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Gemeinsame Zuständigkeit bei Klage gegen Mieter und Bürge: welches Gericht?

Die gemeinsame Zuständigkeit bei Klage gegen Mieter und Bürge stellte das Landgericht vor ein unlösbares Problem: Zwei Beklagte, zwei unterschiedliche Gerichtsstände. Überraschend musste ein höheres Gericht die Zuständigkeit bestimmen und entschied, dass das Mietobjekt den Gerichtsstand für den gesamten Streit festlegt.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 AR 20/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
  • Datum: 25.07.2025
  • Aktenzeichen: 1 AR 20/25
  • Verfahren: Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit
  • Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht, Mietrecht, Bürgschaftsrecht

  • Das Problem: Ein Vermieter verklagte Mieterin und Bürgin gleichzeitig wegen ausstehender Miete. Die Mieterin musste wegen des Mietortes vor dem Landgericht Potsdam verklagt werden. Die Bürgin hätte eigentlich vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) verklagt werden müssen.
  • Die Rechtsfrage: Darf ein höheres Gericht einen gemeinsamen Verhandlungsort bestimmen, wenn zwei Beklagte zusammen verklagt werden, für einen von ihnen aber ein anderer, fester Gerichtsstand vorgeschrieben ist?
  • Die Antwort: Ja. Das Gericht in Potsdam ist zuständig. Trotz unterschiedlicher Zuständigkeitsregeln müssen die eng zusammenhängenden Forderungen (Miete und Bürgschaft) aus Gründen der Zweckmäßigkeit gemeinsam verhandelt werden.
  • Die Bedeutung: Wenn Mieter und Bürgen wegen des Mietverhältnisses gemeinsam verklagt werden, entscheidet in der Regel das Gericht am Ort der Wohnung über alle Ansprüche. Dies soll Prozesse vereinfachen und beschleunigen.

Gemeinsame Zuständigkeit bei Klage gegen Mieter und Bürge: Wie entscheidet ein Gericht, wenn die Regeln kollidieren?

Ein Vermieter möchte ausstehende Miete und eine Kautionsforderung einklagen. Seine Schuldner sind nicht nur die Mieterin selbst, sondern auch eine Bürgin, die für die Verbindlichkeiten geradesteht. Doch bei der Klageerhebung stellt sich eine Frage, die auf den ersten Blick wie eine unlösbare prozessuale Zwickmühle wirkt: Welches Gericht ist zuständig, wenn die Mieterin zwingend am Ort der Mietwohnung verklagt werden muss, die Bürgin aber an ihrem eigenen Firmensitz? Das Brandenburgische Oberlandesgericht musste in seinem Beschluss vom 25. Juli 2025 (Az.: 1 AR 20/25) genau diesen Knoten durchschlagen und einen Weg aufzeigen, wie die Justiz auch in solchen Konstellationen handlungsfähig bleibt. Die Entscheidung ist ein Lehrstück über das Spannungsfeld von zwingenden Gesetzesvorgaben und der Notwendigkeit, Gerichtsverfahren praktisch und effizient zu gestalten.

Ein Vermieter, zwei Schuldner, zwei Gerichtsbezirke: Was war der Auslöser des Streits?

Zwei Hände unterzeichnen gleichzeitig einen Gewerbemietvertrag und ein separates Bürgschaftsdokument auf einem Schreibtisch.
Gericht bestimmt Zuständigkeit bei Klage gegen Mieterin und Bürgin. Symbolbild: KI

Die Ausgangslage war alltäglich: Ein Vermieter hatte offene Forderungen gegen seine Mieterin, deren Geschäftsräume sich im Landgerichtsbezirk Potsdam befanden. Zur Absicherung des Mietvertrags hatte eine zweite Person eine Bürgschaft übernommen. Sowohl die Mieterin als auch die Bürgin hatten ihren Sitz im Landgerichtsbezirk Frankfurt (Oder). Der Vermieter entschied sich, beide gemeinsam als Gesamtschuldner zu verklagen. Als Klageort wählte er das Landgericht Frankfurt (Oder), den gemeinsamen Sitz beider Beklagten.

