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Wohnrecht erlischt nach Auszug: Wann eine mündliche Zusage vor Gericht verpufft

Ein Streit um ein lebenslanges Wohnrecht eskalierte vor Gericht, als sich geschiedene Eheleute unversöhnlich gegenüberstanden. Der Mann berief sich auf eine mündliche Absprache, um sein Wohnrecht zu behalten, obwohl der notarielle Vertrag klare Bedingungen für dessen Erlöschen festlegte. Doch was wiegt schwerer: das aufwendig beurkundete Schriftstück oder ein angeblich nur mündlich gegebenes Versprechen, für das die Zeugen schweigen?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 42 F 144/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: AG Westerburg
  • Datum: 21.11.2024
  • Aktenzeichen: 42 F 144/23
  • Verfahren: Antragsverfahren
  • Rechtsbereiche: Vertragsrecht, Sachenrecht, Prozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Antragsteller, geschiedener Ehemann der Antragsgegnerin, der den Zutritt zu einer ihm ursprünglich eingeräumten Wohnung forderte und einen nur vorübergehenden Auszug geltend machte.
  • Beklagte: Die Antragsgegnerin, geschiedene Ehefrau und Alleineigentümerin des Hauses, die die Wirksamkeit des Wohnrechts wegen dauerhaften Auszugs und Abmeldung des Antragstellers bestritt.

Worum ging es genau?

  • Sachverhalt: Der Antragsteller forderte den Zutritt zu einer Wohnung, für die ihm ein notariell vereinbartes Wohnrecht zustand, nachdem er ausgezogen und abgemeldet worden war. Er behauptete, sein Auszug sei aufgrund einer mündlichen Absprache nur vorübergehend gewesen.

Welche Rechtsfrage war entscheidend?

  • Kernfrage: Hat ein durch Notarielle Vereinbarung eingeräumtes Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht nach dem Auszug des Berechtigten und dessen Abmeldung beim Einwohnermeldeamt gemäß einer im Vertrag enthaltenen Erlöschensklausel seine Gültigkeit verloren, auch wenn der Berechtigte eine abweichende mündliche Vereinbarung zur vorübergehenden Nutzung durch Dritte geltend macht?

Wie hat das Gericht entschieden?

  • Antrag zurückgewiesen: Das Gericht wies den Antrag des Antragstellers auf Zutritt zur Wohnung zurück.
  • Kernaussagen der Begründung:
    • Wohnrecht erloschen: Das Wohnungsrecht des Antragstellers ist gemäß der notariellen Vereinbarung erloschen, da er seinen ersten Wohnsitz dauerhaft verlegt und dieser Wechsel beim Einwohnermeldeamt registriert wurde.
    • Mündliche Vereinbarung nicht bewiesen: Die vom Antragsteller behauptete mündliche Vereinbarung über eine lediglich vorübergehende Aussetzung des Wohnrechts konnte nicht bewiesen werden, da die benannten Zeugen (die gemeinsamen Kinder) von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machten.
    • Beweislast beim Antragsteller: Die Beweislast für den Fortbestand seines Wohnrechts oder die vorübergehende Natur seines Auszugs lag beim Antragsteller, der die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht nachweisen konnte.
  • Folgen für den Kläger:
    • Ihm wurde der Zutritt zur Wohnung verwehrt.
    • Er muss die Kosten des Verfahrens tragen.

Der Fall vor Gericht


Was passiert, wenn ein mündliches Versprechen auf eine schriftliche Vereinbarung trifft?

Stellen Sie sich vor, zwei Menschen treffen eine Abmachung. Sie halten diese in einem offiziellen, notariell beglaubigten Vertrag fest. Jahre später gibt es Streit, und eine Person beruft sich auf eine mündliche Absprache, die vom schriftlichen Vertrag abweicht. Wessen Wort zählt dann? Und was passiert, wenn die einzigen Zeugen für das mündliche Versprechen nicht aussagen wollen? Ein Urteil des Amtsgerichts Westerburg gibt auf diese Fragen eine klare Antwort, indem es einen Fall zwischen geschiedenen Eheleuten entschied, bei dem es um ein lebenslanges Wohnrecht ging.

