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Beendigungsvereinbarung: Frist abgelaufen – Muss Entschädigung trotzdem gezahlt werden?

Eine Mieterin in Berlin verpasste die zehntägige Frist, um ein 200.000-Euro-Angebot zur Räumung ihrer Ladenfläche anzunehmen. Dennoch wurde der Vermieter zur vollen Zahlung verpflichtet, da sein eigenes Verhalten entscheidend war.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 10 O 167/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Urteil in 30 Sekunden

  • Das Problem: Eine Eigentümerin bot ihrer Untermieterin Geld an, damit diese eine Ladenfläche vorzeitig räumt. Die Untermieterin verpasste eine kurze Frist zur Annahme des Angebots.
  • Die Rechtsfrage: War der Vertrag über die Entschädigung dennoch gültig, obwohl die Untermieterin die Frist nicht eingehalten hatte?
  • Die Antwort: Ja. Das Gericht entschied, dass die Eigentümerin die Entschädigung zahlen muss. Die Eigentümerin konnte sich wegen ihres eigenen Verhaltens nicht auf die Fristüberschreitung berufen.
  • Die Bedeutung: Auch wenn eine Frist nicht eingehalten wird, kann ein Vertrag wirksam sein. Ausschlaggebend ist, wie sich beide Seiten danach verhalten haben und ob eine Partei den Vertrag durch ihre Taten akzeptiert hat.

Die Fakten im Blick

  • Gericht: Landgericht Berlin
  • Datum: 15.01.2025
  • Aktenzeichen: 10 O 167/24
  • Verfahren: Zivilklageverfahren
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Vertragsrecht, Zivilprozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Die Klägerin war Untermieterin einer Ladenfläche. Sie forderte von der Beklagten eine vertraglich vereinbarte Entschädigungszahlung von 200.000 Euro.
  • Beklagte: Die Beklagte war die Eigentümerin und Vermieterin der Ladenfläche. Sie bestritt die Wirksamkeit der Entschädigungsvereinbarung und lehnte die Zahlung ab.

Worum ging es genau?

  • Sachverhalt: Die Beklagte hatte eine Mietbeendigungsvereinbarung unterschrieben, die Klägerin sollte eine Entschädigung erhalten. Die Klägerin unterschrieb die Vereinbarung jedoch nach Ablauf der im Vertrag festgelegten Annahmefrist.

Welche Rechtsfrage war entscheidend?

  • Kernfrage: Muss die Eigentümerin die vereinbarte Entschädigung zahlen, obwohl der Untermieter den Vertrag erst nach Ablauf einer Annahmefrist zurückgegeben hat?

Entscheidung des Gerichts:

  • Urteil im Ergebnis: Die Klage wurde überwiegend zugunsten der Klägerin entschieden.
  • Zentrale Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte sich nicht auf die verspätete Annahme der Vereinbarung berufen durfte, entweder weil sie ihr Recht dazu verwirkt hatte oder sie den verspäteten Annahmeantrag durch ihr Verhalten stillschweigend akzeptierte.
  • Konsequenzen für die Parteien: Die Beklagte muss der Klägerin die vereinbarte Entschädigung von 200.000 Euro, die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und die Kosten des Rechtsstreits zahlen.

Der Fall vor Gericht


Was war das Angebot für die Ladenfläche?

Eine Mieterin händigt dem Vertreter des Vermieters die Schlüssel zu ihrer Ladenfläche aus, nachdem die wirksame Beendigungsvereinbarung trotz überschrittener Annahmefrist den Vermieter zur hohen Entschädigungszahlung verpflichtet hat.
Landgericht verurteilt Eigentümerin zur Zahlung von 200.000 Euro plus Zinsen wegen Rechtsverwirkung und stillschweigender Annahme | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Eine Mieterin in Berlin stand vor einem verlockenden Angebot: 200.000 Euro, wenn sie ihre Ladenfläche vorzeitig räumt. Die Bedingung? Eine blitzschnelle Zusage. Doch die Mieterin verpasste die Frist. Ein vermeintliches Schlupfloch für den Vermieter tat sich auf. Doch das Gericht schob dem auf zwei klaren Wegen einen Riegel vor und zeigte: Manchmal gibt es kein Zurück.