Doch das angerufene Gericht zögerte. Es teilte dem Kläger mit, dass es sich zumindest für die Klage gegen die Mieterin für örtlich unzuständig halte. Der Grund dafür liegt in einer speziellen und sehr strengen Vorschrift der Zivilprozessordnung (ZPO). Der § 29a Abs. 1 ZPO legt fest, dass für Streitigkeiten aus Mietverhältnissen über Räume ausschließlich das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk sich diese Räume befinden. Für die Mieterin war dies also zwingend das Landgericht Potsdam.

Damit stand der Kläger vor einem Dilemma: Hätte er die Klagen getrennt, wären zwei verschiedene Gerichte mit einem im Kern identischen Lebenssachverhalt befasst gewesen – ein ineffizienter und kostspieliger Weg. Um diese prozessuale Pattsituation aufzulösen, stellte er auf Anregung des Gerichts einen Antrag: Das nächsthöhere Gericht, das Brandenburgische Oberlandesgericht, sollte gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bestimmen, welches Landgericht für den gesamten Fall zuständig ist. Die Beklagten stimmten diesem Vorgehen zu.

Zwischen allgemeiner Regel und spezieller Vorschrift: Welches Recht war entscheidend?

Um die Entscheidung des Oberlandesgerichts nachzuvollziehen, muss man die Logik der gerichtlichen Zuständigkeit verstehen. Das Gesetz regelt sehr genau, welches Gericht für eine Klage örtlich zuständig ist. Normalerweise gilt der allgemeine Gerichtsstand, der sich bei Unternehmen nach ihrem Sitz richtet (§ 17 ZPO). Nach dieser Regel wäre Frankfurt (Oder) für beide Beklagten korrekt gewesen.

Demgegenüber stehen jedoch die sogenannten ausschließlichen Gerichtsstände. Sie verdrängen alle anderen denkbaren Zuständigkeiten. Ein solcher Fall ist der bereits erwähnte § 29a Abs. 1 ZPO für Mietstreitigkeiten. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass das Gericht am Ort der Immobilie die größte Sachnähe besitzt, etwa wenn es um eine Ortsbesichtigung geht. Diese Regel ist nicht verhandelbar.

Für die Bürgin galt diese Spezialvorschrift jedoch nicht. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass § 29a ZPO nicht auf eine Bürgschaftsforderung anwendbar ist, wenn der Bürge nicht selbst Partei des Mietvertrags ist (BGH, Beschluss vom 16.12.2003 – X ARZ 270/03). Für sie blieb es also beim allgemeinen Gerichtsstand in Frankfurt (Oder).

Hier kommt nun die Regelung zur sogenannten Streitgenossenschaft ins Spiel (§§ 59, 60 ZPO). Sie erlaubt es, mehrere Personen gemeinsam zu verklagen, wenn ihre Verpflichtungen auf einem ähnlichen Grund beruhen. Im vorliegenden Fall war dies der einheitliche Lebenssachverhalt aus Mietvertrag und dessen Absicherung durch die Bürgschaft. Der Konflikt bestand darin, dass diese an sich sinnvolle gemeinsame Klage an zwei unterschiedlichen, sich gegenseitig ausschließenden Zuständigkeiten zu scheitern drohte. Genau für solche Fälle sieht das Gesetz in § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein Lösungsverfahren vor: Das nächsthöhere Gericht kann eine verbindliche Entscheidung treffen.

Warum zog das Gericht in Potsdam den Fall an sich – und nicht das Gericht in Frankfurt (Oder)?

Das Brandenburgische Oberlandesgericht bestimmte das Landgericht Potsdam als das für beide Beklagte zuständige Gericht. Seine Entscheidung stützte sich auf eine sorgfältige Abwägung von Zweckmäßigkeit, Prozessökonomie und der gesetzgeberischen Wertung hinter den kollidierenden Normen.

Das Prinzip der Prozessökonomie: Warum eine gemeinsame Verhandlung sinnvoll ist

Zunächst bekräftigte das Gericht, dass die gemeinsame Verhandlung der Ansprüche gegen Mieterin und Bürgin der einzig vernünftige Weg ist. Es betonte, dass die Regelung zur Streitgenossenschaft (§ 60 ZPO) weit auszulegen sei. Auch wenn die Ansprüche rechtlich nicht identisch sind – hier ein Anspruch aus Miete, dort einer aus Bürgschaft –, wurzeln sie doch in einem einzigen wirtschaftlichen Vorgang. Die Bürgschaftsforderung wäre ohne die Mietforderung gar nicht denkbar. Ein getrenntes Vorgehen würde zu widersprüchlichen Ergebnissen führen können und wäre eine Verschwendung von Ressourcen. Dieser Grundsatz der prozessualen Konzentration bildete die Basis für die weitere Prüfung.