Worum ging es in diesem Fall genau?

Ein Mann übergibt zwei Frauen an der Tür symbolisch den Schlüssel zur Verlängerung ihres Wohnrechts.
Wohnrecht im Clinch: Was passiert, wenn der Zugang verwehrt bleibt und der Anspruch strittig ist? | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Im Zentrum des Streits standen zwei geschiedene Eheleute. Die Frau ist die alleinige Eigentümerin eines Hauses. Während ihrer Ehe hatten die beiden eine sehr wichtige Vereinbarung getroffen und diese bei einem Notar offiziell beurkunden lassen. Ein solcher Vertrag, der von einem Notar aufgesetzt und beglaubigt wird, nennt sich notarielle Vereinbarung und hat eine besonders hohe rechtliche Verbindlichkeit.

In dieser Vereinbarung räumte die Frau ihrem damaligen Mann ein sogenanntes Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht ein. Das bedeutet konkret: Er erhielt das Recht, dauerhaft in der Erdgeschosswohnung des Hauses zu leben, obwohl ihm das Haus nicht gehörte. Dieses Recht war also fest im Grundbuch verankert und sehr stark abgesichert.

Doch der Vertrag enthielt eine entscheidende Bedingung, eine Art „Spielregel“ für den Notfall. Juristen nennen das eine Erlöschensklausel. Diese Klausel legte fest, unter welchen Umständen das Wohnrecht automatisch enden würde. In diesem Fall war die Regel klar formuliert: Das Wohnrecht erlischt, wenn der Mann seinen ersten Wohnsitz dauerhaft aus der Wohnung verlegt und dieser neue Wohnsitz auch offiziell beim Einwohnermeldeamt registriert wird. Man könnte es mit einer „Game-Over“-Bedingung im Vertrag vergleichen.

Warum kam es zum Streit über das Wohnrecht?

Einige Jahre nach Abschluss des Vertrags trennte sich das Paar. Der Mann zog aus der gemeinsamen Wohnung aus und schaffte sich ein Mobilwohnheim an, das er auf einem Campingplatz aufstellte. Für eine Weile wohnte die gemeinsame Tochter der beiden in der Erdgeschosswohnung. In dieser Zeit meldete die Ex-Frau als Hauseigentümerin ihren Ex-Mann offiziell beim Einwohnermeldeamt von der Adresse des Hauses ab.

Als die Tochter später wieder auszog, erfuhr der Mann davon. Er sah die Wohnung nun als frei an und wollte sein altes Wohnrecht wieder nutzen. Er schrieb seiner Ex-Frau und forderte sie auf, ihm wieder Zutritt zur Wohnung zu gewähren. Doch sie weigerte sich. Wie konnte es dazu kommen, obwohl er doch ein notariell verbrieftes Recht hatte?

Womit begründete der Mann seinen Anspruch auf Wiedereinzug?

Der Mann argumentierte, sein Auszug sei niemals „dauerhaft“ im Sinne der Vertragsklausel gewesen. Er behauptete, er und seine Ex-Frau hätten eine mündliche Absprache getroffen. Diese Absprache habe gelautet, dass er sein Wohnrecht nur vorübergehend nicht ausüben würde – nämlich genau für die Zeit, in der die gemeinsame Tochter die Wohnung nutzt. Sein Recht sei also nicht erloschen, sondern nur „suspendiert“, also pausiert worden. Nach dem Auszug der Tochter, so seine Darstellung, sollte sein Recht wieder voll aufleben.

Um diese mündliche Vereinbarung zu beweisen, schlug er dem Gericht vor, die beiden gemeinsamen Kinder als Zeugen zu befragen. Sie sollten bestätigen, dass der Auszug von Anfang an nur als eine temporäre Lösung gedacht war.

Was hielt die Eigentümerin des Hauses dagegen?