Die Eigentümerin eines Ladenlokals in Berlin wollte ihr Objekt zurück. Eine Untermieterin nutzte die Fläche. Um die Situation für alle Seiten zu klären, unterzeichnete die Eigentümerin am 23. März 2023 eine sogenannte „Beendigungsvereinbarung“. Das Papier versprach der Untermieterin eine Entschädigung von 200.000 Euro, sollte sie das Mietverhältnis früher beenden. Die Zahlung sollte 30 Tage nach der Schlüsselübergabe fällig werden. Ein klarer Deal, schien es.

Warum war die Unterschrift der Mieterin plötzlich ein Problem?

Die Vereinbarung enthielt eine knappe Bedingung: Die Untermieterin hatte nur zehn Tage Zeit, das unterschriebene Dokument der Eigentümerin anzunehmen. Das Dokument erreichte die Untermieterin am 24. März 2023. Somit lief die Annahmefrist am 3. April 2023 ab. Die Mieterin unterschrieb jedoch erst am 2. April 2023, die Hauptmieterin am 12. April 2023. Das finale, von allen Parteien unterschriebene Dokument übergab man der Eigentümerin sogar erst am 4. Mai 2023. Das war eindeutig zu spät.

Welche Gegenargumente hatte die Eigentümerin?

Als die Untermieterin später die vereinbarte Entschädigung einforderte, weigerte sich die Eigentümerin zu zahlen. Ihr Argument war einfach: Die Annahmefrist sei abgelaufen. Ein Vertrag sei niemals wirksam zustande gekommen. Nach dem 5. April 2023, so ihre Darstellung, habe sie schlicht kein Interesse mehr an einem solchen Geschäft gehabt. Die Untermieterin hatte schlicht zu lange gezögert.

Warum durfte sich die Eigentümerin nicht auf die Frist berufen?

Das Landgericht Berlin sah das anders. Es verurteilte die Eigentümerin zur Zahlung der 200.000 Euro plus Zinsen. Das Gericht erkannte an, dass die Untermieterin die Annahmefrist objektiv überschritten hatte. Doch die Eigentümerin durfte sich auf diese Fristversäumnis nicht berufen. Ein Rechtsprinzip – bekannt als „Rechtsverwirkung“ oder „Treu und Glauben“ – verhinderte das.

Dafür mussten zwei Bedingungen erfüllt sein. Erstens, das „Zeitmoment“: Die Eigentümerin schwieg zu lange. Rund 14 Monate vergingen zwischen der abgelaufenen Frist beziehungsweise der verspäteten Übergabe und der erstmaligen Rüge der Eigentümerin. Eine frühere Reaktion wäre erwartbar gewesen – bei Chat-Nachrichten im April, bei der Übergabe der Papiere im Mai, bei der Nachfrage zum Schlüssel im Juni. Doch die Eigentümerin schwieg.

Zweitens, das „Umstandsmoment“: Die Eigentümerin tat Dinge, die wie eine Zusage wirkten. Sie nahm die unterschriebene Urkunde entgegen. Sie begann mit konkreten Vorbereitungen: ein Bauzaun, Werbeschilder, andere Baumaßnahmen. Sie nahm die Schlüssel der geräumten Ladenfläche entgegen. Die Untermieterin wiederum räumte die Fläche, gab den Besitz auf, plante Ausweichflächen ein. Sie vertraute darauf, dass der Vertrag gültig war. Das Verhalten der Eigentümerin zeigte eindeutig, dass sie das Geschäft durchführen wollte. Es erschien dem Gericht treuwidrig, sich nun auf die Frist zu berufen.

Wie hätte es auch anders zum Vertrag kommen können?

Selbst wenn die Rechtsverwirkung nicht gegriffen hätte, sah das Gericht einen zweiten Weg zu einem gültigen Vertrag. Die verspätete Annahme der Untermieterin – also die Übergabe des von ihr unterschriebenen Dokuments am 4. Mai 2023 – wertete das Gericht als ein neues Angebot. Die Eigentümerin akzeptierte dieses neue Angebot. Nicht mit Worten, sondern mit Taten.

