wichtige Perspektive für jeden, der Verträge mit Partnern schließt, die eine wirtschaftliche Krise durchlaufen.

Die erste Lehre ist, dass der Zweck einer vertraglichen Regelung oft entscheidender ist als ihre rein formale Gestalt. Obwohl der Anspruch auf Kautionsauffüllung wie eine normale Geldforderung aussieht, hat das Gericht seine wahre Natur aus seiner Funktion abgeleitet: der Absicherung zukünftiger Risiken. Diese funktionale Auslegung schützt die Interessen des Vertragspartners, der bereit ist, eine Geschäftsbeziehung über eine Krise hinweg fortzuführen, und sorgt dafür, dass die vereinbarten Schutzmechanismen nicht durch die Insolvenz entwertet werden.

Die zweite Erkenntnis betrifft die bewusste Entscheidung zur Vertragsfortführung nach einer Insolvenz. Ein Insolvenzverfahren dient dazu, mit der Vergangenheit abzuschließen. Wenn sich beide Parteien aber für eine gemeinsame Zukunft entscheiden und einen Vertrag fortsetzen, schaffen sie eine neue Realität mit neuen gegenseitigen Rechten und Pflichten. Das Urteil macht klar, dass zu dieser neuen Realität auch die Wiederherstellung der ursprünglich vereinbarten Sicherheiten gehört. Die Fortsetzung eines Vertrages ist kein einseitiger Vorteil für den sanierten Schuldner, sondern erfordert die Erfüllung aller damit verbundenen Pflichten – einschließlich der Bereitstellung einer vollen Kaution.

Die Urteilslogik

Die Fortsetzung eines Mietverhältnisses nach einer Mieter-Insolvenz belebt den Anspruch des Vermieters auf eine vollständige Mietsicherheit neu und schützt damit dessen zukünftige Risikovorsorge.

  • Die Funktion bestimmt die Rechtsfolge: Der Sicherungszweck einer Kaution dient der Absicherung künftiger Verpflichtungen und entzieht den Anspruch auf ihre Wiederauffüllung der Behandlung als Insolvenzforderung.
  • Wiederherstellung bei Fortsetzung: Setzen Vertragspartner eine Geschäftsbeziehung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens fort, erwacht die Pflicht zur Bereitstellung der ursprünglich vereinbarten Sicherheiten in vollem Umfang wieder zum Leben.
  • Keine Umgehung der Gläubigergleichheit: Der Anspruch auf Kautionsauffüllung gefährdet das Prinzip der Gläubigergleichbehandlung nicht, da der Insolvenzplan Altforderungen abschließend erledigt und eine Verrechnung mit diesen Altschulden rechtlich unmöglich macht.

Dieses Prinzip stellt sicher, dass eine Vertragsfortsetzung nach der Insolvenz die berechtigten Sicherungsinteressen des loyalen Vertragspartners nicht entwertet.


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Experten Kommentar

Viele sehen die Kaution nur als einen großen Topf Geld, der bei Insolvenz geleert wird. Dieses Urteil stellt klar: Gerichte schauen auf den eigentlichen Sicherungszweck, der über die Sanierung hinausweist. Wer sich nach einer Unternehmensinsolvenz entscheidet, ein Mietverhältnis fortzuführen, muss die vertraglich vereinbarten Spielregeln — und damit die vollständige Mietsicherheit — wiederherstellen. Der Anspruch auf Kautionsauffüllung ist damit kein alter, quotierter Insolvenzanspruch, sondern ein zukunftsorientierter Mechanismus, der mit der Vertragsfortführung zu neuem Leben erwacht. Das ist die logische Konsequenz für Vermieter, die das Risiko einer Weiterführung tragen.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Muss ich die Kaution nach meiner Unternehmensinsolvenz wieder voll auffüllen?

Ja, Sie müssen die Kaution in der Regel in voller Höhe wiederherstellen, wenn das Mietverhältnis nach der Unternehmensinsolvenz fortgesetzt wird. Dies kann eine unerwartete Belastung darstellen, besonders nach einer erfolgreichen Sanierung. Der Anspruch des Vermieters wird nicht als quotengebundene Insolvenzforderung, sondern als Absicherung künftiger Risiken gewertet.