Die Ex-Frau und Hauseigentümerin sah die Sache völlig anders. Ihrer Ansicht nach war der Auszug des Mannes endgültig. Er hatte sich ein eigenes Mobilheim gekauft und seinen Lebensmittelpunkt dorthin verlegt. Sein Wohnsitz war zudem offiziell umgemeldet. Damit, so ihre Argumentation, seien die beiden Bedingungen der Erlöschensklausel aus dem Notarvertrag erfüllt:

  1. Der Wohnsitz wurde dauerhaft verlegt.
  2. Dieser Wohnsitzwechsel wurde beim Einwohnermeldeamt registriert.

Für sie war die Konsequenz daraus glasklar: Das Wohnrecht des Mannes war erloschen. Er hatte keine rechtliche Grundlage mehr, um den Zutritt zur Wohnung zu fordern. Die von ihm behauptete mündliche Vereinbarung bestritt sie.

Wie hat das Gericht entschieden und was war die zentrale Begründung?

Das Amtsgericht Westerburg wies den Antrag des Mannes vollständig zurück. Er bekam kein Recht auf Zutritt zur Wohnung und musste zudem die Kosten des gesamten Gerichtsverfahrens tragen. Aber warum kam das Gericht zu diesem Ergebnis?

Der entscheidende Punkt war die sogenannte Beweislast. Im deutschen Recht gilt der Grundsatz: Wer einen Anspruch geltend macht, muss auch die Tatsachen beweisen, die diesen Anspruch begründen. Das lässt sich mit einem Alltagsbeispiel veranschaulichen: Wenn Sie behaupten, ein Freund schulde Ihnen 50 Euro, müssen Sie beweisen, dass Sie ihm das Geld geliehen haben. Es ist nicht die Aufgabe des Freundes zu beweisen, dass er Ihnen nichts schuldet.

Das Gericht wandte diesen Grundsatz auf den Fall an:

  • Der Mann machte einen Anspruch geltend (er wollte zurück in die Wohnung).
  • Deshalb musste er beweisen, dass sein Anspruch – das Wohnrecht – noch besteht.
  • Da der schriftliche Vertrag eine klare Erlöschensklausel enthielt und die Bedingungen (Auszug und Ummeldung) auf den ersten Blick erfüllt schienen, lag es am Mann, zu beweisen, dass sein Auszug entgegen dem Anschein nur vorübergehend war.

Genau diesen Beweis konnte er jedoch nicht erbringen.

Warum scheiterte der Beweisversuch des Mannes?

Der Schlüssel zum Beweis der mündlichen Absprache lag bei den einzigen Zeugen, die der Mann benannt hatte: den beiden gemeinsamen Kindern. Doch hier kam ein weiteres wichtiges Rechtsprinzip ins Spiel: das Zeugnisverweigerungsrecht. Dieses Recht erlaubt es nahen Angehörigen (wie Kindern, Eltern oder Ehepartnern), in einem Gerichtsverfahren die Aussage zu verweigern. Das Gesetz will damit verhindern, dass Familienmitglieder in einen schweren Loyalitätskonflikt geraten und gezwungen werden, gegen einen geliebten Menschen auszusagen.

Im vorliegenden Fall machten beide Kinder von diesem Recht Gebrauch. Sie entschieden sich, vor Gericht nicht auszusagen. Die Folge für den Vater war schwerwiegend: Ohne die Aussage seiner Kinder hatte er keinerlei Beweis für die von ihm behauptete mündliche Vereinbarung. Er blieb, wie Juristen es nennen, Beweisfällig. Da die Beweislast bei ihm lag, ging das Scheitern des Beweises vollständig zu seinen Lasten.

Wieso überzeugten die Gegenargumente des Mannes das Gericht nicht?

Das Gericht setzte sich auch mit zwei weiteren Argumentationsversuchen des Mannes auseinander, verwarf diese aber ebenfalls.