Das Schweigen des Erstanbieters kann eine Annahme bedeuten, besonders im Geschäftsverkehr. Hier hatte die Eigentümerin in einer Chat-Nachricht im April 2023 noch eine Anpassung des Zeitplans vorgeschlagen. Sie setzte wichtige Vertragspunkte um, bis hin zur Schlüsselübergabe. Nach dem objektiven Blickwinkel eines Empfängers akzeptierte die Eigentümerin das neue Angebot spätestens mit der Schlüsselübergabe am 30. Juni 2023. Damit war auch die Entschädigung von 200.000 Euro fest zugesagt.

Was musste die Eigentümerin am Ende zahlen?

Das Landgericht sprach der Untermieterin die gesamte Forderung zu: 200.000 Euro Entschädigung. Die Zahlung wurde 30 Tage nach der Schlüsselübergabe fällig. Da der 30. Juni 2023 der Tag der Schlüsselübergabe war, musste die Eigentümerin spätestens am 31. Juli 2023 zahlen. Ab dem 1. August 2023 befand sich die Eigentümerin im Zahlungsverzug.

Das Gericht sprach der Untermieterin daher Verzugszinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu. Außerdem musste die Eigentümerin die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Untermieterin in Höhe von 2.904,70 Euro zahlen – ebenfalls verzinst, allerdings mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klage. Die Klage hatte damit weitgehend Erfolg.

Die Urteilslogik

Verträge entstehen nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten; dabei begrenzt Treu und Glauben die spätere Berufung auf Formfehler.

  • Vertrauen schützt vor spätem Einspruch: Wer ein Recht über lange Zeit nicht geltend macht und durch sein Verhalten den Anschein erweckt, darauf zu verzichten, kann es später nicht mehr treuwidrig durchsetzen, wenn die Gegenseite darauf vertraut und ihre Entscheidungen danach ausrichtet.
  • Zustimmung durch Taten: Auch eine verspätete Annahme eines Angebots kann als neues Angebot gelten, das der ursprüngliche Anbietende durch schlüssiges Verhalten, wie die Umsetzung von Vertragspunkten oder die Annahme von Leistungen, stillschweigend annimmt und damit einen Vertrag begründet.

Die Rechtsprechung fordert von allen Beteiligten, die Konsequenzen ihres Handelns und Unterlassens zu tragen, besonders wenn Dritte darauf vertrauen.


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Haben Sie Fragen zur Wirksamkeit einer verspätet angenommenen Beendigungsvereinbarung? Lassen Sie sich zu Ihrer individuellen Situation beraten.


Das Urteil in der Praxis

Wer sich auf starre Fristen verlässt, während die eigenen Taten das Gegenteil signalisieren, riskiert eine bittere Pleite. Das Urteil nagelt Vermieter darauf fest: Stillschweigen nach einer Frist und gleichzeitiges Schaffen von Tatsachen – Bauzäune, Schlüsselübergabe – machen einen Deal unwiderruflich. Es ist eine gnadenlose Lektion in Treu und Glauben, die zeigt: Das Gericht lässt niemanden aus der Verantwortung, der sich die Vorteile eines Geschäfts sichert, aber bei den Pflichten kneifen will. Ein wachsamer Blick auf das eigene Verhalten, besonders nach vermeintlich verpassten Deadlines, ist damit Pflichtprogramm für jeden Akteur am Markt.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was passiert, wenn ich die Annahmefrist für einen Vertrag verpasse?

Ein Fristversäumnis bedeutet nicht zwingend das Aus für einen Vertrag. Obwohl ein verspätetes Angebot zunächst als erloschen gilt und kein wirksamer Vertrag zustande kommt, gibt es Ausnahmen: Er kann durch das Prinzip der Rechtsverwirkung oder die stillschweigende Annahme eines neuen Angebots dennoch gültig werden, besonders wenn der Vertragspartner durch sein Verhalten signalisiert, dass er am Geschäft festhalten möchte.