Die Pflicht zur Kautionsauffüllung entsteht mit der Fortsetzung des Vertrags neu. Juristisch wird die Kaution primär dazu genutzt, zukünftige Pflichtverletzungen, wie etwa neue Mietschulden oder Schäden, abzusichern. Der ursprüngliche Anspruch „erwacht“ quasi mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu vollem Leben. Er dient demnach nicht der Begleichung alter Schulden, sondern stellt die vereinbarte Sicherheit für die neue Realität des laufenden Vertrags wieder her.

Auch wenn die Kaution während der Krise vom Vermieter bereits für Altforderungen verbraucht wurde, muss die ursprüngliche Sicherheitshöhe wiederhergestellt werden. Der volle Betrag, wie beispielsweise eine Nachforderung von 68.287,50 €, ist ungemindert fällig. Es ist daher nicht ratsam, den Anspruch als bereits abgegoltene Altforderung zurückzuweisen. Diese Argumentation ignoriert die juristische Unterscheidung zwischen alter Schuld und fortlaufender Sicherungspflicht.

Um einen sofortigen Liquiditätsengpass zu vermeiden, fordern Sie umgehend eine detaillierte Aufstellung vom Vermieter an, die die rechnerische Grundlage der verlangten Summe belegt.


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Gilt der Anspruch auf Kautionsauffüllung als Insolvenzforderung oder neue Schuld?

Die Pflicht zur Kautionsauffüllung nach einer Unternehmensinsolvenz gilt nicht als klassische Insolvenzforderung gemäß § 38 der Insolvenzordnung (InsO). Gerichte stufen diesen Anspruch als einen eigenständigen, erneuerter Anspruch ein. Dieser ist untrennbar mit dem fortlaufenden Mietvertrag verbunden und dient der Absicherung künftiger Verpflichtungen. Er folgt daher nicht dem Schicksal der Altschulden, die im Insolvenzplan lediglich zur Quote erfüllt werden.

Insolvenzforderungen umfassen sämtliche Forderungen, die bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen das Unternehmen entstanden sind. Sie zielen darauf ab, alle Gläubiger dieser Altlasten gleich zu behandeln. Die Auffüllung der Kaution dient jedoch primär der Absicherung zukünftiger Risiken und Pflichtverletzungen aus dem fortgesetzten Vertrag. Diese funktionale Betrachtung der Sicherheit war für die Gerichte entscheidend, da sie die Absicht des Gesetzgebers schützt, dem Vermieter die vertraglich vereinbarte Sicherheit zu gewährleisten.

Das Gericht erkannte den wahren Charakter dieses Anspruchs in seinem Sicherungszweck, der erst durch die Entscheidung zur Vertragsfortführung voll greift. Die Pflicht zur Wiederherstellung der Kaution lebt mit der Fortsetzung des Mietverhältnisses wieder auf. Da dieser Anspruch die vertraglich vereinbarte Schutzposition des Vermieters für die neue vertragliche Realität sichert, kann die Forderung nicht auf eine niedrige Insolvenzquote reduziert werden, die lediglich alte Schulden begleicht.

Analysieren Sie die Begleitschreiben zur ursprünglichen Kautionsverrechnung, um die genaue Rechtsgrundlage des Vermieterhandelns zu verstehen.


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Wann muss ich die Kaution nach dem Insolvenzverfahren neu stellen?

Die Pflicht zur Wiederherstellung der vollen Kaution wird unmittelbar mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens fällig. Ab diesem Zeitpunkt geht der Vermieter kein ungesichertes Risiko mehr ein. Die volle Mietsicherheit muss sofort wieder intakt sein, damit der fortgesetzte Vertrag in seiner „neuen Realität“ umfassend abgesichert ist.

Das entscheidende Datum ist der Beschluss des Gerichts über die Aufhebung des Verfahrens nach § 200 InsO. Die Regel ist: Der Vermieter muss nicht gezwungen werden, das Mietverhältnis ohne die vertraglich vereinbarte Absicherung weiterzuführen, nur weil eine Insolvenz durchlaufen wurde. Die Kaution dient funktionell der Absicherung künftiger Verpflichtungen aus dem fortgesetzten Vertrag. Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens tritt das Sicherungsinteresse des Vermieters sofort wieder in den Vordergrund.