Erstens versuchte der Mann, die Beweislast umzudrehen. Er argumentierte, seine Ex-Frau müsse beweisen, dass sein Auszug dauerhaft war. Das Gericht widersprach hier deutlich. Es bekräftigte den allgemeinen Grundsatz, dass derjenige, der einen Anspruch stellt (der Mann), die anspruchsbegründenden Tatsachen (das Fortbestehen des Wohnrechts) beweisen muss.

Zweitens stellte sich die Frage, ob die Abmeldung beim Einwohnermeldeamt durch die Ex-Frau überhaupt rechtmäßig war. Hätte der Mann sich nicht selbst abmelden müssen? Auch hier war das Gericht klar:

  • Die Ex-Frau war als Eigentümerin des Hauses berechtigt, die Abmeldung einer nicht mehr dort wohnenden Person vorzunehmen.
  • In der notariellen Vereinbarung stand nichts davon, dass die Abmeldung zwingend durch den Mann selbst erfolgen müsse.

Die Abmeldung war also wirksam und erfüllte die zweite Bedingung der Erlöschensklausel. Da der Mann die erste Bedingung – den nur vorübergehenden Charakter seines Auszugs – nicht beweisen konnte, war sein notariell vereinbartes Wohnrecht erloschen.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil des Amtsgerichts Westerburg verdeutlicht fundamentale Prinzipien des deutschen Zivilrechts im Spannungsfeld zwischen schriftlichen Verträgen und mündlichen Absprachen.

  • Beweislastverteilung bei Rechtsstreitigkeiten: Das Urteil bestätigt den Grundsatz, dass derjenige, der einen Anspruch geltend macht, die anspruchsbegründenden Tatsachen beweisen muss. Wer sich auf eine vom schriftlichen Vertrag abweichende mündliche Vereinbarung beruft, trägt die volle Beweislast für deren Existenz und Inhalt.
  • Zeugnisverweigerungsrecht als prozessuales Risiko: Das Urteil zeigt auf, dass das Zeugnisverweigerungsrecht naher Angehöriger ein erhebliches Beweis­risiko darstellt. Wenn die einzigen verfügbaren Zeugen für eine behauptete Absprache von ihrem Verweigerungsrecht Gebrauch machen, führt dies automatisch zur Beweisfälligkeit der betroffenen Partei.
  • Durchsetzungskraft notarieller Vereinbarungen: Das Urteil unterstreicht die besondere Rechtssicherheit notarieller Verträge mit klaren Erlöschensklauseln. Mündliche Modifikationen können solche eindeutigen schriftlichen Regelungen nur dann außer Kraft setzen, wenn sie vollständig beweisbar sind.

Diese Entscheidung demonstriert die Überlegenheit dokumentierter Vereinbarungen gegenüber mündlichen Absprachen im deutschen Rechtssystem und die damit verbundenen praktischen Konsequenzen für Vertragsparteien.


Haben Sie ein notarielles Wohnrecht und fragen sich, ob es nach einem Auszug oder einer vermeintlich vorübergehenden Absprache noch Bestand hat? Lassen Sie Ihren individuellen Fall in einer unverbindlichen Ersteinschätzung prüfen.)


Unsere Einordnung aus der Praxis

Dieses Urteil unterstreicht die überragende Bedeutung notariell beurkundeter Verträge und im Grundbuch verankerter Rechte, insbesondere im Immobilienbereich. Es verdeutlicht, dass schriftliche Vereinbarungen eine wesentlich höhere Beweiskraft gegenüber lediglich mündlichen Absprachen besitzen. Zudem zeigt der Fall eindrücklich die entscheidende Rolle der Beweislast im Zivilprozess und wie das Zeugnisverweigerungsrecht naher Angehöriger die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen beeinflussen kann. Für die Rechtspraxis bedeutet dies, stets auf klare, schriftliche Vertragsgrundlagen zu setzen und sich der eigenen Beweispflicht bei behaupteten Abweichungen bewusst zu sein.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie funktioniert die Beweislastverteilung in einem Gerichtsverfahren?