Die Regel lautet: Hält man eine vertragliche Annahmefrist nicht ein, erlischt das Angebot. Eine verbindliche Einigung kommt damit zunächst nicht zustande, was sich für den Übersehenden oft wie der Verlust einer wichtigen Chance anfühlt – vielleicht sogar einer hohen Entschädigung.

Doch die Sache ist komplexer: Juristen nennen das „Rechtsverwirkung“. Der ursprüngliche Anbieter kann sich auf die abgelaufene Frist nicht mehr berufen, wenn er über längere Zeit schweigt und durch konkrete Handlungen den Anschein erweckt, das Geschäft fortsetzen zu wollen. Ähnlich verhält es sich, wenn Ihre verspätete Annahme als neues Angebot gewertet wird, das der ursprüngliche Anbieter durch konkludentes Verhalten, etwa eine Schlüsselübergabe oder die Umsetzung von Vertragspunkten, stillschweigend akzeptiert hat.

Dokumentieren Sie umgehend und lückenlos alle Kommunikationen und konkreten Handlungen der Gegenseite, die nach dem offiziellen Fristablauf stattfanden und auf eine fortbestehende Vertragsabsicht hindeuten könnten.


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Kann ich meine Entschädigung noch einfordern, obwohl ich die Frist verpasst habe?

Ja, eine Entschädigung kann auch nach Fristversäumnis noch erfolgreich eingefordert werden, wenn der Vertragspartner durch sein späteres Verhalten den Anschein erweckt hat, das Geschäft sei gültig – sei es durch konkludentes Handeln, das eine Rechtsverwirkung begründet, oder durch die Annahme eines verspäteten Angebots. Viele glauben, eine verpasste Frist bedeute das sichere Aus, doch die Realität ist oft komplexer.

Ihr Anspruch ist wahrscheinlich durchsetzbar, wenn Ihr Vertragspartner nach Fristablauf über längere Zeit schwieg und gleichzeitig Handlungen vornahm, die eine fortbestehende Vertragsabsicht signalisierten. Juristen nennen das ‚Rechtsverwirkung‘, gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Klingt nach Formalie? Doch das Gericht bewertet objektiv, ob sich der Vertragspartner überhaupt noch auf die Frist berufen darf – besonders wenn er längst Leistungen entgegennahm oder selbst schon Vorbereitungen traf und so Vertrauen schuf. Es wäre treuwidrig, eine Entschädigung dann zu verweigern.

Selbst wenn die Rechtsverwirkung nicht greift, besteht eine zweite Chance: Ihre verspätete Annahme kann als neues Angebot gewertet werden. Der Vertragspartner akzeptiert dies dann stillschweigend – etwa durch die Umsetzung wesentlicher Vertragspunkte, das Entgegennehmen der geräumten Fläche oder die Schlüsselübergabe. Ein bloßes ‚alles in Ordnung‘ per Chat reicht oft nicht; entscheidend sind Fakten. Hat Ihr Vertragspartner Bauvorbereitungen getroffen, die unterschriebene Urkunde entgegen- oder die Schlüssel übernommen, sind das starke Indizien für eine Akzeptanz.

Erstellen Sie eine detaillierte Liste aller Interaktionen und konkreten Handlungen Ihres Vertragspartners nach Fristablauf – und sichern Sie dafür jeden Beweis.


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Wann gilt mein Vertrag als angenommen, obwohl die Frist abgelaufen ist?

Ein Vertrag kann auch nach Fristablauf als gültig angenommen werden, wenn der ursprüngliche Anbieter sich nicht rechtzeitig auf das Fristversäumnis berufen hat und sein Verhalten den Anschein erweckt, das Geschäft sei bindend. Juristen nennen das Rechtsverwirkung oder die Annahme eines neuen Angebots durch schlüssiges Handeln. Manchmal sprechen Taten lauter als verpasste Termine.