Die „Anziehungskraft“ des Mietrechts: Weshalb die spezielle Regel die allgemeine schlägt

Im Zentrum der Abwägung stand die Frage, welcher der beiden potenziellen Gerichtsstände das größere Gewicht hat. Hier folgte das Gericht der klaren Wertung des Gesetzgebers in § 29a ZPO. Die Vorschrift schafft eine ausschließliche Zuständigkeit und signalisiert damit, dass die Sachnähe des Gerichts am Ort der Immobilie von überragender Bedeutung ist. Diese zwingende Spezialregelung hat Vorrang vor der allgemeinen Regel des Firmensitzes. Das Gericht in Potsdam hatte somit von vornherein den stärkeren gesetzlichen „Anspruch“ auf den Fall, zumindest was die Hauptschuldnerin, die Mieterin, betraf.

Die Bürgin im Schlepptau der Mieterin: Warum die Zuständigkeit „übergreift“

Der entscheidende Schritt war nun, die Zuständigkeit des Potsdamer Gerichts auch auf die Bürgin zu erstrecken, obwohl für sie die Spezialnorm des Mietrechts gerade nicht galt. Das Gericht argumentierte hier mit der engen Verknüpfung der beiden Forderungen. Die Bürgschaft ist in ihrer Existenz von der Hauptforderung abhängig, man spricht hier von Akzessorietät. Es wäre widersinnig, den Prozess dorthin zu verlagern, wo nur die akzessorische Nebenverpflichtung verhandelt werden könnte, während das Gericht der Hauptverpflichtung außen vor bliebe. Im Interesse der Zweckmäßigkeit musste daher die Zuständigkeit für die Hauptforderung den Ausschlag geben und die Zuständigkeit für die Bürgschaftsforderung mit sich ziehen. Unterstützend kam hinzu, dass auch der Kläger seinen Wohnsitz im Bezirk des Landgerichts Potsdam hatte, was die Entscheidung zusätzlich untermauerte. Damit wies das Oberlandesgericht den gesamten Rechtsstreit dem Gericht zu, das die größte Nähe zum Kern des Konflikts aufwies – dem Mietobjekt.

Welche Lehren lassen sich aus diesem Urteil für Vermieter und Bürgen ziehen?

Diese auf den ersten Blick sehr technische Entscheidung vermittelt zwei zentrale Erkenntnisse über die Funktionsweise des Zivilprozesses, die weit über den Einzelfall hinausreichen.

Die erste Lehre betrifft die immense Bedeutung von ausschließlichen Gerichtsständen im Rechtsverkehr. Insbesondere im Mietrecht schafft § 29a ZPO eine klare und unumstößliche Regel: Streitigkeiten über Mieträume gehören vor das Gericht am Ort dieser Räume. Diese Vorschrift ist so stark, dass sie nicht nur allgemeine Zuständigkeitsregeln aushebelt, sondern, wie dieser Fall zeigt, auch eine Anziehungskraft auf verbundene Verfahren gegen andere Beteiligte, wie etwa Bürgen, entfalten kann. Für Vermieter bedeutet dies, dass bei Klagen gegen Mieter der Gerichtsstand praktisch immer feststeht.

Die zweite und grundlegendere Lehre ist, dass das Prozessrecht nicht nur aus starren Regeln besteht, sondern auch flexible Instrumente zur Lösung von Konflikten bereithält. Der § 36 ZPO ist ein solches Instrument. Er dient dazu, prozessuale Blockaden aufzulösen und im Sinne der Effizienz und Sachgerechtigkeit eine Entscheidung herbeizuführen. Das Urteil zeigt, dass Gerichte bei der Lösung solcher Konflikte nicht schematisch vorgehen, sondern eine Abwägung treffen. Sie fragen: Wo liegt der Schwerpunkt des Falles? Welche Lösung dient am besten der Wahrheitsfindung und einer zügigen Klärung? In diesem Fall war die Antwort klar: Der Schwerpunkt lag beim Mietverhältnis, und daher musste der gesamte Prozess dorthin folgen.