In einem Gerichtsverfahren trägt grundsätzlich die Person die Beweislast, die eine Behauptung aufstellt oder einen Anspruch geltend macht. Es ist nicht die Aufgabe des Gegners, das Gegenteil zu beweisen.

Stellt jemand einen Anspruch, beispielsweise auf die Nutzung einer Wohnung, muss er die Tatsachen belegen, die seinen Anspruch begründen. Wenn Sie behaupten, Ihnen stünden 50 Euro von einem Freund zu, müssen Sie nachweisen, dass Sie ihm das Geld geliehen haben; Ihr Freund muss nicht beweisen, dass er es Ihnen nicht schuldet.

Im genannten Fall musste der Mann beweisen, dass sein Wohnrecht trotz des Auszugs und der Ummeldung noch bestand. Da die schriftliche Vereinbarung klar definierte, unter welchen Bedingungen das Recht erlischt, musste er nachweisen, dass sein Auszug nur vorübergehend war. Seine Zeugen verweigerten jedoch die Aussage, wodurch er diesen Beweis nicht erbringen konnte.

Scheitert der Beweis, wird die behauptete Tatsache als nicht existent behandelt, und derjenige, der die Beweislast trägt, verliert den Prozess. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, Vereinbarungen schriftlich festzuhalten und Beweismittel zu sichern, um die eigene Rechtsposition zu stärken.


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Welche Gültigkeit haben mündliche Absprachen im Vergleich zu schriftlichen, notariell beurkundeten Verträgen?

Mündliche Absprachen können grundsätzlich gültig sein, doch notariell beurkundete Verträge bieten eine wesentlich höhere Beweissicherheit und rechtliche Verbindlichkeit. Während mündliche Absprachen im Prinzip bindend sein können, ist ihr Inhalt im Streitfall oft schwer nachzuweisen, da es schnell zum „Wort gegen Wort“ kommt. Das Amtsgericht Westerburg verdeutlichte dies in einem Fall, wo ein mündliches Versprechen einem notariellen Vertrag widersprach.

Ein notariell beurkundeter Vertrag hingegen bietet höchste Rechtssicherheit. Ein Notar prüft die Identität der Parteien, ihren Willen und die Rechtswirksamkeit der Vereinbarung, was dem Vertrag eine besonders hohe rechtliche Verbindlichkeit verleiht und ihn fest verankert, wie im Fall eines Wohnungsrechts im Grundbuch.

Stehen sich eine notarielle Vereinbarung mit klaren Bedingungen und eine mündliche Absprache gegenüber, liegt die Beweislast bei der Partei, die die mündliche Vereinbarung behauptet. Kann diese – etwa mangels Zeugen oder deren Aussageverweigerung – nicht bewiesen werden, haben die klaren Festlegungen des notariellen Vertrags Vorrang und setzen sich durch.

Daher empfiehlt es sich, wesentliche Rechtsgeschäfte stets schriftlich oder notariell festzuhalten, um späteren Streitigkeiten vorzubeugen und die Beweisbarkeit zu sichern.


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Welche Risiken birgt es, sich bei wichtigen Vereinbarungen ausschließlich auf mündliche Absprachen zu verlassen?

Sich bei wichtigen Angelegenheiten ausschließlich auf mündliche Absprachen zu verlassen, birgt erhebliche Risiken, da diese im Streitfall oft nicht beweisbar und daher gerichtlich kaum durchsetzbar sind. Ohne schriftliche Belege steht schnell „Wort gegen Wort“, was zu Missverständnissen und rechtlichen Nachteilen führen kann.

Der Hauptnachteil mündlicher Absprachen liegt in der fehlenden Beweisbarkeit. Sollten die Parteien später unterschiedliche Ansichten über den Inhalt der Vereinbarung haben oder diese leugnen, ist es schwierig, die tatsächliche Abmachung nachzuweisen. Dies zeigte sich in einem Fall, wo eine mündliche Zusage über ein Wohnrecht nicht bewiesen werden konnte, weil die einzigen benannten Zeugen ihr Aussageverweigerungsrecht nutzten.