Die Regel lautet: Hat sich der Anbietende zu lange nicht auf Ihr Fristversäumnis berufen – das nennen Juristen das „Zeitmoment“ – und gleichzeitig durch konkrete Handlungen gezeigt, dass der Vertrag doch gelten soll (das „Umstandsmoment“), dann ist er daran gebunden. Er kann sich dann nicht mehr treuwidrig auf den Fristablauf berufen. Es wäre schlicht unfair.

Die Eigentümerin tat Dinge, die wie eine Zusage wirkten: Sie nahm die unterschriebene Urkunde entgegen, begann konkrete Bauvorbereitungen wie einen Bauzaun und Werbeschilder, und nahm die Schlüssel einer geräumten Ladenfläche an. Solche Aktionen schaffen Vertrauen und wecken den Eindruck: Das Geschäft läuft. Selbst wenn die Frist längst passé ist, kann Ihre verspätete Annahme als neues Angebot gewertet werden. Nimmt der Vertragspartner daraufhin die Schlüssel entgegen oder treibt wichtige Projektpunkte voran, hat er Ihr „neues Angebot“ stillschweigend angenommen.

Überprüfen Sie alle nach dem Fristablauf erfolgten Handlungen und Korrespondenzen Ihres Partners akribisch, um seine stille Akzeptanz zu beweisen.


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Was tun, wenn mein Vertragspartner Zahlung wegen Fristablauf verweigert?

Wenn Ihr Vertragspartner die Zahlung wegen Fristablauf verweigert, sollten Sie umgehend alle Handlungen und Äußerungen nach dem Fristablauf dokumentieren, die auf eine fortgesetzte Vertragsabsicht hindeuten, da dies die Berufung auf die Frist als treuwidrig erscheinen lässt und zur Zahlungspflicht führen kann. Lassen Sie sich nicht einfach abwimmeln.

Der Grund: Juristen nennen dies oft „Rechtsverwirkung“ oder argumentieren mit einem „neuen Angebot“. Hat Ihr Vertragspartner zu lange geschwiegen und durch konkrete Schritte den Anschein eines gültigen Vertrages erweckt – etwa durch die Entgegennahme von Leistungen oder Bauvorbereitungen –, kann er sich später nicht mehr auf den ursprünglichen Fristablauf berufen. Ihre verspätete Annahme wird dann als neues Angebot gewertet, das der Vertragspartner durch sein schlüssiges Verhalten stillschweigend akzeptierte, selbst ohne explizite Bestätigung.

Das Vertrauen in die Gültigkeit des Vertrages, das durch solche Handlungen entsteht, ist entscheidend. Hatten Sie bereits Gegenleistungen erbracht, beispielsweise eine Fläche geräumt oder Investitionen getätigt, erscheint die spätere Zahlungsverweigerung als besonders treuwidrig. Ein Beispiel aus der Praxis: Eine Eigentümerin verweigerte einer Mieterin die vereinbarte Entschädigung von 200.000 Euro wegen eines abgelaufenen Frist. Doch das Landgericht Berlin sah das anders. Es verurteilte die Eigentümerin zur Zahlung der 200.000 Euro plus Zinsen, weil ihr Verhalten nach Fristablauf klar zeigte, dass sie am Geschäft festhalten wollte.

Senden Sie Ihrem Vertragspartner daher eine qualifizierte, schriftliche Zahlungsaufforderung mit klarer Frist, listen Sie alle relevanten Handlungen und Kommunikationen nach Fristablauf auf, und kündigen Sie die gerichtliche Geltendmachung Ihrer Ansprüche an.


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Wie vermeide ich, unbeabsichtigt an einen Vertrag gebunden zu sein?

Um unbeabsichtigte Vertragsbindungen zu vermeiden, ist klare Kommunikation Ihr bester Schutz: Bei Fristüberschreitungen oder verspäteten Annahmen müssen Sie umgehend und eindeutig schriftlich mitteilen, dass das Geschäft nicht mehr gewünscht wird. Verlassen Sie sich niemals auf Schweigen oder auf konkludentes Handeln, das von der Gegenseite als stillschweigende Annahme gewertet werden könnte.