Die Urteilslogik

Das Prozessrecht schafft Instrumente, um zwingende Spezialvorschriften und das übergeordnete Ziel der Prozessökonomie in Einklang zu bringen.

  • [Spezialregeln dominieren die Zuständigkeit]: Ausschließliche Gerichtsstände, wie sie das Mietrecht für den Ort der Immobilie vorsieht, verdrängen alle allgemeinen Zuständigkeitsregeln und signalisieren die überragende Bedeutung der Sachnähe des Gerichts.
  • [Die Hauptforderung zieht die Nebenpflicht mit sich]: Ist die Forderung gegen einen Streitgenossen (Bürge) in ihrer Existenz von der Hauptforderung (Miete) abhängig (Akzessorietät), so folgt der Gerichtsstand der Nebenverpflichtung zwingend dem Gerichtsstand der Hauptverpflichtung.
  • [Die Justiz löst prozessuale Blockaden]: Kollidieren in einem gemeinsamen Verfahren unterschiedliche, sich gegenseitig ausschließende Gerichtsstände, bestimmt das nächsthöhere Gericht die Zuständigkeit im Sinne der Zweckmäßigkeit und der prozessualen Konzentration.

Gerichte gewichten die zwingende gesetzgeberische Wertung und die Notwendigkeit einer effizienten Verfahrensführung, um auch komplexe Zuständigkeitskonflikte aufzulösen.


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Experten Kommentar

Wenn man Mieter und Bürgen zusammen verklagt, prallen zwei Zuständigkeitsregeln aufeinander. Das Gericht hat klargestellt, dass die Regel zum Gerichtsstand der Mietimmobilie hier die rote Linie zieht. Die zwingende Zuständigkeit am Ort der Wohnung ist so stark, dass sie die Klage gegen den Bürgen quasi mit an sich zieht, selbst wenn für diesen eigentlich ein anderer Gerichtsstand gelten würde. Für Vermieter bedeutet das eine wichtige Vereinfachung: Wer Mietschulden und die damit verbundene Bürgschaft einklagen muss, hat praktisch keine Wahl – der gesamte Fall gehört vor das Gericht am Standort der Immobilie. Dieses konsequente Vorgehen sichert, dass alle eng verknüpften Forderungen in einem einzigen effizienten Prozess geklärt werden.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welches Gericht ist zuständig bei einer gemeinsamen Klage gegen Mieter und Bürgen?

Wenn Sie Mieter und Bürgen gemeinsam verklagen möchten, liegt die Zuständigkeit primär beim Gericht am Ort der Mietsache. Die zwingende Spezialvorschrift des § 29a ZPO hat Vorrang vor der allgemeinen Zuständigkeit, die sich nach dem Sitz des Bürgen richtet. Dies verhindert eine Aufsplittung des Verfahrens, selbst wenn die Beklagten in verschiedenen Gerichtsbezirken leben. Das Ziel ist stets, eine effiziente und einheitliche Verhandlung zu gewährleisten.

Für den Mieter ist die Zuständigkeit gesetzlich zwingend am Standort der Immobilie festgelegt. Das Gesetz sieht hier eine ausschließliche Zuständigkeit vor, weil dieses Gericht die größte Sachnähe besitzt. Für den Bürgen hingegen gilt eigentlich der allgemeine Gerichtsstand an dessen Wohn- oder Firmensitz (§ 17 ZPO). Bei einer gemeinsamen Klage gegen beide entsteht dadurch ein Konflikt in den Gerichtsständen. Um diese prozessuale Blockade zu lösen, muss das nächsthöhere Gericht die Zuständigkeit bestimmen.

Bei dieser Entscheidung räumen Gerichte dem Ort der Mietsache den Vorrang ein. Der Grund liegt in der klaren Wertung des Gesetzgebers, die der Sachnähe des Mietgerichts überragende Bedeutung beimisst. Obwohl die Spezialvorschrift nicht direkt für den Bürgen gilt, zieht die Zuständigkeit für die Hauptforderung (gegen den Mieter) die Nebenverpflichtung des Bürgen aufgrund der Akzessorietät mit sich. Das Gericht der Hauptverpflichtung erhält damit den Zuschlag für den gesamten Fall.