Mündliche Vereinbarungen lassen zudem oft Raum für Missverständnisse oder unklare Auslegungen, da Details nicht präzise festgehalten werden. Ohne einen eindeutigen Nachweis, der den Inhalt der Vereinbarung untermauert, trägt die Person, die sich auf die mündliche Absprache beruft, die sogenannte Beweislast und scheitert mit ihren Ansprüchen.

Diese mangelnde Nachweisbarkeit kann dazu führen, dass Ansprüche, die auf mündlichen Zusagen basieren, vor Gericht nicht durchgesetzt werden können, was neben dem Verlust des Anspruchs auch zu langwierigen Auseinandersetzungen und Vertrauensbrüchen führen kann.


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Welche Rolle spielt das Zeugnisverweigerungsrecht im deutschen Zivilprozessrecht und wann kommt es zur Anwendung?

Das Zeugnisverweigerungsrecht ermöglicht es nahen Angehörigen, die Aussage vor Gericht zu verweigern, um sie vor Loyalitätskonflikten zu schützen. Es kommt zur Anwendung, wenn solche Personen als Zeugen in einem Gerichtsverfahren geladen werden.

Dieses Recht steht beispielsweise Ehepartnern, Eltern oder Kindern zu. Das Gesetz soll damit verhindern, dass Familienmitglieder in eine schwierige Lage geraten und gezwungen werden, gegen eine ihnen nahestehende Person auszusagen.

Wird das Zeugnisverweigerungsrecht ausgeübt, bleibt die Aussage des Zeugen aus. Dies kann die Beweislage der Partei, die sich auf diese Zeugenaussage verlassen hat, erheblich schwächen. Im besprochenen Fall des Wohnrechts konnte der Mann seine mündliche Vereinbarung nicht beweisen, weil seine Kinder von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machten und somit keine Bestätigung für die behauptete Absprache erbracht werden konnte.

Daher sollte man sich bei wichtigen Vereinbarungen nicht allein auf mündliche Absprachen verlassen, die nur von Personen bezeugt werden könnten, die ein Zeugnisverweigerungsrecht besitzen.


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Unter welchen Umständen kann ein eingetragenes Wohnrecht erlöschen oder seine Gültigkeit verlieren?

Ein eingetragenes Wohnrecht kann unter verschiedenen Umständen erlöschen, etwa durch den Tod des Berechtigten, vertraglich vereinbarte Bedingungen wie einen dauerhaften Auszug oder das Ende einer Befristung. Da dieses Recht persönlich ist, erlischt es in der Regel automatisch mit dem Ableben der Person, der es zusteht, da es normalerweise nicht vererbbar ist.

Manchmal ist ein Wohnrecht auch von vornherein zeitlich begrenzt und endet dann mit Ablauf dieser Frist. Eine zentrale Rolle spielen oft vertragliche Vereinbarungen, sogenannte Erlöschensklauseln. Diese legen fest, unter welchen genauen Bedingungen das Wohnrecht endet. Ein häufiger Fall, wie im Beispiel gezeigt, ist der dauerhafte Auszug aus der Wohnung, oft verbunden mit einer offiziellen Ummeldung des ersten Wohnsitzes. Es ist entscheidend, dass dies ein permanenter und kein nur vorübergehender Auszug ist. Auch ein aktiver Verzicht durch den Berechtigten, manchmal gegen eine Ausgleichszahlung, kann das Wohnrecht beenden. Zudem erlischt das Recht, wenn die Wohnung oder das Gebäude, auf das es sich bezieht, zerstört wird und somit nicht mehr existiert.

Nach dem Erlöschen des Wohnrechts sollte es zur Klärung der Rechtslage auch aus dem Grundbuch gelöscht werden.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Beweisfällig

Eine Partei ist beweisfällig, wenn sie die ihr obliegende Beweislast nicht erfüllen kann. Sie scheitert daran, die von ihr behaupteten Tatsachen vor Gericht nachzuweisen. Dies führt dazu, dass die betreffende Behauptung als unbewiesen gilt und nicht zur Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung gemacht werden kann.