Die Falle lauert oft im vermeintlichen Nichts-Tun. Wenn ein Angebot abgelaufen ist oder Sie eine verspätete Annahme erhalten, ist es entscheidend, sofort zu reagieren. Eine klare, schriftliche Erklärung ist Pflicht: Das ursprüngliche Angebot ist erloschen, die verspätete Annahme wird nicht akzeptiert. So bleibt eine unerwünschte Vertragsbindung aus.

Juristen nennen das konkludentes Handeln. Ein Beispiel: Wer nach Fristablauf noch Schlüssel entgegennimmt oder Bauvorbereitungen duldet, signalisiert womöglich stillschweigend Zustimmung. Viele denken: „Wenn ich nichts sage und keine Papiere entgegennehme, ist das Angebot einfach vom Tisch.“ Ein gefährlicher Irrtum! Die Eigentümerin im bekannten Fall erlebte das: „Eine frühere Reaktion wäre erwartbar gewesen – bei Chat-Nachrichten im April, bei der Übergabe der Papiere im Mai, bei der Nachfrage zum Schlüssel im Juni. Doch die Eigentümerin schwieg.“

Gerade im Geschäftsverkehr kann Schweigen im Kontext wichtiger, bereits umgesetzter Punkte als Annahme interpretiert werden. Aktives Dementieren oder die Bestätigung des Erlöschens schafft Gewissheit. Bleiben Sie Herr Ihrer Entscheidungen.

Senden Sie bei einer verspäteten Annahmeerklärung oder abgelaufener Frist umgehend schriftlich Ihr Desinteresse, um unbeabsichtigte Pflichten sicher zu vermeiden.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Annahmefrist

Eine Annahmefrist ist eine gesetzte Zeitspanne, innerhalb derer jemand ein Vertragsangebot annehmen muss, damit es wirksam wird. Ohne diese Frist gäbe es keine Planungssicherheit; sie stellt sicher, dass Angebote nicht ewig offen bleiben und beide Parteien schnell Klarheit über den Vertragsschluss erhalten.

Beispiel: Im vorliegenden Fall verpasste die Untermieterin die Annahmefrist von zehn Tagen, weil sie das unterschriebene Dokument erst nach Ablauf der Frist übergab.

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Konkludentes Verhalten

Als konkludentes Verhalten bezeichnen Juristen Handlungen, die ohne explizite Worte oder schriftliche Erklärung eine bestimmte Willenserklärung ausdrücken. Das Gesetz erkennt an, dass Menschen nicht immer alles schriftlich festhalten; es erlaubt, aus dem Verhalten einer Person auf deren Absichten zu schließen, um den tatsächlichen Willen zu ermitteln und Rechtssicherheit zu schaffen.

Beispiel: Die Eigentümerin zeigte konkludentes Verhalten, indem sie Bauvorbereitungen traf, Werbeschilder aufstellte und die Schlüssel der geräumten Ladenfläche entgegennahm.

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Neues Angebot

Ein neues Angebot liegt vor, wenn eine verspätete Annahme eines ursprünglichen Vertragsangebots nicht mehr als Annahme, sondern als eigener, frischer Vorschlag für einen Vertrag gewertet wird. Diese rechtliche Konstruktion ermöglicht es, dass ein Geschäft doch noch zustande kommt, auch wenn formale Fristen verpasst wurden, indem die Parteien implizit eine neue Basis für ihre Einigung schaffen.

Beispiel: Das Gericht wertete die verspätete Übergabe des unterschriebenen Dokuments durch die Untermieterin als ein neues Angebot, welches die Eigentümerin später durch ihre Taten akzeptierte.

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Rechtsverwirkung

Rechtsverwirkung ist ein rechtliches Prinzip, das verhindert, dass sich jemand auf ein Recht berufen kann, wenn er es lange Zeit nicht ausgeübt und durch sein Verhalten den Anschein erweckt hat, es nicht mehr geltend machen zu wollen. Dieses Prinzip ist im bürgerlichen Recht tief im Grundsatz von Treu und Glauben verwurzelt und schützt die andere Partei, die auf das Schweigen und die Handlungen vertraut hat, vor einem überraschenden „Rückzieher“.