Prüfen Sie stets anhand der exakten Adresse des Mietobjekts, welches Amts- oder Landgericht zwingend zuständig ist, und adressieren Sie die Klageschrift gegen Mieter und Bürge primär an dieses Gericht.


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Zieht die ausschließliche Zuständigkeit am Ort der Mietsache die Bürgschaftsforderung mit sich?

Ja, die Zuständigkeit des Gerichts am Ort der Mietsache zieht die Bürgschaftsforderung des Bürgen mit sich. Diese Anziehungskraft entsteht, weil die Verpflichtung des Bürgen in ihrer Existenz untrennbar mit der Hauptforderung verbunden ist. Die Akzessorietät der Bürgschaft begründet die gemeinsame Zuständigkeit im Sinne der Prozessökonomie.

Die ausschließliche Zuständigkeit nach § 29a ZPO hat zwingenden Vorrang, da der Gesetzgeber dem Gericht am Ort der Immobilie die größte Sachnähe beimisst. Obwohl diese Spezialvorschrift nicht direkt für den Bürgen gilt, muss der gesamte Fall zusammenbleiben. Die Bürgschaftsforderung hängt vollständig von der Mietforderung ab und kann ohne diese nicht existieren. Die Gerichte bejahen diese prozessuale Konzentration, auch wenn der Bürge selbst kein Mietvertragspartner ist.

Gerichte bündeln das Verfahren über die Regeln der Streitgenossenschaft, da es ineffizient wäre, Neben- und Hauptverpflichtung getrennt zu verhandeln. Um widersprüchliche Urteile zu verhindern, muss die Zuständigkeit für die Hauptforderung den Ausschlag geben. Daher erstreckt sich die Zuständigkeit für die Mietsache auf die verbundene Verpflichtung des Bürgen. Die Zuständigkeit am Ort der Mietsache hat in dieser Abwägung das stärkere gesetzliche Gewicht.

Stützen Sie Ihre Argumentation vor Gericht zwingend auf die prozessuale Konzentration und die Akzessorietät der Bürgschaft, um eine gemeinsame Verhandlung zu untermauern.


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Darf ich Mieter und Bürgen zur Vereinfachung des Prozesses gemeinsam in einer Klage verklagen?

Ja, die gemeinsame Klage gegen Mieter und Bürgen ist als sogenannte Streitgenossenschaft rechtlich zulässig und sogar erwünscht. Die Zivilprozessordnung (ZPO) erlaubt dieses Vorgehen nach den Paragraphen 59 und 60 ZPO. Gerichte unterstützen die Bündelung solcher Verfahren, da die Forderungen auf demselben einheitlichen wirtschaftlichen Lebenssachverhalt basieren. Dieses gemeinsame Vorgehen gilt als einzig vernünftiger Weg, um Zeit und Anwaltskosten für alle Parteien zu sparen.

Voraussetzung für die Streitgenossenschaft ist, dass die Ansprüche gegen die verschiedenen Personen auf einem ähnlichen Rechtsgrund beruhen. Die Forderung gegen den Hauptschuldner resultiert aus dem Mietvertrag, während der Anspruch gegen den Bürgen aus der Bürgschaft entsteht. Obwohl die genauen Rechtsgründe unterschiedlich sind, sind sie untrennbar mit dem ursprünglichen Mietverhältnis und dessen finanzieller Absicherung verknüpft. Die Gerichte legen die Regeln zur Streitgenossenschaft weit aus, um eine praktische Fallbearbeitung zu ermöglichen.

Das wichtigste Ziel dieser Zusammenlegung ist die Prozessökonomie, also die effiziente Nutzung richterlicher Ressourcen. Eine getrennte Verhandlung des Falls würde erhebliche Mehrarbeit bedeuten, da der zugrundeliegende Sachverhalt zweimal geprüft werden müsste. Vor allem minimiert die gemeinsame Verhandlung die Gefahr, dass bei getrennten Verfahren widersprüchliche Urteile über die Existenz oder Höhe der Hauptforderung ergehen. Dies gewährleistet eine konsistente Rechtsanwendung.

Belegen Sie in der Klageschrift konkret, dass die Klage aufgrund des einheitlichen Lebenssachverhalts aus Mietvertrag und Bürgschaft die Voraussetzungen des Paragraphen 60 ZPO erfüllt.