Beispiel: Im vorliegenden Fall blieb der Mann beweisfällig, da er die mündliche Absprache über die nur vorübergehende Ausübung seines Wohnrechts nicht durch Zeugen beweisen konnte.

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Beweislast

Im deutschen Recht bezeichnet die Beweislast die Verpflichtung einer Partei in einem Gerichtsverfahren, eine von ihr behauptete Tatsache zu beweisen. Wer einen Anspruch geltend macht oder eine Behauptung aufstellt, muss die dafür notwendigen Tatsachen belegen. Kann die beweisbelastete Partei den Beweis nicht erbringen, wird die behauptete Tatsache als nicht existent behandelt, und der Anspruch scheitert.

Beispiel: Wenn Sie behaupten, ein Freund schulde Ihnen 50 Euro, müssen Sie beweisen, dass Sie ihm das Geld geliehen haben; es ist nicht Aufgabe des Freundes zu beweisen, dass er es Ihnen nicht schuldet.

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Erlöschensklausel

Eine Erlöschensklausel ist eine vertragliche Bestimmung, die festlegt, unter welchen genau definierten Bedingungen ein bestimmtes Recht oder eine Verpflichtung automatisch endet oder seine Gültigkeit verliert. Sie dient dazu, für klare Verhältnisse zu sorgen und die Beendigung eines Rechtsverhältnisses an konkrete Ereignisse oder Zeitpunkte zu knüpfen. Diese Klauseln sind besonders wichtig, um Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen.

Beispiel: Die Erlöschensklausel im Notarvertrag legte fest, dass das Wohnrecht des Mannes endet, wenn er seinen ersten Wohnsitz dauerhaft aus der Wohnung verlegt und dieser Wechsel offiziell beim Einwohnermeldeamt registriert wird.

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Notarielle Vereinbarung

Eine notarielle Vereinbarung ist ein Vertrag oder eine andere rechtliche Erklärung, die von einem Notar beurkundet wurde. Durch die Beurkundung durch einen Notar erhält die Vereinbarung eine besonders hohe rechtliche Verbindlichkeit und Beweiskraft. Der Notar prüft die Identität der Parteien, ihren freien Willen und die Einhaltung der gesetzlichen Formvorschriften, was die Rechtssicherheit enorm erhöht und späteren Streitigkeiten vorbeugt.

Beispiel: Der Kauf einer Immobilie oder die Bestellung eines Wohnrechts im Grundbuch erfordert in Deutschland zwingend eine notarielle Vereinbarung, um gültig zu sein.

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Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht

Das Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht ist ein im deutschen Recht verankertes Recht, das einer Person erlaubt, eine Wohnung oder Teile davon zu bewohnen und die dazugehörigen Gemeinschaftseinrichtungen (z.B. Garten, Waschküche) mitzubenutzten, auch wenn sie nicht Eigentümer der Immobilie ist. Es wird oft im Grundbuch eingetragen und ist damit sehr stark abgesichert, sogar gegenüber einem neuen Eigentümer. Dieses Recht ist in der Regel persönlich und nicht übertragbar.

Beispiel: Im vorliegenden Fall ermöglichte das Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht dem geschiedenen Mann, dauerhaft in der Erdgeschosswohnung des Hauses seiner Ex-Frau zu leben.

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Zeugnisverweigerungsrecht

Das Zeugnisverweigerungsrecht ist ein Rechtsprinzip, das bestimmten Personen in einem Gerichtsverfahren das Recht einräumt, die Aussage als Zeuge zu verweigern. Es schützt insbesondere nahe Angehörige (wie Ehepartner, Kinder, Eltern) davor, in einen Loyalitätskonflikt zu geraten und womöglich gegen eine ihnen nahestehende Person aussagen zu müssen. Wenn von diesem Recht Gebrauch gemacht wird, darf das Gericht die betreffende Person nicht zur Aussage zwingen.