Ein automatischer Zahlungsaufschub existiert nicht, selbst wenn das sanierte Unternehmen Liquidität zur Konsolidierung benötigt. Die Fälligkeit tritt ein, sobald die Lücke in der Sicherheit durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach Verfahrensende offenbart wird. Der Vermieter kann das Unternehmen nicht monatelang ohne vertraglich vereinbarte Sicherheit agieren lassen. Eine schnelle Wiederherstellung der Kaution ist daher kritisch, um eine Kündigung des Vertrages durch den Vermieter zu verhindern.

Suchen Sie das Datum des Beschlusses zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens und klären Sie sofort mit dem Vermieter eine realistische Ratenzahlungsvereinbarung.


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Was kann ich tun, wenn mein Vermieter die Kautions-Quote umgehen will?

Sie müssen keine spezifischen Maßnahmen ergreifen, da das Insolvenzrecht effektive Schutzmechanismen gegen eine Umgehung der Quote vorsieht. Alte, vor der Verfahrenseröffnung entstandene Forderungen sind durch den abgeschlossenen Insolvenzplan rechtsgültig erledigt. Der Vermieter verfügt somit über keine offenen Altforderungen mehr, die er über die neu gestellte Kaution befriedigen könnte. Das Insolvenzverfahren bietet hier einen klaren Neuanfang.

Der wichtigste Schutzmechanismus ist die gesetzliche Befreiung von Altschulden, die in § 227 Abs. 1 InsO festgelegt ist. Diese Regelung stellt sicher, dass Sie als Schuldner nach Verfahrensende von allen Verbindlichkeiten entbunden sind, die vor der Eröffnung entstanden. Weil diese alten Forderungen nicht mehr existieren, kann die Vermieterseite die neue Kautionszahlung nicht legal verwenden, um sich nachträglich eine volle Begleichung der ursprünglichen Schulden zu verschaffen.

Gerichte haben die Befürchtung, es könnte zu einem Kreislauf aus Kautionsverbrauch, Wiederauffüllung und erneuter Verrechnung kommen, als in der Praxis nicht tragfähig zurückgewiesen. Eine Aufrechnung durch den Vermieter ist nämlich rechtlich ausgeschlossen, da Ihr Anspruch auf die Rückzahlung der Kaution erst bei der Beendigung des Mietverhältnisses fällig wird. Ein Vermieter kann nicht mit einer Forderung aufrechnen, die selbst noch nicht fällig ist.

Halten Sie in der Korrespondenz klar fest, dass die Auffüllzahlung ausschließlich zur Wiederherstellung der Sicherheitsposition für künftige Verpflichtungen dient und keine Anerkennung alter Restschulden beinhaltet.


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Was bedeutet die Fortführung des Mietvertrags für meine alten Sicherheiten?

Die Fortführung des Mietvertrages nach einer erfolgreichen Sanierung ist kein einseitiger Vorteil, sondern schafft rechtlich eine neue Realität. Diese vertragliche Neugründung erfordert, dass Sie alle ursprünglich vereinbarten Schutzmechanismen in vollem Umfang wiederherstellen. Die Pflicht zur Kautionsauffüllung wird damit zu einer Hauptpflicht aus dem fortlaufenden Vertrag. Der Insolvenzprozess befreit Sie zwar von Altschulden, aber nicht von der Pflicht, laufende Verträge korrekt abzusichern.

Juristisch betrachten Gerichte den Anspruch auf Sicherheit funktional und nicht formal. Sie sehen den eigentlichen Zweck der Sicherheit in der Absicherung zukünftiger Risiken, wie Mietrückstände oder Schäden, die erst nach dem Sanierungsprozess entstehen könnten. Diese funktionale Auslegung übersteuert die formale Entwertung der Kaution während der Krise. Die Vermieterin kann nicht gezwungen werden, einen fortlaufenden Vertrag ohne die vertraglich vereinbarte Mietsicherheit weiterzuführen.

Die Entscheidung zur Vertragsfortsetzung signalisiert, dass beide Parteien die Geschäftsbeziehung dauerhaft beibehalten wollen. Mit dieser Entscheidung erwacht die Pflicht zur Wiederherstellung der ursprünglichen Kautionshöhe vollständig zu neuem Leben. Das bedeutet, selbst wenn die Kaution während des Verfahrens zur Deckung alter Schulden verbraucht wurde, dient die neue Zahlung ausschließlich der Absicherung der laufenden Verpflichtungen. Das Urteil stellt somit die ursprünglich vereinbarte faire Balance zwischen den Vertragspartnern wieder her.