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Wie bestimme ich den Gerichtsstand, wenn Mietsache und Bürge in unterschiedlichen Bezirken sind?

Die Wahl des Gerichtsstands erfolgt nach strengen Prioritätsregeln, wenn der Mieter am Ort der Wohnung, der Bürge aber an seinem Sitz verklagt werden muss. Die ausschließliche Zuständigkeit für Mietstreitigkeiten hat dabei die höchste gesetzliche Priorität. Sie müssen immer prüfen, ob eine zwingende Spezialvorschrift existiert, da diese die allgemeinen Regeln stets verdrängt.

Der Gesetzgeber hat in § 29a Zivilprozessordnung (ZPO) festgelegt, dass das Gericht am Ort der Mietsache stets zuständig ist. Diese Regelung erkennt die Sachnähe der Immobilie als überragend wichtig an. Selbst wenn der allgemeine Gerichtsstand des Bürgen, beispielsweise dessen Firmensitz, eigentlich in einem anderen Bezirk liegt, wird dieser durch die Spezialvorschrift des Mietrechts überstimmt. Ein ausschließlicher Gerichtsstand hat die stärkste gesetzliche Wertung und verdrängt daher alle anderen denkbaren Zuständigkeiten.

Nehmen wir an, die Wohnung liegt in Potsdam, der Bürge sitzt in Frankfurt (Oder). Die Klage gegen den Mieter muss zwingend nach Potsdam. Wollen Sie beide als Streitgenossen gemeinsam verklagen, müssen Sie sich am zwingenden Gerichtsstand der Hauptforderung orientieren. Das Gericht am Ort der Mietsache zieht die akzessorische Bürgschaftsforderung im Sinne der Prozessökonomie an sich. Eine vertragliche Regelung zur Zuständigkeit ist bei dieser zwingenden Vorschrift ohnehin nicht verhandelbar.

Prüfen Sie bei der Klageerhebung sofort, ob die zwingende Zuständigkeit nach § 29a ZPO vorliegt, und wählen Sie diesen Ort als Zielgericht für die gesamte Klagegemeinschaft.


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Was muss ich tun, wenn mein angerufenes Gericht die Zuständigkeit für meine Klage ablehnt?

Wenn Ihr Gericht die Zuständigkeit ablehnt, geraten Sie in eine prozessuale Blockade. Sie müssen das Verfahren nicht neu starten oder die Klage aufteilen, auch wenn dies auf den ersten Blick enttäuschend wirkt. Stattdessen stellen Sie beim bereits angerufenen Gericht einen Antrag auf Bestimmung der Zuständigkeit durch die nächsthöhere Instanz. Dies ist der juristisch saubere und effiziente Weg, um das Verfahren ohne Neuklage fortzusetzen; die Grundlage bildet § 36 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO).

Diese spezialisierte Regelung existiert für Situationen, in denen bei Klagen gegen mehrere Streitgenossen zwei Gerichtsstände kollidieren und sich gegenseitig ausschließen. Das Gericht erkennt die Notwendigkeit, eine Lösung zu finden, und fordert Sie in der Regel auf, das Zuständigkeitsproblem offen darzulegen. Durch Ihren Antrag geben Sie dem nächsthöheren Gericht, das meistens ein Oberlandesgericht (OLG) ist, die Möglichkeit, eine verbindliche Entscheidung zu treffen.

Die Entscheidung der nächsthöheren Instanz ist bindend und dient maßgeblich der Prozessökonomie. Es wird verbindlich festlegen, welches Gericht für den gesamten Fall zuständig ist. Das OLG berücksichtigt dabei die Notwendigkeit, Haupt- und Nebenverpflichtungen (etwa Forderungen gegen Mieter und Bürgen) nicht getrennt zu verhandeln. Es entscheidet zugunsten des Gerichts, das die stärkste gesetzliche Priorität oder die größte Sachnähe zum Lebenssachverhalt aufweist.

Verfassen Sie umgehend einen Schriftsatz an das Gericht, beantragen Sie die Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO und zitieren Sie die Notwendigkeit, Gerichtsverfahren praktisch und effizient zu gestalten.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Akzessorietät

Akzessorietät beschreibt die rechtliche Abhängigkeit einer Nebenverpflichtung, wie einer Bürgschaft, von einer zugrundeliegenden Hauptforderung.
Das Gesetz sorgt damit dafür, dass eine Absicherung nur dann besteht, wenn auch die Hauptschuld wirklich existiert und gültig ist; fällt die Hauptschuld weg, erlischt automatisch auch die Nebenverpflichtung.