Beispiel: Die gemeinsamen Kinder des geschiedenen Paares nutzten ihr Zeugnisverweigerungsrecht und mussten daher nicht aussagen, was den Beweisversuch des Vaters scheitern ließ.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Beweislast (§ 286 ZPO): Im deutschen Recht muss die Partei, die einen Anspruch geltend macht oder eine Tatsache behauptet, die für ihren Anspruch entscheidend ist, diese Tatsache auch beweisen. Es ist nicht die Aufgabe der Gegenseite, zu beweisen, dass die Behauptung falsch ist. Kann eine Partei den erforderlichen Beweis nicht erbringen, geht dies zu ihren Lasten, und sie verliert den Fall bezüglich dieser Behauptung.

    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Mann machte den Anspruch auf Wiedereinzug in die Wohnung geltend und musste daher beweisen, dass sein Wohnrecht entgegen der Erlöschensklausel noch bestand, weil sein Auszug nur vorübergehend gewesen sei. Da ihm dieser Beweis nicht gelang, wurde sein Anspruch abgewiesen.

  • Zeugnisverweigerungsrecht (§ 383 ZPO): Dieses Recht erlaubt bestimmten nahestehenden Personen, insbesondere direkten Verwandten wie Kindern, Eltern oder Ehepartnern, eine Aussage vor Gericht zu verweigern. Der Gesetzgeber schützt damit familiäre Bindungen und verhindert, dass Angehörige in Loyalitätskonflikte geraten und gegebenenfalls gegen Familienmitglieder aussagen müssen.

    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die vom Mann benannten gemeinsamen Kinder waren die einzigen Zeugen für die angebliche mündliche Absprache. Da sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machten und die Aussage verweigerten, konnte der Mann seine Behauptung nicht beweisen.

  • Notarielle Beurkundung und die Bedeutung der Formstrenge (vgl. § 311b Abs. 1 BGB, § 125, § 873 BGB i.V.m. § 1093 BGB): Bei bestimmten Rechtsgeschäften, insbesondere solchen, die Grundbesitz oder dauerhafte Rechte daran betreffen und im Grundbuch eingetragen werden sollen (wie hier ein Wohnungsrecht), schreibt das Gesetz eine besondere Form, wie die notarielle Beurkundung, vor. Diese Form soll die Parteien schützen, für Klarheit sorgen und die Beweisbarkeit des Inhalts sicherstellen. Notariell beurkundete Verträge haben daher eine besonders hohe Beweiskraft und Verbindlichkeit.

    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Notarvertrag über das Wohnrecht hatte aufgrund seiner Form eine sehr hohe rechtliche Verbindlichkeit. Eine spätere mündliche Absprache, die diesen Vertrag abändern oder dessen klare Erlöschensklausel außer Kraft setzen sollte, besaß nicht die gleiche Form und Beweiskraft und konnte daher den notariellen Vertrag nicht ohne Weiteres überlagern oder ändern.

  • Bindung an klare Vertragsklauseln / Grundsatz „Pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten): Im Vertragsrecht gilt der allgemeine Grundsatz, dass wirksam geschlossene Verträge für die Parteien bindend sind und einzuhalten sind. Insbesondere wenn eine Vertragsklausel eindeutig formuliert ist und die vereinbarten Bedingungen erfüllt sind, wird sie auch so angewendet. Eine Partei kann sich dann nicht einfach auf eine abweichende, unbewiesene mündliche Absprache berufen, um die Geltung der klaren schriftlichen Klausel zu umgehen.

    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Notarvertrag enthielt eine klare Erlöschensklausel für das Wohnrecht. Da die objektiven Bedingungen für das Erlöschen (dauerhafte Verlegung des Wohnsitzes und Ummeldung) erfüllt waren und der Mann seine Behauptung einer entgegenstehenden mündlichen Ausnahmevereinbarung nicht beweisen konnte, hielt das Gericht an der Gültigkeit und Wirkung dieser schriftlichen Klausel fest.


Das vorliegende Urteil


AG Westerburg – Az.: 42 F 144/23 – Beschluss vom 21.11.2024


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