Erstellen Sie umgehend eine Liquiditätsprognose, in die die volle Kautionssumme als fällige Ausgabe eingerechnet wird, um die finanzielle Stabilität der Sanierung nicht sofort zu gefährden.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Aufhebung des Insolvenzverfahrens

Die Aufhebung des Insolvenzverfahrens beschreibt den gerichtlichen Beschluss, der das offizielle Sanierungsverfahren beendet und dem Schuldner seine volle wirtschaftliche Handlungsfähigkeit zurückgibt. Dieser Schritt markiert den rechtlichen Neustart des Unternehmens, da die im Rahmen des Insolvenzplans geregelten Altverbindlichkeiten als erledigt gelten.
Beispiel: Nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch das Gericht wurde die Pflicht der Mieterin zur Wiederherstellung der vollen Mietsicherheit neu fällig.

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Aufschiebend bedingt

Wenn ein Anspruch aufschiebend bedingt ist, existiert er dem Grunde nach bereits, wird aber erst mit dem Eintritt eines spezifischen, zukünftigen Ereignisses fällig und damit gerichtlich durchsetzbar. Das Gesetz nutzt diese Konstruktion, um die Fälligkeit an eine konkrete Voraussetzung zu knüpfen und so vorschnelle Begleichungen zu verhindern.
Beispiel: Weil der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution aufschiebend bedingt ist und erst bei der tatsächlichen Beendigung des Mietverhältnisses entsteht, kann der Vermieter nicht vorzeitig mit ihm aufrechnen.

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Gläubigergleichbehandlung

Die Gläubigergleichbehandlung ist ein fundamentaler Grundsatz des Insolvenzrechts (§ 45 InsO), der sicherstellt, dass alle Gläubiger alter Forderungen proportional zur Höhe ihrer Ansprüche am verwertbaren Schuldnervermögen beteiligt werden. Dieses Prinzip soll ausschließen, dass einzelne Gläubiger durch Sonderregelungen oder nachträgliche Zahlungen gegenüber der Allgemeinheit bevorzugt werden und so der Sanierungszweck untergraben wird.
Beispiel: Die Mieterin befürchtete, dass die Wiederauffüllung der Kaution die gesetzliche Gläubigergleichbehandlung aushebeln würde, da die Vermieterin so 100 % ihrer verlorenen Sicherheit zurückerhielte.

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Insolvenzforderung

Juristen nennen eine Insolvenzforderung eine Geldforderung, die bereits zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung gegen das insolvente Unternehmen oder die Person bestand. Solche Altforderungen fallen in die Insolvenzmasse, sind nach § 38 InsO zur Tabelle anzumelden und werden am Ende nur mit der festgelegten Quote befriedigt.
Beispiel: Die Mieterin argumentierte fälschlicherweise, der Anspruch auf die volle Kaution sei eine klassische Insolvenzforderung und müsse daher zur Insolvenzquote reduziert werden.

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Insolvenzplan

Der Insolvenzplan ist ein juristisch bindendes Dokument, das im Rahmen des Insolvenzverfahrens die Restrukturierung der Schulden regelt und festlegt, wie das Unternehmen saniert und die Gläubiger befriedigt werden sollen. Durch diesen Plan soll dem Schuldner nach Zustimmung der Gläubiger ein wirtschaftlicher Neustart ermöglicht werden, indem er von den alten Verbindlichkeiten befreit wird.
Beispiel: Gemäß § 227 Abs. 1 InsO befreit der abgeschlossene Insolvenzplan die Mieterin von allen Altschulden, die vor der Eröffnung des Verfahrens entstanden sind.

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Insolvenzquote

Die Insolvenzquote ist der prozentuale Anteil, den die Gläubiger von ihren ursprünglichen, zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen letztlich aus der vorhandenen Verteilungsmasse erhalten. Sie drückt aus, wie stark die Forderungen der Gläubiger im Rahmen der Sanierung gekürzt werden, um das Prinzip der Gleichbehandlung zu wahren.
Beispiel: Hätte das Oberlandesgericht den Kautionsanspruch als Insolvenzforderung eingestuft, hätte die Vermieterin lediglich die niedrige Insolvenzquote erhalten, nicht aber die vollen 68.287,50 Euro.

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Das vorliegende Urteil


OLG Rostock – Az.: 3 U 54/25 – Urteil vom 23.10.2025


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