Beispiel: Die Eigentümerin konnte sich im Streit nicht auf die abgelaufene Frist berufen, weil sie durch ihre späte Rüge und ihr aktives Handeln eine Rechtsverwirkung begründete.

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Umstandsmoment

Das Umstandsmoment beschreibt die konkreten Handlungen oder Umstände, die eine Partei nach dem Fristablauf vornimmt und die bei der anderen Partei den Eindruck erwecken, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt wird oder ein Vertrag doch noch gelten soll. Es dient dazu, das Vertrauen des Vertragspartners zu schützen, der sich auf das Verhalten der anderen Seite verlassen hat; das Gesetz will so verhindern, dass jemand erst zusagt und dann doch abspringt.

Beispiel: Die Bauvorbereitungen, die Entgegennahme der Urkunde und die Schlüsselübergabe durch die Eigentümerin waren entscheidende Punkte für das Umstandsmoment, das gegen sie sprach.

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Zeitmoment

Das Zeitmoment ist eine Voraussetzung der Rechtsverwirkung und bezeichnet den erheblichen Zeitablauf, den eine Partei verstreichen lässt, bevor sie ein ihr zustehendes Recht geltend macht oder eine Frist rügt. Es signalisiert, dass der Rechtsinhaber sein Recht offensichtlich nicht mehr wahrnehmen will; das Gesetz schafft damit Klarheit und verhindert, dass Streitigkeiten aus längst vergangenen Situationen plötzlich wieder aufleben.

Beispiel: Rund 14 Monate Schweigen der Eigentümerin nach der Fristüberschreitung stellten ein klares Zeitmoment dar, das dem Landgericht als Argument diente.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Treu und Glauben / Rechtsverwirkung (§ 242 BGB)Dieses Prinzip besagt, dass jeder sich im Rechtsverkehr so verhalten muss, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl die Mieterin die Annahmefrist objektiv überschritten hatte, durfte sich die Eigentümerin nicht auf diese Fristversäumnis berufen, da sie über einen langen Zeitraum schwieg und durch ihr aktives Verhalten den Eindruck erweckte, den Vertrag annehmen zu wollen.

  • Vertragsschluss durch Angebot und Annahme / Bindung an das Angebot (§ 145 BGB, § 148 BGB)Ein Vertrag kommt durch die Einigung zweier Parteien zustande, indem ein bindendes Angebot einer Partei von der anderen fristgerecht angenommen wird.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Eigentümerin unterbreitete der Mieterin ein bindendes Angebot zur vorzeitigen Räumung, das eine klare Annahmefrist enthielt und dessen Nichteinhaltung durch die Mieterin das ursprüngliche Problem der Vertragsentstehung aufwarf.

  • Verspätete Annahme als neues Angebot (§ 150 Absatz 1 BGB)Eine verspätete Annahme eines Angebots gilt rechtlich als neues Angebot an den ursprünglichen Anbietenden, welches dieser wiederum annehmen muss.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Mieterin die Annahmefrist verpasste und das von ihr unterschriebene Dokument zu spät an die Eigentümerin übergab, wertete das Gericht diese verspätete Reaktion als ein neues Angebot der Mieterin.

  • Konkludente Annahme eines Angebots (Allgemeines Rechtsprinzip im Vertragsrecht)Ein Vertrag kann auch dann zustande kommen, wenn eine Partei ein Angebot nicht ausdrücklich mit Worten, sondern durch ihr eindeutiges Verhalten annimmt, welches auf ihren Annahmewillen schließen lässt.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Eigentümerin akzeptierte das neue Angebot der Mieterin durch ihr Handeln, wie die Entgegennahme der unterschriebenen Urkunde, die Einleitung von Baumaßnahmen und die Annahme der Schlüssel, was ihr klares Einverständnis mit dem Geschäft signalisierte.


Das vorliegende Urteil


LG Berlin II – Az.: 10 O 167/24 – Urteil vom 15.01.2025


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