Beispiel: Weil die Bürgschaftsforderung gegenüber der Bürgin von der Hauptforderung aus dem Mietvertrag akzessorisch war, zog das Gericht die Zuständigkeit für den Bürgen zum Gericht der Mietsache mit sich.

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Allgemeiner Gerichtsstand

Den allgemeinen Gerichtsstand definiert die Zivilprozessordnung als den Ort, an dem eine Person oder ein Unternehmen grundsätzlich verklagt werden muss, was sich meistens nach dem Wohnsitz oder dem Firmensitz richtet.
Diese Regelung schafft eine klare, leicht bestimmbare Anlaufstelle für Klagen und dient als Auffangnetz, falls keine spezielle, zwingende Zuständigkeit greift.

Beispiel: Normalerweise hätte der Vermieter die Bürgin aufgrund ihres Firmensitzes am allgemeinen Gerichtsstand in Frankfurt (Oder) verklagen müssen, doch die Spezialvorschrift des Mietrechts hatte Vorrang.

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Ausschließlicher Gerichtsstand

Ein ausschließlicher Gerichtsstand ist eine zwingende gesetzliche Vorschrift, die alle anderen denkbaren Zuständigkeiten unwiderruflich verdrängt und keine Abweichung zulässt.
Der Gesetzgeber ordnet bestimmte Fälle, wie Streitigkeiten über Mieträume, zwingend einem bestimmten Gericht zu, um die größtmögliche Sachnähe, etwa für eine Ortsbesichtigung der Immobilie, sicherzustellen.

Beispiel: Gemäß § 29a ZPO musste die Klage gegen die Mieterin zwingend vor dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirk sich die vermieteten Geschäftsräume befanden.

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Gerichtsstandsbestimmung

Die Gerichtsstandsbestimmung ist das prozessuale Verfahren nach § 36 ZPO, bei dem das nächsthöhere Gericht verbindlich entscheidet, welches von mehreren potenziell zuständigen Gerichten den gesamten Rechtsstreit letztlich bearbeiten muss.
Diese Regelung dient als juristisches Instrument, um prozessuale Blockaden aufzulösen, die entstehen, wenn bei mehreren Beklagten unterschiedliche, sich ausschließende Zuständigkeiten kollidieren.

Beispiel: Nachdem das Landgericht Frankfurt (Oder) Bedenken hinsichtlich seiner örtlichen Zuständigkeit äußerte, stellte der Kläger einen Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung durch das Brandenburgische Oberlandesgericht.

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Prozessökonomie

Prozessökonomie ist der juristische Grundsatz, der fordert, Gerichtsverfahren möglichst effizient, schnell und kostengünstig zu gestalten und unnötige Doppelarbeit zu vermeiden.
Durch die Anwendung der Prozessökonomie stellen Gerichte sicher, dass juristische Ressourcen optimal genutzt werden und vor allem die Gefahr widersprüchlicher Urteile über denselben Sachverhalt minimiert wird.

Beispiel: Das Gericht betonte, dass eine gemeinsame Verhandlung gegen Mieter und Bürgen der Prozessökonomie am besten diene, da der identische wirtschaftliche Lebenssachverhalt nur einmal geprüft werden müsse.

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Streitgenossenschaft

Juristen nennen die Streitgenossenschaft die Möglichkeit, mehrere Personen als Beklagte oder Kläger gemeinsam in einem Verfahren zu verklagen, wenn ihre Ansprüche in einem engen Zusammenhang stehen.
Diese gesetzliche Zusammenlegung nach §§ 59, 60 ZPO ermöglicht es, Fälle, die auf demselben Lebenssachverhalt beruhen (z.B. Mietvertrag und Bürgschaft), prozessual zu bündeln.

Beispiel: Die Klage gegen die Mieterin (Hauptschuldnerin) und die Bürgin (akzessorische Schuldnerin) war zulässig, weil sie als Streitgenossen aufgrund des einheitlichen Mietverhältnisses auftraten.

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Das vorliegende Urteil


OLG Brandenburg – Az.: 1 AR 20/25 – Beschluss vom 25.07.2025


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